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L4L4 " <üts würden dir Buchhändlerconcesstonen freilich etwas sparsamer ver- theilt werden, als rS bisjetzt namentlich in Preußen geschah; »ur Gc- langung derselben würde der Vorweis von ein paar Tausend Thalärn «icht genügen; eS würde dann auch unmöglich werden, daß man in der Buchhändlrrrolle (in welche der Verfasser der sechs Briefe nach beige- brachteM Nachweis über die legal erlangte Defugniß z«m Buchhandel alle neuen und veränderten Firmen eingetragen wissen will) einem ehe maligen Branntweinschenken tc. begegnete. Wir sind am Schluß. Ohne Commentar geht auS dem Gesagten - hervor, daß di« Klage des alten TacituS, der ein Privilegium auf ewige Wahrheiten zu haben scheint, noch heute M Grund wiederholt werden darf: „Die glücklichen Zeiten sind selten, in denen es erlaubt ist, zu denken, wie man will, und öffentlich auszusprechen, wie man denkt." Aber auch der lange, von Jahrhundert zu Jahrhundert geführte Kampf - um wahre Preßfreiheit wird sich wiederholen; die schmähliche Geschichte der deutschen Presse im Jahre 1848 wird, so hoffen wir, von neuen, verderblichen Verirrungen zurückschrecken, aber nicht von diesem Kampfe. Und dafür, daß dies so sein werde, liegt ein erstes, bemerkenSwertheS Zeugniß bereits vor"), auf das wir das deutsche Publicum hiermit an- gelegentlichst aufmerksam gemacht haben wollen. DankenSwerth mehr noch als der sorgsame geschichtliche Sammlerfleiß an ihm ist der männ liche Freimuth, der, den traurigen Verhältnissen immerhin Rechnung tra- geüb, sich doch nicht scheut, an der Wiege des neuerstandenen Bundes tags die Fahne eines zwar klugen, aber muthigen Patriotismus aufzu- pflanzen und den berühmten Ausspruch Sheridan'S adoptirt: „Lieber kein Parlament als keine Preßfreiheit, lieber auf die Verantwortlichkeit der Minister, auf das Steuerbewilligungsrecht verzichtet als auf die Preß- sreiheit; denn diese würde doch alle jene Güter wieder verschaffen." Deutschland. ."Berlin, 6. Juli. Wir schließen für jetzt die Reihe unserer Mit- thetlungen auS den „Neuen Gesprächen" deS Hm. v. Radowitz mit einer der bemerkenSwerthesten Aeußerungen deS Verfassers über das Na- tionalttätSprinrip in der Politik. „Galödorf" beklagt sich über die Aufnahme dieses PrincipS in die neuere Politik. „Nicht die Sprache", sagt er, „macht eine Nation, sondern die Gemeinschaft der sittlichen Gü ter: Armee, Verwaltung, Gesetze. Preußen ist eine Nation, Deutsch land will erst eine werden." „Nur die Sprachgrenze", klagt er ferner, „soll gelten, alles sie Durchkreuzende soll zertrümmert werden; wo mehre VolkSfiämme in einem vereinigt sind, soll dieses sich auflösen, wo eine Ration in mehren Staaten lebt, sollen diese unverzüglich zur politischen Einheit zusammengerührt werden. Das ist das tolle Princip, das uns in die schleSwigschen Händel verwickelt, die Federungen der Polen, der Böhmen, der Ungarn, der Italiener gegen uns hervorgerufen hat!" Hierauf erwidert Waldheim: „ES geht mir hier mit dir wie so oft mit deinesgleichen. Bestreite ich denn den Vordersatz, daß abstrakte Princi- pien das Grab jeder wahren Politik sind? Das ist ja der falsche Doc- trinairiSmuS, der sich dem allgemeinen Tageslicht verschließt, um mit seinem eigenen Lichte oder leider häufiger noch mit seinen Leidenschaften und Interessen hauSzuhalten. So ist es gegangen mit dem Grundsätze der Ordnung, den man ausschließlich aufgefaßt und bis zum schmach vollsten Polizeistaate ausgebildet hatte. Dasselbe gilt von dem Verlan gen nach Freiheit, das in seiner Vereinzelung und Scheidung vom posi tiven Rechte jedes geordnete StaatSleben unmöglich macht. Ganz ebenso ist man leider nur zu viel mit dem Nationalitätsprincipe umge gangen. In feiner Sonderung von den andern politischen Bedingungen, Von dem Vertragsrechte, den kriegerischen und HandelSintereffen, von dem ganzen historischen EntwickelungSgange, ist eS ungenügend und kann höchst verderblich werden. Mit diesen lebendigen Gliedmaßen ver bunden, ist es hingegen die Seele deS StaatSlebenS, und daß eS als eine höhere, weil geistigere Instanz, über die andern Bedingungen des politischen Lebens getreten, das ist eben die Signatur der europäischen Gegenwart!" GalSdorf leitet hierauf die Erörterung der NationalitätS- stage auf den kirchlichen Boden. Waldheim bemerkt ihm hier: „Wer die Nationalität zum obersten Gesetze für den Menschen erhebt, der hat seine Wurzeln im Pantheismus, der Vergötterung des Lebens in seiner »Irdischen Erscheinung. Das wirst du mir kaum vorwerfen, da du weißt, daß das irdische Dasein mir nur als Durchgangszustand gilt. Aber ebenso wenig wirst du die Augen davon wegwenden, daß das Leben auf Erden seine besonder» Thatsachen darbietet und daß wir auf ihre ge wissenhafte Erforschung und Beachtung angewiesen sind. Unter diesen ist mir nun wirklich die Erscheinung der Nation, deö durch Abstammung, Sprache, Sitte, Geschichte gegliederten Zweiges deS Menschengeschlechts, die höchste. Eine Epoche der politischen Geschichte, in welcher die Na tionalität als die vorzüglichste Norm vorwaltet, setze ich demnach auch hoch über Diejenigen, in denen die sogenannte CabinetSpolitik, das Feil schen um Quadratmeilen und Seelen, das dürre Interesse der regieren den Häuser allein maßgebend war und in einem blos äußerlichen Ver- tragSrechte seine Befriedigung fand. Der Tag, wo Alles, was in deut scher Zunge Gott preist, sich auch auf deutscher Erde zusammenfände, auf diesen blicke ich als auf einen der lichtesten Gipfel der Weltgeschichte! *) Bericht über den großh. hessischen Preßgesehentwurf, erstattet am 28. Mai 1851 in der H. Kammer des Großherzogthums Hessen durch den Abgeordneten vr. Müller-Melchiors. (Frankfurt, Literarische Anstalt. 1851.)^ Entsetze dich aber nicht, als wollte ich zu einem Eroberungskriege am das Elsaß und Liefland aufrufen; ich bin nicht blind. Ob eS GotteS Wille ist, je die Hindernisse zu heben, die jetzt als unübersteiglich ge achtet werden müssen, das weiß ich nicht. WaS ich aber weiß, daS »ft, daß eö m»S geboten ist, muthig und unermüdet Hand anzulegen, damit die Deutschen, die nicht schon früher als Opfer wahnsinnigen Familten- haderS und schnöden Verraths zu Fremden geworden sind, sich wie der erheben als Nation und ihre Stelle einnehmen unter den Völkern Europas." q> München, 5. Jul. Als Beweis, wie bei uns die Mtkitairge- richtSbarkett gehandhabt wird, möge folgende Thatsache dienen: Zu Ger mersheim saßen imJahre 1849 mehre bairische Offiziere in geselligem Kreise beisammen. Die Unterhaltung drehte sich um die Besiegung deS pfälzischen Aufstandes und um die „Eldbrüchigkeit" so Vieler, welche die königlichen Fahnen verließen, um auf Sette des Volkes zu kämpfen. Jngenieurlirute- nant v. Merz befand sich in dieser Gesellschaft. Mochte er der Ueber- zeugung sein, dqß ein gegenseitig zwischen dem Fürsten und den Pür- gern eines StaatS sich zugeschworener Eid, wenn er einseitig gebrochen wird, auch andererseits nicht mehr binde — kurz, er sprach sich dahin auS: daß auch das Oberhaupt des StaatS eidbrüchig („meineidig") würde, wenn eS geleistete Schwüre nicht hielte. Diese oder eine gleich bedeutende Aeußerung wurde durch einen der Anwesenden, Lieutenant Striezl, denuncirt, v. Merz deö andern Morgens früh im Bette verhaf tet, welcher Verhaftung er erst infolge nachstehenden kriegsgerichtlichen und von dem revidirenden Generälauditorkäte bestätigten Erkenntnisses entging, welches ihm also publirirt wurde: 1) Lieutenant v. Merz ist des Ver brechens und Vergehens der Majestätsbeleidigung nicht schuldig; 2) die Kosten des ProcesseS find von dem StaatSärar zu tragen; 3) besagter Proceß ist definitiv aUfzuheben. Soweit im Jahre 1849! Aberim Jahre 1850, als der betreffende Of fizier bereits wieder 13 Monate lang feinen Dienst zur größten Zufrie denheit ctller seiner Vorgesetzten versehen hatte, erfolgte vom KriegS- ministerium die Weisung an die Commandantschaft Germersheim, gegen Lieutenant v. Merz wegen der im Jahre 1849 gemachten Aeußerung neuerdings eine Untersuchung anfzunehmen und zwar „wegen Verletzung der dem Monarchen schuldigen Ehrfurcht". Das Resultat dieses neu- aufgenommenen JnquisitionSprocesseS war eine Verurtheilung zu zwei Monaten Festungsarrest, welche Strafe durch daS RevistonSgericht auf neun Monate gesteigert wurde. Der also Verurtheilte hat nun dieser Tage seine Strafzeit vollends abgebüßt und glaubte seinen Dienst sofort wieder antreten zu können— aber bei dem KriegSministerium war be reits ein Anderes beschlossen! Mittels DecretS wurde Lieutenant v. Merz durch Administrativverfügung mit einer DrittheilSpenston (140 Fl. Rhein. deS JühreS)-tn Ruhestand versetzt. Auffallend ist, daß im Penstoni- rungSdecrete ausdrücklich bemerkt war: v. Merz behalte den OffizierS- charakter, dürfe aber die Uniform nicht mehr tragen! — Homburg ist seit dem vorigen Winter auch der Sitz einer gefal lenen Größe auS dem Sommer 1848, nämlich des bekannten Führers der berliner Straßendemokratie, Hrn. Held, der hier ein otium oum ckigvitats feiert. (Wes.-Z.) Breme», 7. Juli. Wir theilen folgende Uebersicht der Auswan derung über Bremen vom 1. Jan. bis 30. Juni 1851 mit. ES wurden erpedirt: nach Neuyork in 73 Schiffen 9657 Passagiere, nach Baltimore in 15 Schiffen 2496, nach NeuorleanS in 8 Schiffen 1966, «rach Philadelphia in 7 Schiffen 510, nach Galveston in 3 Schiffen 272, nach Port Adelaide in 1 Schiff 257, nach Greytown in 1 Schiff 58; zusammen in 108 Schiffen 15,218 Passagiere. (Wes.-Z.) LAnö Holstein, 5. Juli. Der Zustand hier im Lande ist augen blicklich der des Meeres nach dem Sturme. Die politische Aufgeregt heit der letztem Jahre ist nach so mannichfachen Enttäuschungen und so vielfach getäuschten Hoffnungen einer „äußerlichen" Apathie gewichen, welche nothwendig Folge sein mußte von jenen und welche bei dem kon servativen Grundcharakter unserS Volks ganz erklärlich ist im Hinblick und in der täglichen Anschauung des trostlosen Regiments, welches in un serm Bruderlande so systematisch und mit einer so eisernen Consequenz durchgeführt wird, wie sie einer bessern Sache wol würdig wäre. Der unparteiische und ruhige Beobachter kann sich noch täglich in Schleswig überzeugen, ob dort die Revolution nach oben oder nach unten hin zu suchen ist, ob dort bestehende Gerechtsame von oben oder von unten vernichtet und mit Füßen getreten sind und werden; was um so schlimmer ist In einem Lande, dessen VokkScharakter bis dahin sich identificirt hatte mitRechts- Und GesetzeSstnn, und wo daher der jetzt herrschende Zustand nothwen dig alle Moral vernichten muß, weil daS Volk sich nicht erklären kann, wie die „Machthaber" nicht auch die „Handhaber der Gesetze" sind. In solcher Noth klammert sich der gedrückte Geist auch an den kleinsten HoffnungSaNker und wenn die jetzige Mintsterkriffs in Kopenhagen auch nicht viel verspricht für unsere Lande, so wissen doch Alle, daß es Nicht schlimmer werden kann, wie eS gewesen ist; ja selbst wenn, waS Gott verhüten wolle, Tillisch zurückkehrte, würde doch das Ausscheiden der elderdänischen Cäfinodemokraten Madvig und Clausen dem auf mate rielle Interessen gestützten nationalen Fanatismus der Insulaner die Hauptstütze nehmen, und nur so möglicherweise eine Annäherung er leichtert, wie sie bei der augenblicklichen politischen Weltlage doch zur Nothwendigkeit wird, will man nicht anders als Pessimist auch das