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1547 reitö in Unterhandlungen eingegangen waren, allein die Contingente der Nachbarstämme und selbst von Collo kamen der Colonne entgegen und griffen dieselbe an. Vier Bataillone waren in kurzer Zeit im Besitze der Dörfer, aber auf ihrem Zurückmarsche InS Lager wurden sie heftig vom Feinde verfolgt. Sieben frische Bataillone, mit abgelegten Torni stern, griffen sogleich denselben an. Der Feind, diesen Angriff nicht er wartend, ward zurückgeschlagen und mit dem Bayonnet verfolgt. Mehr wie 200 Todte blieben auf dem Platze. Von französischer Seite wur den 1 Offizier und 6 Mann getödtet, 21 Mann verwundet. Die Ha bibi haben sich hierauf unterworfen. Am 26. Juni stieg die Colonne von Tubenna nach Kounar ans Ufer deS MeereS herab, um Proviant- vorräthe zu holen, welche daS Dampfschiff Titan gebracht hatte. Da wurde plötzlich die Arrieregarde, sieben Bataillone stark, von 3000 Ka- bylen angegriffen. Der Feind wird zurückgeschlagen, aber mit verdoppel ter Wuth macht er eine neue Charge und man schlägt sich Mann gegen Mann. Nach Herbeiziehung frischer Truppen müssen die Kabylen end lich weichen, 80 Todte und 200 Verwundete auf dem Kampfplatze hin terlassend. Aber auch von den Franzosen wurden 2 Offiziere und 28 Soldaten getödtet, 2 Offiziere und 103 Soldaten verwundet. Den fol genden Tag unterwarfen sich die Sedjennah und die Beni-Salah. Der General ist endlich aus dem rechten Ufer deö Oned-el Kebir angelangt, um seine Operationen im Cercle von Collo fortznsetzen. Am 1. Juli marschirte die Colonne nach Bou-Adjoul, um die Beni-Belaid anzugrei fen. Die Colonne mußte in mehre kleine Colonnen getheilt werden, um auf verschiedenen Punkten anzugreifen, denn der Feind hatte sich eben falls getheilt und griff von allen Seiten an. Oberst Marulaz allein war so glücklich, eine Abtheilung der Kabylen zu erreichen und 40 Mann derselben zu tödten. Bei diesem Gefecht wurden auf französischer Seite 2 Mann getödtet und 15 verwundet. Am 2. Juli wurden die Dörfer der Beni-MeSlem angegriffen, genommen und verbrannt. Wir haben dabei nur 1 Todten, aber 6 Offiziere und 21 Soldaten an Verwundeten. Ge neral St.-Arnaud ist nur erst an der Grenze des schwierigsten Land strichs angekommen und schon jetzt beginnt der Widerstand erbittert zu werden; bevor er Collo erreicht, wird noch mancher Soldat im Schat ten dieser wilden Gebirge seine letzte Ruhestätte finden. Großbritannien. London, 21. Juli. In der Unterhaussitzung am 19. Juli (um 12 Uhr Mittags) fragte Sir Benjamin Hall, ob der Schatzkanzler angeben könne, was die Ge bühren betragen, welche Dechant und Canonicusse von Windsor beim Begräbnisse, der Königin-Witwe für daS Oeffnen der Familiengruft bezogen? Der Schatzkanzler: Ein ehrenwerthes Mitglied sprach neu lich von 1000 Pf. St.; er fand bei genauer Erkundigung, daß die Gebühren bloS 220 Pf. St. betrugen. Str B. Hall hält auch diese Summe für enorm, in Anbetracht daß das Capitel von Windsor ein Bruttoeinkommen von 22,474 Pf. St. besitzt, und kündigt einen Antrag auf Ausweis der Summen an, die seit 1817 an Gebühren für das Oeffnen der Gruft zum Begräbniß bald eines oder des andern Mitglie des der königlichen Familie gezahlt wurden. Der Schatzkanzler: Diese Gebühren sind althergebracht und nicht allzu hoch, wenn man bedenkt, welche Summen oft in Landkirchen für die Gruftöffnung beim Begräb niß von angesehenen Adeligen gezahlt werden. Hr. Gladstone klagt über die Beschränkungen, unter denen die anglikanischen Bischöfe und Laien in den Colonien in Bezug auf ihre Kirchenverwaltung leiden. Wenn die Regierung nichts thue, werde er kommendes Jahr eine Bill zur Ab schaffung jener Hindernisse einbringen. Das Haus constituirte sich dann als Verwilligungscomite und votirte alle übrigen Posten der Voran schläge dieser Session. — Baron Rothschild hat auf den 24. Juli eine Versammlung sei ner Wähler in der City einberufen, um ihre Meinung über das von ihm einzuhaltende Verfahren einzuholen, „nachdem die Judenbill vom Hause der Gemeinen fünf mal bejaht und vom Haus der Lords fünf mal verworfen worden ist". — Hr. Hume war durch Unwohlsein verhindert, an den letzten Un- terhauSsitzungen theilzunehmen. Ebenso der bissige Hr. Roebuck, den sein eigener Neufundländer beim Apportiren in die Hand biß. — Unter dem Titel Sooiot^ ok tks krioncks ok Ital^ (Gesellschaft der Freunde Italiens) hat sich in London ein Verein gebildet, dessen Zwecke das Programm folgendermaßen destnirt: „Durch öffentliche Ver sammlungen, Vorlesungen und durch die Presse eine richtige Würdigung der italienischen Frage in England zu befördern; jedes anwendbare kon stitutionelle Mittel z» gebrauchen, um die Sache der italienischen Na tionalunabhängigkeit im Parlamente zu fördern, und überhaupt in Eng land der Unabhängigkeit und der politischen und religiösen Freiheit des italienischen Volks Hülfe zu leisten." Mitglieder zahlen eine kleine fire Geldsumme jährlich. Die Gründer deS Vereins find, wie man hört, Parlamentsmitglieder. — Nach einer Korrespondenz des Tablet haben Cardinal Wiseman »nd andere katholische Bischöfe beschlossen, daö Oberhaus nm die Er- laubniß zu bitten, vor den Schranken desselben gegen die Titelbill im AppellationSwege zu sprechen. — Zur Erbauung der- neuen, vielbesprochenen römisch-katholi schen Kirche im Herzen Londons sollen bereits die erfoderlichen Gel der beisammen sein. Der Bauplatz wird in der City oder hart an de ren Grenze zu liegen kommen. Auch soll der Tag für die feierliche Grundsteinlegung schon bestimmt sein. — vr. Lingard, einer der bekanntesten Historiker Englands, ist im Laufe der vergangenen Woche im 8l. Jahre seines Lebens gestorben. Seine Beliebtheit beim englischen Publicum verdankt er den liberalen Ansichten, welche er, als römisch-katholischer Priester, in seinen beiden bedeutenden Werken: der „Geschichte der angelsächsische» Kirche" und „Geschichte Englands" an den Tag legte. Seinem letzten Willen ge mäß wird sein Leichnam in Durham beigeseht. — Chevalier Colquhoun, der sächsische Generalconsul, gab ein Di ner für einen kleinen gewählten Kreis. Unter den Gästen waren: Hr. v. Wietersheim, vr. Weinlig (sächsischer Commissar) und mehre distin- guirte Fremde. — Charakteristisch und ehrenvoll für daö NechtSgefühl der englischen Presse sind die gewaltigen Lanzen, welche seit kurzem in allen Blättern für eine alte Oebstlerin, NamenS Ann Hicks, gegen die Regierung eingelegt werden. Ein Hickö rettete im vorigen Jahrhundert Georg II. das Leben. Se. Maj. siel in den SerpeMinefluß im Hydepark, Hicks zog ihn heraus und erhielt zur Belohnung das Privilegium, im gedach ten Park Obst, Kuchen und Gingerbier verkaufen zu dürfen, welches hohe Vorrecht sich auf seine Nachkommen vererbte. Seine Urenkelin Anna, ein Mütterchen, das der ganzen Mittlern und jüngern Generation Londons als die Aepfel-Hicks bekannt ist, baute sich im Park ein rc- spectableS Häuschen zum Verkauf ihrer Waare und verwendete 120 Pf. St., d. h. den ganzen Inhalt ihres Sparkassenbuchs, darauf, als es dein Forst- und Wäldercommissar, dem hochmüthigen Lord Seymour, einfiel, die Bude einreißen, die Alte aus ihrem Paradiese treiben und mit etwa 12 Pf. St. Entschädigungsgeld abfinden zu lassen. Ann Hickö pctitio- nirte, Publicum, hohe Gönner und Philanthropen, wie Lord Ashley und Lord Dudley Stuart, verwendeten sich für sie vergebens. Sie gerieth dadurch ins tiefste Elend, und als sie, auf ihr Recht pochend, vor kur zem in den Park kam, um etwas Obst auö einem Körbchen zu verkau fen, gelang eö ihr, arretirt und vor das Polizeigericht in Westminster gebracht zu werden, wo sie mit einer Verwarnung entlassen ward. Von diesem Augenblicke aber wurde sie ein öffentlicher Charakter und das ihr angethane Unrecht sozusagen ein politisches Ereigniß. Man hat auf dem in derartigen Sachen blastrten Continent keinen Begriff von dem Ernst und Eifer, mit welchem die größten Blätter Londons den Fall bespre chen; eS regnet spaltenlange Artikel, Subskriptionslisten und Eingesand tes; Ann Hicks wird ohne Zweifel ihr Unglück nicht zu beklagen haben, „denn", sagt Daily News pathetisch, „die öffentliche Sympathie muß oft einschreiten, um den Nationalcharakter von der Schmach zu reinigen, welcher officielle Tyrannei ihn aussetzt." Und selbst die aristokratische Morning Poft erinnert Lord Seymour daran, daß die Privilegien der Pairie nicht allein heilig sind. „Wenn ererbte Rechte kein leeres Wort sein sollen, so besitzt Ann Hicks ein ebenso gutes Recht auf ihre Hütte im Park, wie Lord Westminster auf irgend einen Palast in Belgrave square oder Lord Ellesmere auf Bridgewater-House." — Der Amerikaner, dessen Verhaftung in Ungarn von englischen Blättern viel besprochen ward, schildert jetzt in einem langen Briefe an Daily News seine 30tägige Gefangenschaft in Großwardein und seine Verhöre vor dem Kriegsgericht. Er behauptet, daß sein Verbrechen in einer günstigen Aeußerung über die Ujhazy-Colonie und in dem Besitz einer Broschüre von Pulßky bestand. Seine Befreiung versichert er einem Zufall zu verdanken; ein Engländer, der in Ungarn'reiste, hörte zufällig von seiner Verhaftung und eilte sogleich nach Wien, um den amerikani schen Gesandten daselbst von dem Vorfall zu benachrichtigen. Er, der Gefangene selbst, war nicht im Stande, sich mit seinem Gesandten in Ver bindung zu setzen. Der Brief ist C. L. B. unterzeichnet. Rußland. Kalisch, 18. Juli. Der Grenzverkehr, welcher schon seit Jah ren immer mehr herabgekommen, ist in neuester Zeit durch den russischen Zolltarif und das gänzliche Verbot vieler wichtigen Artikel noch mehr gelähmt worden. Nicht wenig trägt dazu das Verbot der Silberaus- fuhr auf der einen sowie die Werthlostgkeit der russischen Papiere auf der andern Seite bei. Die Einfuhr deö Kupfergeldes nach Polen und Rußland ist schon früher verboten worden. Durch solche Maßnahmen ist der Handel nun von dem gesetzlichen Wege gänzlich verwiesen und nur dem freilich mit vielen Gefahren verbundenen Schmuggelhandel winken die lohnendsten Aussichten in Geschäften mit Waaren und Geld. (C. Bl. a. B:) «Königreich Dachse«. L Leipzig, 24. Juli. Auö der gestern Abend stattgehabten Sitzung i der Stadtverordneten ist zu erwähnen, daß der Stadtrath, einer machten Mittheilung zufolge, für die Leitung der städtischen BauangPe- genheiten einen erprobten Techniker (den Abtheilungsingeuieur an der SäM, sisch-Bairischen Eisenbahn und Erbauer der Göltzschthalbrücke, Hrn. Dost), als Baudirector anzustellen beabsichtigt. Die Gegenstände der Tageö« ordnung waren bald erledigt. Sie betrafen die Anlegung deö neuen Frankfurter Thores und die Erbauung eines HauseS für die AuffehM am Ranft'schen Pförtchen. Bezüglich beider Bauten wurden einige Aen- derungen des Plans vorgeschlagen, die veranschlagten Kosten von ben ziehentlich 2254 Thlrn. und 631 Thlrn. aber bewilligt.