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abemuer Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementspceis einschließlich zwei illustrierter achtseitigen Beilagen sowie eines illustrierten Witzblattes 1,50 Mk. Zeitung M Tljurau^ SeiserÄves. Inserate kosten die Spaltenzelle oder deren Raum 10 Ps., sür auswärtige Inserenten 15 Pf. Reklamen 20 Ps. Annahme von Anzeig en sür alle Zeitungen. Klein- nnd Großölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Coßmannsdorf, Liiban, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 32. Fernsprecher: Amt Deuben 2120 Dienstag, den 15. März 1910. K-r«spr-ch-rr Amt Deuben 2120 23. Jahrgang. Dienstag, den 1S. März 1S1O, abends 7 Uhr Sitzung des Stadtgemeinderates. Die Tages ordnung hängt int Flur des Rathauses (l Treppe) aus. Rabenau, am 14. März 1910. Der Bürgermeister. Hur Nah «na fern. Rabenau, den 14. März 1910. — Ncue Frachtbriefe. Die Güter versender werden darauf hingewicsm, daß die bisherigen alten Frachtbriefe nur noch bis 31- März Gültigkeit haben und vom 1. April an nur noch die Frachtbriefe neuen Masters verwendet werden dürfen. — Auf der Schmalspurlinie Hainsberg- Kipsdorf sind seit einiger Zeit neue Ge päckwagen sür Personenzüge probeweise eingestellt. Aehnlich den neuen Personenwagen sind sie ebenfalls vierachsig mit Drehgestellen gebaut und etwa 10 Meter lang. Das Eigen gewicht eines solchen Wagens beträgt 8270 Kilo, während die Tragfähigkeit auf 7875 Kilo normiert ist. — Auf der Sekundärbahn Hainsberg- Kipsdorf entgleiste am Freitag infolge Äscher Weichenstellung bei Schmiedeberg ein Arbeiterzug, wobei kill Güterwagen vollständig Mfiel. Es gelang den Zug sofort zum Stehen zu bringen, sodaß kein größeres Unglück passierte. — Die herrlich im Walde gelegene „Var- barakapclle" ist einer jener Ausflugspunkte unserer Gegend, die nur wenig gewürdigt wer den. Daher hatte der hiesige Gebirgs verein seine erste diesjährige Partie dahin Unternommen. Trotz des nicht besonders gün- silgen Wetters war die Beteiligung eine gute. Nach kurzem Verweilen an historischer Stätte, die leider durch unnütze Bubenhände immer "Uhr dem Verfall geweiht ist, nahm man den Weg nach dem Einsiedelstein, sodann nach der idyllisch gelegenen Heidcmühle Wendischcarsdorf, Von wo aus man den Heimweg in bester Stimmung antrat. — Eine inAugu stusburg abgehaltene Hauptversammlung beschäftigte sich mit dem seiner Ausführung entgegengehenden Projekt einer Drahtseilbahn von Erdmannsdorff »ach Augustusburg. In der Versammlung lvurde mitgeteilt, daß dem Projekt eine Staats unlerstützung von 150 000 Mk. in Aussicht gestellt wurde, 125 000 Mk. wurden von den Aktionären gezeichnet, die noch fehlenden 10 000 Mk. hofft man in den nächsten Tagen aufzu- beingm. Die Gesamtkosten betragen höchstens 265000 Mk. vielleicht sogar noch weniger. Die Wagen sollen täglich hin und zurück viermal Verkehren. Die Höchstzahl an Paffagieren be- ^gl 70 Personen, die Fahrtdaucr 11 Minuten, ^ie Länge der Bahn wird 1220 Meter bc- lragen; die Bahn beginnt am Bahnhof Erd- ^annsdorf und führt in allmählicher Steigung b>s zum Elektrizitätswerk Augustusburg. — Am Sonnabend hat sich in Dip poldiswalde der Hausbesitzer und Ztm- vurmann Lehmisch in seiner Scheune erhängt. — Am Sonntag früh fuhr ein mit fünf Personen besetztes Automobil die Wils druffer Staatsstraße entlang nach Kessels- zu. Am Eingänge von Kesselsdorf über- Mug stch das Gefährt und der Motor ex- plodierte, so daß das Fahrzeug in Trü m m e r 8>ug. Von den Insassen wurde ein Herr aus Löbtau sofort getötet, drei schwer verletzt und nach Anlegung von Nolverbänden teils Krankenhaus, teis in die Privatwohnungen ^bracht; der fünfte dürfte mit dem Schrecken davongekommen sein. Das Automobil lag ''dch nachmittags an der Unglücksstelle. Es »chvrt einer Dresdner Fabrik. — In dem Güterrechtsregister für den ^erichtsbezirk Dippoldiswalde ist eingetragen worden, daß der Landwirt Emil Wenzel Ja- mbcck in Wilmsdorf und seine Ehefrau Anna Bertha Jakuben, geb. Göpfert, daselbst durch Ehevertrag vom 8. März 1910 die Ver waltung und Nutznießung des Mannes ausge schlossen haben. — Der Rechenschaftsbericht derVereins- bank e. G. m. b. H. in Dippoldis walde ist soeben erschienen. Der Gesamt umsatz betrug auf beiden Seiten des Haupt buches zirka 39 Millionen Mark. Der Wechsel- Diskont-Verkehr, dem früher fast kein Interesse gewidmet worden ist, hat sich flott entwickelt, ein gleich erfreulicher Umsatz wurde durch Ver mittelung des An- und Verkaufs von Staats papieren, Anleihen und Hypotheken, Pfand briefen erzielt. Der Umsatz des Effektenkonlos belief sich auf 1025 000 Mark gegen 5000 Mark des Vorjahres. Neu eingeführt wurde der Konto-Korrentverkehr und brachte einen Umsatz von 121/4 Million Mark. Die Mit gliederzahl ist auf 501 herangcwachsen. Die Verteilung des Reingewinnes von 19 460,74 Mark ist nach Vorschlag des Aufsichtsrates und Vorstandes in folgender Weise geschehen: M. 106,06 Rückstellung wegen einer dubiosen Forderung, M. 973,04 (v. i. 5 Proz.) dem Reservefonds I, M. 2000 Rückstellung auf Zinsen-Konto, die gleiche Summe ist auch dem Reservefonds II zugewiesen worden,M. 3171,62 Abschreibung auf Inventar- und Utensilien- Konto (das bis auf M. 1 abgeschrieben wurde), M. 2 910,04 Tantiemen an Direktor unv Kassierer, M. 500 Abschreibung auf eine 4- prozenlige Missionsanleihe in Höhe von 8500 Mark, M. 300 Gratifikationen und endlich M. 7200 (9 Proz.) Dividende auf 80 000 Mark Geschäftsanteile. — In Reichenbach i. V. erregt die Verhaftung des Bezirksfeldwebels Beyer vom Meldeamt Reichenbach großes Aufsehen. Mit ihm wurde ein Sergeant vom Bezikskommando Plauen verhaftet und von zwei Feldwebeln des 134, Regiments nach Chemnitz gebracht. Beiden werden unlautere Manipulationen im Dienst zur Last gelegt, die sie vor etwa zwei Jahren, als B.yer noch in Plauen war, ver übt haben sollen. — Zwei Schulknabcn inAd 0 rf führten zahlreiche Ladenkassendiebstähle aus. Sie wur den jetzt endlich ermittelt- — In einem kleinen Orte an der säch sisch-böhmischen Grenze feierte das Ehepaar Killer den 65. Hochzeitstag. Beim Festmahl sank die 87jährige Jubilarin infolge Herz schlages tot um. Der Gatte, im gleichen Alter, kniete an der Leiche nieder, mit dem Kops die Brust der Frau berührend. Als der Geist liche hinzu trat, bemerkte man, daß auch der Greis lötlich vom Herzschlag getroffen war. — Der Raubmörder Heinze hatte sich am Freitag vor der Strafkammer des Schwur gerichts Dresden wegen einfachen unv schweren Diebstahls zu verantworten. Heinze machte einen völlig gleichgültigen Eindruck, antwortete auf alle Fragen mit leiser Stimme und hat nach den Angaben des Gerichtsarztcs Dr. Oppe nicht die geringste Spur von Nsue oder Er regung gezeigt, selbst nicht bei dem Hinweise auf die Möglichkeit der Hinrichtung. Aus dem Vorleben des Angeklagten geht hervor, daß er als zehnjähriger Knabe den Vater verloren hat und dann von der Mutter gründlich verzogen worden ist. Die Mutter verfiel später in Geisteskrankheit nnd beging Selbstmord. Heinze kam in jungen Jahren als landwirtschaftlicher Arbeiter nach Ockerwitz, Leutewitz und Merbitz und galt allenthalben als fleißiger, friedfertiger und bescheidener Arbeiter, dem man eine Blut tat nicht zugetraut hätte. Heinze zeigte sich den Mädchen und jungen Burschen gegenüber gern als freigebig und splendid, um so die besondere Achtung der Dorfjugend zu erringen. Dazu reichte freilich sein Lohn nicht aus und er kam auf Abwege. Da ihm von feiten seiner Dienst herren volles Vertrauen cntgegengebracht wurde, erfuhr er auch den Aufbewahrungsort des Geldes derselben. Mitte Oktober 1906 und Ende März 1907 hat Heinze in Leutewitz u. Merbitz seinen Dienstherren auf einfache Weise 20 Mk. und 148 Mk. gestohlen. Am 20. Dezember 1908, im Juli 1909 und am 9. Januar folgten drei Einbrüche in Leutewitz, Ockerwitz und Merbitz. Mit Hilfe einer Leiter stieg H.! durch eingedrückte Fenster in die Wohnung seiner früheren Dienstherren und stahl insge samt etwa 400 Mk., sowie einige Schmucksachen. Bei Verübung des letzten Einbruches wurde er auf der Flucht erkannt und am anderen Tage verhaftet. Vor dem Untersuchungsrichter legte er bald darauf das Geständnis des Mordes ab, ebenso gestand er, eine Scheune in Brand gesetzt zu haben, um eine unter dem Verdachte der Brandstiftung verhaftete Magd zu ent lasten. Nach dein Gutachten des Gerichtsarztes Dr. Oppe ist Heinze geistig, ethisch u. moralisch minderwertig, aber nicht unzurechnungsfähig. Das Gericht verurteilte ihn wegen zweier ein facher und dreier schwerer Diebstähle zu zwei Jahren Gefängnis. — Im Casä Hohenzollern in Leipzig geriet der Fabrikdirektor Dr. Phil. Kohl aus Nürnberg mit dem cand. jur. Karl Zimmer mann aus Petersburg in Differenzen. Als Zimmermann auf seinen Gegner einschlug, gab dieser zwei Revolverschüffe auf ihn ad und verletzte ihn dabei schwer am Kopf und an der Kehle. Der Verwundete wurde in das Krankenhaus gebracht, Kohl in Haft genommen. — In rohester Weise hauste der 23jährige Bergarbeiter Merkel in N ö d l i tz in der elter lichen Wohnung. Weil er sich bei der Ecb- regelung vom Nachlaß des Baters benachteiligt glaubte, zerschlug er mit einer Nadehacke Möbel Türen, Fenster, Wirtschaftsgegenstände usw. Hierauf verletzte er mit einem Beile seine 52- jähcige Mutter ziemlich schwer und drohte ihr, sie zu erschlagen. Dann floh er in den Wald. Am anderen Tage wurde er verhaftet. — Der japanische Orden der „aus gehenden Sonne" mit doppelter Bestrahlung ist einem Vogtländer verliehen worden, nämlich Herrn Arno Mocker, Kapitän der japanischen Handelsmarine. Der Orden ist für Verdienste vor dem Feinde im Russisch-Japanischen Kriege erworben worden und ist in dieser Form der höchste, der an Ausländer verliehen wird. Mit der Verleihung ist die Erhebung in den japanischen Nuterstand verbunden. Dresden. Ein ehrlicher Finder. Der Kutscher Gerstenberger auf der Boden bacher Straße fand einen vom Kassenboten einer Dresdner Aktiengesellschaft aus einem Kraft fahrzeuge verlorenen 2810 Mk. in Silber und Gold enthaltenden Geldbeutel und lieferte ihn sogleich an die Polizei ab, wo er der Eigen tümerin einige Stunden später wieder ausge händigt werden konnte. Für den ehrlichen Finder wurde ein anständiger Betrag hinterlegt. — Die Bewirtschaftung desBahnh 0 fs- restaurantsDresden-N eustadt über nimmt am 1. Mai Herr Traiteur Hopps, der bisher 11 Jahre lang das Bahnhofsrestaurant Crimmitschau innehalte. — Vor der Ö ffentlichkeit hat sich in der Stadt Thorn ein Bild entrollt, welches — be züglich der Sittlichkeit und Moral der modernen Zeit — tiefe Schatten zeigt. Nach 14tägiger Verhandlung wurde der Hauptmann und Kompagniechef Graf Hans von Pfeil und Klein-Ellguth freigesprvchen von der^Anklage der Verleitung zum Meineide in acht Fällen und von der Anklage der ver leumderischen Beleidigung. .Das Verfahren wurde eingestellt. Zugegeben sei, daß ein Ge richtshof, in diesem Falle eilt Kriegsgericht, nicht nach sittlichen Erwägungen, sondern einzig nach dem Sinne des Gesetzes zu richten hat. Man muß also das Urteil als korrekt aner kennen. Vertieft man sich in die Tatsachen, dann entrollt sich vor uns ein düsteres Bild. In Berlin lebt die hochangesehene Familie des Geheimrates H ei m. Beide Töchter dieses sehr reichen Mannes waren bildhübsche, fein erzogene Mädchen, und — beide mußten Offiziere heiraten, denn auch die Schwester der Gräfin Pfeil hatte sich mit dem früheren Rittmeister Grafen Alexander von Gersdorff verhei- ! ratet, demselben von Gersdorff, der den Tod des Einjährigen Bloch in Mühlheim verschuldet hatte. Die Gräfin Gersdorff e r s ch 0 ß sich in Monte Carlo, wie die Gräfin Pfeil sagte: „Weil sie eben einen solchen Lumpen zum Mann gehabt hat wie ich." Man kann und soll solche Vorgänge und Verhältnisse nicht be urteilen, ohne die wahren Beweggründe zu kennen. — Kommen wir zu dem Grafen von Pfeil, dann wird das Gesamtbild noch farben düsterer. Bereits in Hagenau nannte man ihn den Herrn von Habenichts. Zuerst verlobte er sich mit einer reichen Erbin aus Bremen. Er bekam von der Familie seiner Braut nach und nach 7000 Mk., um anständig auftretcn zu können; und auch als die Verlobung wegen des ungesitteten Benehmens des Grafen Pfeil rückgängig gemacht wurde, sicherte ihm die Fa milie noch die Zinsen eines Kapitals vonMk. 100 000, die erst später ihm wieder entzogen wurden. Dann verstand es Graf Pfeil, in einer Tochter des Geheimrats Heim eine Gattin zu gewinne», die ihm eine erkleckliche Mitgift mitbrachle, ihm auch 50000 Mk. schenkte, frei lich aber gleichfalls bald Ansehen mußte, daß sie sich einem rohen und minderwertigen Menschen ausgeliefert hatte. Sie wurde von dem Grafen Pfeil körperlich und geistig mißhandelt und trennte sich schließlich von ihm. Nochmals verheiratete sich von Pfeil mit einer Baronin von Behr, welche, weil sie bereits nach vier Monaten von ihm geprügelt wurde, aus dem Hause floh. Wie weit die Gräfin selbst an der unglücklichen Ehe schuld gewesen sein sollte, darüber wird man sich des Urteils enthalten können. Aber daß bei dem sich nach der Ehescheidung entspinnenden Kampf um die Kinder für den Grafen Pfeil daspekuniäre Interesse erheblich mitsprach, das unter liegt nach dem Verlauf der Thorner Verhand lung keinem Zweifel. Auch der Verhandlungs- sührer erkannte das bis zu einem gewissen Grade an, indem er meinte, es sei er klärlich daß der Graf von dem Gelds seiner Frau — seiner von ihm geschiedenen Frau — lebte, da er sür seinen und seiner beiden Kinder Unterhalt zu sorgen verpflichtet sei und seine Ausgaben von seinem Hauptmannsgehalt allein nicht bestritten werden konnten. Die geschiedene Gräfin sprach wohl aus dem all gemeinen Volksempfinden heraus, als sie als Zeugin in Thorn sagte: „Die Herren Vor gesetzten des Angeklagten hätten wohl darin etwas finden müssen, daß er das Geld der Frau noch fortgesetzt benutzt, deren Ehre in den Schmutz gezogen, deren Kinder er ihr ge raubt hat, der rmch zur Tür meines Hauses hinausgeprügelt Hal. Mit meiner Auffassung von Ehre läßt sich so etwas nicht vereinbaren!" — Kleine Notizen. — Das zweijäh rige Töchterchen des Gutsbesitzers Weiß in Zwickau-Pölbitz fiel beim Wasserschöpfen in den Hausbrunnen und ertrank. — In Nie der-Gittersee stürzte beim Fensterputzen die 32 Jahre alte, verwitwete Frau Miersch vom ersten Stock in den Hof hinab und ver starb an den erlittenen Verletzungen. — Bei drei Kindern ist in Dorfstadt die Genickstarre festgestellt worden. — InWiesbaden ver übte der 19jährige Gymnasiast Fritz Schäfer Selbstmord, indem er sich in der Wohnung seiner Eltern in der Oianienstraße aus dem 3- Stockwerk auf die Straße stürzte. Er war sofort tot. Was ihn in den Tod getrieben hat, konnte nicht festgestellt werden. Er hat sein Abitulium mit „vorzüglich" bestanden und war vom mündlichen Examen befreit worden. — Durch eine umfallende brennende Petro leumlampe wurde die Ehefrau des Schuh machers Militzer mit Petroleum übergossen, so daß die Frau sofort in Flammen stand. Der Ehemann übergoß die brennende Frau mit einem Eimer Wasser, wodurch die Brand wunden nur noch verschlimmert wurden. Bald ist die Frau ihren Verletzungen erlegen. — In Zittan wurde ein 14jähr-Knabeverhaftet, der einer Frau eine Handtasche mit 30 M- entrissen hatte.