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Rabenauer Anzeiger : 14.02.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191102140
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19110214
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19110214
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-14
-
Monat
1911-02
-
Jahr
1911
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2» »»«stanktnop« wurve dar Reglerungsgevaude, die sogenannte „Hohe Pforte", wie jetzt auch amtlich zugegeben wird, böswillig in Brand gesetzt; zwölf verdächtige Bureau- diener wurden verhaftet. Es handelt sich anscheinend um ein Komplott, dessen Urheber in dem verfassungsfeindlichen Alttürkentum zu suchen sind. — In Amerika hat die Aviatik zum ersten Male praktische Kriegs-Dienste geleistet. Der mit der Überwachung der mexikanischen Grenze von der Unions regierung betraute Aviatiker Harry Harkneß flog mit einer Depesche von San Diego in Südkalifornien nach Juana, d. h. eine 60 Kilometer lange Strecke, um eine Reiterabteilung zu informieren, die in Juana zur Verhinderung des Über tritts mexikanischer Insurgenten auf nordamerikanisches Ge- ^etpostiertwar. Aus aller Welt. Zur Tagescheouit. In Stettin tötete während eines Streites ein stellenloser 18 jähriger Gärtnergehilfe Wilhelm seinen 81jährigen Großvater, in dem er den Greis zu Boden warf, und ihm mit den Knien den Brustkasten eindrückte. — In Seiffen im Erzgebebirge erschlug nach deinem ehelichen Zwist die 49jährige Ehefrau Brückner ihren Ehemann. — In Lemberg, der Hauptstadt Galiziens, wurde eine russische Baro nesse Struwe unter dringendem Spionageverdacht verhaftet. — In Lodz, der bedeutenden Industriestadt Russisch-Polens, ist ein Streik der Apothekergehilfen ausgebrochen, der die ganze Bevölkerung in größte Verlegenheit gesetzt hat. — In Niort in Frankreich erschoß rin Landmann sein« ge schiedene Frau. Aus die Gendarmen, die ihn verhaften wollten, eröffnete ein Gewehrfeuer. Ein Gendarm tötete ihn darauf durch einen Revoloerschuß. Interessantes vom Tage. Amerikanische Müller schwadronieren wieder einmal davon, was einem Milliardär eine Tochter im Jahre kostet, und geben diese Summe auf 200000 Mark an. In allen Einzelheiten wird dann von dem luxuriösen Leben einer solchen jungen Dame Bericht erstattet. Viel Schwindel muß allerdings dabei sein; er klärten doch die Dollarprinzessinnen es einmal für ihren größten Stolz, auf möglichst vielen praktischen Gebieten unterrichtet zu sein, um ihrem späteren Mann, wen» auch nicht überlegen, so doch ebenbürtig zu sein. — Eine interessante Polizeiverordnung ging Jenaer Wirten zu. Die Polizei klagt über die Trunkenheit, die zur „greulichen Völlerci" geworden sei, und legt den Wirten mit der Begründung: „betrinken kann sich schließlich jeder einmal, aber alles hat seme Grenzen" ans Herz, hierin Wandel zu schaffen. Aber die Wirte haben die Sache krumm genommen, sie wollen sich jetzt zu ihrer Rechtfertigung an die höh-re Instanz wenden. — Infolge des schweren Schneesturms, der über Hmlerpommern medergegangen war, ist es mehrfach zu Verkehrsstockungen gekommen. Auf der Strecke Lauenburg— Leba entgleisten mehrer« Maschinen. Einen schrecklichen Tod fand ein Fischer bei Dramburg, der auf dem dortigen See eingebrochen war. Er konnte sich am Eise festklammern und den Kopf über Wasser halten, fror aber buchstäblich im Eise ein, sodaß er schließlich erstarrte. Nur als Leiche konnte er geborgen werden. — Ein öster reichischer Bauernsohn in der Nähe von Fiume ermordete seinen blinden Bruder, um in den alleinigen Besitz der väterlichen Erbschaft zu kommen. — Aus der französischen Erziehungsanstalt La Couronne wird ein empörender Fall gemeldet. Bei eisiger Külte wurde ein ISjähriger Zögling mit bloßen Füßen in den Keller gesperrt, wo ihm die Mß« abfroren. — Den Gipfel der Verrücktheit erklomm entschieden ein englischer Hotelbesitzer in Fulham. Er gab ein Essen für 700 arme Kinder, das von Preisen bezahlt wurde, die fein Bullterrier auf Ausstellungen gewonnen hatte. Bei dem Essen saß der Köter oben an der Tafel; nach Schluß derselben wurde ihm von vier Kindern eine Dankadresse überreicht. Münchener Leben. Man will halt auch mal etwas anderes schauen, das ist an der Isar den Leuten eingefallen, und so veranstalten sie nach manchem Schönheitswettbewerb einen solchen in der Häßlichkeit. Das ist freilich im Mittel alter schon dagewesen, zuerst in Paris und dann auch in Deutschland. Jeder, der mittun wollte, mußte seinen Kopf durch ein Loch stecken und allgemeiner Zuruf begrüßte den Triumph des Häßlichsten. Berliner Leben. Eine kaiserliche Automobilstraße, die Schloß Berlin und Schloß Potsdam miteinander verbinden soll, ist im Prinzip beschlossen. Die Strecke wird dann in Deutscher Reichstag. 123. Sitzung vom 9. Februar. 1 Uhr: Am Bundesratstische: Staatssekretär Lisko und preußischer Justizminister Bessler. Die zweite Lesung des Gerichtsverfassungsgesetzes wird beim § 77 fortgesetzt, der das Üaienelement in die Strafkammer erster Instanz ein führt und Zwar 3 Schöffen neben 2 Richtern. Dagegen bleibt für die Berussinstanz nach dem Kommissionsbeschlusse, übereinstimmend mit der Regierungsvorlage, das Laien element wie bisher ausgeschlossen. Die Besetzung der Be rufungskammern wird auf drei Richter reduziert. Die Abgg. Müller (Vpt.) und Gröber (Ztr.) verlangen auch für die Berufungsinstanz 3 Schossen neben 2 Richtern, die Sozialdemokraten für beide Instanzen 4 Schöffen neben dem vorsitzenden Berufsrichter. Abg. Wngner (kons.): Wir machen unsere Stellungnahme von den zu erwartenden Er klärungen des Regierungsvertreters abhängig. Den Sozial demokraten mit ihrem politischen Schlagwort von der Klassen justiz werden wir es nie recht machen. Keine Justiz der Well ist unparteiischer als die deutsche. Fehlsprüche und Mißgriffe kommen überall einmal vor und werden gerade von uns bedauert.' Unsere Richter müssen sich im Volks Aves großen Ansehens erfreuen. Wir haben das geheime Reichst«qsmUürechi, und doch sitzen viele Richter bier im m Zwei Richter sitze« rA Präsidium des Reichstags, polemisiert scharf c n die Sozialdemokratie: Das Mißtrauen gegen die JmP wird künstlich gezüchtet; auch Dnlen smd ja nicht völlig Unabhängig. Der „Vorwärts" veröffentlichte die Namen und Wohnungen von Schöffen/ die ihm unbequeme Urteile fällten. Die schlimmen Er fahrungen, die mau in Amerika mit gewählten Richtern machte, sind bekannt. Wir dürfen die Vorlage nicht scheitern lassen, denn in absehbarer Zeit ist keine neue Reform zu erwarten. (Beifall rechts.) Abg. Gröber (Ztr.): Der Vorredner, der in rührender Weise sich der überlasteten Schöffen annahm, hätte eigentlich die Abschaffung der Schöffsninstitution beantragen müssen; das konnte er aber nicht, da wir mit den Strafkammern bekanntlich keine befriedigenden Erfahrungen gemacht haben. In der Kommission erklärte» StagtsauwM wir. ReMson«. '«M!' , - -.n 1. Januar d. I. von einem Amte zurücktrat, anscheinend in Schwermut verfallen st. Er stand 25 Jahre dem Archiv vor und hat eine ehr segensreiche Tätigkeit entwickelt. Er ist 66 Jahre alt Aus dsm Gäkhe-Schiller-Archiv in Weimar kommt eine Trauerkunde: Der Geheime Hofrat Prof. Dr. Suphan, der bisherige Leiter des Göthe-Schiller-Archivs, hat seinem Leberi durch Selbstmord ein Ende gemacht. Das Motiv ist außer in Familien-Angelegenheiten darin zu suchen, daß der Gelehrte, der infolge Krankheit am 1. Januar d. I. von geworden. Dis landwirtschaftliche Woche in Berlin, die den Rest des Monats Februar im wesentlichen ausfüllt, wurde mit der 12. Hauptversammlung des Preußischen Landesökonomie kollegiums, das die amtliche Vertretung der Landwirtschaft in Preußen darstellt, eröffnet. Ihm folgt am kommenden Dienstag der deutsche Landwirtschaftsrat und am 20. d. M. die Generalversammlung des Bundes der Landwirte. — Das Landesökonomiekollegium, dem der Landwirtschafts minister v. Schorlemer beiwohnte, beschäftigte sich mit der Einrichtung von Vetriebsmusterwirtschaften, mit der Mehrung des Klein- und Mittelbesitzes und der Förderung der Be siedelung kulturfähiger Moore und Heiden. — In seiner Begrüßungsrede sagte Landwirtschaftsminister v. Schorlemer u. a.: Ich habe die Beschäftigung milder Landwirtschaft mit dem Ministerposten vertauscht, doch bin ich mit meiner Ge sinnung und Lebensanschauung und mit meinem warmen Herzen der Gleiche geblieben und hoffe, auch in Zukunft der Gleiche zu bleiben. Eine Aufbesserung der preußischen Vahnbeamlsn ist in nächster Zeit nicht zu erwarten, dagegen wird die Entlohnung aller nicht etatsmäßig angestellten Beamten eine aufsteigende Tendenz zeigen. So erklärte am Donnerstag in der Budgetkommifsion des Abgeordnetenhauses Minister von Breitenbach. Der Minister nahm auch Veranlassung, darauf hinzuweisen, daß durch, die häufige Teilnahme von 38 Minuten zurückzuleaen sein, das ist die Geschwindigkeit eines Cisenbahnzuges. Man wird dabei anFriedrichWilhelm3. erinnert, dem es gleichgiltig blieb, ob er von Berlin nach Potsdam im Wagen zwei Stunden, oder in der Eisenbahn eine Stunde fuhr. — Fast eine Milliarde Personen sind im vergangenen Jahr durch die Bahnen Berlins befördert worden. — Das Duell des jungen Millionenschuldners Thyssen mit seinem früheren Vermögensverwalter Dr. Borchardt, das die Gläubiger Thyssens zu verhindern wußten, hat nun doch stattgefunden. Trotz der schweren Bedingungen —15 Schritte Distanz, dreimaliger Kugelwechsel — verlief der Zweikampf unblutig. Der Millionärssohn wird jetzt aber ins Vaterhaus zurückkehren, wo nach einigen kräftigen Ermahnungen die 16 Millionen Schulden für ihn bezahlt werden dürften. Parlamentariern an Arbeiter-Versammlungen gar zu leicht falsche Hoffnungen in den Herzen der Leute geweckt würden, die nur Enttäuschung nach sich ziehen müßten. Vie selbsttätige Bremse beim Aeberfahren vo« tzattesignalen wird auf den deutschen Zügen nicht einge- sührt werden. Die Eisenbahnverwaltungen wollen vermieden wissen, daß die Leitung des Zuges aus der Hand des Loko motivführers genommen und einer automatischen Vorrichtuna übertragen wird, die sehr leicht versagen kann und so erst recht eine Betriebsgsfährdung in sich schließt. Dagegen sollen die Streckensignale so vollkommen wie möglich gemacht werden. Erfreulichere Nachrichten über den Stand der Pest in Ostasien hat die Deutsch-Asiatische Bank erhalten. In Tientsin, Peking und im deutschen Gebiet ist unter den Europäern alles wohl. In den chinesischen Vierteln der Städte sind allerdings Pestfälle vorgekommen, die chinesischen Behörden haben aber einen anerkennenswerten Eifer in der Bekämpfung der Seuche entwickelt. Die Schantung-Eisenbahn ist ebenfalls durch die Seuche nicht direkt bedroht. Die vor- gekommenen Pestfälle lagen etwa 250 Kilometer von der Bahn entfernt. . «rmeniazren. Daß der Zug m die Großstadt seine verhängnisvollen Wirkungen noch immer nicht verloren hat, zeigt am besten das stete Steigen des Berliner Ärmenetate, der jetzt die Höhe von fast 14 Millionen jährlich erreicht hat. Vielfach holen Zuztehende auch ihre Eltern aus der Heimat nach, die dann bei dem wirtschaftlichem Niedergang dss Er nährers der Armenpflege mit zur Last fallen. Eine wichtige Andernng in dem Sprachenunterricht der preußischen Gymnasien wird durch eine soeben ergangene Ministerial-Versügung herbeigeführt. Der Erlaß betrifft die Gleichstellung der englischen Sprache mit der französischen. An dem Unterricht in einer dieser Sprachen muß jeder Schüler, an dem der andern kann er teilnehmen; die Aus wahl ist ihm aber, dem „Tag" zufolge, völlig freigestellt. Ein Forschungsinstitut für Luftschiffastrt hat sich unter Führung des Kaiserlichen Äro-Klubs gebildet. Dieses Institut wird weniger den Bau brauchbarer Luftschiffe und die Kunst des Aroplan-Fliegens, als die meteorologischen Verhältnisse, die Hilfsmittel der Luftschiffahrt auf ebener Erde und alle in Betracht kommenden wissenschaftlichen Fragen zum Gegenstand praktischer Forschung haben. Die Luftschiffer begrüßen die Errichtung dieses Instituts mit Freuden. Sie wissen am besten, wie gering unsere Kenntnisse über die Luftströmungen in oberen Regionen, über die Ursachen von Witterungsumschlägen, über die elektrischen Spannungen, ferner über die Orientierung in freier Luft noch sind. Singers Nachfolger. Zum Vorsitzenden der sozial demokratischen Reichstagsfraktkon wurde an Stelle des ver storbenen Singer der Abg. Molkenbuhr gewählt. — Molken buhr wurde 1851 zu Wedel in Holstein geboren. Er wurde Zigarrenmacher und widmete sich schon früh der sozialistischen Bewegung. Molkenbuhr wurde 1907 in Glauckau-Meerane an Stelle des verstorbenen Auer gewählt, nachdem er bei der Hauptwahi desselben Jahres in seinem bis dahin innrge- habien Wahlkreis Düsseldorf Elberfeld-Barmen unierlegen war. Ein kostbares Geschenk Uetz der amerikanische Waren hausbesitzer Wanamaker in Nemyork Kaiser Wilhelmzusiellen. Es besteht aus fünf starken Bänden, in denen erste Schrift steller die Eroberung des Meeres durch die Kraft des Dampfes geschildert haben. Da die Ausgabe nur zu diesem Zweck erfolgte, stellt das Werk eine Kostbarkeit ersten Ranges dar. Wanamaker war einmal Gast des Kaisers auf einer Nordlandsreise. Der Kaiser danke dem Millionär laut Berl. Tgbl. in einem eigenhändig geschriebenen Brief. Die franzSstschs Speisekarie. Aus Anlaß der in französischer Sprache abgefaßten Speisekarte für die diplo matischen Gäste des Reichskanzlers schreiben die „Berl. N. N.": Vor einigen Wochen war auch auf einem Abend essen bei Hofe, an dem lediglich deutsche Gäste teilnahmen, die Speisenfolge in französischer Sprache abgefaßt, während bekanntlich früher wiederholt hervorgeboben wurde, daß gerade das Beispiel des Kaisers der deutschen Speisenkart« vas Heimatsrecht in der deutschen Gesellschaft erstritten habe. Ar-ser Kaiser ist von der leichten Erkältung, die ihn infolge der sehr ungünstigen Witterung, die zum Beginn der Woche in Bertin herrschte, ans Zimmer gefesselt hatte, s« gut wie wiederhergeslellt. Der Monarch ist bekanntlich der Ansicht, Erkältungskrankheiten sofort auszukurieren, damit sich bei einer Vernachlässigung keine längere Arbeitsstörung einstellt. vermischtes. Anfer Kaiser wird einer Sitzung des Landwirtschafts- rats, wie gewöhnlich, beiwohnen; es fragt sich nur noch, ob derjenigen, in welcher Generalfeldmarschall Graf Häseler über die Weiterbildung der Jugend nach dem Verlassen der Volksschule bis zum Eintritt in das Militär sprechen wird, oder derjenigen, in welcher über die Kultivierung der Moore und Sdländereien verhandelt werden soll. Es hängt das davon ab, wann der Kaiser wieder das Zimmer verlaffen wird. Der deutsche Kronprinz, der auf dem Landsitze des Vizekönigs von Indien infolge einer Erkältung erkrankt mar und mehrere Tage das Bett hüten mußte, ist jetzt wieder hergestellt. Nach einem kurzen Aufenthalt im Gebirgsklima wiro die Heimreise, zunächst nach Kairo, wo die Kronprinzessin ihren Gemahl erwartet, angetreten. Schwierigkeiten in der elsab-tothringischen Ver fassungsfrage. In der Reichstagskommission für die elsaß- lothringische Verfassung wurde am Donnerstag mit 17 gegen 7 Stimmen die Erhebung der Reichslande zu einem selbständigen Bundesstaat, und mit 20 gegen 4 Stimmen dis Vertretung Elsaß-Lothringens im Bundesrat beschlossen. Dieser Beschluß wurde gefaßt, obgleich Staatssekretär Del brück nochmals in einem dringenden Appell an die Kommission davon abriet. Der Standpunkt der verbündeten Regierungen sei der, daß sie über die Vorlage zurzeit nicht Hinausgeyen könnten. Mehr zu sagen, sei er nicht in der Lage. Er wisse nicht, wie er in absehbarer Zeit eine Beschlußfassung des Bundesrats zu den aufgerollten Fragen herbeiführen solle. Er habe die Befürchtung, daß die Reform auf unab sehbare Zeit verschoben würde. Er würde das sehr bedauern. wälte: So kann es mit den Strafkammern nicht weiter gehen! Heute ist die Hauptfrage, ob Mau Laien auch in der Berufungsinstanz hinzuzichsu will? Im Gegensatz zum Vorredner haben sich auch schon Konservative für die Hinzuziehung von Laien ausgesprochen. In der Begründung der Vorlage heißt cs ausdrücklich, daß dis Schöffen bei der Aufklärung des Sachverhalts und der Fest setzung der Strafe eins nicht zu unterschützende Hilfe leisten. Jin Militärstrafgerichtsoerfahrcn haben wir Laien bis in die Revisionsinstanz, ebenso bei den Kolonialgerichten, im Reichsversicherungsamt und bei den Kammern für Handels sachen. Einem etwaigen Mangel an Schöffen könnte mau durch Zulassung von Volksschullehrern zum Schöffenamt be gegnen. Redner begründet daun eingehend seinen Antrag. (Beifall im Zentrum.) Abg. Bassermann (ntl.): Bei den Gewerbegerichten und den Kammern für Handelssachen haben wir mit dem Laienelement die besten Erfahrungen gemacht. Bei den schwersten Delikten, bei den Schwurgerichten, find Schöffen tätig. Warum sollen sie da nicht in d-r Berufung Mitwirken? Das projektierte Drei-Richter-Kollegium ist so ziemlich dis schlechteste Organisation, dis man sich denken kann. Wir werden für den fortschrittlichen Antrag stimmen (Beisall). Abg. Stadthagen (Soz.): Durch Einsetzung des Dreimänner- Kollegiums würde sich die Rechtspflege um den letzten schwachen Nest des Vertrauens bringen. Abg. Mütter- Meimngen (Vp.): Das geschwundene Vertrauen in die Rechts pflege kann nur durch die Einführung des Laienelements wieder hergestellt werden. Nach religiösen oder politischen Anschauungen soll man dis Schöffen nicht durchsieben. Staatssekretär Disco: Das ichickfal des ganzen Ge setzes hängt von diesem Paragraphen ab. Die Zuziehung von Laien zur ersten Instanz "ist auch der Regierung er wünscht. Anders als in der ersten liegt es aber in der Berufungsinstanz. Hier handelt es sich nicht um ein eigent liches Ermittelungsuerfahren, sondern um eine kritische Methode, und da wollen wir allerdings die Laien fern halten. Das Laieneiement in der Berufungsinstanz ist sür die Regierung unannehmbar, mit ihm müßte die ganze Vor- (E scheitern. Die Abaa. Darenhorft (Rot.) und Gräf (W. Vg.) stellen sich auf den Standpunkt der Regierungsvorlage^ Preußischer Iustizminister Veseler: Bei der günstigen Beurteilung des Laienelements übersieht man vielfach, daß oft erst die Berufungsinstanz zu Gunsten des Angeklagten entscheidet, den das Schöffengericht verurteilt hat. In der zweiten Instanz handelt es sich um kritische Prüfung der erst instanzlichen Urteile. Es fehlt heute schon an Schöffen, und würde dann erst recht daran mangeln. Ich kann da^ür die Verantwortung nicht übernehmen. Viele Laien wünschen wegen der Größe der sür sie daraus entstehenden Lasten auch selber nicht die Berufung in die zweite Instanz. Abg. Werner (Deutsche Refpart.) spricht für die Regie rungsvorlage, Abg. Wellstcin (Ztr.) für den Antrag Gröber. An der weiteren Debatte beteiligen sich noch die Abgg. Wölzl (ntl.), Zietsch (Soz.) und Dove (Vpt.) Darauf wird die Debatte geschloffen, die Abstimmung und Fortsetzung per Beratung auf Freitag 1 Uhr vertagt. Schluß nach halb sieben Uhr. Die Annahme dec AUMärvorlage ^teht nach der Donnerstagssitzung der Budgetkommifsion des Reichstags außer Zweifel. In dieser trat auch der Zentrumsvertreter, der am Tage zuvor einen wesentlichen höheren Deckungsbe- darf herausgerechnet hatte, ganz auf den Boden des Regie rungsentwurfs und stellte in Übereinstimmung mit diesem die aus der jüngsten Militärvorlage erwachsenden Kosten ans 141,4 Millionen Mark fest. Der Kriegsminister ver wahrte sich gegen den Vorwurf, eine Verständigung mit dem Zentrum hinter den Kulisscei herbeigesührt zu haben. Der die Kostenfrage regelnde 8 1 wurde angenommen. — Nationalliberale und konservative Redner beklagten es, daß mit Rücksicht auf die Finanzlage die Sparsamkeit zu weit getrieben sei. Es wurde die Herabsetzung des Etats bei einem Teil der Infanterie soipie die Umwandlung von 23 reitenden Batterien in Fußartillsrie bedauert. Der Kriegs- Minister von Heeringen betonte dein gegenüber, daß er die Verantwortung sür die Zulänglichkeit dsr zzordsrungen übernehme. Die geforderten 87 Maschinengewehr-Kompag nien wurden bewilligt. — Das preußische Staatsministenum hielt eine Sitzung a^ — —
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