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Donnerstag. Zweite Ausgabe. Abends 6 Uhr. 24. Juli 48SL. Leipzig. Die Zeitung er. scheint täglich zwei mal und wird auigegeben in Leipzig Vormittag« I l Uhr, Abend« 8 Uhr i in Dretde« Abend« S Uhr, Vormittag» 8 Uhr. Drei» für da« Vierteljahr L Thlr.; jede einzeln- Num mer 1 Ngr. Nr. 376. -— Deutsche Allgemeine Zeitung. «Wahrheit uud Recht, Freiheit und GesetzI» Zu beziehen durch alle Post^ ümtce de« In- und Auslande«, sowie durch die Expeditionen in Leipzig (Querstraße Nr. 8) und VreSde« (bei E. Höckner, Neustadt, An der Brücke, Nr. ». ÄnsertionSgevahr für den Raum einer Zeile r Ngr. Deutschland. Berlin, 23. Juli. Wir haben öfter von Kundgebungen berichtet, die aus der Besorgniß der protestantischen Orthodoxie wegen der sich meh renden Uebertritte zum KatholiciSmuS entspringen. In einer Pa- storalconferenz wurde, wie wir meldeten, die Stiftung eines Vereins zur Abwehr der dem Protestantismus von Seiten der katholischen Kirche drohenden Gefahr und zur Verbreitung deö evangelischen ChristenthumS unter den Römisch-Katholischen angeregt. Ein derartiger Verein soll nun- mehl in der That inS Leben getreten sein, derselbe wird jedoch seine Wirksamkeit vorläufig auf Vertheilung von Druckschriften beschränken. DaS hier erscheinende katholische Wochenblatt mag zur Nährnng jener Befürchtungen nicht wenig beitragen. In einer Betrachtung über Eng lands rückläufige Bewegung znm KatholiciSmuS macht dieses für die Zwecke, denen eS dient, vortrefflich redigirte Blatt auf ein Wort Hur- ter'S aufmerksam: daß die Protestanten erst ein Ganzes bilden müßten, bevor auf ihre Vereinigung mit dem KatholiciSmuS zu rechnen sei. Im KatholiciSmuS sei der Gehorsam, im Protestantismus die Freiheit der Grundton. Nun der Protestantismus selbst Miene mache, den Unglau ben auszuscheiden, mache er Anstalt, ein gläubiges Ganzes zu bilden. Darauf baut sich hier Vie Hoffnung, dort die Befürchtung. Der Ver fasser der erwähnten Betrachtung versichert: ihm habe schriftlich und mündlich mehr als ein protestantischer Pfarrer entdeckt, wie sehr er sich nach der katholischen Kirche sehne, aber er könne keinen Weg zu ihr finden in seiner Lage. Unter Anderm fragte ein solcher, ob man ihn nicht zum Priester weihen könnte, ohne seine Ehe zu stören? ob man ihm nicht Bedingungen machen könnte, welche er mit Freuden erfüllen würde? (Corr.-B.) — Von den vor längerer Zeit wegen ihrer vermutheten Betheiligung an einer angeblich in Leipzig entdeckten Communistenverschwörung verhafteten sechs Personen sind nur zwei, und zwar der Schneidergeselle M. und der Barbiergehülfe K., noch in Haft, doch sind sie bereits auS den Criminalgefängnissen in den Polizeigewahrsam übergegan gen. Man vermuthet daraus, daß preußischerseits gegen sie Anklagen nicht erhoben werden sollen. (Nat.-Z.) — Die Hrn. WaleSrode in Königsberg auf eine Denunciation hin im Gefängniß Entzogenen Schreibmaterialien sind demselben auf mini sterielle Verfügung wieder zurückgestellt worden. -j-Aus Franken, 22. Juli. Die Polizeimaßregeln, die bei uns bisher,Mnn auch häufig genug, doch immer nur in vereinzelten Schlä gen auf die Oppofition niederfielen, haben sich plötzlich zu einem star ken WUter zusammengezogen, das nun Blitz auf Blitz sich entladet. Vor allem scheint eS auf den Untergang der Oppositionspresse in Nürnberg abgesehen zu sein. ES kommen daselbst drei größere Blätter heraus: der Nürnberger Kurier, der Fränkische Kurier und der Korrespondent von und für-Deutschland. Letzteres Blatt, das zuletzt in gothaischem Sinne redigitt ivar, wurde bekanntlich durch direkte Einwirkung auf die Eigen- thümet Mr Schweigen gebracht. Dem demokratischen Fränkischen Ku rier, dem in Nürnberg, überhaupt in Franken gelesensten Blatte, konnte man dagegen trotz zahlreicher Confiscation biöjetzt nichts anhaben, ob- wol er neulich in Einer Woche fünf mal, in der letzten wieder vier mal confiscirt wurde. Da nun Alles nichts half, und das sonst gewöhnliche Mittel, die Ausweisung des RedacteurS, in diesem Falle nicht möglich war, so mußte man zu andern Maßregeln greifen. Es erging nun un- term 15. Juli an alle Polizeibehörden von Mittelfranken ein Rescript der Regierung, das seinem Wortlaut nach vor uns liegt, und worin die Behörden angewiesen werden, sofort Listen sämmtlicher Abonnenten deS Fränkischen Kuriers in ihrem District der Regierung einzusenden! Einige Behörden haben nun in der That schon angefangen, deSfallstge Erhe bung zu pflegen, andere haben daS Rescript vielleicht sä aots geschrieben; jedenfalls aber erreicht man durch diese Maßregel, für deren Bekanntwer den man selbst sorgt, den beabsichtigten Erfolg: nämlich daß kein irgend wie abhängiger Mensch, d. h. also die größere Mehrzahl der Abonnen ten, mehr wagt, das Blatt ferner zu halten, ja auch nur zu lesen. DaS ist aber nicht genug. Man citirte vor einigen Tagen den Eigenthümer deS Blattes auf daS StadtcommiffariatSbureau und eröffnete ihm, daß sein Bruder — ein politisch ganz indifferenter Mensch — binnen 24 Stun den Nürnberg und binnen 48 Stunden daS Königreich zu verlassen habe; zugleich stellte man ihm die Entziehung der Druckereiconcession in Aus sicht. Als derselbe nun, hierdurch einaeschüchtert, eine gemäßigtere Hal tung deS Blattes für die Zukunft zu Protokoll versprach, nahm man die Ausweisungsmaßregel zurück. ES ist nun noch der Nürnberger Kurier, ein Blatt von juristisch-liberaler Färbung, übrig. Dessen Redacteur wird, nachdem daS Blatt neuerdings ebenfalls häufig constScirt worden war, dem Vernehmen nach in den nächsten Tagen ausgewiesen werden. Dann ist die fränkische Oppositionspresse glücklich zur Ruhe gebracht. Gestern stand der Redacteur deS Fränkischen Kuriers, L. Jegel, we gen zweier Preßvergehen in Ansbach vor dem Schwurgerichte. Die Verhandlung endigte mit der Freisprechung deS Angeklagten. Im Laufe des ganzen vorigen Quartals haben die Gerichte also im Ganzen zwei Reate in dem Blatte gefunden, während die Polizeibehörde eS wenigstens zwei mal im Durchschnitt die Woche confiScirte. P Kassel, 22. Juli. Bei der großen Parade, welche der Kurfürst gestern in der Aue über die hier und in Hofgeismar stehenden kurhesst- schen Truppen abgehalten ha», zog namentlich der preußische Commissar, Hr. Uhden, die Aufmerksamkeit auf sich. In der That nahm er sich auch im schwarzen Frack in dem militairischen Gefolge deS Kurfürsten seltsam genug auS. Hr. Uhden, Freund deS Hrn. Hassenpflug, hat übri gens durch seine besondere Mitwirkung bei den Juliverordnungen und Gesetzen die hier herrschende Stimmung gegen die preußische Regie rung nicht verbessert. Der Graf v. Leiningen wird im Vergleich mit Hrn. Uhden noch günstig beurtheilt, besonders auch deshalb, weil er Hrn. Hassenpflug stets sehr stolz und gemessen behandelt hat. Unmittelbar nach der gestrigen Parade fand große Sitzung deS GesammtstaatSministeriums statt. Dem Vernehmen nach ist in derselben theils über den Abzug der Bundestruppen, theilS über die be hufs der „rechtlichen Entscheidung" der kurhessischen Angelegenheit noch weiter zu erlassenden Verordnungen Beschluß gefaßt worden. Nachmit tags war große Tafel bei Hofe, zu welcher die kurhesstschen Offiziere bis zum Hauptmann herab gezogen worden. Ein Theil der kurhessischen Offiziere äußert laut>seine Zufriedenheit mit der neuesten Veränderung der Stellung des Militairö zur Verfassung, zum Lande und zum Lan desherrn. Sie fühlen sich glücklicher, in unbedingtem Gehorsam ihrem „Kriegsherrn" zu dienen, als durch den Eid auf die Verfassung StaatS- diener zu sein. Doch ist diese Stimmung nicht allgemein. Nur ein ein ziger Offizier hat, wie man hört, den neuen Eid zu leisten verweigert und den Abschied genommen. Von den früher verabschiedeten Offizieren sind neulichst erst zwei wieder angestellt worden. Mit dem baldigen Abzug der Bundestruppen scheint eS nun doch Ernst zu werden. Die Baiern, so heißt eS allgemein, werden schon am 26. Juli daS Land verlassen. Auch für die Oesterreicher, so wird mir von verschiedenen Seiten in glaubhafter Weise versichert, ist der Befehl erfolgt, sich marschfertig zu machen. Auf eine Anfrage von Frankfurt auS soll der Kurfürst endlich erklärt haben, daß er ein Bedenken gegen die Zurückziehung der BundeStruppen nicht mehr hege. Der Abmarsch der Oesterreicher soll, wie Manche wissen wollen, schon um den 1. Aug. erfolgen, zu welcher Zeit auch der Graf v. Leiningen Kassel, vielleicht definitiv, verlassen wird. Der Kurfürst wird sich in den nächsten Tagen nach Frankfurt begeben und später nach Wien gehen. Jedenfalls haben wir noch in dieser Woche neue Verordnun gen zu erwarten. Die Ausführung der neuen Organisation der innern Landeöverwaltung scheint auf manche Schwierigkeiten zu stoßen, wes halb auch die erwarteten Ernennungen noch nicht erfolgt sind. Unter den Candidaten zu RegieruugSpräsidentenstellen nennt man auch den dermaligen Finanzminister Volmar, der sich in seiner jetzigen Stellung nicht behaglich fühlen soll. Der bekannte StaatSrath Scheffer wird als künftiger Regierungspräsident hier oder in Hanau genannt. Heute ist, wie ich höre, der Redacteur eines im Kriegszustände un tergegangenen demokratischen LocalblatteS in Fulda, des „Wacht auf!" Namens Trabert, von Fulda hierher gebracht und gefangen gesetzt wor den. (Nr. 373.) Man soll bei dem Buchhändler Raabe ein Packet Briefe in Beschlag genommen haben, worunter auch Briefe von Hrabert und eini gen andern der demokratischen Partei angehörigen Männern sich befan den. Auf Grund deS Inhalts dieser Briefe soll Trabert'S Verhaftung erfolgt sein, und man fürchtet, daß derselben noch mehre folgen werden. Uebrigenö ist in jener Correspondenz von staatSgefährlichen Planen ge wiß nicht die Rede, sondern es sind wol nur Meinungsäußerungen, die den Machthabern als strafbar erscheinen mögen. Köthen, 23. Juli. Die in unserm Berichte in der heutigen ersten Ausgabe unserS Blattes erwähnte Ansprache deS Herzogs zu An halt lautet: An mein Volk! ES sind nun mehr als drei Jahre verflossen, seitdem das traurige Vcrhängniß, welche« ganz Europa erschütterte, auch unser Land ergriff. Eine Macht, die unter dem Namen des Volkswillens auftrat, zerstörte in hasti-