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PoliNsche Rundschau. Vie diesjährige Sorsureise des Kaisers ist nicht mit einer Palästinareise verbunden, wie das französische Blätter meldeten; dagegen wird die „Hohenzollern" wahrscheinlich eins Kreuzfahrt im Mittelmeer machen und während der- scä n einm kleinasiaiischen Hafen anlansen, vorausgesetzt allerdings, daß die politische Lage das zuläßt. Vor der Korfureise wird der Kaiser den Antrittsbesuch des Prinz regenten Ludwig von Bayern entgegennehmen und diesen auf der Hin» oder Rückfahrt erwidern. Größere Veränderungen im Heer» stehen zu Kaisers Geburtstag bevor. U. a. ist die 2. Armee-Inspektion in Meiningen, dessen Inspekteur Generaloberst Erbprinz Bern hard von Sachsen-Meiningen neulich zurücktrat, neu zu be- setzen. Auffällig ist es, daß soeben auch der 52 jährige Halb bruder des Erbprinzen, Generalmajor Prinz Friedrich von Sachsen-Meiningen, von seinem Posten als Kommandeur der 20. Ariilleriebrigade zurückgetrcten ist. Ferner ist u. a. auch die Stelle des Generalinspekteurs der Berkehrstruppen erledigt, deren Inhaber General der Inf. Frhr. v. Lyncker soeben in Genehmigung seines Abschiedsgesuches zur Dispo sition gestellt worden ist. Mit ihm ist der Organisator unseres Militärflugwesens aus dem aktiven Dienste geschieden, der aber auch auf dem Gebiete des Kraftsahrwesens, in der Vervollkommnung unserer Eisenbahn- und Telegraphen- truppen Hervorragendes geleistet hat. Daß General v. Lyncker gerade in dem Augenblick zurückgetreten ist, in dem man eine Luftflotte, v mlage erwartet, hat vielfach zu Vermutungen Anlatz gegeben, als hätten Meinungsverschiedenheiten mit den übrigen maßgebenden Stellen Veranlassung zur Ein reichung des Abschiedsgesuches gegeben. Wchroorlagen. Die Mitteilungen über eine umfang, reiche Militärvorlage find mit derselben Vorsicht aufzunehmen wie die soeben erfolgte über eine bevorstehende Marinevvr- lage. Gewisses ist nicht bekannt. Laut „Mngdb. Ztg." wird im preußischen Kriegsministerium ein Nachlragselat ausgcarbeilet, der nicht nur für die Lustschiffahrt, sondern auch darüber hinaus noch militärische Forderungen stellt. Lassen sich die neuen Aufwendungen durch die Erträge der kommenden Besitzsteuer decken, so werden sich auch die Forderungen des Staatrsekretärs v. Tirpig in einem be scheidenen Rahmen bewegen; muß eine neue Steuer er schlossen werden, wird davon auch die Marine ihren Anteil beanspruchen. In der „Kreuz-Ztg." bezweifelt ein hoher Militär die Richtigkeit der Angabe, daß für die restliche Dauer des Flottengesetzes, für die Jahre 1914 bis 1917, statt zwei drei neue Schlachtschiffe jährlich auf Kiel gelegt werden sollten, und bezeichnet einen beschleunigten Ersatz der großen Kreuzer der Herthaklasse als notwendiger. Auch die weiteren Angaben, daß die Rekruteneinstellung nach der neuen Vorlage schon sechs Wochen vor der Reservistenent lassung stattfinden sollte, bezweifelt der Gewährsmann des konservativen Blattes, da es unzulässig sei, die Dienstzeit der Matrosen von drei Jahren auf drei Jahre sechs Wochen zu erhöhen. Dagegen empfiehlt er eine Vermehrung des Per sonals zur schnelleren Durchführung des dritten Geschwaders, Vie Erhöhung des Goldbestandes der Reichsbanl wird dringend gefordert. Während die russische Reichsbank einen Goldbestand von 3540 Millionen, die Bank von Frank reich einen solchen von 3195, die Österreich-Ungarns von 1270 und die Italiens von 1022 Millionen Mark um die Jahreswende aufwiesen, verfügte die Deutsche Reichsbank i nur über 971 Millionen; die Bank von England machte ! den Schluß mit 781 Millionen. Als Rüstzeug für den Krieg t beträgt der Goldbesitz des Dreibundes einschließlich der 120 Millionen im Juliusturm nur 3383 Millionen gegen 7512 Millionen des Dreiverbandes. Die reine Goldwährung, die außer der Bank von England nur noch die Deulsche Reichs- bank hat, zwingt diese beiden Institute gegen Präsentation von Noten Gold herzugeben, während die anderen auch in Si'.ber zahlen können. Gegen ein Abfluten ihres Goldbe standes in das Ausland können sich diese beide Banken nur durch Diskonterhöhungen schützen, die zu Zinsei Höhungen werden und Handel und Wandel des ganzen Landes be lasten. Aus diesem Grunde ist der Reichsbank, räsipent be strebt, den Goldbestand aus anderthalb Milliarden Mark zu erhöhen, sodaß der Goidnachsrage nicht immer gleich mit einer Diskonterhöhung begegnet werden muß. Durch und durch gesund nannte der preußische Mei sramn vsn MMng. Nsmou von E. Willkomm. 27 Frau v. Königsheim hielt sich den Kopf mit beiden s Händen und sagte in höchst verdrießlichem Tone zu den i schreienden Mädchen: „Ihr Unarten!, Seht ihr nicht, daß Mama hier ist? Mama bekommt die heftigste. Kopfschmerzen, wenn Kin der in ihrer Gegenwart weinen. Gleich seid ihr artig, oder ich lasse euch allein I dann könnt ihr meinetwegen schreien, so lange ihr wollt, die Mama seht ihr gewiß nicht wieder, bis ihr still, ganz still seid!" Die beiden Kinder fuhren trotz dieser Drohung fort ,u weinen, riesen nach Jeanette, die zugleich mit der üb- ägen Dienerschaft von dem Grafen entlassen worden war, liefen von einer Ecke in die andere und stampften auch rin paarmal recht trotzig und eigensinnig mit den kleinen Füßchen. An der Gegenwart ihrer Mutter schien beiden Kindern sehr wenig gelegen zu sein. „O, ich unglückliche Frau!" rief Frau o. Königsheim aus, warf sich ganz erschöpft auf den Divan und begann laut zu weinen. „Zu all' dem Unglück, das mich trifft, auch noch diese Schreihälse um sich haben zu müssen, nein, Vas ist unerträglich!" Die verwöhnte Weltdame überließ sich ihrem zornigen Schmerze sv ganz, daß es dei Professorin nicht einfallen konnte, die Bedauernswerte durch vernünftiges Zureden beruhigen zu wollen. Mit gewinnendem Lächeln näherte fte sich den Kindern, die sich vr: ihr in eine Ecke geflüch» tet hatten Sie strich liebkosend deren Wangen, über weicht noch immer die Hellen Tränen herabrollten und sag.e mit ihrer sanften Stimme, die schon manches Kind I'. nchigt hatte. „Kommt, liebe Kinder, ich bin die Tante, die eure gute Mauer so lieb hat!" DK Mädchen hörten auf zr weinen und blickten auf Handelsckinlster v. Gyöüw äus dem Stiflungsfeff des Ver eins zur Beförderung des Gewerbeflelf-es unsere gegen- wärllge wirtschaftliche Lage. Falts nicht irgend eine pali- tische Konstellation dazwischen tritt, könnten wir mit aller Ruhe in die Zukunft blicken. Das wäre sehr erfreulich, wenn die gegenwärtige Lage nicht auch ihrs Schattenseiten hätte; denn aus dem Mittel- und Kleingewerbe kommt manche berechtigte Klage, die mit Worten nicht behoben wird. Immerhin spielt die Großindustrie einen ganz ge waltigen Faktor in unserem Wirtschaftsleben, belaufen sich doch die Löhne, die die deutschen Arbeiter jährlich beziehen auf rund 20 Milliarden Mark, von de^sn ein gut Teil dem Mittel- und Kleingewerbe zugute komnii. Hieraus ist schon ersichtlich, welchen Einfluß eine gute Konjunktur in der Großindustrie auf diese Gewerbe ausübt. Admiral v. Hollmann s. Mit dem früheren Staate- sekretär des Reichsmarineamis, Admiral Friedrich v. Holl- mann, der am Tage nach seinem 71. Geburtstag plötzlich in Berlin verstarb, hat unier Kuder eb'e bevorzugte Person meines Vertrauens, das Deutsche Retch emen Mann verloren, der auf jedem ihm überwiesenen Posten Treffliches leistete und sich um die Entwickelung der Marine bleibende Ver dienste erwarb. Friedrich Hollmann war am 19. Januar 1842 zu Berlin als der Sohn eines Kaufmanns geboren worden. Im Jahre 1857 trat er in die preußische Kriegsflotte ein. Er nahm am dänischen sowie am französischen Kriege teil und kämpfte als Kapitänleutnai an Bord der „Grille" in dem Gefecht bei Hiddensöe, westlich von Rügen. Als Kontreadmiral befehligte er das Schulfchiffgeschwader, und 1889—90 war er Chef des Übungsgeschwaders. Von 1890 bis 97 war er Staatssekretär im Reichsmarineamt. Aus diesem wie aus dem Marinedienst schied er 1897 aus, als der Reichstag da mals die Forderungen für die neuen Kreuzer ablehnte. Admiral v. Tirpitz wurde sein Nachfolger, der heute noch das Neichsmarineamt leitet und an Dienstjahren von allen Staatssekretären der weitaus älteste ist. Im Jahre 1900 wurde dem Verstorbenen der erbliche Adel und 1907 der Schwarze Adlerorden verliehen. Unser Kaiser gab dem Verstorbenen auch sonst zahl reiche, auch der Öffentlichkeit bekannt gewordene Beweise seiner Freundschaft. So sprach sich der Monarch 1903 in einem später veröffentlichten Briefe an den damals schon im Ruhestand lebenden Herrn v. Hollmann über die viel er örterten Babel-Bibel-Aorträge des Professors Delitzsch aus. Hollmann befand sich viel in der unmittelbaren Umgebung des Kaisers und nahm stets an der Nordlandreise teil. Politisch trat er auch nach seiner Berufung in das Herrenhaus wenig hervor. Als Vorsitzender im Aufsichtsrat der Allg. Elektri- zitäts-Gesellschast fand er häufig Gelegenheit, mit dem Kaiser technische und industrielle Fragen zu besprechen; durch seine Beziehungen zur Hochfinanz verstand er es, die nötigen Gelder der Motorluftschiffahrt, dem Aeroklub usw. zuzusühren. Die Einführung der Dampfturbine bei unserer Marine ist wesentlich Herrn v. Hollmann zu danken. Die Verwandten des Zaren. Es Pst eine dem russischen Herrscher wohl nicht erfreu liche Tatsache, daß von seinen Verwandten mehr gesprochen wird, wie von ihm selbst. Nicht etwa, als ob Nikolaus 2. seinen Ehrgeiz darin setzte, feinen Namen fortwährend in allen Zeitungen der Welt zu finden, das Gegenteil ist eher der Fall; aber dir Dinge, die ln Verbindung mit Ange hörigen des russische» Kaiserhauses gebracht werden, sind nicht immer erfreulicher Natur für ihn. Der Zar ist ein seetensguter Mann; wo er seine Verwandten strafen zu müssen glaubte, ha» er auch oft wieder verziehen, und da mit rechnen wohl die beteiligten Herrschaften. Anders war es bei seiuem strengen Vater Alexander 3., der eine ausge sprochene Maßnahme auch bestehen ließ. Die russischen Großfürsten und Großfürstinnen haben viel eigenmächtiges Blut; es liegt das in dem Stamm und in den halborientalischen Verhältnissen Rußlands. Ein ganz gcwaliiges, eigens für die Mitglieder des Zarenhsuses an gesammeltes Vermögen gestattet ihnen den ausgiebigen Ge nuß von Liebhabereien, der anderen Fürstenhäusern nicht erlaubt ist. Sie gehören vor allem zu den eifrigsten Be suchern des republikanischen Paris und sind dort sehr popu lär; aus dem letzten Herbst wurde ja erst die berühmte h,Geste" einek schönest und jungen kussischen Großfürstin ge meldet, die be! einem Manöverbesuche von der Grenze aus einen wehmutsvollen Gruß in der Richtung nach Metz hin- überwinkle. Der häufigste Gast an der Seine war der Groß- sürst Alexis, Höchstkommandiercnder der russischen Flotte, für deren unzureichende Leistungen im Iapankriege man ihn verantwortlich machte. So mancher für Schiffsbauien bestimmte Rubel soll einen andern, nicht immer ganz ein wandfreien Weg genommen haben. Man darf allerdings nicht vergessen, daß es daneben zu allen Zeiten auch sehr tüchtige und für ernste Arbeit begeisterte Großfürsten ge geben hat. Eine hervorragende, wenn auch nicht immer deutlich sichtbare politische Tätigkeit entwickeln die Damen des rus sischen Kaiserhauses. Ihre Sympathien gehörten von je den „unbefresten Brüdern" im Balkan, und sie hoben es ja nun erlebt, daß der Halbmond in einem raschen und unauf haltbaren Sinken begriffen ist. Man kann getrost annehmen, daß die russischen Prinzessinnen letztes Jahr nicht allein früher als dis Diplomaten von der Absicht der Batkanstaaten, Krieg anzufangen, gewußt, sondern ihnen auch die Über zeugung beigebracht haben, daß für sie selbst im Falle des Unterliegens nichts Schlimmes herauskommen könne. Dieser Punkt erklärt manche dunkle Stellen in dem Balkanwirr warr und den Mißerfolg der europäischen Diplomatie. Die Damen werden auch dafür sorgen, daß Konstantinopel schließ lich fällt. Tief verletzt haben Nikolaus 2. die neusten Zwischen fälle in seiner Familie. Er soll, wie behauptet wird, feinen jüngeren Bruder Michael nicht wegen dessen unebenbürtiger Heirat entmündigt haben, sondern weil seine neue Schwägerin eine sehr ränkesüchtige Dams war, die schon zum Teil ge lungene Absichten aus ihres Gatten Verwögen hatte. Noch unliebsamer klang die Meldung, die freilich noch in Abrede zu stellen versucht wird, der junge Großfürst Dimiiri, der als Bräutigam der ältesten Zarentochter genannt ward, habe sich in einem öffentlichen Lokale wiederholt mit Halbwelt damen so ungeniert unterhalten, trotzdem ihn ein höherer Offizier wohlmeinend zur Ruhe ermahnte, daß ihm zur Strafe dis Epauletten entzogen wurden. Wenn man weiter an die schwache Gesundheit des kleinen Thronfolgers und die Kränklichkeit der Zarin denkt, so wird jedem klar, daß des Zaren Stimmung heute nicht die sonnigste ist. Prinzessinnen. Die Leser, welche in den Zeitungen soeben die Kunde von der Verlobung der zweiundzwanzigjährigen Prinzessin Viktoria Margarete von Preußen, Nichte des Kaiserpaares und Enkelin des Eroberers von Metz, mit dem Prinzen Heinrich 33. Reuß (geb. 1879), zur Zeit" deutschem Botschafts- sekreiär in Wien, gelesen haben, dachten bei dieser „jüngsten Verlobung im Hohenzollernhouse" wohl unwillkürlich daran, daß die Braut des Kaiserpaares einzige Tochter sei, über deren künftigen Gemahl schon so viel geraten worden ist. Diese, die Prinzessin Viktoria Luise, ist die Kusine der Braut; sie wird im September einundzwanzig Jahre und ist heute die einzige Prinzessin des Hohenzollernhauses, die für eine neue Verlobung in Betracht käme. Dagegen hat sie noch drei unverheiratete Bröder und eine ganze Reihe von Vettern. Mit Recht ist es als ungehörig s. Z. gerügt worden, daß schon ganz bestimmte Angaben über den künftigen Bräutigam der Kaifertochter gemacht wurden; es waren unwahre Vermutungen, die allerdings sehr leicht auszustellen waren, denn es sind nur wenige junge deutsche Fürsten oder Prinzen vorhanden, die dem Älter nach als Schwiegersöhne des Kaisers in Betracht kommen könnten. Den hohen Eltern liegt sicher nichts daran, ihre einzige Tochter zu einer Heirat aus politischen Motiven zu veranlassen, nachdem ihrs eigene Vermählung eine reine Herzenssache gewesen ist. Daß das deutsche Volk, und namentlich der weibliche Teil desselben, eine große und erklärliche Teilnahme für die Zu kunft der einzigen Enkelin Kaiser Friedrichs besitzt, ist selbst verständlich. Der Vater der jüngsten Hohenzollernbraut, Prinz Friedrich Leopold von Preußen, Gemahl einer Schwester der Kaiserin, tritt trotz seines großen Reichtums in der Öffentlichkeit wenig hervor. Er ist General-Inspekteur und war vor zwei Jahren Befehlshaber der roten Partei bei den großen Manöoern In Mecklenbura. Er lebt mit seiner die lächelnde Frau, die ihnen die Arme so liebevoll ent- gegenstreckte, mit zaghafter Verwunderung. Furcht drück ten ihre Züge nicht mehr ans, nur das Vertrauen zu der Fremden wollte sich bei den Schwestern noch nicht ent stellen. „Willst Du auch mit uns spielen, wie Jeanette?" fragte schließlich eine der Schwestern. „Sehr gerne, wenn Ihr aufmerksam seid und folg sam." „Dann kannst Du hier bleiben," fügte die andere Schwester hinzu. „Mama ist immer böse, wenn wir mit ihr sprechen." Frau Mastershausen konnte vor Bewegung nicht gleich antworten. Das Loos dieser Kinder schnitt ihr in das Herz: denn ob ihr auch noch kein Urteil zustand über die Kindererziehung in der Familie v. Königsheim, die Einsicht hatte sie bereits gewonnen, daß Adelheid ihren eigenen Kindern keine Mutter sei und daß sie kein Herz für dieselben habe. Sie entsetzte sich im Geiste vor dem Abgrunde eines Familienelendes, dessen Tiefe sich noch gar nicht ermessen ließ und die Lage ihrer Jugendfreun din erschien ihr in diesem Augenblick so über alle Beschrei bung trostlos, daß sie die ärmste Bettlerin für ein benei denswertes Geschöpf dieser im Glanz und in den nächti gen Freuden der Welt völlig untergegangenen Frau ge genüber hielt. Nach einer kurzen Umarmung, der sich die Z villings- schwestern nicht entzogen, wandte sich Frau Mastershau sen wieder der Freundin zu. „Wenn 'ch Dir irgendwie beistehen kann, liebe Adel heid," sprach sie, „>o gieb mir Deine Wünsche zu erkennen !" „Mir kann Niemand Helsen, Du am allerwenigsten." „Die Kinder scheinen dir augenblicklich unbequem zu sein. Das begreife ich." „Also begreifst du es doch? Ich danke dir für diese Offenheit." „Würdees dich nicht beruhigen, wenn du sie eine Zeit lang von dir gebest?" „Fn eine Pension? Dazu sind sie noch zu unbeholfen." „Eine Familie, der du Vertrauen schenken könntest, die dir nicht unbekannt wäre, wurde ich oorziehen." „Solche Bekanntschaften habe ich nicht," sagte mit offenbarer Geringschätzung Frau v. Königsheim und schaute gleichgiltig bei Seite. Die Professorin ließ sich aber nicht beirren. Die ar men verlassenen Kinder erbarmten sie. „Wenn ich mich nun erböte, den lieben Kleinen für einige Wochen oder so lange du es wünschest, Mutter stelle zu ersetzen," fuhr Franziska fort, „würdest du wohl auf diesen Vorschlag eingehen und die Ueberzsugung in dir tragen, daß sie bei mir gut aufgehoben wären?" „Aber du hast ja selbst Kinder I" rief Frau v. Königs heim erstaunt. „Machen die eigenen dir nicht schon Kum mer, Sorge und Verdruß? Oder sind deine Kinder etwa geborene Engel?" „Der Kummer, den mir die Kinder machen, hat mich bis jetzt Gott Lob noch nicht gedrückt," erwiderte Frau Mastershausen. „Unarten, Fehler, Eigenheiten haben alle Kinder, können wir doch selbst nicht alle Schwächen der Natur und des Temperaments trotz allem Kampf unter drücken. Dagegen gewährt es Genuß und Freude, wenn j man täglich Zeuge ist, wie die Liebe den angeborene» ! Trotz bricht und wie sie sich die Denkkraft, das Urteil, die ! Selbsterkenntnis im Kinde entwickelt. Das sind dauernde Freuden, die kein Sturm verweht uud über denen sich die mancherlei Besch verden, die auch der Kiuderziehung eigen sind, leicht vergessen lassen." Frau v. Königsheim hatte der Freundin mit ängstli cher Spannung zugehört. Fetzt sprang sie unruhig aus und rief mit Heftigkeit: „Mein Gott, mein Gott, wie bin ich elend! Fort, Fran ziska, geh'l Ich kann dich nicht länger mehr anhören l" Fortsetzung folgt