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Giacomo Puccini Messa di Gloria für Soli, Chor und Orchester opera posthuma 1880 Werk, bei dem das handwerkliche Können des jungen Künstlers zu bestaunen bleibt, sei es in den kantablen klang-sinnlichen Chorsätzen, sei es in der einfallsreichen, farbigen Orchsterbehandlung, die man ei nem Anfänger nie zutrauen würde. Das KYRIE (Larghetto) hebt weich und ätherisch in den hohen Streichern an. Der vierstimmige Chor ist ganz kantabel geführt. Allein im kurzen Mittelteil "Christe" wird die Sprache härter und mar kanter. überzeugend wirkt die Verbindung von Gläubigkeit und melodischer Inständigkeit. Im GLORIA mit seiner Vielfältigkeit des liturgischen Textes hielt sich Puccini in acht kurzen oder längeren "Nummern" getreu an den Aufbau und den Sinn der Worte. Der Beginn überrascht durch sei nen leichtfüßigen, fast tänzerischen Scherzando-Charakter der an das frappie rend fröhliche "Sanctus" in Verdis Requi em erinnert. Ungewohnt auch, dass das "Laudamus te" festlich im Andante dahin schreitet, nicht locker deklamiert wird. Vokaler Höhepunkt ist das "Gratias agimus", eine veritable große Tenorarie, weich gebunden im schwebenden 12/8- Takt (Andante sostenuto). Hier hat des jun gen Puccini Opem-Enthusiasmus alle sa kralen Rücksichten zurückgedrängt und sein späteres Metier effektvoll antizipiert. Im "Qui tollis" ist nichts von Reue und Schmerz über die eigene Sündhaftigkeit zu spüren, eher frohgemute Erleichterung, dass einen die Beichte wieder sündenfrei gemacht hat. Auch die obligate Fuge "Cum sancto Spiritu" ist wie der Gloria-Beginn von fröhlich tänzerischen Impulsen be wegt. Dabei beherrschte Puccini sein kon- trapunktisches Handwerk perfekt, auch die Harmonisierung ist interessant. Noch ein mal kehrt der Gloria-Anfang zurück und führt zu einem Abschluss in strahlendem C-dur, buchstäblich mit Pauken und Trom peten. Deutlich hebt sich das zwei Jahre frü her entstandene CREDO von den anderen Messeteilen ab. Zum großen Teil bewegt es sich - mitunter ganz unangebracht - im Mollbereich. Von ernstem Pathos erfüllt ist schon der Beginn, alles andere als ein freudig bekräftigendes Bekenntnis. Erst wenn Christus vom Himmel herabsteigt, werden die Linien wärmer, menschlicher. Das musikalisch so wichtige "Et incamatus est" bleibt im Andantetempo des Anfangs. Der Solotenor fuhrt über dem Chor, doch nicht glänzend arios, sondern ganz von verinnerlichter Andacht beseelt. Kreuzigung, Tod und Begräbnis wer den vom Solobass gesungen, in der her ben g-moll-Tonalität (Adagio), über schweren Orchester-Achteln. In drängen den punktierten Rhythmen wird die Auf erstehung angekündigt, die der Chor als Fugato in g-moll deklamiert. Erst beim Glaubensbekenntnis an die heilige christ liche und apostolische Kirche hellen sich die Farben auf, der Ausdruck ist lebhaft, voller Kontraste und Akzente. Die übli che Fuge "Et vitam venturi saeculi" ist nicht ausgeführt, dagegen wird die Glaubens kraft noch einmal kurz und kraftvoll be schworen. SANCTUS und BENEDICTUS sind zu einem Stück zusammengefasst, vor allem im Benedictus von einem volksliedhaften Arioso des Solo-Baritons getragen. - Das AGNUS DEI ist als gebunden fließender Wechselgesang angelegt, flehend, doch nicht klagend, elegisch, doch nicht tra gisch. Die Bitte um den Frieden läuft sanft und ergebungsvoll aus.