tungen als Maß aller Dinge galt, von den Komponisten gierig aufgegriffen. Bachs Zeitgenossen, Georg Philipp Telemann (1681 bis 1767), wurde sogar nachgerühmt, „er habe als ein Nachahmer der Franzosen end lich diese Ausländer selbst in ihrer eigenen Nationalmusik übertroffen“, ein Anzeichen für die Ernsthaftigkeit, mit der sich Bachs Zeitgenossen mit einem solchen „fremdlän dischen“ Genre auseinandersetzten. Diese Ouvertürenform behielt ihre Wirkung noch lange Zeit, nachdem längst der Sieges zug der Sinfonie eingesetzt hatte. So fanden sich Ausläufer davon z. B. in den langsamen Einleitungen einiger Haydn-Sinfonien oder bei den Vorspielen zu Mozarts „Zauberflöte“ und Beethovens „Egmont“-Musik. Die Form der „französischen Ouvertüre“ mit ihren charakteristischen gezackten Rhyth men und breit ausladenden Skalen in den langsamen Rahmenteilen und dem fugierten schnellen Mittelteil hat auch Bach jahrzehn telang beschäftigt und zu verschiedenen Ex perimentalformen angeregt. Abgesehen von Übernahmen der Formidee in etlichen Wer ken - so im „Sanctus“ der h-Moll-Messe oder in den vier Teilen der „Clavier-Übung“ - hat Bach uns aus einem größeren, nicht erhaltenen Werkbestand vier reine Orche sterouvertüren hinterlassen. Sie entstammen unterschiedlichen Lebensabschnitten - zwei von ihnen, die erste und vierte, gewiß aus früheren Jahren, eventuell schon aus Wei mar. Die beiden anderen sind später entstan den, vielleicht erst in den letzten Leipziger Jahren. Wie dem auch sei, sie unterscheiden sich in vielerlei und haben - jede für sich - einen eigenen Charakter, eine eigene Archi tektur und lassen allesamt das Lullysche Vorbild weit hinter sich.