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Wemuer Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementspcets einschließlich zwei illustrierter achtsettigen Beilagen sowie eines illustrierten Witzblattes 1,50 Mk. Willig siir Tharnl!d>Sklskrsd»ks. Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Ps., sür auswärtige Inserenten 15 Ps. Reklamen 20 Pf. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Klein- nnd Grohols«, Obernann-ors, Hainsberg, Somsdorf, Eotzmannsvorf, Liiban, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Publikatwuskrast sür amtliche Bekanntmachungen. Nummer 15. Fernsprecher: «mt Deuben 2120 Donnerstag, den 3. Februar 1910. Kernsprecher: Amt L-nbe« 2120 23. Jahrgang. Hus Nah Utitl fern. Rabenau, den 2. Februar 1910. — Bci Erledigung mehrerer Eisenbahn- angelegenheiten erstaltele Abg. Nmtzsch (kons.) namens der Deputation Bericht über die Pe- lilion betreffend Forts, tzung der Straßenbahn linie von Hainsberg bis zur Ortsgrenze Co ßm a n ns d o r f. Die Deputation bean tragt, die Petition der Regierung zur Erwäg ung zu überweisen. Der Berichtei statler betont, daß cs den allgemeinen Wünschen entspreche, diese Verlängerung zu bauen, zumal die Mittel von der Negierung hierzu bewilligt seien. Ec hoffe, daß man diese Vorlage bald verabschiede und daß sich nicht der nächste Landtag damit zu beschäftigen habe. — Vor dem Schwurgericht Freiberg hat steh der Schuhmacher und Stallschweizer Karl Alfred Matthes aus Löbtau zu verantworten. Dem Angeklagten, der verheiratet und Vater von 2 Kindern ist, wird zur Last gelegt, sich der Beihilfe zum Notzuchlsversuch und der tätlichen Beleidigung schuldig gemacht zu haben. Als Verletzte kommt die Franziska Piasta, jetzt verehel. Rüdiger in PosseIIdorf in Be- Betracht. Der Angeklagte befindet sich seit dem 12. November v. I. in Haft. Die Verhand lung erfolgte unter Ausschluß der O-fsintlich- Das Urteil ist noch nicht gefällt. — Referendar Dr. Fischer vom Amtsgericht Tharandt ist ab 1. Februar nach Dresden versetzt worden. Referendar Anders, Sohn des Landtagsabgeordneten und Nechnungsrates Anders ist sein Nachfolger. NeferendarHerrmann ist an das Landgericht Leipzig versetzt worden. — Der junge Kaufmann Scheel aus Deuben, der, wie berichtet, im Landgerichts gebäude in Dresden einen Selbstmordversuch beging, war beschuldigt, sich im Laden seines Vaters an Kindern vergangen zu haben. Die Schußverletzungen, die er sich beibrachte, sind nicht lebensgefährlich. — Am Sonntag, den 6. Februar, nach mittags 3 Uhr, findet in der „Neichskrone" zu Dippoldiswalde ein Parteitag der uationnalliberalen Vartei im K. städtischen und 13. ländlichen Landlagswahlkreisc statt, wozu der Vorstand d.s »ationalliberalen Ver eins im 5. städtischen und 13. ländlichen Land- tagswahlkccise Einladungen ergehen läßt. — Die Portiersehefrau Effenberg stürzte b.im Putzen der Oderlichtfenster in einer Kanst- austall in Niedersedlitz herab auf die Steine und zog sich einen schweren Schädel bruch zu, dem die unglückliche Frau im Kranken hanse erlag. — Wegen gewalttätiger Unzucht und Be leidigung wurde der Maurer Bruno Adam aus Gleisberg vom Schwurgericht Freib.rg zu 8 Monaten Gefängnis venu teilt. — Im Cafe Grimpe in Freiberg unter nahm ein junger Mann einen Selbstmord versuch, indem er sich mit Cyankali vergiften wollte Angewandte Gegenmittel brachten ihn ins Leben zurück. — Der Dienstknecht Heinze, der bekanntlich den Raubmord an dem Fleischerlehrling Höch kingeräumt hat, g stand ein, im Frühjahr dem Grundstücksbesitzer Gärtner in Ocker Witz 130 Mark mittels Einbruchs gestohlen zn haben. Damit ist das Schuldkonto Heinzes j-dmjalls abgeschlossen. — Die Verminderung der Zahl der Ho» boisten und Hilfsmusiker bei den In fanterie - Regimentern scheint zur Tatsache werden zu sollen. Nach amtlicher Kundgebung wird bei der nächsten Neufestsetzung der Frie- densp-äsenzstärke des Heeres dun Beschlusse des Reichstages nähcrgelrelen werden, zn erwägen, inwi-weit die Zahl der Musiker bei den In fanterie-Regimentern eingeschiänkt werden kann. — Das goldene Ehejubiläum feierte Herr PiivatuS Fischer in Nöhrsdorf bei Wilsdruff mit seiner Gatlin geb. Simon in bester körperlicher und geistiger Frische. — In Lichtenberg hat der Barbier und Hausbesitzer Max Böhme am. Montag seinem Leben durch Erhängen selbst ein Ende be reitet. Was ihn zu der unseligen Tat veran laßt hat, ist unbekannt. Am Sonntag hat sich B. noch am Militärvereinsvergnügen lustig und vergnügt gemacht. — Jugend von heute. Drei schul pflichtige Knaben von etwa 12 Jahren aus einem Nachbarorte von Pansa haben sich an einem etwa 6 jährigen Mädchen vergangen. Aus Furcht vor Strafe hat sich einer der 3 Burschen ausgehängt, wurde aber von seinem Bruder wieder abgeschnitten. Nach dem man etwa 3 Stunden Wiederbelebungsversuche ge macht hatte, gelang es auch, den Knaben ins Leben zurückzurufen. Kleine Notizen. Dieser Tage gingen die beiden Töchter des Hausbesitzers Eichler von Cavertitz nach Dreikutten, um Brot zu holen. Sie vergnügten sich in der Nähe auf dem Eise des Mühlbaches, brachen ein und ertranken. — Das dreijährige Söhnchen des Geschirrsührers Döhner in Chemnitz stürzte aus dem 3. Stockwerke herab. Auf d.m Wege zum Krankenhause starb das Kind. — In Weiden (Oberpfalz) ertranken beim Schlitschuhlaufen auf dem dünnen Eise des Mühlenbaches 4 Kinder, darunter 3 Geschwister. — In der etwa hundert Arbeiter beschäftigen den Strumpffabrik von Emst Dorn in Ober lungwitz brach Großfeuer aus. Die zwei stöckige Fabrik wurde vollständig zerstört. — Erfroren aufgefunden wurde in Hohen- stein-Ecnstthal der 1867 in Einsiedel geborene Eisendreher Uhlig, der don seiner in Scifers- dorf wohnenden Familie getrennt lebt. — Der verschwundene Bankbeamte Ziche aus Char lottenburg, dessen Flucht mit unaufgeklärten Manipulationen mit Erbschastsgeldern in Zu sammenhang gebracht wurde, hat sich in einem Hotel in Leipzig erschossen. — Einer Firma inReichenbach ist dieser Tage von einem auswärtigen Konkurs verwalter der „Betrag" von drei deutschen Nächspfennigen mittelst Postanweisung zu- gegangen für eine Forderung von etwas über 10 Mark. Der Firma sind durch die Geld sendung noch 15 Pfg. Unkosten (10 Pf. Post- anwcijung und 5 Pf. Bestellgeld entstanden. — Begnadigt wurde au Kaisers Ge burtstag der wegen des Blankenburger Duell- mocdes zu einem Jahre Festung verurteilte Oberleutnant Gcanier, nachdem er eist sechs Wochen seiner Strafe verbüßt hatte Gramer hat seinen Gegner im Duell erschossen wegen einer Sache, die den Tod wohl schwerlich verdient. — Uebcr Zusendung an o n Hiner Briefe beklagt sich eine Dame aus Oberfrohna, welche dem „Limbacher Tgbl." schreibt: Seit mehr als 2 Jahren erhalte ich in Zwischenräumen von ungefähr 4—8 Wvchm anonyme Briefe mit so gemeinem Inhalt, daß es wirklich un möglich ist, wenn man als Dame derartiges der Staatsanwaltschaft übergibt. Jedenfalls v.rmuten das die Schreiber und werden immer gemeiner und ausdringl cher. Ich habe wohl etwas Verdacht, gebrauche nur noch einige Beweise, dann werde ich jedenfalls nicht mehr warten und es sofort der Staatsanwaltschaft übergeben. Der letzte Biief, tnn ich, wie jetzt überhaupt, als „Trauerbrüf" am Sonntag erhielt, spottete jeder Beschreibung! — Wegen Arbeitsmangcls wurde hundert Personen vom Schiffrbauressorl der Z^ichswerft in Wilhelmshaven gekündigt. — Das Reichsgericht verwarf die Revision des vorn Schwurgericht Leipzig wegen vollen deten und versuchten Totschlags zu 10 Jahren Gefängnis verurteilten Kaufmanns Oswald Grosser aus Steglitz bei Berlin. — Im vorigen Sommer wurden zwei Ein wohner in H ar l e n st e i n Opfer von Getd- männeln und verloren größere Summen Geldes. Letzter Tage kamen zwei Männer nach dem Gasthof „Znm weißen Noß", ein gewisser Oswald Hoyer aus Brnnndöbra und ein Viehhändler aus Zschocken. Der Brunn- döbraer besuchte auch das „Goldene LammV und der Zufall wollte es, daß sich einer der seinerzeit Geschädigten dort befand und in de«w Brunndöbraer sogleich den damaligen Schwinds ler erkannte. Dieser scheint darauf sofort un freiwilligen Abschied aus dem Lokal genommen zu haben, denn er kam Plötzlich ohne Nock ins „Weiß- Noß" gestürzt. Von hier aus mußte er sich unter polizeilicher Bedeckung nach der Arrestzelle bringen lassen, nm nicht gelyncht zu werden. Anderen Tages kehrte er schleu nigst der Stadt den Rücken. — Ein wegen Diebstahls verhafteter 19 Jahre alter Handarbeiter ausZwickau durch- schuilt sich in der Arrestzelle in selbstmörde rischer Absicht die Pulsadern. Ec wurde noch lebend ins Krankenhaus gebracht. — Brände: In Falkenstein brannte die dem Produktenhändler I. Seidel gehörige Scheune mit Erntevorräten und landwirtschaft lichen Maschinen und Gerätschaften vollständig nieder. — In der Karlonnagen- und Well- pappen-Fabbcik dec Firma Hugo Aurig in Leipzig brach Feuer aus, das sich, ehe seine Aus breitung verhindert werden konnte, über einen großen Teil der Arbeitsiäume im Erdgeschoß verbreitete. Es wurde ein Schaden von 3- 4000 Mark verursacht. — Während der Fahrt auf einem Straßen bahnwagen in Leipzig in der Richtung nach Gautzsch fiel einem Herrn ein junges Mädchen auf, welches weinte. Das Mädchen stieg auf freier Streck- ab und begab sich in das Gehölz. Der Herr, der gefolgt war be merkte im Revierort Dachsbau, wie das Mäd chen etwas zu sich nahm. Es war, wie sich später herausstellte, Arsenik. Der Herr beschleu nigte seine Schritte und kam gerade zur rech ten Zeit, um dem Mädchen einen Revolver, den es schon an den Kopf hielt, wegzunehmen. Die Lebensmüde, eine in der Friedrich Liststr. wohnhafte Verkäuferin, wurde, nachdem man ihr Milch eiugeflößt, mittels Samariterwagens in das Krankenhaus gebracht. — Die in Leipzig lebenden Polen, deren Zahl nicht gering ist und die in sieben Vereinen zusammen geschlossen sind, beabsichtigen ein eigenes Verkehrshaus (!) zu errichten. In den polnischen Zeitungen wird aufgesorvcrt, hierzu Gelder zu sammeln. Dresden. Der Selbstmord des Hoteliers Gandert hier, hat noch ein weiteres Opfer gefordert. Als der Schwiegervater des Gandert, dec Mühlenbefitz r und Großin dustrielle Freytag in Lauter im Erzgebirge die Nachricht erfuhr, brach er vom Schlage ge troffen zusammen und war sofort tot. Der erst 24 Jahre Hoülier Gandert, dessen Mutter Besitzerin des Hotels Höritzsch in der Nähe des hiesigen Hauplbahnhofes ist, hatte im vorigen Jahre die 20jährige Tochter des mehrfachen Millionärs Freytag kennen gelernt. Die Neigung des jungen Maunes fand Erwiderung. Das Liebespaar stieß j-doch bei den Ellern des jungen Mädchens auf die gwßlen Schwierig keiten. Dessen ungeachtet gingen die Liebenden die Ehe ein. Wiede» holl hatte der junge G. Versucht, seine Schwiegereltern versönlicher zu stimmen, aber vergeblich. Zwischen den beiden Ehegatten, die erst kurz vor Weihnachten den Bund fürs Leben geschloffen hatten, spülen sich nun Zwistigkeiten ein, die die junge Frau ver anlaßten, das Hans ihres Maunes zu verlassen und zu ihrem Schwager, einem Fabrikbesitzer in der Fürstenstraße, übe zusiedeln. Gandert versuchte dort vergeblich, seine Frau zu bewegen, zu ihm zurückzukehren. Im Anlauf- der V.r- handlungen zog er dann cinen N volver und erschoß sich in Gegenwart seiner Fran und seiner ebenfalls anwesenden Schwiegermutter. Als die jugendliche Gatt n ihrem Vater in Lauter telegraphisch von dem tragischen Ende ihres Mannes Mitteilung machte, brach dieser beim Lesen der Nachricht zusammen und war auf der Stell- tot. Ein Herzschlag halte seinem Leben ein Plötzliches Ende bereitet. — Vor der Haustür eines Grundstücks in der Kamenzer Straße inDresden wurde ! ein 60 Jahre alter Arbeiter Z. bewußtlos an- getroffen. Wie sich herausstellte, war er nach Genuß großer M-ngenAlkohols in diesen Zustand versetzt worden. Ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, ist der Mann an Alkohol vergiftung verstorben. — Der Bedarf an Tinte für die Dresd ner Schulen auf das Jahr 1910/11 beläuft sich auf etwa 1100 Kilogramm schwarze und 220 Kilogramm rote Tinte. — Die Anteile der Deutschen Kolonialge sellschaft in Südwestafrika erfuhren an der Berliner Börse einen Kurssturz um etwa 150 Prozent. — Vor dem Kriegsgericht der 1. Garde division in Berlin begann ein Monster prozeß, wie er die dculschen Militärgerichte bisher wohl noch nicht beschäftigt hat. Es handelt sich um die Masseuunterschlagungen und Bestechungen, die bei der Fußartillerie schießschule in Jüterbog vorgekommen sind. Im Oktober erfolgte die Verhaftung von 7 Per sonen: 1 Wachtmeister, 2 Vizewachtmeistern, 3 Sergeanten und 1 Fahrer. Einer der Ser geanten, der inzwischen zur Schöneberger Po lizei ttbergetrelen ist, wurde aus seiner Dienst stelle verhaftet. Das Kriegsgericht hat über 118 Zeugen geladen. Die den Angeklagten zur Last gelegten Straftaten haben bereits im Jahre 1906 begonnen. — Beim Leichenbegängnis des Fabrikanten Gerersdorfer, Schwagers des Oberleutnants Hofrichter, der von der Unschuld Hofrichters überzeugt war und sich eifrig für ihn einge setzt hatte, kam es zu großen K undge bu n- gen sür Hofrichter. Etwa 6 bis 8000 Personen brachten während des Leichenzuges Hochrufe auf Hofrichter und Schmährufe gegen das geheime Militärstrafverfahren aus. In Militärkceisen verlautet, daß eine Untersuchung des Geisteszustandes Hofrichters angeordnel wurde, und daß in der nächsten Zeit eine auf sehenerregende Wendung der Giftmordaffäre zu erwarten sei. — Professor Carer von der Harward- Universttät, der die Panik von 1907 voraus sagte, erklärt, er wolle seinen Ruf als Volks wirt dafür aufs Spiel fitz-n, daß Amerika im Jahre 1912 oder 13 eine der schlimmsten Paniken in seiner Geschichte erleben wird. Dtk Vorrat an Nahrungsmitteln werde stufen weise, aber anhaltend immer geringer als die Nachfrage, und in wenigen Jahren würden die Vereinigten Staaten gezwungen sein, große Teile ihres Bedarfs an Fleisch und anderen Nahrungsmitteln zu importieren. Wer uns sieht. Wer uns sieht, hört auf zu klagen Es ergreift ihn wunderbar — Denkt nicht seiner eignen Plagen, Rutscht vor ihm die Jammerschar. Wer uns sieht, kann nimmer fassen, Daß die Elendsten auch glücklich sind, Ja selbst fröhlich über alle Maßen, Obschon Krüppel Kind für Kind. Wer uns sieht, der muß uns lieben, Kinderaugen tun's ihm an, Und es bleib ihm in sein Herz geschrieben „Diesen Helf ich, wie ich kann. Meine 330 Krüppelkindlein, aus allen Teilen Deutschlands von mir unter unsäg lichen Mühen unentgeltlich versorgt und aus den dunklen Tiefen hilfloser Ge brechlichkeit emporgehoben. Dieses Jahr viel Not. Habe außer diesen 330 verkrüp pelten Kindern auch noch 520 alte Krüp pel zu versorgen. Wer erbarmt sich meiner elenden Krüppelschar? — Jede auch ge ringste Liebesgabe wird durch ein Büchlein mit vielen reizenden Krüppelgeschichten und Segensgruß bedankt. Äuerbnrg Ostpreußen, Kinder krüppelheim. Braun, Superintendent.