hatte schon seit seiner Jugend keine Mög lichkeit ungenutzt gelassen, das musikali sche Wissen seiner Zeit zu studieren und viel Aufmerksamkeit darauf verwandt, sich auch in anderen Formen und Modellen auszupro bieren. Dafür steht ganz besonders die fran zösische Art zu musizieren, eine Stilrichtung, die zunehmend an den europäischen Höfen Fuß gefaßt hatte und inzwischen zur feinen Lebensart gehörte. Bach hatte während seiner letzten Schuljah re mehrfach Gelegenheit, in Lüneburg die kleine, aber weitgerühmte, überwiegend aus Franzosen zusammengesetzte Hofkapelle von Celle spielen zu hören. Das kann gera dezu als ein besonderer Glücksfall angese hen werden, denn nur so lernte er, ohne je mals einen Fuß auf französischen Boden gesetzt zu haben, das Original ganz un verfälscht kennen. Der „französische goüt“ (Geschmack) war aus der französi schen Opern- und Ballett-Tradition entstan den, die neben dem italienischen Concerto seit etwa 1670 das Musikleben - nicht nur in den deutschen Landen - prägte. Dazu zählte die sogenannte Orchestersuite, auch Ouvertürensuite oder - nach der Bezeich nung des 1. Satzes kurz - Ouvertüre ge nannt. Seinem Ursprung nach handelte es sich bei der Ouvertüre um ein festliches Opernvor spiel, mit dessen pomphaftem Beginn das Erscheinen des Herrschers versinnbildlicht werden sollte. Ihr wurden mehrere stilisierte Tanzsätze angehängt, in lockeren Folge. Die mußten übrigens nicht alle nur aus Frank reich stammen, waren dort aber heimisch geworden. Dies Verfahren ging auf das Wir ken von Jean Baptiste Lully (1632 - 1687) am Versailler Hof zurück und wurde überall dort, wo französische Kultur und Geisteshal-