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führbar gewesen sei, und daß die wiener Regierung bloS diese undurch führbare Charte zurückgenommen habe, um eine jieue praktischere dafür zu substituiren. ES heißt dies die ganze Sachlage entweder absichtlich, oder aus Nichtkenntniß unserer Verhältnisse «Kennen; wir, die wir den Schlag unmittelbar fühlten, erkannten auf deH ysten Augenblick, wohin er gerichtet sei. Nicht um die bloße Modifikation einer Charte, sondern um daS gänzliche Aufgeben deS konstitutionellen PrineipS handelt eö sich hier; und darum auch der peinliche betrübende Eindruck, der sich hier des größten Theils der Bevölkerung bemächtigte. Denn keine Stadt im ganzen Kaiserstaate hat vielleicht weniger extreme Parteigenossen auf zuweisen als Prag: weder die enragirte Demokratie noch die bornirte Kreuzritterschaft kann sich eines nur einigermaßen namhaften ContingentS in unserer Moldanstadt rühmen; dafür hat aber auch wieder daö kon stitutionelle Princip vielleicht nirgend so zahlreiche und entschiedene An hänger als hier, und wenn die Schattirungen derselben, wie eS bei einer Stabt mit zweierlei Nationalitäten nicht anders sein kann, nach gar vie len Richtungen hin auch verschieden sind, so stimmen sie doch alle in dem Einen Punkte deS ConstitutionaliSmuS überein und klammern sich nur nm so fester an denselben. Zum Beweise dieser Behauptung sei nur erwähnt, daß bisher Prag allein die Stadt in Oesterreich wär, in der sich eine großartige konstitutionelle Mittelpaztei nicht nur mit Wor ten, sondern auch in der That gebildet halte und daß hier noch kein einziges reactionaires Journal ein Publicum finden konnte. Jene Mit telpartei nun, die vor einem Jahre bet den hiesigen Gemeindewahlen einen so eklatanten Sieg errungen, sie erhielt Heuer gerade zur Jahres feier dieses Sieges das officielle Dementi ihrer Thätigkeit. Die Charte, in deren Namen sie damals wirkte, welche die Grundlage ihres Pro gramms bildete, wurde durch die neuesten Cabinetsschreiben vernichtet. Schon um dieses einzigen Umstandes willen muß man mitleidig lächeln, wenn hiesige Berichterstatter der dresdener und anderer Kreuzzeitungen sich die Mühe geben, zu behaupten, das Aufgeben des Constitutiona liSmuS habe hier in Prag Freude erweckt, da eS in dem Wunsche der großen Majorität unserer Bevölkerung gelegen. Derartige Korrespon denten mögen vielleicht binnen Jahresfrist, und vielleicht noch früher, wenn eö commandirt wird, ihre politischen Meinungen wechseln; dasselbe aber von der Bevölkerung einer ganzen Stadt behaupten zu wollen, der Welt einreden zu wollen, daß all die Tausende ehrlicher und selbständi ger Männer, welche im vorjährigen August sich zu den Wahlurnen drängten, um Jene aus ihren Mitbürgern mit der Gemeindeverwaltung zu betrauen, welche die Verfassung vom 4. März als ihr Palladium er klärt hatten, im heurigen August sich fröhlich die Hände reiben, weil eben dieselbe Verfassung und mit ihr auch alle konstitutionellen Princi- pien aufgehoben wurden: dieö behaupten zu wollen ist, wie schon be merkt, eine Mühe, die Einem nur ein Lächeln abgewinnen kann. Stra fen sich doch solche Berichterstatter selbst Lügen, wenn sie zugleich be richten müssen, welche Vorsichtsmaßregeln für die Tage getroffen waren, an welchen der neue Systemwechsel bekannt wurde. Die Truppen wa ren mehre Tage hindurch constgnirt, verstärkte Infanterie- und Cava- leriepatrouillen durchzogen die Stadt, alle Wachen waren verdoppelt, am Wyschehrad, Laurenziberg und allen übrigen fortificatorischen Punk ten, welche die Stadt beherrschen, standen Kanoniere mit brennenden Lunten bei ihren Geschützen: und alles Dies sollte darum geschehen sein, weil die Regierung etwas that, was die große Majorität der Bevölke rung wünschte? Nach den gewöhnlichen Regeln der Vernunft möchte der Schluß wol etwas anvers lauten. Und so ist eS denn auch, und es bleibt eine ausgemachte Wahrheit, daß der neueste Aufschwung unserer politischen Verhältnisse nirgend vielleicht so schmerzlich eingeschnitten hat als hier in Prag. Daß die Bevölkerung ruhig blieb, daß die Leute stumm und düster beisammen saßen, als ihnen die Journale die neueste Kunde brachten, daö spricht eben nur für unsere Behauptung: ein Volk, das nicht gleich in Leidenschaftlichkeit aufbraust zmd daö seine Be sonnenheit bewahrt, verläßt auch nicht so leicht seine Principien und hält an Dem, was eö als gut erkäNnt. Und dies war sür unser Volk, wir wiederholen es nochmals, der Constitutionaliömuö! Schweiz. «Der Bund» bringt einen Artikel über daö schweizerische Bun desheer, auö dem wir Nachstehendes entnehmen; Der Gesammtauszug in Infanterie besteht in 73 Bataillonen, 12 Halbbataillonen und 9 Jä gercompagnien, die Reserve in 31 Bataillonen, 11 Halbbataillonen und 15 Jägercompagnien; sodann 12 Sappeure, wovon 6 Auszug und 6 Reserve, 6 Pontonniere, wovon 3 Auszug und 3 Reserve, 25 Batte rien und 2 Gebirgsbatterien Auszug und 13 Batterien und 2 GebirgS- batterien Reserve, 4 Raketenbatterien Auszug und 2 Reserve, 4 Po- sttionScompagnien Auszug und 9 Reserve, 6 Parkcompagnien Auszug und 6 Reserve; ferner Positionsgeschütz 30 zwölfpfündige, 51 sechspfün- dige Kanonen und 16 vierundzwanzigpfündtge Haubitzen, 1401 Packpferde Auszug und Reserve, 22 Schwadronen Dragoner Auszug und 13 Reserve, 7/, Gutden Auszug und 4 Reserve, 46, Schärfschützencompagnien Aus zug und 27 Reserve. Die Eidgenossenschaft, liefert an Ergänzungs geschütz 4 zwölfpfündige Kanonen, 14 sechspfündige Kanonen, 2 vier- undzwanzigpfündige Haubitzen, 12 zwölfpfündige Haubitzen, 4 Gebirgs haubitzen und 20 ErgänzungScatssonS. An PosttionSgeschütz liefert sie 60 zwölfpfündige Kanonen, 30 vierundzwanzigpfündige Haübitzen und 10 Mörser. Der Bund übernimmt zudem die Anschaffung von 2 Geschützen, 6 Caissons, 1 Rüftwagen und 1 Feldschmiede als Beitrag zu der von Appenzell-Außerrhoden zu stellenden sechSpfündigen Basierst; ferner die Anschaffung deS Materials für. die von Graubündten - und WalsiS zu stellenden GebirgShSpchitzeü. Dir Leistungen, welche die Cantone nach Anleitung des Gesetzes zu übernehmen haben, sollen, soweit eS den Bun- deöauSzug bettifft, längstens Linne» vier Jahren vollständig durchgeführt sein. Für die vollständige Bildung der Bundeöreserve und für die An schaffung deS PosttionSgeschützeS ist den Kantonen eine Frist von läng- stenS acht Jahren eingeräumt. Die Stärke und Organisation der tak tischen Einheiten der verschiedenen Waffengattungen ist durch die Mili- tairorganisation festgestellt. Paris, 5. Sept. . .. Der Leitartikel der Gazette de Franc? trägt die Ueberschrist: ^Kan didatur deS Hrn. de Larochejacque^itt", ist von Lourdöueir, dem > Hauptredacteur, unterzeichnet und hat ganz die ,Form eines MänifestS. Seinen Eingang bildet die Widerlegung der gegen diese Kandidatur ge machten Einwürfe. Hrn. de Larochejäcqueleln'g Candidatur soll die von Berryer-Fallour für 1852 versprochene Monarchie abermals hinauSschie- ben. Die Monarchie im Jahr 1852 ist aber ganz unmöglich, weil die mehr als je gespaltene OrdnungSpärtei selbst im Fall? ejneö Revisions- votumS keine monarchische Constituante aufbringen. könnte. Aber auch diese Constituante nach dem neuen Wahlgesetz üntet BönapMe'ö Prä sidentschaft würde sich entweder für die bonapartistische Mönärchie oder für einfache PrästdentschaftSverlängerung erklären. Dje Revision wird aber nicht statthaben, und falls nicht früher eine Revolutton/koMmk , im Mai Bonaparte als Candidat ausgestellt werden. Bestätigt die Legislative diese Wahl, so hat sie die Verfassung, ihre einzige Stütze, vernichtet und einen Despoten für Frankreich ernannt, damit aber den Bürgerkrieg proclamirt. Neben Bonaparte'S Kandidatur tritt aber auch jiene Jöin- ville'ß auf. Sie wird mit „wegwerfender Verachtung" des Orteästiö- muS abgefertigt. Den großen Namen Heinrich V. kann man aber nicht mit den Abenteurern der Revolution zufaMmenstellen. Die Gazette hält die erbliche legitime Monarchie für die beste RegierüngSform in Frank reich,. unterwirft sich aber der Majoritätsbestimmung einer Wahlregie rung. Darum stellt sie den „Mann des Appells an die Nation" , als Kandidaten auf, weil sein Name die Frage: ob Mpublik? ob Monar chie? stellt. Niemand kann ihn einer Usurpationstendenz verdächtigen und darum kann diese Frage unter seiner Präsidentschä'ft von einer Ver sammlung entschieden werden. In der Neberzeugung, daß man keinen I andern Kandidaten gleicher Schärfe aufstellen könne, proclamirt das Blatt ! ohne Zögern und entschieden Henri de Larochejacquelein als den einzigen I möglichen legitimistischen Kandidaten zur Präsidentschaft. — Der frühere Minister deS Aeußern, Brenler, ist in besonderer Mis- I ston nach Bern abgereist. Die Konflikte an der österreichisch- I schweizerischen Grenze sollen der Gegenstaüd seiner Sendung sein. I Seine Instructionen wurden in einem mehrstündigen Ministerrathe ent- I worfen und sollen mit denen Palmerston'S, der während Äaroche'S An- I Wesenheit in London über diesen Gegenstand mit demselben conferirte, I homogen sein. - — Der Kölnischen Zeitung schreibt man: Die gestern und vorgestern I stattgehabten Verhaftungen beschäftigen «immer noch alle Ge-I müther. Nach den officiellen Blättern liegt ein weit verzweigtes Com-1 Plot vor, daS von London auö organisirt worden ist. Papiere von Wich-1 tigkeit sollen mit Beschlag belegt worden sein, auS denen der Bestand! eines großen Komplets bewiesen werde. Jedermann weiß jedoch,' daß I in Frankreich sich Niemand in Verschwörungen einläßt, da däs Lösüngs-1 wort „1852" ist. Es ist daher gerade nicht sehr unwahrscheinlich, daß, I wie man von mehren Seiten her behauptet,, „falsche Brüder" wieder I einmal ein Complot organisirt und eS dann denuncirt haben, nachdem! sie mehre arme Opfer in ihren Netzen gefangen haben, Wie dem nun I auch sein mag, so viel steht fest, daß die Deutschen, welche man verhaf-1 tet, von einem bekannten Mitgliede der ungarischen „Emigration ddnuu-1 rirt worden sind. Den Namen desselben haben wir nicht in Erfahrung I bringen können; wie man uns aber versichert, soll derselbe sich zu sehr! rothen Gesinnungen bekannt haben. Paris, 6. Sept. (Tel. Dep.) Es sind auch heute neuerdings Ver-1 Haftungen vorgenommen worden. -j-Paris, 5. Sept. Obschon hier und da versichert wird, hex Ge-1 neral Cavatgnac sei nicht dazu zu bewegen, vor Hrn. Caryot zurück-1 zutreten, so glaube ich doch zu der Angabe berechtigt zu sein, dqß Letz- I terer die meiste Aussicht hat, von allen republikanischen Fraktionen zum I Prästdentscha tscandidaten gewählt zu werden. Sein Name sst in den! geheimen Gesellschaften berathen worden. Er hat keinen Enthusiasmus I hervorgerufen, aber auch keinen Widerstand. Ueberall machten seiye Par- ! tisane mit Erfolg geltend, daß man, um zu reussiren, sich Ml einen! Mann schare» müsse, der weder der Bourgeoisie noch den untern Volks-1 schichten Schrecken oder Abscheu einflöße. Der Name Earnot erfreute! sich chedem einer' gewissen revolutionairen Popularität, ohne.daß er von ! den Royalisten selbst gehaßt wurde. Man sah Carnot, den Vater, sich! der Restauration anschließen und mit dem Titel schmücken, welchen ihm! Ludwig XVIII. geschenkt hatte; seitdem gab«der Graf v. Carnot daSSi-! gnal der liberalen Opposition und blieb derselben getreu. WaS den Sohn! betrifft, so ist er mittelmäßig, aber seine Mittelmäßigkeit läßt sich Mä-I ßigung nennen. Die Partisane seiner Candidatur wiederholen mit In-!