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zunächst trotzig erklingend, verstärkt den elegischen Grund zug, der schon dem ersten Gedanken eigen ist. Eine Cello- Kantilene, tröstende Holzbläsermotive, Geigenfiguren, mah nende Rufe der Trompeten führen zur dramatischen Durch führung und schließlich zur Coda, in der sich die trotzige, aber auch verzweifelte Kampfstimmung des Satzes eindring lich ausdrückt. Dramatisches und Episches verbinden sich in der logisch-organischen Entwicklung des bildhaften melo dischen Materials. Eine Hörner-Devise eröffnet den zweiten Satz (Andante moderato), dessen für Brahms so ungemein typischer herb süßer Klangcharakter aus dem Gegensatz von Phrygisch und E-Dur erwächst. Die wehmutsvolle Anfangsstimmung wird von Violinen-Melodik überwunden. Ein „Schicksalsthema'' erklingt, das an das Bläserthema des ersten Satzes erinn^i Aus ihm entfaltet sich — wiederum als Cello-Kantilene — zweiter tragender musikalischer Gedanke, der vor allem in der Reprise zu Wort kommt. Die müden Klarinettentöne des Beginns und das Devisenmotiv, beschließen den Satz. Mit einem lärmend-heiteren C-Dur-Thema beginnt der dritte Satz (Allegretto giocoso), der in deutlichem Gegensatz zur elegischen Grundhaltung des vorausgegangenen angelegt ist. Anklänge an die Hauptthemen des ersten Satzes belegen auch hier die erreichte Einheit in der musikalischen Gestal tung der ganzen Sinfonie. Die zur Schau getragene Heiter keit, absichtsvolle Lustigkeit und Wirbligkeit, der fast grim mige Humor des Satzes deuten an, daß der eigentliche Kampf um die Entscheidung noch bevorsteht. Im Finale (Allegro energico e passionato) griff Brahms auf eine von den Komponisten des 17. und 18. Jahrhunderts hochgeschätzte, aus Spanien stammende Tanzform im Drei vierteltakt zurück, auf die Chaconne, bei der das (meist im Baß erscheinende) Thema in den Oberstimmen mannigfaltig verändert und umspielt wird. Dem Thema, das zu Beginn des Satzes in gemeißelter Wucht und Klarheit ersteht, folgen hier einunddreißig Variationen, wobei trotz allen GestaltwantWc der großartige, aufrechte Charakter des Grundgedanke^ erhalten bleibt. Zu den ausdrucksvollsten Momenten des un erhört einheitlichen Satzgeschehens gehört jene E-Dur-Stelle der Posaunen und Trompeten, die an die „Ernsten Gesänge" (O Tod, wie bitter bist du) gemahnt. Nach einer Stretta- Steigerung (Piü allegro) kommt es zum unerbittlichen Schluß des Finales, das keine Überwindung der dunklen Gegen kräfte bringt — das ist dem spätbürgerlichen Künstler im Unterschied etwa zu Beethoven nicht mehr möglich —, jedoch ein festes Sichbehaupten, symbolisiert durch die Kraft des Chaconne-Themas. Prof. Dr. Dieter Härtwig PROGRAMM Heinz Arenz geb. 1924 „Frieden“ Suite für großes Orchester (Auftragswerk der Militärakademie „Friedrich Engels") Glück und Bedrohung 0ige und Tat Macht und Zuversicht Carl Maria von Weber 1786 - 1826 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 Es-Dur op. 32 Allegro maestoso Adagio Rondo (Presto) Pause Johannes Brahms ^33 - 1897 Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98 Allegro non troppo Andante moderato Allegro giocoso Finale (Allegro energico e passionato) Dirigent: Jörg-Peter Weigle, Leipzig Solistin: Eva Ander, Dresden, Klavier