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Klanggruppen oder durch eine gezielte Aus wahl gemischter Instrumente aus dem großen Orchester. So präsentiert sich das Divertimento auch keineswegs (wie der Untertitel suggerie ren könnte) als Konzert „für" Triangeln, denn diese Klangwerkzeuge treten nur anfangs und dann wieder am Schluß in den Vordergrund. Die „Ouvertüre" beginnt mit den Impulsen der Triangel und kommt über mehrere motivische Anschübe beschwingt und federnd in Gang. Das Hauptthema haben die Streicher, wäh rend von den chorischen Bläsern ein kantabler Seitengedanke kommt. Die kurze Durchfüh rung kulminiert in ein paar martialischen Aus brüchen. Dann endet das Stück mit der Wie derholung des Hauptthemas. Zwar ähnelt der zweite Satz, ein weich getöntes Andante, im formalen Ablauf dem ersten, aber er ist reine Bläsermusik, eine Serenade wie aus einer klassischen „Feldpartie". Aus dem Hornthema entwickeln sich zarte Dialoge, die auch zu ei nem heftigen Einspruch führen, ehe die Oboe das ausdrucksvolle Hauptthema mit dem cha rakteristischen Doppelschlag wieder aufgreift. An dritter Stelle folgt ein Allegro vivace, ein tarantellaartiges Scherzo im Sechsachteltakt, das durch feine rhythmische Synkopierungen einen swingenden Charakter annimmt. Im Grund handelt es sich um Passacaglia-Varia tionen über das rhythmische Modell einer har monischen Kadenz, das die Pauken hier vor geben und die Pizzikato-Streicher zusammen mit akzentuierenden Sequenzen der Harfe ausformen. Im Trio dieses verkürzt dreiteiligen Satzes gesellt sich zur Harfe ein Hörnerpaar mit kräftigen Signalmotiven. Berührungspunkte gibt es zwischen dem vier ten und dem zweiten Satz, obwohl der hier vorwaltende, gläserne, spröde Klang der Schlag-Idiophone wie das Negativ zum an mutsvollen Bläserstück wirkt. Das Finale kehrt zum Tutti-Orchester der „Ouvertüre" zurück, auch zu ihrer konzertanten, impulsiven Grund stimmung. Allerdings etabliert sich hier das musikalische Geschehen als rasantes Perpe tuum mobile, als ein Virtuosenstück der rhyth mischen Entfesselung und tänzerischen Vita lität, ehe es sich in jäher Wendung zum völ lig unerwarteten Epilog verflüchtigt, der das Publikum mit triangelischem Getön verabschie det, mit dem „Konzert" über einen jenseitigen, dreischichtigen Klang. Er verweist wohl auch, ganz zart, auf jene harmonische Dreieinigkeit, die sich — als Hoffnung des Komponisten — zwischen Hörern, Spielern und ihm, dem Er finder dieser „musica giocosa", zu guter Letzt und ebenso im großen Ganzen ergeben möge. Carl Maria von Weber war einer der brillantesten Pianisten seiner Zeit. Besonders gerühmt war seine Gabe der Improvisation. Er besaß eine ungewöhnlich weite Handspan ne; der virtuose Grundzug seines Klavierstils, die Vorliebe für Terzen- und Oktavengänge, für Dezimengriffe, für kühne Sprünge, für glanzvolles Passagenwerk usw. stehen damit in engem Zusammenhang. Webers Klavier werke, die heute zu Unrecht vernachlässigt werden, verschmelzen zweifellos verschieden ste klavieristische Anregungen, so von seinen Lehrern M. Haydn, G. J. Vogler und F. Danzi, von C. Ph. E. Bach, J. N. Hummel, J. L. Dusik, auch von J. Haydn, Mozart und Beethov^x doch besitzen sie vor allem einen Eigenklcj^B der einerseits aus einer Mischung von chevcn leresker, heiterer Eleganz und volkstümlicher Schlichtheit des Empfindens besteht, anderer seits durch opernhafte Ausdruckswirkungen ge kennzeichnet ist. Weber wußte als echter Virtuose seinen Kla vierkompositionen, die vielfach für den eige nen Gebrauch auf Konzertreisen geschrieben wurden, stets einen absolut klavieristischen Charakter zu geben, die Möglichkeiten des In struments ausschöpfend und ins rechte Licht rückend. So wurde seine Klaviermusik beispiel haft für die pianistische Virtuosenmusik des 19. Jahrhunderts. F. Liszt, der verschiedene Webersche Klavierstücke bearbeitete, konnte sich mit Fug und Recht als sein Fortsetzer füh len. Aber auch zu Mendelssohn, Schumann und Chopin spinnen sich Fäden. Doch ist Webers Virtuosität und Brillanz nicht äußerlicher Selbstzweck, sondern Ausdruck inneren Wol lens. Mit Orchesterbegleitung schuf Weber zwei Konzerte und das Konzertstück f-Moll. Das 2. Klavierkonzert E s - D u r o p. 3 2 — wie das 1. ein seltener Gast in unseren Konzertsälen — wurde 1811/12 in Münd^^ und Gotha komponiert. In einem GotnsBr Hofkonzert brachte es der Komponist am 17. Dezember 1812 selbst zur Uraufführung und spielte es in der Folgezeit wiederholt mit größ tem Erfolg, kein Wunder, daß er darum eine hohe Meinung davon hatte, äußerte er doch: „Daß es übrigens das schwerste, aber auch dankbarste Klavierkonzert ist, das je die Sonne, oder vielmehr die Lichter beschienen, ist ge wiß." Der Musikschriftsteller Friedrich Rochlitz faßte wohl die Meinung vieler Zeitgenossen zusammen, als er feststellte, daß „kaum in einigen Werken dieser Art von anderen Mei stern also verbunden angetroffen werden: so viel Originalität der Ideen ohne alle Bizarre rie und phantastische Ausschweifung, soviel gründliche Kunst ohne alle wirkungslose Kün stelei oder Schwerfälligkeit, soviel Feuer und Glanz bei so sprechenden Melodien und zar tem Ausdruck, auch bei solchem Reichtum ganz eigentümlicher Instrumentierung so schö ner Effekt des Hauptinstruments." Der erste Satz (Allegro maestoso), in dem so gleich alle Weberschen Stileigentümlichkeiten hervortreten, strahlt festlichen Glanz aus. Sein kräftiges, männliches Pathos läßt daran denken, daß Beethovens 5. Klavierkonzert (in der gleichen Tonart) nur einige Jahre älter ist als Webers Werk, obgleich dieses im Anliegen und Anspruch dem Klassiker fernsteht. poetische, stimmungsvolle Adagio nimmt seinen schönen Farbwirkungen, den zar ten Streicherklängen und geheimnisvollen Ru fen der Bläser schon „Freischütz"- und „Obe- ron"-Klänge voraus. Ureigener Weber-Stil spricht nicht nur aus der schwärmerischen Ly rik des Stücks, sondern ebenso aus den glit zernden Läufen, lockeren Arpeggien, gehäm merten Akkorden und dem schließlich ver löschenden, geheimnisvollen Tremolo des Kla viers. Das Schlußrondo greift die Stimmung des er sten Satzes und seine Virtuosität auf und fügt effektvolle tänzerische Impulse hinzu, so daß sich Webers Meinung, das Konzert sei auch dankbar, bestätigt. Robert Schumanns 4. Sinfonie in d-Moll o p . 120 ist sein sinfonisches Hauptwerk. Sie entstand in seiner glücklich sten Zeit, im „Sinfoniejahr" 1841, kurz nach der „Frühlingssinfonie". Ungeachtet ihres großen Reichtums an lyrischen Gedanken Wsie bei der Uraufführung am 6. Dezem- 1841 im Leipziger Gewandhaus unter dem Konzertmeister David nicht den verdienten Erfolg. Doch der Komponist war von dem Wert seiner Schöpfung durchaus überzeugt, schrieb er doch 1842: „. . . ich weiß, die Stücke stehen gegen die erste (Sinfonie) keineswegs zurück und werden sich früher oder später in ihrer Weise auch glänzend machen". Zehn Jahre später nahm er die Partitur noch einmal vor. Kurz vor der Uraufführung der zweiten Fassung am 3. März 1853 in Düsseldorf schrieb Schumann dem holländischen Dirigen ten: „Ich habe die Sinfonie übrigens ganz neu instrumentiert, und freilich besser und wir kungsvoller, als sie früher war." Das Werk wird im chronologischen Verzeichnis als 4. Sin fonie gezählt. Die Grundstimmung ist ernster, gedankenschwerer als die der „Frühlingssin fonie", doch gewährt das fast Beethovensche Pathos einiger Abschnitte auch idyllisch-humo rigen Partien Raum. Inhaltlich spiegelt sie Schumanns Kampf gegen alles Philisterhaft- Hohle in der Kunst wie im Leben seiner Zeit wider. Dem Untertitel „Introduktion, Allegro, Romanze, Scherzo und Finale in einem Satz“ entsprechend sind die vier Teile des Werkes ohne Pausen miteinander verbunden — typi scher Ausdruck der Neigung der Romantiker zur Verwischung und Auflösung der klassischen Sonatenform. Die einzelnen Sätze sind nicht nur äußerlich, sondern auch ideell-thematisch eng miteinander verknüpft, wodurch das Gan ze den Charakter einer sinfonischen Fantasie erhält und eine Vorstufe zur sinfonischen Dich tung, wie sie später üblich werden sollte, bil det. Dunkle, ernste Kampfstimmung waltet in der langsamen Einleitung des ersten Satzes. Eine auf- und absteigende Achtelfigur wird aus drucksmäßig ausgeschöpft. Stürmisch, in er regten Sechzehnteln setzt das Hauptthema des lebhaften Hauptteiles ein. Es bestimmt mit seinem drängenden Charakter eigentlich das ganze musikalische Geschehen des Satzes, erst in der Durchführung gesellen sich ihm neue Gedanken hinzu, in den Posaunen, in den Holzbläsern (ein Marschmotiv), in den ersten Violinen (eine zarte Melodie, welche die Be deutung des zweiten Themas erhält). Wie die Gedanken wechseln die Stimmungen. Doch der Schwung des Ganzen führt zu einem jubelnd hymnischen Ausklang. Nach einem unerwar teten, schroffen d-Moll-Akkord wird man von einem volksliedhaften Thema der Solo-Oboe und des Solo-Violoncellos in die schwermütige Welt des zweiten Satzes, einer Romanze in a-Moll, eingeführt. Dieser klagenden Weise folgt unmittelbar in den Streichern die Achtel figur der langsamen Einleitung, aus der vom Komponisten der etwas tröstlichere Mittelteil der Romanze entwickelt wird. Der klanglich fein ausgewogene Satz schließt wieder in der An fangsstimmung. Energisch-freudig hebt das Scherzo an, ja so gar der Humor stellt sich ein. Aber die straffe Haltung entspannt sich im Trio mehr und mehr und geht fast ins Träumerische über. Beim zweiten Erscheinen des Trios löst sich das Thema förmlich auf, wodurch ein Übergang zur langsamen Einleitung des Schlußsatzes ge schaffen wird. Hier erklingt zunächst das Kopf motiv des Hauptthemas aus dem ersten Satz„