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V-lMsche Rundschau. DsvSMr-«» Die Arbekr des Handwerkers. Der in Frankfurt a, M. tagende 8. deutsche gewerbliche Genossenschaftstag be schäftigte sich u. a. mit der Frage der Vergebung von öffent lichen Arbeiten. Das Kriegsmimsterium hat seinerzeit darauf hingewiesen, daß die Lieferungen der Handwerker-Ver- jelnigungen nicht immer voll befriedigt hätten. Daraufhin hat der Verbandsvorstand sich mit dem Deutschen Handels und Gewerbe-Kammertag in Verbindung gesetzt, und beide Korporationen haben folgende Gesichtspunkte aufgestellt: L. Der Hauptverband wie der KammerLag halten sich für verpflichtet, ihrerseits für eine Kontrolle der zur Vergebung gelangten Arbeiten zu sorgen. 2. Zu diesem Zweck sind die zur Vergebung gelangenden Arbeiten beiden Verbänden be- kanntzugeden, damit sie die beteiligten Kreise aufmerksam 'machen und zur Beteiligung auffordern können. 3. Haupt verband und Kammertag werden auf Ersuchen sich gutacht lich darüber äußern, ob eine in Frage kommende Hand werker-Vereinigung Gewähr für ordnungsmäßige Ausführung der Arbeiten biete. 4. Hauptverband und Kammertag werden auf eine entsprechende Kontrolle der Ausführung der Arbeiten durch Vertrauensleute bedacht sein. Das Kriegs ministerium hat diese Vorschläge gebilligt. Line nachahmenswerte Verfügung har das hessische Ministerium erlassen, indem es die dortige Ober-Nechnungs- kammer anwies, von der Einziehung zu wenig verlangter oder zu viel verausgabter Beträge, wie auch umgekehrt, von der Auszahlung zu viel vereinnahmter oder zu wenig verausgabter Beträge abzusehen, soweit es sich um gering fügige Summen handelt, oder sofern die Ein- oder Aus zahlung mit Kosten verbunden wäre, welche nicht im richtigen Verhältnis zur Höhe des Betrages stehen. Auf dem deutschen Wohnungskongretz in Leipzig zog am Dienstag Landgerichtsrat Kühlemann-Bremen die Ergebnisse de« ersten Verhandlungstages kurz in folgende Leitsätze zusammen: Die Wohnungsreform hat zum Geaen- Mnoe vas geiamte Wohnungswesen, beionvers Wohnungey her Minderbemittelten. Gerade deshalb ist sie in erster Linie nicht eine wirtschaftlich-technische, sondern eine sozialz Frage. Diese kann nur gelöst werden durch Gesetzgebung und Verwaltung. Dabei sind starke Eingriffe in dis individuelle Freiheit zugunsten der gesamten Wohlfahrt nicht zu vermeiden. Graf Posadowsky dankte im Namen deq Kongresses dem Referenten, worauf Geh. Hofrat Wuttke !(Dresden) über die Finanzierung unserer Bautätigkeit tn großen und kleinen Orten, ihre Mängel und deren. Be, seitigung sprach. Der nächste Reichsekat. Für die Aufstellung M nächstjährigen Reichsetats sind in den Neichsressorts laut „Dtfch. Tagesztg." die hauptsächlichen Arbeiten jetzt beendet ^worden. Lie Forderungen werden noch einer Überarbeitung unterzogen werden und werden im Laufe des nächsten Mo nats dem Reichsschatzamt zur näheren Prüfung übergeben werden. Die Aufstellung des Etats für 1912 ist an sich eins sehr einfache, da dieser Etat hauptsächlich nur die laufenden Ausgaben und die durch die Heeresvorlage bedingten neuen Ausgaben bringen wird. Eine Übersicht über die Reichs einnahmen und Ausgaben im Rechnungsjahre 1910 und in der Zeit vom 1. April bis 1. Oktober 1911 wird dem Reichs tage im Herbst zugehen. Neue Vorlagen werden jedoch dem Reichstage im Herbst, von Kleinigkeiten abaeschsL nicht zugehen. Frankreich. Das Vorgeyen Spaniens in Marokko, dem Frankreich, wie es den Signatarmächten des Algeciras vertrages nütteilte, seine Zustimmung nicht geben kann, wird überall als eine gefährliche Verletzung bündiger Verträge verurteilt. In einer längeren Zuschrift an die „Voss. Ztg." heißt es u. a.: Zum Vorwand nimmt Spanien die Er mordung seines angeblichen Schutzbefohlenen Abd Allah el Malek in Alkassar und die Bedrohung dieser Stadt durch aufständische Marokkaner. Nun ist aber dieser El Malek tatsächlich kein spanischer Schutzbefohlener gewesen, sondern ein marokkanischer Untertan, dessen Schutz nur seiner eigenen Landesobrigkeit obliegt, und Alkassar ist nie von Aufstän dischen bedroht gewesen. Die Posse von einem nächtlichen Angriff auf die Stadt ist aufgedeckt. Man hat in dem halben Dutzend Reiter, die in der Nacht an die Stadtmauer heransprengten, ihre Flinten in die Luft obfeuerten und , vann wtevrr davon galoppierten, einige Diener ves Er Re- '/ miki "unter Führung von zwei in Burnusse verkleideten spanischen Unteroffizieren aus Larasche erkannt. Er Remiki selbst aber ist ein ehemaliger Pascha von Larasche, den der Sultan absekte, weil er nicht ihm, sondern den Spaniern gehorchte, und der seit seiner Absetzung ein Schutzbefohlener und Werkzeug Spaniens ist. Wenn Spanien also behauptet, es befolge nur das Beispiel Frankreichs, so entspricht dies den Tatsachen nicht. Fez war wirklich von Aufständischen Umzingelt und bedroht, wenn die Lage in der Stadt auch nicht ganz so verzweifelt gewesen sein mag, wie die französischen Berichte behaupteten. — Die spanische Regierung hat aber noch keine Lust einzu lenken. Sie hat den Kortes eine Krediiforderung von 8250000 Pesetas fürHeereszwecke und von 9000000 Pesetas für Flotienausgaben unterbreitet, die natürlich durch marok kanische Kriegspläne veranlaßt sind. Und der Minister präsident Canalejas erklärte, Spanien verfolge den geraden Weg der Verträge und erfülle genau seine Pflichten. Die Haltung Spaniens könne seiner Meinung nach keinen ernst lichen Konflikt motivieren, sie sei nur die natürliche An wendung der Verträge. — Londoner Blätter fabeln von einer bevorstehenden Aufteilung Marokkos und beschuldigen !n der Befürchtung, England könnte dabei zu kurz kommen, die deutsche Reichsregierung heimlicher Aufteilungsabsichten. Lie malen dann die furchtbaren internationalen Verwick lungen aus. welche die Durchführung der deutschen Pläne, verursachen mutzte. Glucrucherwetze gab der spanische Minister des Auswärtigen Garcia Prieto bekannt, daß er di» von Frankreich gewünschten Aufklärungen über die Tragweite der spanischen Action in Marokko geben würde, sp daß die Erörterung des Streitfalles auf Frankreich und Spanten beschränkt bleibt. — Gegen den Sultan Mulau sHafid erhebt der von diesem entlassene Großwesir Glaui schwere Anklagen. Für alle Schandtateu Mulay Hafids habe aber sein Name herhalten müssen. Die Erpressungen Les Sultans, seine Forderung von Geld und Weibern waren stets mit allerlei Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten be gleitet gewesen, die Glaui habe mit seinem Namen decken müssen, er bestreitet ferner, daß er die Ämter der Gouverneur» an gewissenlose Erpresser verkauft habe. Da» sei auf be- sondere Anordnung des Sultans sgeschehen. Seit seinem Falle seien weitere sechzig derartige Ämter an die Meist bietenden verkauft worden. Zum Schluffe behauptet Glaui, der Sultan habe ihn sowohl als seine Kinder verschiedent lich mit dem Tode bedroht, wenn er ihm nicht Geld ver schaffen würde. Der bonapartistische Thronprätendent Prinz Viktor Na poleon betonte einem Zeitungsvertreter gegenüber, kein Ruhe störer zu sein; er werde sich nie mit denen verbünden, die auf eine Schwächung der Regierungsautorität hinarbeiten. Dagegen meint er, daß der Parlementarismus in Frankreich am äußersten Ende seiner Entwickelung angelangt sei. Die Kammern können nicht einmal mehr das Budget beschließen. Das ist die Herrschaft der Zusammenhangslosigkeit. Die dar aus resultierende Unordnung führt zu allen möglichen Kund gebungen der Anarchie, Post- und Bahnstreiks, Winzerauf ruhr, Verwaltungs-Skandale. Wir sterben am Mangel an Autorität und an falscher Demokratie. Frankreich bedarf einer einheitlichen Herrschaft, keiner Parteizerrissenheit und engen Interessenpolitik mit Günstlingswesen und Verwaltungs, schikanen. Eine einige und tatkräftige Regierung beschäftigt sich mehr mit der Reform der Einrichtungen als dem Wechsel Les Regierungspersonals. Ich habe keinen ämtergierigen Stab von Anhängern um mich, keine Sondergelüste zu be- sriedigen, wenn mich die französische Republik an ihre Spitze berufen sollte. Alle Orte der Champagne mußten verstärkte militärische Besatzung erhalten. In einem kleineren Orte hatten die Winzer auf 200 Häusern rote, auf den öffentlichen Gebäuden deutsche Flaggen gehißt, überall hat die Polizei aufrühre rische Inschriften zu entfernen. Aus vielen wird die Cham pagne dem deutschen Kaiser angeboten. Aus einer waren sii Niesenbuchsiaben die Worte zu lesen: „Man ver langt Anarchisten, um die gouvernementale Gemeinheit zu jühnen! Gute Bezahlung zugesichert!" Oeslerrcich-Angarn. In Österreich verlief die Haupt- wähl für den Neichsrat im allgemeinen ruhig und brachte auch, soweit sich bisher übersehen läßt, keine nennenswerten Verschiebungen in den Parteiverhältnissen mit sich. Vieles hängt noch von dem Ausgang der Slickwablen ab. die am MsIArtzeL Schern. 4) Roman von Luise von Franc ouis. Das war alles, was Heinrich über diesen weiter wußte und er hatte bisher auch wenig Veranlassung ge- sunden, mit diesen Verwandten in näheren Verkehr zu treten. s „Es ging ein Gerede, daß Buich die Pachtung über« nehmen werdeHörle der Adjutant jetzt einen anderen Nachbarn fragen. ! „Mir nicht bewußt, da ich von meines Vetters Ab sicht gar keine Kenntnis habe/ versetzte der Freiherr tzurz. ' „Müßte auch ganz besondere Gründe dazu baden. Äer alte Busch/ erwiderte der erste Sprecher. „Es ist sabelhast, was der Mensch riskiert und spekuliert mit feinem Holzhandel/ i „Kann aber auch einmal fehlaehen/ „Dem glückt Alles und im Notfälle wird er sich auch noch eine .Hintertüre offen halten/ Der alte Freiherr mußte schließlich aus der Not eine Tugend machen und in dieser Unterhaltung mit 'ortiah- ren. Er war schließlich noch froh, daß man jetzt seine eigenen Angelegenheiten aus dem Spiele ließ. Der Auf schwung des Müllers war ein unerschöpflicher Gegen stand. Feder der Nachbarn wußte etwas dazu beizutra gen. Man redete darüber, daß der Müller seinen einzi gen Sohn, ehe er ihn in sein eigenes weit verzweigtes Geschäft auinahm, habe studieren lassen. Man zitierte allerlei Anekdoten über dis Tochter des Müllers, die bei einer Tante hier in der Residenz wie eine Gräfin erzogen wurde und im Jahre nur auf einige Wochen in der Mühle zu Thannhausen bei ihrem Vater einkehrte; ihre Mutter war gestorben, um bei diesen flüchtigen Be- suchen die einfaches Nachbarn durch ibren Luius in paunenoe Bewunderung zu verletzen. „Eine tolle Welt heutzutage/ so resümierte schließlich ein Gutsbesitzer aus der Thaunhau 'er Gegend die Be merkungen seiner Tischgenossen. „Das rennt und rollt! Das Unterste kommt zu oberst und das Oberste zu Un terst. Wer Geld hat, wird ein Genie, wer keines hat, bleibt ein dummer Teufel. Auf goldenen Rollen rutscht, schiebt und drängt Jeder aus seinen Verhältnissen und weiß Gott, selbst bei uns auf dem Lande erlebt man alle Tage etwas Neues, wovon sich unsere Väter und Urväter nichts träumen ließen. Was wird am Ende aus uns, dem alten ritterlichen Stamm, lieber Thann hausen, sagen Sie, was wird aus uns?" „Am Ende auch ein Spekulant oder Philosoph, wie Vetter Werner." entgegnete der alte Freiherr lachend und sein Elas erhebend. „Einstweilen aber lassen wir cs rollen — die Welt ist rund und das Leben kurz, liebe Freunde. Freuen wir uns der heutigen Stunde! Hoffentlich treffen wir uns bald wieder!" Hell klangen die Gläser aneinander. Auch Heinrich, als der letzte Sprosse eines alten ritterlichen Geschlechtes, mußte tapfer Bescheid tun, obwohl es ihm gar nicht jo um das Her; war. Lie Zeit zur Einlösung seines Wortes drängte, des halb bat er seinen Vater und dessen Bekannte, ihn zu entschuldigen und entfernte sich mit glühendem Kopfe aus dem fröhlichen Kreise, den zu verlassen jein Barer durchaus noch nicht gesonnen war. 8. Kapitel. Mutter una ZKMrfter. Als er das Restaurant verlassen hatte, blieb der Ad jutant elncn Augenblick sinnend stehen, unschlüssig, wo hin er sich wenden sollte. Das Benehmen seines Vaters, der ihm bisher eigentlich noch keinen Munsch abgeschla gen hatte, gefiel ihm heute gar nicht. Warum wollte er ihm heute nicht KküLN- Mn mchejlMund- Nächsten Dienstag statlflnden. UM die 818 Mäsidale rangen in der Wahlschlacht, der zweiten unter dem allgemeinen Wahlrecht, 1622 Kandidaten, die kleinere oder größere Par teien hinter sich haben. Zählt man jedoch noch diejenigen Kandidaten hinzu, die sich auf eigene Faust um ein Mandat bewarben, so waren es ihrer rund 3000. Da in Österreich die Wahlpflicht besteht, so war die Wahlbeteiligung selbst verständlich stark. Den schwersten Kampf hatten die Christ- lich-Sozialen in Wien, die nach Dr. Luegers Tode ihres besten Führers beraubt sind, mit den deutsch-freiheitlichen und den sozialdemokratischen Kandidaten zu bestehen. 2n Portugal macht sich fortdauernd eine starke monarchistische Bewegung bemerkbar. Obgleich Spanten osfiziell nichts von Verschwörern wissen will, halten die von den portugiesischen Monarchisten angeworbenen Truppen auf öffentlichen Schießständen in Spanien unbehelligt Schieß übungen ab. Die monarchistischen Söldlinge sollen sogar schon die Minhobrücke überschritten haben, aber durch hestiges Feuer zurückaelrieben worden sein. Die Wohnungsfrage. Wenn sich das Bedürfnis herausstellt, hygienisch» Fragen stark in den Vordergrund zu rücken, so ist das an sich nicht erfreulich. Wer gesund ist, braucht den Arzt nicht und kümmert sich wenig um sanitäre Forderungen. Aber es ist nun einmal nicht zu ändern, daß die Kulturvölker die robuste Gesundheit der Naturvölker verlieren; und je höher die Kultur eines Volkes steigt, je mehr an jeden einzelnen der harte und zermürbende Konkurrenzkampf herantritt, um so lauter erschallt der Ruf nach hygienischem Schutz, um so tiefer wird es empfunden, daß die Voraussetzung für alles andere körperliche Kraft und Gesundheit ist, deren Erhaltung unsere erste Sorge zu sein hat. > Es ist für unser deutsches Volk ein Segen, daß seins Führer rechtzeitig erkannt haben, was not tut, und daß das Verständnis für hygienische Notwendigkeiten bei uns, im Gegensatz zu vielen andern Nationen, in den weitesten Volks schichten verbreitet ist. Die elementarsten Vorschriften der Hygiene morden schon den Kindern in der Schule vermittelt wnd gehen so gleichsam in Fleisch und Blut unseres Volkes 'über. Unsere Hausfrauen wissen gesunde Nahrungsmittel ,von gefälschten und schädlichen zu unterscheiden und werden dieser Kenntnis von den Nahrungsnüttelchemikern wirksam lunterstützt. Den Segen der Abhärtung, den Nutzen de» Bäder, die förderlichen Wirkungen eines in den gebotenen Grenzen sich haltenden Sports wissen weiteste Volkskreiss nach Gebühr zu werten. Was aber noch viel zu wenig be- frücksichügt wird, das ist die hygienische Seite der Wohnungs frage; und doch ist gerade sie für die Volksgesundheit von ausschlaggebender Bedeutung. Mit dem Unfug, das dem Licht und der Lust am mei sten zugängliche Zimmer als die „gute Stube" oder den Salon zu benutzen, oder richtiger nicht zu benutzen, und Den dunkeln nach dem Hofe gelegenen Raum als Schlaf- foder Wohngemach zu verwenden, ist ja glücklicherweise ge brochen worden. Lichtarme Räume, die in Len meisten Stadthäusern unvermeidlich sind, dienen zu gelegentlicher kurzer, nicht zu dauernder Benutzung. In der kleinen Stadt oder auf dem Lande gibt es enge, dunkle Höfe ja nur in Ausnahmefällen. Und wer die Wahl hat, der legt da» Schlafzimmer nach der Morgenseite und fürchtet auch die Mittagssonne nicht ss sehr, daß er ihr auswiche. Licht und Luft und Sonne sind die wesentlichen Lebensbedingungen. Gewiß läßt das Wohnungswesen auch auf dem Lande noch manches zu München übrig; aber hier weht die Lust doch überall so frisch und frei, daß von einem eigentlichen Woh nungseiend nicht gesprochen werden kann. Dieses ist viel mehr im wesentlichen auf die Großstadt beschränkt; hat sich dort aber auch zu dem schwersten Übelstande, ja zu einem wahren Krebsschaden entwickelt. Dem früheren Staatssekretär Grafen Posadowsky dankt das deutsche Volk schon so manchen guten Rüt und manche Fürsorge sür das Allgemeinwohl. Der „Graf im Bart" ist es auch, der der Wohnungssragein den Großstädten sein unaus gesetztes Interesse widmet, und der immer aufs neue hin weist auf diese Eiterbeule im Körper unseres Volkes. Die Wohnungsfrage in den Großstädten ist zu so enormer Be deutung gelangt, weil heutzutage jeder fünfte Deutsche Groß- «städter ist: im Jahre 1816 war es nur jeder achzigste, 1855 besitzet doch füglich zu jeder Stunde möglich sein mußte ? Aber die Grübeleien nutzten jetzt zu nichts; er kam schließlich auf dcn Gedanken, sich von einem seiner Ka meraden das Geld zu erbitten. Aber wo heute, am Sonntag Nachmittag einen lol- chen auffinden? Wo überhaupt einen Leutnant auffin- den, der fünftausend Mark bar daliegen hatte, nein, da mit war es auch nichts, mußte er sich schließlich selbst gestehen. Sollte er wegen der fünftausend Mark von Pontius zu Pilatus lau'en und vielleicht doch vergebens. Das gegebene Wort aber mußte er halten und so schien ihm der von seinem Vater gegebene Rat der einfachste Weg. Warum sollte er sich nicht an seine Mutter mit dieser Bitte wenden? Würde sie ihm, dem einzigen Sohn, der sich in einer ähnlichen An 1 eleaenheit noch nie an sie gewandt hatte, diese Bitte abschlagen? , Wohl kaum, und es regte sich soaar das Verlangen in ihm, sich seiner Mutter einmal vertraulicher zu nähern und sich ihr zu offenbaren. Sein Vater mußte es ja wissen, ob sie über eine solche Summe vermgte, sonst würde er ihn doch nicht an sie gewiesen haben. Ohne Zaudern schritt er seiner elterlichen Wohnung zu; er war sicher, seine Muttter trotz des herrlichen Sonn tages zu Hause anzutreffen, da sie dasselbe nur selten verließ. Er traf das Dienstmädchen nicht an, um sich bei sei ner Mutter melden zu lasten und so trat er unangemel det bei ihr ein. Er fand seine Mutter in traulicher Un terhaltung mit seiner Schwester in dem zwar einfach aber recht behaglich eingerichteten gemeinsamen Wohn zimmer der beiden Frauen. Diese sahen erstaunt auf, diesen ungewöhnlichen Bemch mochten sie be:de wohl nicht erwartet haben. Freifrau von Thannhau en war eine hagere Dame, deren Gesichtszüge noch unverkennbar die Spuren einstiger Schönheit trugen, auf-denen es frei lich iM nüe itummr Resignation, wie Entjaouna la^