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L872 zwritgeborene Sohn Prinz August jetzt die fürstlich Kohary'sche Erbschaft als MajoratSherr übernimmt und, nachdem der Erstgeborene, Prinz Fer, dtnand, Gemahl der Königin von Portugal, gegen eine bedeutende Geld- entschädigung auf diese seine Rechte Verzicht geleistet hat, zum Univer salerben erklärt ist. Die Herzogin-Witwe von Sachsen,Koburg hat sich auf ihr Schloß Ebenthal zurückgezogen. * Lübeck, 4. Sept. Die wiederbegonnene Thätigkeit des Bundestag- macht sich in leisen Zuckungen auch hier bereit- fühlbar. Wir hatten gestern Bürgerausschußversammlung. In diesen Versammlungen über reicht der SenatScvmmissar diejenigen Vorlagen des Senats, welche dem nächst der Bürgerschaft mitgetheilt und schließlich zur Annahme empfoh len werden sollen. Unter den gestrigen ziemlich zahlreichen Vorlagen nun nahm die erste Stelle diejenige ein, welche die Aufhebung der Grundrechte des deutschen Volks beantragt, die im Jahre 1849 mit so schweren Kämpfen, so großen Geld- und Zeitopfern von den Ver tretern GesammtdeutschlandS entworfen und neuerdings, wie bekannt, durch Bundesbeschluß wieder vernichtet wurden. Lübecks Bürgerschaft wird ohne alle Frage ein beisttmmendeS Ja dazu sagen, da etwas Anderes doch nicht übrig bleibt. Eine zweite Vorlage des Senats betrifft die Rege lung der Bildung neuer Religionögesellschaften und die Einfüh rung der Civilehe. Bisher hat man damit zurückgehalten, obwol Gelegenheit vorhanden war, eine bestimmte Meinungsäußerung darüber von sich zu geben, da die seit einigen Monaten hier zusammengetretene Freie Gemeinde längst darauf wartete. Unter den obwaltenden Verhält nisse», liegt die Vermuthung nahe, daß jenes Zurückhalten ein vorbe dachtes war; denn eS fragt sich sehr, ob man sich jetzt entschließen wird, die Bildung einer Religionsgesellschaft, wie sie von der Freien Gemeinde angestrebt wird, gut zu heißen. Hamburg, 3. Sept. Die Warnungen gegen die indirekte Aus wanderung von hier über England nach Amerika haben bisher noch nicht den Erfolg gehabt, daß die Agenten, welche sich damit befassen, sich der Reellität mehr befleißigten. Jetzt dürfte ihnen aber, und beson, derS der hiesigen Firma Hermann Hirschmann u. Comp., das Geschäft gelegt werden, da die von diesen Herren beförderten Auswanderer von Liverpool aus vermittels des dortigen Hamburger Consuls die Hülfe un- serS Senats gegen jene Spediteure angerufen haben. ES ist gegen die selben bereits eine Untersuchung eingeleitet worden. Ein Brief, der im Namen von 76 Auswanderern auS Liverpool, vom 27. Aug. datirt, ge schrieben und an einen hiesigen geachteten Bürger gerichtet ist, gibt eine traurige Schilderung von der Behandlung, die den Auswanderern in Liverpool zu theil wird. Dabet waren diese Auswanderer, die laut Con- tract schon am 18. Aug. von Liverpool hätten absegeln müssen, noch am 27. Aug. nicht befördert, und erklärte der dortige Agent, B. Nelson, an den sie von Hirschmann gewiesen waren, daß an eine Weiterbeför derung solange nicht zu denken sei, bis der Hirschmann ihm mehre 100 Pf. St., die derselbe ihm schulde, eingesandt habe. Ein anderer Brief, der im Namen von 150 Auswanderern geschrieben ist und ähnliche Klagen gegen den Hirschmann und seinen Agenten enthält, ist an den „Hamburger Verein zum Schutz von Auswanderern" gerichtet und in hiesigen Lokalblättern veröffentlicht worden. — AuS einer Quelle, der wir, sagt das Correspondenz-Bureu, zu ver trauen Ursache haben, erfahren wir, daß der Herzog von Augusten burg bet seiner jüngsten Anwesenheit in Frankfurt von Mitgliedern der Bundesversammlung die beruhigendsten Mittheilungen über den Inhalt der ihnen in seiner Angelegenheit gewordenen Instructionen erhalten hat. — In der gemeinschaftlichen Sitzung der beiden städtischen Collegien zu Altona am 4. Sept, wies die EinquartierungScommisston nach, daß die österreichischen Truppen der Stadt Altona seit ihrem Einrücken im Februar nach Abzug der ungenügenden Vergütung von 6^3 Schill, per Tag und Mann bereits 300,000 Mk. gekostet haben, und bei län gerer Fortdauer eine Verarmung der Mittelklassen unvermeidlich sei. Eine geeignete Vorstellung an die oberste Civisbehörde, unterstützt von einer Deputation, die aus einem Magistratsmitgliede und zwei Mitgliedern der EinquartierungScommisston zu bestehen habe, wurde deshalb be schlossen. (Hamb. Nachr.) — Aus Flensburg schreibt die Freie Presse: DaS Oberprästdium macht merkwürdigerweise bekannt, daß die Consulargeschäfte für ToSrana in Zukunft von den österreichischen Consularbeamten besorgt wer den, sowie daß der in Hamburg restdirende österreichische Generalkonsul zugleich als solcher für das Herzogthum Schleswig angestellt ist. Wien, 4. Sept. Wie wir vernehmen, sollen ausländische Lot terien in inländischen Blättern nicht mehr ohne höhere Bewilligung an- gekündigt werden. — Nach dem demnächst erscheinenden Bankausweise vom 2. Sept, hat sich der Baarstand gegen den Monat Juli nur um 78,322 Fl. C.-M. vermehrt, der Banknotenumlauf um 5,889,409 Fl. abgenommen. DaS Verhältniß des Baarfondö von jetzt im Betrage von 43,039,799 Fl. C.-M. zum Banknotenumlaufe im Betrage von 232,215,028 Fl. C.-M. stellt sich wie 1:5. (Oest. Cz.) — Wie man der Allgemeinen Zeitung aus Wien schreibt, hat der Finanzminister der Bankvirection formell die Anzeige zukommen lassen, daß er gesonnen sei, die Anleihe im September zum Vollzug zu brin gen. Die neuern Modalitäten sind unbekannt. — Vergangenen Sonntag nach dem Hochamte wurden die Mitglie der der Hofkapelle versammelt,und ihnen die Ausschließung der Kam mersängerin Fräulein Zerr und des Violinisten Hrm Jansa d^ttlkch verkündigt. Beide befinden sich noch In London; bekanntlich hatte Fräu lein Zerr zu einem für die ungarischen Flüchtlinge gegebenen Conrett ihre Mitwirkung zugesagt und Hr. Jansa nicht nur mttgewirkt, sondern eigens eine Composition für diesen Zweck geschrieben. Hr. Jansa ist überdies au- Oesterreich verwiesen. Man bedauert allgemein den Ver lust dieser beiden Notabilitäten der Kunst; wahrhaft bekümmert aber sind die zahlreichen Freunde und Verehrer Jansa'S um da- Schicksal dieses liebenswürdigen sechzigjährigen Greises. (Schles. A.) Prag, 5. Sept. Heute um 10 Uhr Vormittags kam der preußi sche Ministerpräsident v. Manteuffel hier an, um alsbald seine Relse nach Berlin fortzusetzen. Um 2 Uhr Nachmittags wird der König von Preußen, welcher mit Post über DudweiS und Tabor reist, hier er wartet. — AuS Prag vom 3! Sept, schreibt die Freimüthige Sachsen-Zei tung: Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die Ausweisung sämmtlicherStudenten, welche einem außerrzechischen slawischen Völ kerstamme angehören, bereits amtlich beschlossen ward, oder nicht; so viel ist gewiß, daß in den bestunterrlchtelen Kreisen davon die Rede sei, und daß wir bestimmt in kurzer Zeit mehr davon hören werden. — In Prag hat dieser Tage wieder ein Soldat seinen Corporal erstochen. — Merkwürdig ist, sagt die Kölnische Zeitung, daß alle deutschen Blätter den Aufenthaltsort deS Grafen Chambord, ein altes deutsche- Oertchen NamknS Froschdorf, sich von den Franzosen vorbuchstabiren lassen und unisono FrohSdorf nennen. Vesterreichische Monarchie. DaS Morning Chronicle läßt sich von seinem Correspondenten aus Venedig schreiben: Vor kurzem schickte die Regierung der Vereinigten Staaten ein Packet an den hiesigen amerikanischen Konsul, enthaltend ein gedruckte- Circular und eine Broschüre über die österreichisch-unga rische Frage, mit Beziehung auf Hrn. Dudley Mann. Diese- Packet wurde erbrochen und auf dem Central-Revistonsbureau untersucht, ob gleich eö nicht nur mit dem Petschaft des StaatöministeriumS gesiegelt war, sondern außerdem auch das Siegel deS amerikanischen Consulats in Hamburg trug. Hr. Flagg richtete als Vertreter der Vereinigten Staaten deshalb einen Protest an die kaiserliche Regierung, und erhielt die Antwort, daß das Central-Revistonsbureau das Recht habe, alle nach Venedig gelangenden Schriften, gleichviel auS welchem Lande, in wel cher Form, auS welcher Quelle und an welche Adresse sie kämen, und ohne Ausnahme der Vertreter fremder Regierungen, zu erbrechen und zu eraminiren. Außerdem habe das erwähnte Packet durch keine äußerliche Spur seinen diplomatischen Charakter verrathen. Dieser Vorfall ver anlaßte einen Austausch von diplomatischen Zuschriften zwischen dem amerikanischen Konsul und der kaiserlichen Regierung über den Gegen stand; der Konsul blieb dabet, daß er in ähnlichen Fällen jedeömal ge gen die Erbrechung amerikanischer Amtssiegel energischen Protest werde einlegen müssen, während die Beamten auf ihrem Rechte bestehen, jedes Dokument, ohne Ansehen der Adresse, zu revidiren. Diese letztere That- sache ist von der äußersten Wichtigkeit, der Streit aber ist noch nicht entschieden. Schweiz. Die rothe Trichu ne suisse meldet, sie werde nicht mehr nach Frankreich Hineingelaffen und zwar „wegen höchst ungeziemender Angriffe gegen die Französische Republik und die Person ihres Präsidenten". ES sei daS erste Verbot gegen eine schweizerische Zeitung in Frankreich. Btarien. Neapel, 24. Aug. Nach Unterbrechung des ProcesseS vom 15, Mai hat sich der Special-CriminalgertchtShof bis zum gestrigen Tage mit andern politischen Verbrechern bescheidenen, Ranges beschäftigt. Die ser Prvceß wird der des 5. Sept, genannt, und seine Geschichte ist fol gende: Nachdem der Premierminister Bozelli, daS Werkzeug deS Königs, das Parlament geschlossen hatte, sammelte sich unter Anführung ölneS Priesters ein Haufe von Polizeispionen und bezahlten Lazzaront um den königlichen Palast und rief: „Lange lebe der König! Tod der Nation!" Der Priester trug eine weiße Fahne Diesem von der Reaktion bezahl ten Haufen begegnete eine andere Gruppe, an deren Spitze ein alter Polizeiagent, Cioffi, stand, der einst als Dieb verurtheilt worden war und jetzt im Solde des HofeS stand. „Nieder mit der Constitution!" riefen diese Leute, „lange lebe der König!" Die beiden Gruppen hat ten sich kaum vereinigt, als sich ein Volköhaufe unter dem Rufe: „Lange lebe der König und die Verfassung!" zusammenscharte. Ein Hand gemenge folgte und die reactionaire Schar zog sich nach dem königlichen Palaste zurück. Da die Bewegung fehlgeschlagen war, so schob die Re gierung alle Schuld auf die Polizeibeamten. Auch verloren einige der selben ihre Stellen und fielen in Ungnade. Die Behörden begannen hierauf, Diejenigen, welche sich dem reactionairen Pöbel widersetzt hat ten, einzukerkern, und zwar traf dieses L00S mehr als vierzig Personen. Natürlich wurden die wahren Anstifter deS Kampfes nicht zur Verant wortung gezogen. Der Priester, welcher sich mit der weißen Fahne an die Spitze der Lazzaroni gestellt hatte, ist bis auf diesen Tag in Gunst. Die konstitutionelle Partei wird jetzt angeklagt, eS auf den Sturz der be stehenden Regierung und auf Widersetzlichkeit gegen die königliche Gewalt