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1575 bringend In der Ausführung betrachtet, wiederholt derselbe mit Nachdruck sein VerdammungSurtheil gegen derlei Anleihen." Eine solche Resolu tion inS Leben übertragen, meinte der Redner, wurde dem Kriege ein Ende machen, weil er dem Kriege die nothwendigen Mittel versage. Hr. Samuel Gurney kann nicht nmhin, sich mit dem Anträge princ piell einverstanden zu erklären, obgleich er selbst seine Fonds in englischen Schulvpapieren stecken habe. Hr. Cobden bemerkt dazu, daß eS hier auch gar nicht darauf ankomme, ins Detail einzugehen, oder die Ver gangenheit ungeschehen zu machen. ES handle sich bloS darum, Grund sätze für ein zukünftiges Verhalten aufzustellen. So spreche man in die sem Augenblicke von einer Anleihe, welche in England von einer Regie rung nachgesucht werden soll, einer Regierung, die alle jene Principien, worauf dieser Congreß basirt, mit Füßen tritt, die ein so gewaltiges Heer auf den Beinen hält, daß daS Land dem Bankrotte nahe ge bracht ist. Die Armee dieses Staats ist über ganz Europa, von Ita lien bis Hamburg verbreitet, und in letzterer Stadt werden die Bürger offen von den Soldaten insultirt. Er (Cobden) sei hier verhindert, das finanzielle System jenes Landes einer Kritik zu unterwerfen und das englische Volk vor dem drohenden Bankrott zu warnen, aber er wolle sich mit dem Secretair des Congresseö dahin einigen, daß für den Fall, daß eine solche Anleihe avertisirt werden sollte, die Friedensfreunde zusam menberufen werden. Sollte er (Cobden) in England sein, gleichviel wo, so werde er sich zuverlässig einfinden, um seinen Protest einzubringen, um sein MiStrauen gegen jede Transaktion mit der österreichischen Re gierung an den Tag zu legen und die unvermeidlichen Folgen ausein anderzusetzen, welche entstehen würden, wenn England mit der österrei chischen Regierung eine Anleihe abschlösse. Nachdem die Resolution von den HH. Buckingham und JuleS Avigdor unterstützt wurde, stellt Hr. de Cormenin folgende: „daß alle Friedensfreunde in allen konstitutionel len Staaten ihren Einfluß dahin verwenden mögen, daß nur Friedens freunde in die Kammern gewählt werden, welche gegen jede Vermeh rung der stehenden Heere und gegen jede Kriegsausgabe anzukämpfen haben würden." Hrn. Elihu Burritt'ö nächste Resolution lautet: „Alle Friedensfreunde haben die öffentliche Meinung für einen maßgebenden Coder des internationalen Rechts vorzubereiten." Nachdem Hr. Coignet und Hippolyte Peul in ähnlichem Sinne gesprochen, Hr. Bouvet noch wegen eines DuelleS, das er vor zwei Jahren angenommen, öffentlich Buße gethan, spricht vr. Scherzer auö Wien: Er komme aus einem Lande, wo Friede nach den langen Schrecknissen deS Krieges am mei sten Noth thäte. Er bedauert, Oesterreich auf dem Congresse so schlecht vertreten zu sehen, könne aber die Versicherung geben, daß viele seiner Landsleute für die Principien deö Congresses thätig seien, ja, daß eS in Oesterreich 35 Millionen wahrer Friedensfreunde gebe, unter denen nur wenige stolze und ehrgeizige Naturen als Ausnahmen daständen. Und eben weil in Oesterreich der Friede so sehr wünschenswerth sei, sollte man dort praktisch wirken, sollte in jeder Stadt daselbst Versamm lungen halten, Gesellschaften gründen und Gelder sammeln', um die Zwecke der Vereine zu fördern. Er selbst (vr. Scherzer) wolle gleich bei seiner Nachhausekunft eine Broschüre schreiben. Freilich, so meint der Redner, zum Schluffe, scheine es beinahe absurd, in Oesterreich für die Friedensagitation zu wirken, nachdem Wien seit drei Jahren im Be lagerungszustände sei und jeder freie und liberale Gesinnungsausdruck durch Stück und MuSketd niedergehalten werde, aber man müsse deshalb nicht an der Zukunft verzweifeln. Nachdem der Congreß noch die große Ausstellung mittels besonderer Resolution als ein Werk des Friedens erklärt und dem Präsidenten, den Viceprästdenten und Secretairen ein Dan- kesvotum gegeben hatte, erklärt der Präsident die Verhandlungen des Congresseö für dieses Jahr geschlossen. Belgien. Nach der Jndependance belge vom 26. Juli ist die Gräfin Bo- carme mit ihrem Sohne nach Deutschland abgereist, nachdem sie zuvor ihre beiden Töchter in einem Nonnenkloster bei Tournai untergebracht hatte. 'Die Gräfin hat Vollmachten ertheilt, denen zufolge zur Deckung der auf 100,000 Fr. sich belaufenden Proceßkosten (wovon 56,000 Fr. für die Advocaten des Grafen und der Gräfin) fast alles Grundeigen- ihum ihres Bruders, namentlich daö Schloß Grandmetz und daS schöne HauS ihres VaterS zu Peruwelz, wo Gustav Fougnieö wohnte, ver kauft werden sollen. Nachstehende statistische Vergleichung der Zustände der Vereinig ten Staaten im Jahre ihrer NnabhängigkeitSerklärung mit denen die ses Jahres wird nicht ohne Interesse gelesen werden. Im Jahre 1793 bestand die Union Ms'13 Staaten, 185 l besteht sie auö 31; damals hatte der Senat und daö Haus der Repräsentanten 135, jetzt 295 Mit glieder. Die.Bevölkerung betrug 1793 nur 3,929,328 und 1851 schon 23,267,498 Seelen! Von den Hauptstädten hatte Boston 18,038 Ein wohner, jetzt 136,871; Baltimore 13,503, jetzt 169,054; Philadelphia 42,520, jetzt 409,045; Neuyork 33,421/ jetzt 515,507; das später ge baute Washington zählt schon 42,075 Seelen. Die Einkünfte beliefen sich 1793 auf 5,720,624 Doll, und 1851 auf 43,774,848 Doll.; die Ausgaben betrugen 7,529,575 und jetzt 39,355,268 Doll. Die Ein fuhr belief sich 1793 auf 31,000,000 und 1851 auf 178,138,318 Doll.; die Ausfuhr auf 26,109,000 und jetzt auf 151,898,720 Doll. Der Flächeninhalt der Staaten war 1793 nur 805,461 und jetzt 3,314,365 Acres. Die Staaten hatten 1793 keine Milizen, jetzt 2,006,456 Mann und 76 Schiffe; im Jahre 1793 hatten die Staaten 7 Leucht- thürme und Leuchtboote, jetzt372 mit einer Ausgabe von 529,265 Doll.; die Staaten haben jetzt 8500 Meilen Eisenbahn und 15,000 Meilen Telegraphenlinien; im Jahre 1793 bestanden 209 Posthäuser, jetzt 21,551; man zählte 1793 ungefähr 5642 Meilen Poststraße, jetzt 178,672; die Einkünfte der Post betrugen 1793 etwa 104,747 und jetzt 5,552,971 Doll, mit einer Ausgabe von 5,212,953 Doll, und die Postwege, auf denen Poststücke befördert werden, belaufen sich auf 46,541,428 Meilen; öffentliche Bibliotheken zählte man 1793 nur 35, jetzt 694 mit 2,201,632 Bänden, und Schulbibliotheken 10,000 mit 2,000,000 Bänden. Und in 58 Jahren machte die Föderalrepublik diese Riesenfortschritte, die immer bedeutender werden müssen! Im Jahre 1811 wurde daö erste Dampfboot, Orleans, in Pittsburg vom Stapel ge lassen und 1851 laufen auf dem Mississippi, dem Ohio und ihren Ne benflüssen allein über 600 Boote mit einem Tonnengehalte von 140,000 Tonnen,-also eine größere Handelsdampfmarine, als England mit allen seinen Colonien besitzt. Königreich Gachse«. u Dresden, 27. Juli. Morgen und noch zwei Tage dieser Woche werden abermals österreichische Truppen, aus Böhmen kommend, hier durchpassiren, in Leipzig Nachtquartier halten, um dann nach Hol stein weiter zu gehen. — Alle Berichte über die im Lande im Gange befindlichen Landtagswahlen scheinen darin übereinzustimmen, daß die Betheiligung eine sehr geringe zu nennen. Bei dem nur zu be kannten Umstande, daß die Oppositionsparteien sich gänzlich den Wahlen entziehen, nimmt sich die bei Berichten verschiedener Blätter über beregte Wahlen angehängte Bemerkung merkwürdig aus: „Die Wahlen sind im conservativen Sinne ausgefallen" u. dgl. m. — Die hiesige Poli- zeidirection entwickelt seit kurzer Zeit nach zwei Seiten hin eine Ener gie und auf das Wohl der Bewohner gerichtete Thätigkeit, der man Anerkennung niemals versagen kann. Es werden nämlich die nicht un bedeutende Anzahl sogenannter komme« publique« einer strengen ärztlichen Untersuchung unterzogen und die mit Krankheiten behafteten sofort nach dem Spital tranöportirt. Daß dies in einer Stadt wie hier, wo Tau sende lediger Leute, Militair und Civil, leben, eine äußerst nothwendige Maßregel ist, liegt auf der Hand und verhindert die durch genanntes „nothwendiges Uebel" hervorgerufenen Gefahren doch wenigstens in mög lichster Weise. Weiter ist daö Augenmerk der Polizei darauf gerichtet, daS Publicum vor Prellereienrc. durch öffentliche Ankündigungen in Zeitungen zu bewahren und sind in neuester Zeit mehre dergleichen lockende Inserate verschwunden, z. B.: „Wie man für 8 Thlr. Pr. Cour, in kurzer Zeit 200,000 Thlr. erlangen kann." Diese und viele ähnliche Ankündigun gen werden ohne Bedauern vermißt und wird die Behörde für ihre lobenswerthe Aufmerksamkeit nur Dank erwerben. * * Dresden, 26. Juli. Schon vor mehren Tagen theilte ein dres dener Blatt mit, cs solle vom 23. Juli ab eine- strengere polizeiliche Be aufsichtigung der hiesigen öffentlichen Dirnen stattfinden. Heute be reits ward ein Act dieser strengem Beaufsichtigung, nämlich eine ärzt liche Untersuchung von Prostituirten, in dem sogenannten JakobShospi- tale am See vorgenommen. Auf dem vor demselben befindlichen freien Platze hatte sich ein nicht unbeträchtlicher Haufe Neugieriger, meist den niedern Ständen angehörend, zusammengefunden, der immer durch neue Ankömmlinge ersetzt und vermehrt ward. Erst am späten Abend zer streute sich die Menge, in der gerade an schamlosen Dirnen kein Man gel zu sein schien. Unter den umherstehenden Leuten habe ich wahrhaf tig kein einziges ernstes Gesicht gesehen; den meisten war das zwecklose Warten augenscheinlich etwas sehr Ergötzliches. Daß derartige wider wärtige Zusammenläufe auf die öffentliche Sittlichkeit ebenso nachtheilig wirken, als die sie veranlassenden Maßregeln der Polizeibehörde nützlich und dankenswerth sein mögen, davon hat sich gewiß Jeder überzeugen können, der im Durchgehen der Menge die vielen laut oder heimlich lachenden Gesichter der Umherstehenden gesehen und die rohen Reden Einzelner gehört hat. ES wird deshalb die Einsicht unserer Polizei der Wiederholung derartiger Scenen gewiß vorzubeugen wissen: denn eine etwaige Anwendung der Abschreckungstheorie würde sich hier sehr un praktisch erweisen. — Von dem Geschäftöeifer eines Theils unserer Stadt- Vertreter sind deren Wähler begreiflicherweise nicht sonderlich erbaut. Der hiesige Anzeiger veröffentlicht Henle die Namen der in der letzten Sitzung ohne Entschuldigung Ausgebliebenen. " Wissenschaft und «Kunst. ' * Dresden, 27. Juli. Der Pestalozzivcrcin scheint sich jetzt auch lite rarisch rühren zu wollen. Außer dem alljährlich erscheinenden Kalender beabsich tigt er für das nächste Jahr auch ein Jahrbuch herauszugeben, das poetische Bei träge, Novellen, Skizzen rc. enthalten wird. — Die vom Director deö Taubstum- mcninstituts, Hrn. Jenckc, zum Besten des Fonds für entlassene Taubstumme herausgegebencn „Freien Gaben für Geist und Gcmüth" scheinen sich eines guten Erfolgs zu erfreuen. Die Auflage des ersten Heftcö ist vollständig abgesetzt. Namhafte Schriftsteller haben, wie aus dem Programm ersichtlich, ihre Unter stützung zugesagt. — Unter den literarischen Gästen, die in letzter Zeit un sere Stadt besucht, ist der Verfasser des „Laicnbreviers", Leopold Schefer, her- vorzuhebcn. Gutzkow, dessen „Ritter vom Geiste" auch hier ein immer lebhafte res und ticfercs Interesse in Anspruch nehmen, wird nächstens eine Erholungs reise antreten. * Berlin, 23. Juli. Es ist hier kürzlich erschienen: „Lhorwaldscn's Ju gend. 1770—1804. Von I. M. Thiele. Aus dem Dänischen von HanS Wa»