Die Sinfonie widmete er „meinem besten Freunde“. Er wollte vermutlich den Namen nicht nennen, denn die seltsame Freund- schaftsbeziehung war noch zu neu, um sie der Welt zu offenbaren. In ihrer regen Kor respondenz redeten beide Seelenverwandte immer von „unserer“ Sinfonie, und Tschai kowski schrieb mit rückhaltsloser Offenheit über seine Gedanken beim Komponieren, über seine Schaffensweise und einen pro grammatischen Hintergrund. Das hat er übrigens später niemals mehr getan, hat sich lieber bedeckt gehalten, wenn es darum ging, von ihm Erklärungen zu seiner Musik zu erhalten: „Sie fragen mich,“ schrieb er am 17. Februar (1. März) 1878 „ob dieser Sinfo nie ein bestimmtes Programm zugrunde liegt? Meistes beantworte ich derartige Fra gen mit Nein. Es ist auch wirklich schwer, darauf eine Antwort zu geben. Wie soll man die unklaren Gefühle beschreiben, die einen bewegen, wenn man ein Instrumentalwerk ohne ein bestimmtes Sujet komponiert? Das ist ein rein lyrischer Vorgang, eine musikali sche Beichte der Seele, die sich in Tönen er gießt, ähnlich wie sich ein lyrischer Dichter in Versen ausspricht. Der Unterschied be steht nur darin, daß der Musik unvergleich lich reichere Ausdrucksmittel und eine feine re Sprache zur Wiedergabe seelischer Regun gen zur Verfügung stehen.“ Aber dann teilte er sich mit, aber nur ihr gegenüber, denn al len anderen Interessierten hat er keine Ein blicke in seine Künstlerseele geben wollen und immer abgestritten, je an ein Programm gedacht zu haben. „Die 4. Sinfonie ist mei nem Wesen entsprungen und mit echter In spiration vom Anfang bis zum Ende ge schrieben, mit Liebe und glühender Begei sterung, es ist darin kein Strich, der nicht meinen aufrichtigen Gefühlen entstammt...