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2. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 25. Oktober 1986, 19.30 Uhr Sonntag, den 26. Oktober 1986, 19.30 Uhr Dirigent: Petr Altrichter, CSSR Solist: Boris Krajny, CSSR, Klavier Ivan Parik geb. 1936 Musica pastoralis für großes Orchester (1984) Erstaufführung Antonin Dvorak 1841-1904 Konzert für Klavier und Orchester g-Moli op. 33 Allegro agitato Andante sostenuto Allegro con fuoco PAUSE Antonin Dvorak Sinfonie Nr. 7 d-Moll op. 70 Allegro maestoso Poco Adagio Scherzo (Vivace) Finale (Allegro) ZUR EINFÜHRUNG Der namhafte slowakische Komponist Ivan Parik, 1936 in Bratislava geboren, besuchte zunächst eine Baufachschule in seiner Heimat stadt und nahm gleichzeitig Privatunterricht bei dem Komponisten und Dirigenten Alexan der Albrecht. Nachdem er sich endgültig für die Musik entschieden hatte, besuchte er das Kon servatorium in Bratislava und studierte Kom position und Dirigieren. Seine Studien beende- ir^ an der Hochschule für musische Künste c^Bllowakisehen Hauptstadt — 1958/62 — als Swuler der Komponisten Jan Cikker und Alexander Moyzes. Schon seit 1959 als Dramaturg beim slowaki schen Fernsehen tätig, wirkte er seit 1968 an der Hochschule für musische Künste in Brati slava, zunächst als Lehrer für Musikerziehung und Ästhetik, seit 1974 in der Abteilung Musik theorie, deren Leiter er seit 1984 ist. 1976 wur de er zum Dozenten für Komposition berufen. Er ist auch publizistisch tätig („Einige Bemer kungen zu den Problemen der Kompositions ausbildung", 1974, „Wie man die Partitur liest", 1983). Vor allem komponiert er Kammer- und elektronische Musik, um eine Synthese traditio- Das heutige Gastspiel der Prager Sinfoniker — der Freundschaftsvertrag zwischen der Dresdner Philharmo nie und dem prominenten tschechischen Klangkörper besteht 1987 25 Jahre — leitet einer der begabtesten Nachwuchsdirigenten unseres Nachbarlandes: PETR ALTRICHTER, 1951 in Nordmähren geboren. Sei ne musikalische Ausbildung erhielt er in Ostrava und an der Janäcek-Akademie der musischen Künste in Brno, die er — in den Fächern Orchester- und Chorlei tung — 1977/78 absolvierte. Bereits 1976 errang er beim internationalen Dirigentenwettbewerb in Besannen den 2. Preis zusammen mit dem Sonderpreis französischer Komponisten. 1977 wurde er Dirigent-Assistent bei der Staatlichen Philharmonie Brno, 1978—1981 bei der Tsche chischen Philharmonie Prag. Von 1979—1982 wirkte er zugleich als Dirigent beim Staatlichen Sinfonieorchester Gottwaldov, danach beim Ostböhmischen Kammeror chester Pardubice, dem er noch heute verbunden ist. Seit 1983 ist er Dirigent der Philharmonie Brno, zugleich leitet er den Akademischen Chor Brno. Regelmäßig wird Petr Altrichter von den führenden Orchestern der CSSR eingeladen. Gastspiele führten ihn u. a. nach Bulgarien, Frankreich, Polen und in die UdSSR. Viele Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen dokumentieren bereits sein Talent. neller und neuer, auch experimenteller Mittel bemüht. So ist in seinem Schaffen oft die mo derne Konstruktion mit tiefer lyrischer Emotio nalität verbunden. Die Orchesterkomposition Musica pasto ralis entstand 1984 und wurde dem 40. Jah restag des slowakischen Nationalaufstandes von 1944 gewidmet. Die Uraufführung des Wer kes erfolgte durch die Slowakische Philharmo nie unter Bystrik Rezucha. Es handelt sich um eine poetische Trauermusik, um eine Medita tion, eine Erinnerung an die gefallenen Hel den des Aufstandes. Die linear-kontrapunkti- sche Stimmführung führt im zweiten Drittel der Komposition zu einer wirkungsvollen Steige rung. Im Spätsommer und Herbst 1876 schrieb A n - ton in Dvorak sein erstes Instrumentalkon zert nieder: das Konzert für Klavier und Orchester g-Moll op. 3 3. Die Uraufführung erfolgte durch den Prager Pia nisten Karl von Slavkovsky mit dem Orchester des Tschechischen Theaters unter Adolf Cech am 24. März 1878 in Prag. Das Werk, das er hebliche gestalterische Ansprüche an den In terpreten stellt und ungewöhnliche gedankli che Schönheiten sowie einen aurenaus persön lichen Aufbau aufweist, wurde zu Lebzeiten des Komponisten wiederholt aufgeführt, geriet je doch dann in Vergessenheit, weil es nämlich jenem Typ von konzertanten Kompositionen angehört, bei denen das Soloinstrument mit seinem Klang in den einheitlichen Strom des sinfonischen Satzes eingegliedert ist, ohne äußerlichen Glanz und mit relativ wenig Ge legenheit zur Demonstration von Virtuosität, die wir zum Beispiel aus den Konzerten von Liszt und Chopin kennen. So wurde gegen Ende des vorigen und zu Beginn unseres Jahrhun derts mehrmals der Versuch gemacht, Dvoraks Klaviersatz der allgemein herrschenden, an Liszt und Chopin orientierten Vorstellung an zupassen. Am erfolgreichsten war in dieser Hinsicht die während des ersten Weltkrieges geschaffene Bearbeitung des tschechischen Kla vierpädagogen Vilem Kurz, die Dvoraks Kla vierkonzert immerhin von neuem auf das Kon zertpodium brachte, auch im Ausland. Heute sehen wir Dvoraks Klavierkonzert in einem an deren Licht, es gilt längst nicht mehr als ein nicht besonders gelungenes Jugendwerk des Komponisten, sondern vielmehr als Schlüssel zu dem gesamten, umfangreichen und lange Zeit zu Unrecht übersehenen Klavierschaffen Dvoraks. Das Konzert ist selbstverständlich virtuos, jedoch von ganz eigener Virtuosität und wirksam durch den für Dvorak charakteristischen Klang, durch die Vielfalt des Rhythmus, die polyphone Durchführungstechnik und auch durch pianisti- sche Experimente. Einen ganz besonderen Klangzauber erzielt er durch die Exponierung von einstimmigen Melodien der rechten Hand in hoher Lage mit einer einfachen figurativen Begleitung in der linken Hand. Dvorak rechnet im Solopart seines Klavierkonzertes, das in un serer Aufführung in der Originalfassung er klingt, mit der Wirksamkeit des einzelnen To nes, der selbst Träger des Ausdrucks sein kann. Er befreit ihn von allem pianistischen Ballast. Man kann sagen, daß Dvorak damit auf seine Art an Beethoven anknüpft und direkt zu Ja- näcek hinzielt. Seine Kantilene ist durchsich tig. Je sparsamer Dvorak in der Bemessung der üblichen pianistischen Mittel ist, um so mehr schwelgt er in der Erfindung verschieden ster Klangkombinationen. Stolzes Pathos und energische, kämpferische Schwungkraft kennzeichnen den ersten Satz (Allegro agitato), der in reich durchgestalteter Sonatenform mit drei Grundgedanken ange legt ist. Von heldischer Würde kündet das so Der Komposition seiner Sinfonie Nr. > d-Moll o p . 70 widmete Dvorak besonde re Sorgfalt, wollte er sich doch — bei gleichzei tigem Blick auf seinen Freund und Gönner Jo hannes Brahms — zu den Höhen Beethoven« emporschwingen. In einem Brief Dvoraks leser wir: „Soeben beschäftigt mich eine neue Sin fonie, und wohin immer ich mich wende, habe ich nichts anderes im Sinn als eben mein^^r- beit, welche aber auch so sein soll, daß sMr Welt in Bewegung versetzt, und sie wireres auch, so Gott will, tun." Das Werk entstand in der verhältnismäßig kurzen Zeit von Ende 1884 bis Mitte März 1885 und erklang zum ersten Mal unter der Leitung des Komponisten am 22. April 1885 im Londoner Konzertsaal St. Ja mes Hall. Es spielte des Orchester der dorti gen Philharmonischen Gesellschaft, die den Komponisten 1884 zu ihrem Ehrenmitglied er nannt hatte und der die neue Sinfonie auch gewidmet worden war. Die Dirigenten Han« Richter, Hans von Bülow und Arthur Nikisch waren dann in der Folgezeit die ersten nam haften deutschen Interpreten der siebenten gleich breit exponierte erste Thema. Nationalen tschechischen Charakter besitzt das kontrastie rende „lächelnd-gesangvolle" Nebenthema, während das Schlußthema choralartig in den Streichern einsetzt, dann tändelnde Klavierfi gurationen folgen läßt, um in einen kantablen Abgesang zu münden. Die Durchführung - eine der ausgedehntesten in Dvoraks Sonaten sätzen — arbeitet zunächst mit dem Nebenthe ma, dann vor allem mit dem Hauptthema. Ef fektvoll klingt der Satz aus. Innige Intimität herrscht im dreiteiligen zwei ten Satz (Andante sostenuto). Ruhig, gelöst ent faltet sich das erste Thema, während das zwei te (das den Mittelteil des Satzes ausschli^Üch bestimmt) bewegter auf- und niederwog^Än Soloinstrument). Capricciocharakter hat der humorvolle, leben dige dritte Satz (Allegro con fuoco), der von drei Hauptgedanken getragen wird. Den Ein druck launiger Trotzigkeit erzeugt das erste Thema, humorvoll gibt sich das zweite mit sei ner rhythmisierten Melodik. Der dritte Gedan ke schließlich bringt lyrischen Kontrast: eine leidenschaftlich sehnsüchtige, ja schmachtende Spannung. In fröhlichem G-Dur schließt das Werk, das zu Unrecht im Schatten der Dvoräk- schen Konzerte für Violine (op. 53) und Violon cello (op. 104) steht.