Konturen aus einer romantischen Gefühlswelt hin zu einer eher versachlichten Musikkon struktion verschieben sollten. So hinterließ Reger ein vielschichtiges, in seiner Erschei nungsform oftmals provokatorisch wirkendes Werk an der Wende zur Moderne. Als frühreifer Meister des Orgelspiels liebte er Bach. Das mag uns ganz natürlich erscheinen, aber in jener Zeit überbordender Klänge und romantizierender Gefühlsregungen dürfte das gar nicht so selbstverständlich gewesen sein. Bach aber war Meister der kontrapunktischen Konstruktion, was ganz einfach dem perfek tionsbesessenen Konstrukteur Reger hohe Achtung abfordern mußte. Und dieser Bach sollte ihn sein ganzes Leben lang beschäftigen. Als Schüler des nachgerade berühmten Kontrapunktikers Hugo Riemann (1849 bis 1919) - Musikforscher und -theoretiker, der lange Jahre in Leipzig wirkte - und die Freundschaft zu dem gleichaltrigen Thomas- kantor Karl Straube (1873 - 1950) ließen in ihm die geistige Welt des ganzen Barock zeitalters erstehen. Aber ebenso wichtig für sein eigenes Musikverständnis wurde ihm die Klangwelt der Romantik. Brahms lernte er ken nen und tief verehren. Das wurde zum Schlüsselerlebnis für ihn. Am Koloß Wagner aber kam er anfangs nicht recht vorbei. Da er ging es ihm wie so manchem seiner Zeitgenossen. Nur wenige von ihnen schafften es, einen eigenen Weg zu beschreiten und ih re schöpferische Potenz wirklich auszuweiten, ohne in epigonalen Ansätzen steckenzublei ben. Wie Gustav Mahler, Richard Strauss und Hans Pfitzner gehörte auch Max Reger dazu. Eine meisterhaft beherrschte Kontrapunktik verleiht seinen Werken eine gewisse Klarheit, seine Vorliebe für romantische Vorbilder Gefühl, auch wenn seine Musik - gemessen an der von Richard Strauss - gern als unsinnlich