Franz Schubert Messe Nr. 6 Es-dur für Soli, Chor lind Orchester D 950 Klang der Orgel nicht, also blieb sie weg. Über einen Auftrag zur Komposition ist nichts überliefert, doch dachte Schu bert nachweislich an die Uraufführung durch einen am 4. Oktober 1828 gegrün deten Verein zur Pflege der Kirchenmu sik. Die fand dann unter der Leitung des Bruders Ferdinand erst am 4. Oktober 1829 statt, als Schubert längst die Erde verlassen hatte. Erstaunlich bleibt, wie ein solches gewiss nicht professionelles En semble die beträchtlichen technischen Schwierigkeiten in Chor und Orchester bewältigen konnte. Das KYR1E fließt ruhig und kantabel im 3/4-Takt, von subtil markierenden Bäs sen gestützt. Sforzato-Akzente und harmo nischer Reichtum beleben die Grundstim mung der Andacht und Innigkeit. Hier wird nicht fordernd um Erbarmen gefleht, son dern ruhig die Sicherheit im Glauben de klamiert, die Emphase nicht nötig hatte. Das "Christe eleison" bleibt im Tempo (Andante con moto quasi Allegretto), doch wird es durch Fortissimo-Ausbrüche und vibrierende Trioien in den Streichern zu einem hymnischen Bekenntnis gestei gert. Die Wiederkehr des "Kyrie" bleibt keine wörtliche Wiederholung des Be ginns, sondern ist belebt durch Kontraste der Lautstärke und durch harte Dissonan zen. Gleichwohl überschreitet dieser gan ze Meeseteil kaum den Bereich lyrischen Geistes. Wir empfinden eine fromme, wenn auch lebendig sprechende Einstim mung auf alles Folgende. Schwierig zu bewältigen ist für Messekomponisten das GLORIA, weil es in seiner oft kurzräumigen Vielgestaltig keit häufige Wechsel des Ausdrucks und der Besetzung erfordert. Gerade hier gab Schubert ein eindrucksvolles Zeugnis ab, wie konsequent er seine symphonischen Prinzipien durchsetzte: durch Weglassen und Umstellen gewann er die Möglichkeit, eine dreiteilige Großform nach dem Sche ma A - B - A zu realisieren, dem am Ende die Fuge "Cum sancto Spiritu" als krönen der Abschluss folgt. Allegro moderato e maestoso hat Schubert das Zeitmaß ge wünscht, wobei man eher einen Alla-breve- Takt, also das doppelte Tempo, erwarten würde. Das zum Teil a cappella verkünde te Gotteslob wechselt mit zurückhalten den, kontemplativen Partien, stets in har ten Kontrasten. - In eine andere Welt des gemessenen Schreitens (Andante con moto) und der herben g-moll-Tonalität rückt uns Schubert mit dem "Domine Deus, agnus Dei". Die Bläser stellen ei nen strengen Cantus firmus auf, den der Chor hart deklamierend aufnimmt. Im Pia- nissimo bittet der Chor dann um Erbar men, steigert sich aber zu einer leiden schaftlichen Forderung bis hin zu einem Ausbruch im dreifachen Forte. Hier herrscht der Rhythmus. Im Orchester do miniert der feierliche und auch mahnen de Posaunenklang. - Mit dem "Quoniam" wiederholt die Musik den Beginn des "Gloria" mit einer kurzen Lobpreisung. Dann aber überrascht uns Schubert in der Fuge "Cum sancto Spiritu" (Moderato) mit einer polyphonen Meisterschaft, wie man sie ihm nie zugetraut hätte. Die kontra- punktische Dichte nimmt nach regelrech tem, vierstimmigem Beginn immer mehr zu durch kanonische Verschachtelungen und staunenswerte Engführungen mit nie nachlassender Intensität. Nach kurzem Atemholen in einem kurzen leisen Holz-