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Rabenauer Anzeiger : 16.01.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-01-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191301162
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19130116
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19130116
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-01
- Tag 1913-01-16
-
Monat
1913-01
-
Jahr
1913
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VoMkfche Rundschau. Vas tkrünungs- und Ordensfssl am Berliner Hofe spielte sich auch in diesem Jahre in dem üblichen Rahmen ab, allerdings wurde es diesmal um einige Tage früher als üblich gefeiert; denn der eigentliche Festtag ist erst der 18. Januar. Bereits kurz nach 9 Uhr begann die Ordensver leihung in der zweiten Braunschweigischen Kammer, bald darauf fuhren auch die Automobile und Droschken des Kronprinzenpaares, der königlichen Prinzen, der Ritter des Schwarzen Adlerordens und anderer hoher Orden, die Staatsminisler und Generale sowie die Damen des Wilhelm- und des Luisenordens usw. vor dem Schlosse vor. Die erst im vergangenen Jahre ausgezeichneten Damen sowie die neuernannten Ritter des Roten Adlerordens, des Kronen ordens und des Kgl. Hausordens von Hohenzollern wurden zunächst dem Kaiserpaar vorgestellt, worauf sich alle An wesenden unter den althergebrachten Zeremonien in feier lichem Zuge in die Schloßkapelle begaben, wo sofort der Festgottesdienst begann. Die Galatasel, die um 1 Uhr im Weißen Saale begann, beschloß die traditionellen Feierlich keiten des Ordenssestrs. Abends wurde in der Kgl. Oper als Festvorstellung Verdis Oper „Aida" gegeben. Als Fadeln weisen die „Münch. N. N." in einem längeren Artikel die Gerüchte von einer Erschütterung der Stellung des Reichskanzlers sowie von ernsten Schwierig keiten bei Behandlung der Besitzsteuersrage zurück. Sie er klären es für unrichtig, daß der Kanzler mit seinem Wunsche, den Unlerstaatssekretär Zimmermann als Nachfolger des Herrn v. Kiderlen zu sehen, beim Kaiser nicht durchge drungen sei, und versichern, daß Herr v. Bethmann dem Monarchen gleichzeitig die Herren Zimmermann und v. Jogow als Kandidaten für die Leitung des Auswärtigen Amtes vorgefchlagen habe. Dis in der vorigen Woche zu Berlin abgehaltene Finanzminister-Konserenz hat zwar noch zu keiner Einigung über die Besitzsteuersrage gesührt, so sagt das Blatt weiter, die Schwierigkeiten sind aber nicht größer als bei anderen Verhandlungen auch, und vor allem iß davon keine Rede, daß große Militärsorderungen die Ursacht der Meinungsverschiedenheiten wären. Rußland und dis deutschen Mediziner. Da der Zudrang russischer Medizinstudierender zu den klinischen Vorlesungen und Übungen an den deutschen Universitäten darauf beruht, daß die russische Regierung Juden zum Studium an ihren eigenen Universitäten nicht zuläßt, so hatte man vermutet, die in der vorigen Woche in Halle ab- gehaltene Konferenz deutscher Professoren der Medizin hätte darauf abgezielt, Rußland zu einer Änderung seiner Praxis zu bewegen. Dazu hätten die deutschen Professoren natür lich kein Recht gehabt. Sie haben daher den vermuteten Schritt auch nicht getan. Den deutschen Medizinern soll lediglich dadurch geholfen werden, daß von den ausländischen der Nachweis des bestandenen Physikums an einer ihrer Landesunioersitüten für die Zulassung zu Len klinischen Übungen gefordert wird. Damit scheiden dann die russischen Juden von selbst aus, wenn die Petersburger Regierung keine Änderung trifft. Armand Fallieres, der zurücklretende Präsident der Republik Frankreich, gab am Sonnlag sein letztes großes Diner im Elysee zu Ehren des diplomatischen Korps, von dem er sich bei dieser Gelegenheit verabschiedete. Die Küche des Herrn oder richtiger der Frau Fallieres war mehr als einfach; der voraussichtliche Nachfolger Fallieres', der jetzige Ministerpräsident Poincaree, ist dagegen ein Feinschmecker ersten Ranges und seine Tafel wird dereinst die erlesensten Gerichte in der alffranzösischen Reihenfolge, zu Anfang die schwereren, später die leichteren Speisen, erscheinen lassen. Natürlich werden bei Herrn Poincaree auch die edelsten Weine zu finden sein. Ein solcher Mann verdient es, Präsi dent der Republik zu werden. Dem scheidenden Herrn Fallieres wird von allen, die ihn kennen lernten, ein freundliches Andenken bewahrt bleiben. Er hat keinen Feind und ist auch während der sieben jährigen Amtszeit als Präsident der Republik seinem Grund- satz treu geblieben, sein Einkommen in Höhe von rund einer Million Mark bis auf den letzten Pfennig im Gemein interesse «uszuyeben. Sein Großvater, ein Husschmied, hatte der Familie ein einstöckiges Häuschen mit drei Fenstern Front bei Mezin im Geronne-Departement hinterlassen, in dem der zurücktretende Präsident als Sohn eines Gerichts schreibers am 6. November 1841 geboren wurde. Das Weingut Loupillon bei Mezin, das ihm der Daler htnterli-b, wirst in guten Jahren bis zu 60 000 Francs ab. Das Ge burtshäuschen Fallieres' steht heute noch. Als es 1872 einer Straßenregulierung zum Opfer fallen sollte, ließ es der Stadtschreiber Mezins, ein Bewunderer des damals erst 31- jährigen Fallieres, abtragen und es Stein für Stein auf seiner eigenen Besitzung wieder ausbauen. Vie TarlsverhanVlungen im Baugewerbe haben bisher zu irgend einem Ergebnis nicht gesührt; immerhin besteht Hoffnung, daß es doch noch zu einer befriedigenden Einigung zwischen Arbeitgebern und-nehmern kommt; denn gerade das Baugewerbe kann einen längeren Streik bezw. eine Aus sperrung wenig vertragen. War das vergangene Jahr im großen und ganzen ein wenig erfreuliches, so fetzt man auf das begonnene große Hoffnungen, die allerdings noch so lange ungewiß sind, als es nicht zu einer Klärung in den Tarifverhandlungen gekommen ist. In den Arbeiterorgani» salionen Hai sich namentlich die starke Arbeitslosigkeit fühlbar gemacht, die ausaangs des Jahres 1912 in zahlreichen Städten 10 bis 25 Prozent betrug; andererseits ist et»» baldige Belebung des Baumarktes zu erhoffen, wenn zeitig eine Einigung erzielt wird. Besonders die öffentliche Bau tätigkeit wird in diesem Jahre recht rege sein. Di» tzandelsgeschüsl« mit den Eingeborenen in unseren Kolonien sind neu geregelt worden. So hat der Gouverneur von Kamerun Dr. Ebermaicr verboien, an Ein geborene Geld oder Waren auf Vorschuß mit der Abrede zu geben, daß die Gegenleistung in Lieferung von Gummi bestehen soll. Alle derartigen Handelsgeschäfte werden für rechtsungültig erklärt. Daß aus Grund solcher Abmachungen Geleistete kann nicht zurückgefordert werden. Außerdem werden Zuwiderhandlungen bei Europäern mit Geldstrafe bis zu 10 000 Mark bestraft, daneben kann gleichzeitig auf Gefängnisstrafe bis zu drei Monaten anerkannt werden. Hierdurch soll vermieden werden, die Schwarzen in ein zu großes Abhängigkeitsverhältnis zu den Händlern zu bringen und dadurch neue Unzufriedenheit und Unruhen heraufzu- beschwören. —, - Europas Autorität. Die hohen Großmächte haben bekanntlich zu einem energischen Schritt angesetzt, um endlich die Ruhe im Orient wieder herzustellen, und es wird trotz aller augenblicklichen Schwierigkeiten, denen vielleicht sogar noch eine tüchtige Schlacht an den Tschataldscha-Befestigungen vor Konstan- iinopel folgen kann, dahin kommen, daß rin Ausgleich ge schaffen wird, ohne daß sich die großen Swaten noch unter einander in die Haare geraten. Eines l^t sich freilich nicht »us der Welt schaffen, der Umstand, daß Europas vielge- f rühmte Autorität vollständig dahin ist. Mon stelle nur die s beiden folgenden Tatsachen einander gegenüber: Vor einem Vierteljahr erklärten die Großmächte, wie alle Welt weiß, den Balkanstaaten, mögt Ihr noch so viele Siege er- jechten, Ihr bekommt trotzdem keinen Fuß breit türkischen Bodens! Heute sagen sie genau das Gegenteil und wollen die Türken veranlassen, die Forderungen ihrer Besieger zu erfüllen. Der Sachlage nach läßt sich wohl nichts anderes tun, aber ein solcher Vorgang mahnt doch zur Einsicht. Wie konnte die hohe Diplomatie die Entwickelung im Osten dermaßen verkennen, sich so in allen Haupipunkten irren! Freilich kommt noch etwas hinzu, und das ist nun eigentlich die beklagenswerteste Tatsache von allen. Dis Großmächte haben nicht in letzter Reihe aus uneigennütziger Liebe zum Frieden gehandelt, nicht aus Freundschaft zu den Türken oder zu den Balkanstaaten, sondern weil die Rivalität unter ihnen eine offenkundige ist, weil sie eine der anderen nichts gönnen. Trotz der wiederholten gemeinsamen Er klärungen von ihrer Übereinstimmung haben Rußland und Osterreich-Ungarn ihre bekannte, recht beträchtliche Teil- Mobilmachung ausgesührt und sich trotz aller Anregungen bis heute nicht veranlaßt ge ü iO, sie wieder zurückzunehmen. Wenn die Dinge so liegen, da n kann man sich nicht wun dern, wenn der Trotz bei Le» Balkanmännern immer stärker wird, und das allgemeine Mißtrauen sich nicht völlig besei tigen lassen will. Der Riß, der zwischen dem alten und dem neuen Drei bunde besteht, ist noch nicht einmal verkleistert, geschweige denn ausgemauert worden. Allen schönen Reden, wie es Hus vn Dulschnsln-Rrllmon in London so emkrüchüglich zn- gehe, sind immer neue Erscheinungen gefolgt, die auf das Gegenteil hinwiesen. Gewiß werden sich die Herrschaften nun doch wohl etwas zusammennehmen, damit der Attstrag zwischen der Türkei und den Balkaniern ohne einen neuen und großen Krieg von statten gehe, aber daß der Friede dann ans festen Füßen stehen wird, ist nicht anzunehmen. Seitdem vor fünf Jahren der erste Konflikt zwischen Ruß land und Österreich-Ungarn um des kleinen Rackers Serbien willen so deutlich in die Erscheinung trat, ist das europäische Jriedensgefühl stets und ständig ein schwankendes gewesen. Das Zufammenstehen des Dreibundes hat dessen Völker über einen möglichen Kriegsausgang zwar beruhigt, aber die bestehenden Meinungsverschiedenheiten mit der anderen Mäckte-Gruppe hat es nicht verwischen können. Darin lag eben der Grund, daß das in Waffen starrende Europa auf die paar kleinen Balkanstaaten keinen nach haltigen Eindruck ausüben konnte. In allen Hauptstädten der heutigen Orient-Sieger wußte man ganz genau, wie es in Wahrheit stand, man lächelte über das kurzsichtige Europa und schlug los, als man fertig var. Ein einziges öster reichisches Armeekorps, das an der serbischen Grenze auf- marsckierte, ein russisches Kriegsgeschwader, do» im Schwarzen Meere die bulgarische Küste blockierte, hätte genügt, um den Kriegsausbruch zu verhüten. Nachdem diese Gelegenheit versäumt war, mußten die Dinge sich naturgemäß entwickeln, mußte ein Fiasko dem anderen folgen. Was im besten Falle noch geleistet wird, ist nur Flickarbeit, von der man nicht erwarten kann, daß sie auch nur für ein Menschenalter hält. Und nicht allein die Ansprüche de« Balkanbundes sind zu erfüllen, auch die Rumäniens. Und das ist der schwierigere Teil der ganzen Abmachungen. Neue Wetterwolken. Der unbefriedigende Stand der politischen Verhältnisse verstimmte die deutschen Börsen und die des Auslands am Wochenschluß und führte zu erneuten Kursverlusten. Die Einbußen infolge der salkanwirrsn sind schon recht erheblich Spareinlagen wurden noch in keinem Jahre so viel abge hoben wie in den jüngsten Monaten, und die deutsche Reichsbank mußte in der kurzen Zeit von September bis Dezember v. I. 507 Millionen zur Verfügung stellen, gegen SS Millionen durchschnittlich in den früheren Jahren. Sehr ernst läßt sich der rumSnstch-bulgarische Gegen satz an. Rumänien, das mit der Türkei in Verhandlungen eingetreten ist, droht mit einem militärischen Einfall in bul garisches Gebiet, wenn ihm Bulgarien nicht die gewünschten Gebietsabtretungen gesteht. Das östlich der Donau am Schwarzen Meere zwischen Rußland und Bulgarien gelegene Gebiet heißt die Dobrudscha. Einen schmalen Streifen südlich der Dobrudscha ist Bulgarien abzutreten bereit, es widersetzt sich aber der Forderung auf Abtretung eines größeren Ge bietes und besonders der Donaufestung Silistria. Außerdem besteht Rumänien darauf, daß Bulgarien die nationalen Rechte den zur rumänischen Rasse gehörigen und in den oon den Bulgaren eroberten Gebieten ansässigen Kutzowa- lachen gewährleistet. Nach einer Meldung aus Bukarest glaubt man in dor tigen amtlichen Kreisen ein Entgegenkommen Bulgariens darin zu erblicken zu dürfen, daß dieses seinen Friedensbe- vollmächligten Danew anwies, mit dem rumänischen Ge sandten Mischu in London die unterbrochenen Entschädigungs oerhandlungen wieder aufzunehmen. Zum Schutze Bulgariens gegen Rumänien erscheint Rußland auf dem Plan. Der russische Gesandte in Bukarest erklärte im Auftrage seiner Regierung: Für den Fall, daß Rumänien die gegenwärtigen Schwierigkeiten Bulgariens benutzt, um in bulgarisches Gebiet einzufallen, würde Rußland sofort mittels Waffengewalt intervenieren. Die Schwarze MeerfioNe soll bereits Befehl erhalten haben, ! nach dem rumänischen Hasenort Konstanza abzudampsen und vor der Küste der Dobrudscha zu kreuzen. Hier liegt ! der schwierigste Kovfliktsstoff, und es ist zur Erhaltung des ! Friedens dringend notwendig, daß Bulgarien von der Türkei i befriedigt wird, damit es Rumänien die geforderte Ent- ! fchädigung gewähren kann. Die Überreichung der gemeinsamen Roke in ksnskan- ! ttaopel ist durch die Meinungsverschiedenheiten der Groß- Mächte verzögert worden. Dieser klaren Tatsache gegenüber nehmen sich die beständigen amtlichen Versicherungen von sfsuen von VWunx. Junia» er» k. Willkomm, 21 »Sollte ich mich in dem Grasen getäuscht haben sollte er mir keine Frist gewahrens"' entrangen sich stoßweise die Worte zu einem Selbstgespräch der Brust des Kam merherrn. „Die Versicherungssumme! Ha, ha, wenn er wüßte! Wie werden sich die Leute darum reißen!* Den letzten Worten folgte abermals ein heiseres La chen, dann schaute sich der Kammerherr scheu noch allen Seiten um, ob Niemand seine Unterhaltung mit dem Gra sen v. Sonini belauscht habe, aber er stand ganz allein in diesem etwas abgelegenen Teil des Parkes und weiter waren die Feuerwehrleute noch immer bemüht, das Feuer zu löschen Durch das sonst geschlossene, hohe, kunstvoll gearbeitete schmiedeeiserne Tor flutete der Mcnschenstrom ein und aus, denn trotz des heftigen Regenwetters hielten- die neugierigen Menschen Stand. Wahrscheinlich hofften sie noch auf irgend ein besonderes Ereignis. Der Kammer! err sah dies und sein Herz krumpfte sich zusammen. Sein prächtiger Wohnsitz war vollständig dem verheerenden Element preisgegeben; der kunstvoll gepflegte Park, die herrlichen Gartenanlagen und prächtigen Blu menbeete wurden unter den Füßen der schaulustigen Menge niedergetreten, ohne das Jemand Einhalt tat. Er hatte ja versichert, war ihm einige Male heute Abend schon- entgegengehalten worden, sein Verlust konnte ilsv nicht so sehr bedeutend sein. Nicht ein Mensch ahnte wohl, daß er hier alles verloren und ihm am Morgen mr noch die kahlen, rauchgeschwärzten Mauern von dem Palais blieben. In seiner großen Geldverlegenheit in )er letzten Zeit, war er nicht im Stande gewesen, die fäl- igen nicht unbedeutenden Versicherungsprämien zu bezah- en — die Versicherung mar somit erloschen — verfallen and er lrauchte auch gar nicht daran zu denken, daßun- er wichen Amftänden die Versicherungsgesellschaft auch nur erneu Pfennig aus freiem Antrieb auszahlte wo sie gar nicht mehr verpfliclstet war. Wie konnte er auch ahnen, eben jetzt oon einem Brandunglück betroffen zu werden. An diese Möglichkeit hätte er zu allerletzt gedacht. So rächte sich die unselige Spielleidenschaft — das war der Fluch, der fortwährend neues Unheil heraufbeschwor — Tor — unseliger Tor der er war, einigen flüchtigen Stunden großer Aufregung sein schönes Lebensglück zu opfern Er mußte sich an das.eiserne Gittertor lehnen, gebor gen hinter einem Pfeiler, damit ihn kein Mensch sah, denn in seinem jetzigen Anstand schmerzte ihn jedes Wort, das er zu hören bekam. Noch eine lange Weile starrte er in das brennende Gebäude, welches den Himmel weithin glutrot färbte. Das war ein grausiger Schlußeffekt des heutigen Festes und erregte sicher mehr Aufsehen, als die glanzvolle Beleuchtung des Palais zu Beginn des Festes. Jedesmal wenn irgend ein Stück Mauerwerk nieder» stürzte oder ein verkohlter Balken, war es ihm, als wenn Steine aus seinen Sarg polterten, als wenn er schon dem Grub nahe. Als Mitternacht erst vorüber war und der Mond seine bleichen Strahlen aus die Stätte warf, die wenige , Stunden vorher der Tummelplatz fröhlicher Menschen ye- wesen war, als der Menschenschwurm sich so ziemlich ver lausen halte und nur noch dle Feuerwehrleute unverdros sen und mit gleichem Eifer wie zu Beginn ihr Werk der ! Nächstenliebe verrichteten, da verließ Kammerherr v. Königs heim endlich den Purk, um sich einstweilen in die Villa seiner Schwiegereltern zu seiner Gattin und Kindern zu begeben. Er ivar bis aus die Haut durchnäßt und wie in Schüi- telsrost erschauerte sein Körper, sodaß er die Zähne fest aufeinanderbeißen mußte, um die ihn anwendelnde Schwäche zu überwinden. Langfam, schleppenden Schrittes verfolgte er die men schenleeren Straßen, wo der 'Regen sich hier und da ln Pfttzen angesammelt hatte. Zuweilen trat er in einen solchen kleinen Teich, daß das schmutzige Wasser an ihm hoch spritzte, aber diese kleinen Mißhelligkeiten kümmerten ihn jetzt sehr wenig, ihn peinigten ganz andere Schmerzen. Die Villa, welche der Geh. Regierungsrat v. Moser bewohnte, lag in einer jener stillen Vorstadtstraßen, wr des Nachts nur höchst selten einem Passanten zu begeg nen war und das schwache Licht der Straßenlaternen die kunstvollen Eisengitter, die prächtig gepflegte Gürten ein- hegen, und die aus den Taxus und Lebensbäumen her ausragenden weißen Steinbilder gespenstig beleuchten. Ohne einer menschlichen Seele begegnet zu sein, erreichte denn auch nach einer ungewöhnlich langen und milden Wanderung der Kammerherr die v. Moserfche Villa. Sein ängstlicher Blick schweifte über die Vorderfront und als er das erste Stockwerk völlig erleuchtet sah, zuckte er zu sammen. Wan war also noch wach, man erwartete ihn vielleicht? Er befand sich in einer Stimmung, in einem solchen Gemütszustände, wo es ihm unmöglich war, feinet Gattin und seinen Schwiegereltern, noch sonst einem Men schen unter die Augen zu treten. Ihm war alles zuwider — er war nicht allein körper lich sterdensmüde, nein auch sein Geist war unfähig, web ter zu arbeiten, er war überhaupt keines klaren Gedan kens mehr mächtig und meinte, jeden Augenblick Körper- lieh und geistig zusammenzubrechen. Mit zitternder Hand drückte er aus den Klingelknopf, die in die Wohnung des alten langjährigen Hausmeisters Neumann führte unk gleich darauf wurde die Hausture geöffnet. Mit schlep penden Schritten trat der Kammerherr in die hell erleuch- lete Hausflur wo er kaum wagte, dem alten Mann in da Augen zu schauen. Der Hausmeister war eine» Augenblick ganz starr übe: das veränderte Aussehen des Kummer Herm, den er solch nur als eleganten Hmn kannte.
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