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Rabenauer Anzeiger : 04.03.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191103040
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19110304
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19110304
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-04
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
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Politische Rundschau. Deutschland. vsr neue SiaalsfercetSr v. Mderien-WSchter rede^ dem Ausland gegenüber eine frischere und entschiedenere Sprache, als es seine Vorgänger getan hatten. Er hat namentlich Pariser Blättern durch die „Nordd. Allg. Ztg." schon recht unverblümt die Wahrheit sagen lassen und da mit an die berühmten „kalten Wasserstrahlen" des Fürsten Bismarck erinnert. — Die unsinnige Behauptung einiger französischer Organe, Deutschland hätte Rußland zu einem schärferen Vorgehen gegen China veranlaßt, fertigte der Staatssekretär des Auswärtigen unlängst mit der treffenden Erwiderung ab, die Herren in Paris sollten einmal die guten Ratschläge zusammenzählen, welche die französische Presse fortgesetzt dem verbündeten Rußland erteile. Nicht minder erfrischend wirkte die Erklärung des Herrn von Kiderlen- Wächter auf die Pariser Behauptung, der preußische Kriegs minister v. Heeringen habe durch seine Bemerkungen über die Fremdenlegion im deutschen Reichstage jdie französische Waffenehre beleidigt. Die Schärfe, mit der sich der Minister zögen deutsche Blätter wandte, welche den Eintritt in die Fremdenlegion empfehlen, bezeichnete der Staatssekretär als berechtigt und betonte zudem noch, daß die Art der Rekru tierung der Fremdenlegion und die daraus sich ergebenden Folgen die Sympathien der gesitteten Welt nicht erwecken konnten. — Der Staatssekretär hat mit dieser Erklärung die Worte des preußischen Kriegsmintsters nicht nur unter strichen, sondern noch übertrumpft. Aber er war in seinem Rechte und konnte es daher; die französische Regierung wird daher nicht behaupten können, daß Herr v. Kiderlen-Wächtek zu viel gesagt habe. Es ist nun einmal eine notoriscke Tat sache, daß das Abfangen deutscher Deserteure sur die Fremdenlegion von Frankreich in ganz organisierter Weis« betrieben wird, und daß Befreiungsversuche der überlistet^« und zu spät zur Erkenntnis gelangten jungen Leute mit dem Hinweis auf die Heiligkeit des in den meisten Fällen leicht sinnig geleisteten Eides abgelehnt werden. Der deutsche Reichstag wird mehr als eine Vorlage, man spricht bereits von einer ganzen Reiche, unerledigt umer den Tisch fallen lassen müssen, wenn seine Aussprachen auch weiterhin so in die Breite gehen, wie es bei der zweiten Lesung des Militäretats geschah. Der Frage, ob Juden im deutschen Heere befördert werden sollen oder nicht, die theo- ketisch gar keine Frage ist, da die allgemeine Dienstpflicht bei Bewährung das Beförderungsrecht einschlieht, einen ganzen Sitzungstaa zu opfern, wie es am Montag der Fall war, geht entschieden zu weit. Die Ausführungen des Kriegs ministers v. Heeringen, der betonte, daß die Religionszuge hörigkeit für die Beförderung nicht in Betracht komme, sondern lediglich die persönliche Tüchtigkeit, fand die Zu stimmung der großen Mehrheit des Hauses. Bemerkt wurde es, daß die Konservativen zur Sache schwiegen, obwohl die „Kreuz. Ztg." erst unlängst erklärt hatte, es sei jetzt Zeit, die antisemitische Bestimmung aus dem konservativen Partei programm zu entfernen. Die neue Spannung. Die Verteidigung der dem Hansabund angeschlossenen Handelskammern durch der« Handelsminister Sydow im preußischen Abgeordnetenhause hat, wie zu erwirkten war, in den konservativen Blättern zu einem lebhaften Protest gegen diese Stellungnahme des Handelsministers, in den liberalen Organen dagegen zu einem ebenso lebhaften Eintreten für den Minister geführt. Es ist jedoch zu bezweifeln, ob jene Stimmen recht haben, die da verkünden, der Handelsminister habe ein Bekenntnis zum liberalen Programm ablegen wollen. Im Gegenteil, der Minister hat gewisse Fehlgriffe und gewisse Aktionen des Hansabundes, die ins rein Politische hinüberspielten, scharf § verurteilt und nur für den Fall einen Anschluß der Handels kammern an den Hansabund gebilligt, wenn der Bund wirklich das sei, was er sein will: eine wirtschaftspolitische Organisation. Niemand kann die Entwicklung solcher wirt schaftspolitischen Vereinigungen in unsern Zeiten voraussagen, und man muh daher auch hier wieder einmal abwarten, ob der Hansabund Parteipolitik treiben, oder aus dem Boden einer wirtschaftlichen Interessen-Vertretung stehen bleiben wird. Einstweilen sind daher alle Angaben über den nahs bevorstehenden Rücktritt des Handelsministers bloße Ver mutungen. Der Wahlsieg des Aenlrumskandidaken Orlowski in Allenstein-Rösiel, der dem Zentrum diesen seit 1871 mit einer effszigen Mrsttayme Mnegekäbten Reschetagswahlkrels erhielt, erfolgte unter einem starken Zuwachs der Stimmen für den polnischen Gegenkandidaten; das Stimmenverhältnis war jedoch so, daß auch bei der nächsten Hauvtwahl mit dem Siege des deutschen Kandidaten zu rechnen ist. In der am 7. d. M. in Immenstadt-Lindau stattfindenden Reichs tagsstichwahl wird der gemeinsame Kandidat der Liberalen Dr. Tboma, für den die Sozialdemokraten eintreten wollen, über oen Zentrumskandidaten Emminger den Sieg davon tragen. Der Wahlkreis gehörte dem Zentrum 20 Jahre lang. Der Zug der Sparsamkeit macht sich weiter geltend. Dis Vorschläge zu einer Vereinfachung der Staatsverwaltung, die dis württembergische Regierung dem Landtag unter breitet hat, und deren finanzieller Effekt eine Ersparnis von 8,9 Millionen sein wird, wird sicher von der württembergischen Landesvertretung sympathisch ausgenommen werden. Von oieser Vereinfachung werden die Justiz-, Eisenbahn-, Post-, Gemeinde- und Kirchenverwaltung betroffen. Natürlich nur in der Weise, daß überflüssiges, was vielfach hemmend wirkte, entfernt wird. Der Rtodernisteneld. In der Budgetkommissiop des preußischen Abgeordnetenhauses wurde bei Beratung des Kultusetats der Minister von Trott zu Solz von national liberaler Seite über den Antimodernisteneid interpelliert. Es wurde namentlich gefragt, wieviele Professoren den Eid schon geleistet hätten, und ob eine Gefährdung der freien Forschung an den katholischen Fakultäten eingetreten sei. Der Minister konnte auf die erste Frage keine Auskunft geben; im übrigen betonte er, daß für den Staat die katho lischen Fakultäten weniger als eine Forschungsstätte in Be tracht kämen, denn als eine Stätte der Ausbildung der späteren katholischen Geistlichen für ihren Beruf. Für die Zukunft müsse man eine abwartende Haltung einnehmen. Wechsel im Skaalssekrekarial des Reichspostamls? Als Kandidat für den Posten des Staatssekretärs Krätke, der im 66. Lebensjahre steht und von der Pike auf den Postdienst durchlaufen hat, wird von der „Berl. Ztg." der preußische Handelsminister Sydow genannt. Herr Sydow war vor seiner Ernennung zum Reichsschatzsekretär bekannt lich Unterstaatssekretär im Reichspostamt, indem er also vor züglich Bescheid weiß; auch ist er ein hervorragender Jurist und steht am Bundesratstische seinen Mann. Wenn die schon seit Jahren auftauchenden Gerüchte von dem baldigen Rücktritt des Herrn Krätke diesmal den Tatsachen entsprechen sollten, dann ist es wohl möglich, daß Herr Sydow Staats sekretär des Reichspostamts wird. Die jetzigen Gerüchte werden damit begründet, daß die Fernsprechgebührenordnung, die an die Kommission zurückgewiesen werden soll, in dieser Session nicht mehr verabschiedet werden wird. Frankreich. Aristide Briand, dessen Rücktritt bereit« zu dem Entlaffungsgesuch des langjährigen und einflußreichen Generalgouverneurs Jonnart von Algerien führt«, erfährt aus den Arbeiterkreisen noch fortgesetzt Angriffe, die mit Drohungen verbunden werden für die neuen Männer, fall» diese es sich einfallen lassen sollten, in Streikfragen dis Briandsche Politik fortzusetzen. — Die Arbeitersyndikate und namentlich die Eisenbahner lassen kein gutes Haar an dem Kabinett Briand und an diesem selber; sie bezeichnen es als eine Schändlichkeit sonder gleichen, daß Briand als Minister in Streikfragen gegen seine ehemaligen politischen Freunde schärfer einschritt, als je ein Minister vor ihm. Die Eisen bahner fordern von der neuen Regierung volle Genugtuung und Wiedereinstellung sämtlicher wegen ihrer Teilnahme am Streik entlassenen Arbeiter; solange das nicht geschehen sei, würden auch die täglichen Eisenbahnunfälle nicht aufhören. Daß Briand sich unterfing, seinen Rücktritt mit Gegenzügen gegen seine Politik seitens der radikalen Sozialisten zu be gründen, wird von diesen eine Unverschämtheit genannt. England. Gegenüber einer weit verbreiteten Bewegung, die auf eine Verbilligung der Fernsprechgebühren hinarbeitet, erklärte der Generalpostmeister Samuel, die Tüchtigkeit des Betriebes sei wichtiger als die Verbilligung. England sei in den letzten zehn Jahren von 200,000 zu 600,000 Fernsprech abonnenten hinaufgestiegen. Das spreche für die Güte des Systems! Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl ist England reicher an Telephonanschlüssen als Deutschland. — über die Sprachenfrage kann man sich in den südafrikanischen Unions staaten nicht einigen. Der Bruch zwischen Engländern und Boeren hat sich infolgedessen erweitert, und der Sturz des Kabinetts Botha soll nicht ausgeschlossen sein. — Aufemigen englischen Kriegsschiffen brach eine Masernevidemie aus. St. D-t-S. Ein Reisegeschichte von Hedwig Lange. (Nachdruck verboten.) Mir rwfinnerem Behagen spürt sie die Wandlung, die während der Wanderung mit ihr vorgegangen ist, ohne daß sie sich mit Bewußtsein Rechenschaft darüber ablegt. Der dumpfe Druck, der in der Frühe auf ihrem Herzen gelastet, weicht mehr und mehr. Je tiefer die Welt unter ihr liegt, je ferner und kleiner erscheinen ihr ihre Leiden und Schmerzen. Nur ein Wunsch, nur ein Ehrgeiz be wegt die Seele: Höher, immer höher hinauf, dem Ziel entgegen, das lockend von da oben winkt, und in der Ueberwindung der Schwierigkeiten findet sie einen Genuß ohnegleichen. Nicht schreckhaft wirken heute der Ernst und die Größe der Natur auf sie; sie fühlt, daß der Mensch, so winzig er auch den Bergriesen gegenüber erscheint, dennoch die Krone der Schöpfung ist, und daß es die Liebe ist, die ein All webt und das All umfaßt. Auch Kurt Helldorf empfindet mit Befriedigung die Wandlung zu seinen Gunsten. Wie ist die Ilse heute anders als sonst! Wenn auch die alte Melancholie noch wie ein leichter Flor über ihrem Wesen liegt, die sanfte Freundlich keit, die durch keinen Widerspruch getrübte Nachgiebigkeit sind ihm fremd und beglücken ihn. Und wie ist sie hübsch in ihrer Begeisterung mit diesem fast feierlich zu nennenden Ernste, mit dem sie die Naturschönheit ringsum in sich auf nimmt, wie sie Einzelheiten entdeckt, die seinem Auge gewiß entgangen wären. Wirklich, sie versteht es, auch seine Stimmung aus die Höhe poetischen Empfindens mitzu ziehen ! Ein Schauer des Entzückens durchrieselt ihn, wenn Ilse, in selbstvergessener Bewunderung stehen bleibend, ihre Hand auf seinen Arm legt, und von dieser warmen, kleinen Hand geht ein elektrischer Strom durch seinen ganzen Körper. Die wundervollen Bilder, welche die zahlreichen Gefälle des Weißwassers schaffen, fesseln immer öfter die Füße der beiden Wanderer, und bejonders Ikje vermag sich nicht loszureißen, als das imposanteste Bild vor ihren Augen sich aufrollt: dort, wo der Fluß, ohne eine Welle zu machen, auf der schrägen Fläche des Felsens in seinem grünen Rahmen ruhig und majestätisch dahingleitet, und von der Höhe der zackige Kamm des Ziegenrückens, stellenweise nackt bis auf den Urfelsen, in strenger Schönheit heruntergrüßt. Inzwischen sind sie zu beträchtlicher Höhe gekommen; immer steiler und schmäler wird der Pfad. Die Nachbar schaft der großen Bäume hört auf; das Gebiet des Knie holzes beginnt. Allmählich fängt Ilse an, die Strapazen des Weges emp. findlich zu spüren, immer öfter muß sie Rast machen, während Kurt Helldorf frisch und gesprächig bleibt. Ilse empfindet seine Gesellschaft in solchen Augenblicken der Erschöpfung inmitten dieser rauhen und menschenfernen Einsamkeitwohl tuend und beglückend. Lange leidet er nicht, daß sie auf den Steinen still sitzt, denn die Atmosphäre bleibt neblig und kühl, und ein scharfer Wind geht hier oben, der den von der An strengung des Steigens erhitzten Körper empfindlich durch schauert. Der Baumwuchs hat nun völlig ein Ende. Der Pfad wird zu einer engen, steinigen Furche; die neben dem Wasser dahinführt; dann erweitert sich der Grund zu einem sanft gewölbten Hochtal, auf dem man bei klarem Werter die Wiesenbaude liegen sieht. Heute schwebt über dem weiten Plan derselbe weiß liche Dunst, bei dem sie des Morgens ausgewandert sind; aber Ilse kann sich nicht verbergen, daß er undurchsichtiger, kompakter geworden ist, und zum ersten Male beschleicht «sie in dem Gedanken an die Rückkehr leise Bangigkeit. „Sehen Sie, Fräulein Ilse," meint Helldorf, „wenn Sie nun allein wären, wie wollten Sie die Wiesenbaude und schließlich wieder zurückfinden?" „Aber wir werden doch zurückfinden?" fragt Ilse ängstlich. „Ich muß doch zum Abend unten sein." „Nun, ich finde nicht, daß es das Aergste wäre, wenn wir in der Wiesenbaude blieben und gutes Wetter zum Abstieg abwarteten. Es wär' doch eigentlich ein hübsches Abenteuer, gell?" meint er, die schlesische Ausdrucksweise nachahmend, und steht ihr lachend in die Augen. Orient. Außer dem Kriegsminister wurden noch sieben andere höhere Offiziere Serbiens wegen Machenschaften bei Lieferungsaufträgen für Geschütze und Munition pensioniert. Und da wollte der verabschiedete serbische Minister dem deutschen Gesandten eine Interessenpolitik andichten! Griechische und türkische Truppen hatten an der Grenze bei Domenikon mit einander ein einstündiges Gefecht. Die türkische Re gierung erhob Vorstellungen in Athen, zumal da verlautet, daß die griechischen Posten an der ganzen Grenze verdoppelt werden sollten. Aus Petersburg. Der im ganzen Lande herrschenden Bestechlichkeit haben sich auch die Stadtverordneten Peters burgs schuldig gemacht. Eine auf Veranlassung des Senators Neidhard vorgenommene Haussuchung erbrachte die Beweise dafür, daß mehrere Stadtverordnete anläßlich des Baues der städtischen Straßenbahn Schmiergelder von der mit dem Bau betrauten englischen Firma Schmitt angenommen hatten! — Die russische Kommission für nationale Verteidigung be willigte einen Kredit von zwanzig Millionen Mark zur weiteren Entwicklung der militärischen Aviatik. In Wien ist die Stellung des Marinekommandanten Montecucolli ernstlich erschüttert, der hinter dem Rücken des österreichischen Handelsministers mit der Regierung in Budapest ein Abkommen getroffen hatte, das die österreichische Industrie bei der Lieferung von Munition und Kriegsschiffen gegenüber der ungarischen stark benachteiligt.^ Von Gambetta bis Briand. Die vierzig Jahre, welche die heutige französische Repu blik besteht, sahen an ihrem Beginn und Ausgang zwei Männer, die einander vielfach ähneln. Der Diktator Gam betta, welcher in der zweiten Hälfte des großen Krieges unser entschiedenster Gegner war, war ein Mann der äußersten radikalen Richtung, der aus den großen Volksmassen alles Heil der Republik erwartete. Aber als er nach dem Kriege die Erfordernisse des Staates mit denen seiner Freunde ver gleichen mußte, erkannte er nur zu schnell, daß hier keine Einigung möglich war. Der frühe Tod Gambetta's allein verhinderte einen schroffen Zusammenstoß unter den bisherigen Gefährten, der sich schon anbahnte. Heute ist das Mini sterium Briand in einer Krisis, die den gleichen Grund hat. Herr Briand, der die ganze neue französische Kirchengesetz gebung ausarbeitete, war bekanntlich früher Sozialist; in der praktischen Staatsarbeit hat er ebenfalls erkannt, wie sich unverantwortliche Zukunftsprogramme nie in die Entschlie ßungen einer verantwortlichen Regierung verwandeln können, und er hat demgemäß nach dem Möglichen gehandelt. Seine Rölle ist sicher nicht ausgespielt, und er bietet wie Gambetta den sprechenden Beweis dafür, daß die Franzosen, wenn sie an das Amt des Ministers kommen, von den staatlichen Tagesförderungen bald genug in neue Bahnen auch dann gezwungen werden, wenn sie vorher unternommen hatten, ein neues Zeitalter herbeizuführen. Das gilt für die innere, wie für die äußere Politik Frankreichs. In früheren Jahrzehnten wurde oft, wenn eine solche Krisis eintrat, mit den Möglichkeiten neuer Staatsum wälzungen in Paris oder mit einer sozialistisch-kommunistischen Revolution gerechnet. Man dachte auch an chauvinistische Regungen gegen Deutschland, wie sie namentlich in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre, in der Glanzzeit Bou langer'«, nicht unmöglich erschienen. Heute haben sich die Anschauungen darüber sehr stark geändert, Europa regt siH zur Zeit des Herrn Briand nicht mehr auf, wie es in den Tagen Gambetta's geschah, wenn in Paris die leitenden Männer kamen und gingen. Und damals geschah das in viel schnellerem Tempo, wie gegenwärtig, es war schon ein Ereignis, wenn ein Kabinett wirklich einmal ein halbes Jahr im Amt blieb. Der Grund zur neuesten Krisis ging von dem radikalsten Flügel der Kammer, den einstigen engen Freunden des Herrn Briand, aus; diese Elemente können wohl Ministerwechsel herbeiführen, indessen keine Regierung leiten. So haben wir keine Befürchtungen aus den heutigen Neuerungen in Frankreich zu erwarten; auch diejenigen Männer, die nun die Geschicke ihres Vaterlandes in die Hände bekommen, können nur mit den Forderungen eines wohlgeordneten modernen Staates, nicht mit Zukunftsphan tasien arbeiten. Der Durchschnittsfranzose ist trotz seines Republikanismus ein sehr maßvoller Bürger, dem eine stetige Entwicklung seiner Wohlhabenheit Alles bedeutet. Io lange kein Zwang — Tie gehen auf gut Glück in der ungefähren Richtung, in der man die Wiesenbaude vermuten kann, und landen auch schließlich nach einigem Kreuz und Quer vor der Tür des einsamen Gehöfts. Sie finden drinnen eine freundliche Gaststube, und Mittagsgerüche erinnern lebhaft daran, daß sie seit der Mädelstegbaude nichts gegessen haben. Niemand anderes Fremdes ist außer ihnen anwesend. Im Hintergrund des Gastzimmers steht ein Tisch ge deckt, an dem offenbar die Hausgenossen gegessen haben. Der Wirt sitzt allein noch vor halbgeleertem Glas und erhebt sich bei dem Auftauchen der Fremden, um sie red selig zu begrüßen: „Schau, schau, doch noch Gäst'? Hätt's halt nimmer gedacht, weil's glei' von früh an so an Nebel gab. Schön willkommen drum. Noch gutten Aufstieg gehabt?" Ilse befragt den Wirt sogleich um seine Meinung in bezug auf die Wetteraussichten. Seine Meinung besteht indessen in einem Achselzucken und einer diplomatischen Redewendung, aus der man beides — Furcht und Hoff nung — entnehmen kann, und daher die Fragen» eben sowenig befriedigt, wie vorhin Helldorfs Trost. Dieser selbst scheint sich keiner Sorge hinzugeben, oder die nächstliegende, die um ein gutes Mittagessen, beschäftigt ihn stärker. Während sich Ilse an einem Tisch in der Nähe des Fensters niederläßt und sich dabei bewußt wird, wie tod müde und der Erholung bedürftig sie ist, verhandelt der junge Offizier mit dem Wirt, der seine Speisekarte mündlich herauszugeben pflegt, und das Resultat ernsthafter Be ratungen ist ein Menü, das man dem einfachen Hause ohne weiteres kaum zugetraut hätte. Die hungrigen Gäste haben auch nicht gar zu lange Zu warten, bis die kräftig duftende Suppe auf dem sauber gedeckten Tische vor ihnen steht. Auch die folgenden Ge richte sind schmackhaft bereitet, und der rote Ungar, den Helldorf mit weinverständiger Zunge prüft und für gut befindet, tut das seine, um die gesunkenen Lebensgeister zu heben. Als Ilse mit Helldorf anstößt, kommt ihr die Erinnerung an ihren Geburtstag, und das Bewußtsein der seltsamen Situation, in welcher er sie findet, entfesselt plötzlich in ihr eine ungewöhnliche Stimmung. vor teid Ra nick pul R« der Heu mä we! sich übe Icha geb dur gell unk mä die ein, in mü ies im we sch äm mä hm Tü Vc ins N- Nic! gel Sti der wu fab inh der vor Sir er we ein U Ml Je dä ga als oo Ar „r au rm Dl 5)a de, vei 00! -m Er aej h« G A D m er T. ist G> M D A je w L u 9 N 6 a n hl u ft K B r»
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