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L8SV breiteteS wunderliches Gerücht, dem zufolge die sämmtlichen don Deut schen besessenen Häuser unserer Stadt bereits unter die Polen as- gute Prise vertheilt gewesen sein sollen. Roch immer hat unser Teneralcommando keinen Chef wieder erhalten, und während die Einen fortwährend behaupten, eS werde der Fürst Radziwill demnächst doch als Eommandirender des fünften Armee korps hierher kommen, glauben Andere, die Stelle werde gar nicht wie der beseht werden und in Zukunft zwei ArmeecorpS immer nur einen Armeeinspecteur erhalten. — Der Vernehmen nach will der Vorsitzende des hiesigen GemeinderatHS, dem die Regierung deshalb einen Verweis gegeben und eine Ordnungsstrafe angedroht, weil er den Antrag „um Gründung einer Universität in Posen" zu DiScussion in öffentlicher Sitzung zugelaffen, sein Amt ntederlegen, was wahrscheinlich die Folge haben würde, daß dasselbe in polnische Hände überginge. Weimar, 8. Sept. Die in mehren Zeitungen mitgetheilte Nach richt von einer Entsagung des Groß Herzogs, um gewissen Restaura- tionSideen einen erleichterten Eingang zu verschaffen, hat hier überall Erstaunen erregt, da hier von derartigen Planen nirgend etwas bekannt ist. Der Großherzog ist übrigens erst kürzlich von einer Badereise zu rückgekehrt. Die fragliche Nachricht ist schon wegen der zu Grunde ge legten Motive nicht glaubhaft. * Bremen, 8. Sept. Das gestrige MissionSblatt gibt den Verlust der norddeutschenMissionSgesellschaft auf folgende Weise an: Der Mann, der stets, so lange eine MissionSgesellschaft in Bremen ist, mit der größten Treue, mit der uneigennützigsten Aufopferung, wie Alle mein ten, die Verwaltung der Kasse und das ganze Rechnungswesen besorgt hat, ist als der schrecklichste Betrüger, als der entsetzlichste Heuchler of fenbar geworden. Wie er die Kirchenkaffe von St.-Stephani bestohlen, wie er auf Treue und Glauben von Privatleuten ihm anvertrauteS Gut durchgebracht hat, so hat er auch Alles, was unsere MisstonSgesellschaft als Gaben der Liebe empfangen hatte, circa 9000 Thlr., soweit es nicht schon für die Mission verausgabt war, auf die empörendste Weise ver schwendet und vergeudet. Als von den sämmtlichen Vereinen der nord deutschen MisstonSgesellschaft die Leitung derselben an Bremen übertragen war, sahen wir manche Freunde der Mission mit schwerem Herzen dar aus scheiden; dagegen blieb Einer darin, von dem es Vielen lieber ge wesen wäre, wenn er ausgetreten. Nicht aber weil man in seine Recht lichkeit Zweifel setzte, sondern wegen seiner Eitelkeit und Neppigkeit. Die ser Mann, der keinen Sonntag in der Kirche fehlte, der regelmäßig zum heiligen Abendmahle ging, der von Seiten des Staats das unbeding teste Zutrauen genoß, der viele Jahre Bauherr an St.-Stephani war, das Christenthum laut vor der Welt bekannte, der, wo er nur konnte, die Christen fast mit Gewalt an sich heranzog und kein Maß wußte in Erweisung von Freundlichkeit und zuvorkommender Liebe, dieser Mann hat seit dem Jahre 1805, also 45 Jahre lang, nur von fremdem Gelde gelebt, hat alle seine Ausgaben, seinen ganzen widerlich üppigen Haus halt, alle seine Geschenke, alle seine reichen Wohlthaten von gestohlenem Gelds gemacht! Alle Vermächtnisse, die dienen sollten, krank zurückge kommene Missionare zu unterstützen, ein.Capital von 800 Thlr., das ein Mann, den wir nicht kennen, durch die dritte Hand uns hatte zu stellen lassen, mit der Bedingung, daß er bis zu seinem LebenSende die Zinsen davon erhalte, ferner die in der letzten Zeit eingekommenen Ga ben für Glocken und AbendmahlSgeräth auf Taranaki — sind verloren, verloren durch schändliches Prassen!" * Lübeck, 7. Sept. Zuverlässigen Nachrichten zufolge, die heute auS dem Lauenburgischen hier eintreffen, hat gestern EtatSrath Su se mi hl, Präsident der königlichen Regierung, nachdem derselbe vorgestern noch einer Sitzung deS Collegiums präsidirte, einen erbetenen Urlaub er halten und angetreten. Es ist bekannt, daß erwähnter Susemihl mehre früher erlassene königliche Rescripte nicht unterzeichnete, wie eö hieß, weil derselbe unter Protestation gegen eine hohe Steuerauöschreibung um seine Entlassung nachgesucht hatte. Es fragt sich nur, ob der gegenwärtig erhaltene Urlaub, der auf unbestimmte Zeit ertheilt worden sein soll, nicht fast einer Entlassung gleichkommt; wenigstens ist daö Publicum der Ansicht, daß die Dauer deö Urlaubs von dem Ausfälle der Ver handlungen in den deutsch-dänischen Angelegenheiten abhängen dürfte. — Heute früh halb 8 Uhr machten die DirectionSmitglieder der Lübeck- Büchener Eisenbahngesellschaft eine Probe- und Lustfahrt nach Ratzeburg, die wahrscheinlich auch bis Mölln und Büchen ausgedehnt worden sein wird. Senator vr. Curtius, welcher die Bahn gestern be fuhr, gab der Directton in Ratzeburg ein solennes Frühstück. In diesen Tagen wird die interimistische Bahnhofshalle hierorts gehoben werden. Hamburg, 7. Sept. Heute Vormittags starb hier der Gründer, Eigenthümer, Herausgeber und Verleger der Börsenhalle, Hr. Ober alter Gerhard v. Hostrup, im 81. Lebensjahre. — Wenn man einem zuweilen gutunterrichteten hiesigen Lvcalblatte, dem Beobachter, trauen darf, so ist das Gerücht, daß der Senat demnächst der Bürgerschaft ein neues Preßgesetz, oder vielmehr daS wenig modificirte frühere und schon einmal abgeschlagene, vorzulegen beabsichtige, durchaus unbegrün det.— Dasselbe Blatt will wissen, der Senat gehe noch immer mit dem Gedanken um, den Commandeur unserS Contingents, Oberst Schohl, zu penstoniren und werde bei Wiederbesetzung seiner Stelle be sonders auf drei Bewerber, den frühern Oberbefehlshaber der schleSwig- holsteintschen Armee, Frhrn. v. d. Horst, den frühern Chef der schles wig-holsteinischen Artillerie, Generalmajor v. Wissel, und bett ftührett kurhesstschen Krieg-minister Oberst Bödiker, reflectiren; Generalmajor v. Wissel hab« di« meiste Aussicht, gewählt zu werden. (Wes.-Z.) X Wien, 7. Sept. Unser Handelsministerium entwickelt eine lebhafte Thätigkeit in den Berathungen über den Betrieb der Eisenbahnen, an denen auch die DirecÜonSmitglteder der Privatbahnen theilnehmen. Mit gleicher Thätigkeitwird auch an derOrgantstrung der k.k. Kriegs marine gearbeitet; wie es verlautet, wird da- Marineobercommando einen AdmiralitätSrath zur Seite erhalten. Auch im Kultusministerium ist man nicht müßig, und man beschäftigt sich darin mit der bevorsteheni- den Klosterreform, über die auch die Prälaten und Arbte ihrBotum abgeben möchten, weshalb sie sich eigens als Bittsteller an die Regie rung gewendet haben. Mehre Bischöfe der Monarchie werden nach dem Beispiele deö Fürstbischofs von Seckau Hirtenbriefe erlassen, in denen sie die Bedeutung der kaiserlichen Erlasse vom 20. Aua. ihren Gläubigen an daS Herz legen. — AuS der Croce di Savoia erfährt man, daß das nea politanische Cabinet gegenwärtig mit den Höfen von Wien, Rom, Parma und Modena in Unterhandlungen stehe, um eine Proklamation zu erlassen, in der frischweg ausgesprochen wird, daß die italienischen Regierungen, weit entfernt, grausam gewesen zu sein, eine lang- müthige und zu milde Mäßigung in der Anwendung ihrer legitimen Vertheidigung gezeigt haben. WaS kümmert uns die Reaktion in Ita lien? werden Viele denken, und Manche darunter, die der Politik längst den Rücken gekehrt haben, trösten sich mit Diesem und Jenem und viel leicht auch mit dem Jahresberichte der Handelskammer an daS Mini sterium, nach welchem die Einführung des neuen Zolltarifs in Ab stufungen als erwünscht bezeichnet, auf die Nothwendigkeit der Regelung der Valuta hingewiesen und schließlich die Errichtung von Gewerbeban ken, Gewerbeschulen, ein neues Gewerbegesetz und die Regelung deS WaarentranSporteS auf den Eisenbahnen gewünscht wird... und diese „Stillen im Lande" haben endlich auch recht. S H tp Oi). ^Aus der Schweiz, 4. Sept. Der Baumeister Rüder hat den Plan zum BundeSrathShause in Bern in der Weise zur Vollendung gebracht, daß derselbe, den Vorzügen der frühern Vorschläge anderer Ar chitekten und den Kritiker der bernischen Experten Rechnung tragend, Alles in sich vereinigt, was zu wünschen übrig blieb, weshalb der Plan von den Experten entschieden zur Annahme empfohlen wurde. Am 1. Sept, beschloß der Gemeinderath einstimmig, die Annahme desselben der Gemeinde vorzutragen, welche sich noch in diesem Monat versammeln soll. So wäre denn dieses altgewordene Project deS neuen eidgenossen- schaftlichen Bundes der Verwirklichung endlich nahe gerückt. Die Ge? sammtkosten des Bundeörathshauses werden auf über 1 Mill. Fr. bean schlagt.— Der Große Rath von Freiburg, welcher am 17. Sept, zu sammentritt, wird sich unter Anderm mit den Gesetzentwürfen befassen über die freie Ausübung der vom Staate anerkannten christlichen Con- fessionen, über die Verwaltung der geistlichen Güter und über Werbun gen für fremde Militairdienste. Nach dem Entwürfe des Werbegesetzes wird der Werber mit Verlust der bürgerlichen Rechte während 10—15 Jahren, mit correctioneller Haft von 2—4 Jahren und mit einer Buße von 1000—1500 Fr. bedroht; der Angeworbene aber mit dem Verluste der bürgerlichen Rechte während 5 — 10 Jahren und mit correctioneller^ Haft von 1—2 Jahren. ES ist- gewiß wahr, daß nur die Strenge deS. Gesetzes allein eS vermögen würde, der altgewohnten Werberet in der Schweiz, diesem SchmachSmakel deS freien Volks, kräftig zu wehren. Hoffentlich werden die übrigen Cantone es den Freiburgern nachthun, durch Crelrung von Strafgesetzen dem Unwesen ein Ende, zu machen. — Der Urheber der frevelhaften Flintenschüsse von einer österreichi schen Wache über den Luganersee gegen eine am schweizerischen Ufer fah rende Barke bei der Zollstätte Büro, in welcher sich eidgenössische Zoll beamte befanden, wurde, wie unsere Zeitungen melden, für sein Ver gehen 48 Stunden an kurze Ketten gelegt (in den polnischen Bock ge sperrt), in seinem Grade suSpendirt und mußte noch eine längere Ge sangenbuße leiden. — Jetzt sollen wieder an der badischen Grenze vielerlei Grenzplackereien vorkommen. Der Aargauer Zeitung wird von Lau fenburg geschrieben, eS werden keine Badenser mehr in die Schweiz hin- übergelassen, außer sie seien mit einer Erlaubnißkarte eines Truppencom- mandanten von Lörrach versehen. Selbst zu Märkten in den angren zenden Schweizerflecken werden die Nachbarn ohne solche Erlaubntßschetne von den badischen Grenzwächtern nicht durchgelassen. Aus der Schweiz, 5. Sept. Die patriotischen Vereine von Neuen burg rüsten sich mit allem Eifer und allen Mitteln, um am 12. Sept, eine Antwort auf die royalistische Demonstration zu geben. Wie ich höre, soll sich darauf allein die Rache gegen die Royalisten beschränken. Man scheint sogar die Festlichkeiten zu theilen und einige Gemeinden erst zwei Tage später, am 14. Sept., feiern zu lassen, um nicht in der fest lichen Aufregung der ganzen Bevölkerung einen größern Anlaß zu Er- ressen zu bieten. Neuenburg selbst will die LoSreißung des CantonS am 12. Sept, begehen, dagegen werde» die Patrioten von La-Chaur-de- FondS und Val-de-Ruz sich erst am 14. Sept, in Fontaines zur Festlichkeit vereinigen. Locle und Val-de-Traverö feier» in La Brevine. (Corr.-B.) Kravkretch. * Paris, 6. Sept. DaS Journal des DebatS, welches bisher vor sichtig über die Abschaffung des ConstitutionaliSmuS in Oesterreich ge«