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1828 — Aus Frankfurt a. M. schreibt die Preußische Zeitung: ES dürften selten- der BundeSbehörde unserm Senate ernste Vorstellungen gemacht werden über die zunehmende Preßfrechheit in hiesiger Stadt, sowie über die im Theater stets vorkommendrn Unziemlichkeiten gegen den Bund, wovon wir am jüngsten Sonntage ein eklatantes Beispiel hatten. Gotha, 27. Aug. Die als halbofficiell geltende Gothaische Zei tung weist in neuester Zeitkauf die Nothwendigkeit einer Umformung des StaatSgrundgesetzeS hin, und empfiehlt vor allem eine Um wandlung drS Wahlgesetzes und eines CrnsuS bet den Wahlen. — Die Hamburger Nachrichten vom 30. Aug. schreiben: Die Ver handlungen betreffs der Auslieferung Holsteins an Dänemark, wie uns jetzt ans Wien geschrieben wird, haben neuerdingö eine dort nicht erwartete Wendung genommen. Infolge dessen werden die Orcu- pationStruppen nunmehr an der Nordelbe ihre Winterquartiere beziehen. XWien, 29. Aug. Seit drei Tagen find viele Verhaftungen vorgenommen, harmlose Aeußerungen werden als staatSgefährlich be trachtet ... und die altconservative Partei streut nun auS Buße Asche auf ihr Haar, daß sie in frühem Tagen Kohlen auf daS Haupt der Liberalen sammelte. Die erbittertsten Gegner schütteln sich nun traurig die Hände und feiern so ein seltsames Versöhnungsfest. ES ist, mit Aus nahme lauter Gesprächserörterungen, zu keiner offenen Demonstration ge kommen; man war auf dieses Ereigniß so zu sagen gefaßt, wenn man eS auch nicht erwartete, und besonders die belagerungszuständigen Städte wie eben Wien hatten so wenig von dem Segen der Constitution erfah ren, daß sie jetzt durch den absoluten Umschlag nicht eine neue LebenS- ordnung anzunehmen brauchen. Man glaubt, daß die kaiserlichen Er lasse in den halb constitutionell eingerichteten Provinzen der Monarchie eine große Sensation hervorbringen werden, und der Gouverneur von Triest, wo man sie an allen Straßenecken durch Placate veröffentlichen wollte, telegraphirte gegen ein solches Verfahren nach Wien, daS ihm zu gewagt schien. — Die Promulgation der neuen Verfassungsform wird, schreibt man dem Constitutionellen Blatt aus Böhmen auS Wien, nicht lange auf sich warten lassen, indem dem Vernehmen nach das Werk bereits ausgearbeitet, von den Ministern und dem ReichSrathSprästdenten in der Art durchgesehen ist, um dasselbe der kaiserlichen Sanktion vorlegen zu können. Die Neue Preußische Zeitung ist so glücklich in Bezug auf die neuesten kaiserlichen Erlasse als sicher mittheilen zu können, daß Bauern der Prager Gegend an den Kaiser eine Adresse richten wollen, in der sie ihren Dank dafür aussprechen, daß er sich entschlossen habe, wieder in altherkömmlicher Weise zu regieren. In Pesth wurden, wie daS Constitutionelle Blatt auS Böhmen vom 27. Aug. meldet, mehre Redaktionen zur Polizeibehörde beschleden und bedeutet, einstweilen kein Raisonnement über die kaiserlichen Cabi- netSschreiben zu bringen. Oesterreichische Monarchie. Nach einem Erlaß des badischen Ministeriums des Innern vom 2. Aug. hat die österreichische Regierung auS Veranlassung der in neue ster Zeit öfters vorkommenden Gesuche um Niederlassungsbewilli gungen in Ungarn sich dahin ausgesprochen, daß für jetzt die Einwan derung nach Ungarn nicht ins Werk gesetzt werden könne, daß aber die kaiserliche Regierung sich fortwährend mit dieser Angelegenheit beschäf tige, und nur deshalb nicht schon gegenwärtig zur Ausführung schreite, um daS LooS der Auswanderer nicht einer Ungewißheit auSzusetzen. — AuS Lemberg schreibt daS konstitutionelle Blatt auS Böhmen vom 25. Aug.: ES herrscht seit mehren Tagen große Bestürzung unter der hiesigen israelitischen Bevölkerung, da eS nunmehr entschieden ist, daß die Israeliten ihre in den sogenannten christlichen Bezirken eröffne ten Läden und sonstigen GeschäftSetabliffementS werden schließen müssen. Der ministerielle Erlaß, über dessen Fassung bis nun verschiedene Ver sionen cirkulirten, besagt im Wesentlichen, daß den Israeliten das Woh nen in der ganzen Stadt nunmehr gestattet sei, daß eS aber hinsichtlich des Geschäftsbetriebes im christlichen Bezirke bis zur neuen Organisation vorläufig beim Alten bleiben müsse. — AuS Mailand vom 23. Aug. schreibt man der Allgemeinen Zei tung: Ein Proceß, der kürzlich hier in Verhandlung kam, erinnert daran, daß eS in Spanien noch einen Nachkommen jenes Herzogs v. Alba gibt, welcher unter Philipp II. eine so traurige Berühmtheit erlangt hatte. Der gegenwärtige Herzog v. Alba verklagte nämlich drei Ge meinden , von denen er den Neunten deS Bodengenuffes verlangte, wel cher einem seiner Vorfahren von Sanchez III. im Jahr 1284 zuerkannt wurde. Man steht, die Herzoge v. Alba sinh noch immer nicht mit der Zeit sehr fortgeschritten. DaS Tribunal entschied gegen den Kläger. — Der Erzbischof von Mailand hat vor kurzem einen Hir tenbrief an die Geistlichen seines Sprengels erlassen, in welchem er dieselben erwähnt, die ihnen anvertraute Heerde vor den Gefahren des SoeialiSmuS und CommuniSmuS und den Ränken der protestantischen Propaganda zu warnen. Außerdem wird die zunehmende Entheiligung der Festtage sowie die Immoralität der Bücher und Schauspiele, beklagt, durch welche man die Sitten und den gesunden Sinn eines vorzugsweise katholischen Volks zu vergiften sucht. , - Schweiz. ^Aus der Schweiz, 25. Aug. Unterm 18. Aug. hat der Bun- deörath den Ständen von den Cantonen Basel-Stadt und Schaffhausen hinsichtlich der Fortsetzung der Badischen Eisenbahn Mittheilung ge macht, daß die badische Regierung gegen erstem die Hoffnung ausge sprochen, eS werde möglich sein, über die Fortsetzung der Bahn nach Basel und von da rheinaufwärts über Schaffhausen eine Einigung in beiderseitigem Interesse zu erzielen, sodaß Baden zu einer Fortführung der Eisenbahn sich ausschließlich auf eigene- Gebiet zu beschränken nicht genöchigt sein werde. Bekanntlich haben diese wieder aufgenommenen Unterhandlungen längere Zeit geruht. — Die Eonferenz betreffs einer herzustellenden CommunicationSstraße über den großen St.-Bernhard, welche in Aosta statthätte, führte zu folgendem Resultate. In Rücksicht auf Sicherheit, Oekonomie, Höhe und Kürze des WegS ist als vortheil- haftester Uebergang der Col Menouve im Vergleich mit dem bisher be kannten St.-BernhardSpaß und dem Col de Fenetre designirt worden. Am höchsten Punkte der Straße, deren Marimalstetgerung man zu 7 Proc , ausnahmsweise zu 8 Proc., die Brette zu 6 Metres ohne Gra ben festsetzte, würde ein Tunnel von 6 MetrrS Breite und Höhe, von rirra 1000—1500 MetreS Länge und 400 MetreS unter dem Paß selbst durchgehend, auSgeführt. Der Tunnel wäre gemeinschaftliches Unter nehmen beider resp. Staaten (Piemonts und der Schweiz oder deS Can- tonS Walliö). Die Straßenabtheilung, für welche diese Vorschläge ent worfen sind, wäre diejenige von OrstrreS (WalliS) bis EtroubleS (Pie mont). Die Arbeiten würden von beiden Staaten gleichzeitig angefan gen und ohne Unterbrechung fortgesetzt. Die gegenseitigen Projekte, wür den innerhalb eines Jahres, unter Beiziehung aller interesstrten Cantone, zu Ende berathen. Ueber Bezug von Wegegeldern ist die Verständigung unter den betreffenden Regierungen noch Vorbehalten.— Die Regierun gen der zunächst dabei betheiligten Cantone haben sich infolge der letzten Überschwemmungen für eine Conferenz entschieden, um über die entsprechenden Mittel zur Vorbeugung ähnlicher Unglücksfälle zu bera then. Die Urcantone werden eine einschlägige Arbeit deS Obersten La Nlcca vorlegen, wonach man der Reuß beim Ausfluß aus^dem See einen schnellem Ablauf verschaffen müsse. Die Hauptursache der Ueberschwem- mungen wird in der Entholzung der Waldungen gesucht. Bern, 26. Aug. In zeheimer Sitzung wurden heute vom Natio- nalrath die Zollanstände mit Deutschland wieder behandelt. Räch vierthalbstündiger DiScusston wurde am frühem Beschlusse (Nr. 442) fest gehalten, jedoch mit der Aenderung, daß der BundeSrath zu den Un terhandlungen nicht mehr beauftragt, sondern nur ermächtigt sein solle. Der Antrag deS Hrn. Trog auf Tagesordnung machte nur wenige Stim men. Morgen wird der Ständerath entscheiden. ' Neuenburg, 25. Aug. Die Justiz unserS CantoNS wird den von Hechingen heimgekehrten Wallfahrern keinen Proceß anhängen. Die Polizei verhinderte ein Charivari, welches heute Nachts dem Zugführer von Sette einiger junge» Demokraten zugedacht worden wär, und wozu die gestrige weinreiche Kirchweihe am gegenüberliegenden Waadtländer Seeufer noch etwas mehr Zündstoff lieferte. Blatt-«. Der Präfect von Florenz hat dem Herausgeber deS Costituzionale unter Androhung der Unterdrückung des Blattes verboten, Auszüge aus den Briefen Gladstone'S zu machen oder überhaupt nur auf dieselben an zuspielen. . — Dem Vernehmen nach hegen die italienischen Höfe den Wunsch, demnächst diplomatische Agenten nach Frankfurt a. M. abzusenden, um sich daselbst beim Deutschen Bunde vertreten zu lassen. . Spareien. Aus Madrid meldet man vom 23. Aug.: Nach Nachrichten aus Katalonien arbeitet dort die französische revolutionaire Partei sehr thätig, um einen Aufstand in dieser Provinz hervorzurufen. Die Re form deS ZollwesenS soll als Vorwand zum Ausbruche desselben dienen. Die katalanischen Behörden haben große Vorsichtsmaßregeln getroffen. Die dortigen geheimen Gesellschaften sollen 10,000 Mann, wohl organi- sirt, zu ihrer Verfügung haben und in eifrigem Briefwechsel mit dem europäischen Comite in London stehen. Die Karlisten scheinen eine re volutionaire Bewegung abwarten zu wollen, um ihre eigene Fahne wie der aufzupflanzen. Frankreich. Paris, 28. Aug. DaS Manifest Delamarre'S in der Patrie ist in der That in alle Departements versendet worden und bei Eröffnung der Sitzung fand jeder Generalrath ein Eremplar auf seine Platze, da- theilweise heftige Protestationen zur Folge hatte. Vielfache Protestationen werden von den i Republikanern gegen die rechtmäßige Eristenz der ungesetzlich verlängerten Generalräthe erhoben. Viele Demissionen haben aus diesem Grunde stattgefunden. ES scheint überhaupt nicht die von der Regierung ge wünschte Stimmung zu herrschen und arbeitet deswegen der Zeichen- wie der elektrische Telegraph im Ministerium des Innern ununterbrochen. Der Generalrath der Somme, hat sich für Revision im Sinne des Art. 111 ausgesprochen. Der Genetalrath der AiSne verlangt Revision na mentlich deö Art. 45 und Beschleunigung der Wahl»« im Signe der Patrie, jener der Oise verlangt Revision und möglichste Zwischenzeit -wischenden Wahlen deS Präsidenten und der Legislativen. .— Das Civiltribunal der Seine hat gestern in dem Processe Le-1 multer'S gegen Forcade und Virmaitre sein Urtel gesprochen. Jal