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schule für Musik „Carl Maria von Weber“ in Dresden. Dieses Amt hatte er bis 1980 inne. Seit 1978 war er auch Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste der DDR. Von 1972 bis 1981 war Siegfried Köhler zugleich Vorsit zender des Verbandes der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR im Bezirk Dres den. Seit 1970 war er Ordentlicher Professor für Komposition an der Dresdner Musikhoch schule. 1982 erfolgte die Wahl zum Präsiden ten des Verbandes der Komponisten und Mu sikwissenschaftler der DDR. Zu Beginn seines letzten Lebensjahres wurde er zum Intendan ten der Staatsoper Dresden berufen. Als Musikwissenschaftler machte er sich be sonders um die Heinrich-Schütz-Pflege unseres Landes verdient. Er war 1972 wissenschaftlicher Sekretär des Heinrich-Schütz-Komitees der DDR, und für die nationale Heinrich-Schütz- Ehrung 1985 arbeitete er an einer grundlegen den Schütz-Monographie. Viel zu früh wurde das vielseitige Wirken die ses aufrechten sozialistischen Künstlers und Kulturpolitikers beendet, dessen nun vollende tes Lebenswerk seinen wichtigen und weiter wirkenden Platz in der sozialistischen Musik kultur unseres Landes hat. Die Dresdner Philharmonie widmet die heutige Aufführung von Siegfried Köhlers Violin konzert op. 64 dem Gedenken an den Komponisten, der am 2. März 1987 seinen 60. Geburtstag hätte begehen können, über das Werk äußerte der Autor: „Das Konzert für Violine und Orchester schrieb ich in den Jahren 1979/81 im Auftrag der Staatskapelle Dresden. In enger Zusammenarbeit mit Gustav Schmäht entstand in einem nicht unkomplizier ten Gestaltungsprozeß eine Komposition, die sich den Konflikten der Gegenwart bewußt stellt, ohne auf die historisch gewachsene Ei genart konzertanter Instrumentalmusik zu ver zichten. Gesucht wurde nicht Experimentelles um seiner selbst willen, wohl aber das Klare, überschaubare in seiner dialektischen Wider sprüchlichkeit. Zumindest von ihrer Absicht her ist es im Ergebnis eine Musik, die sich alten Schönheiten dieser Kunst ebenso verpflichtet fühlt wie dem steten Hintergrund der Problem stellungen unserer Tage. Also auch hier wie der — wie schon in meiner Dritten und Vierten Sinfonie - der Versuch, Altes und Neues in künstlerischer Synthese kritisch zu verbinden. So will das Luther-Zitat des dritten Satzes auch nicht als vordergründiger Beitrag zur aktuellen Ehrung dieses großen Mannes verstanden wer den. Es ist vielmehr Ausdruck der unlösbaren Einbindung des Gegenwärtigen in den Strom der Geschichte, des Bewegenden der Vergan genheit in die Bewegtheit der Gegenwart. Schon in den ersten Takten wird versucht zu verdeutlichen, daß hier Musik aus der Stille wachsen will. Die von den tiefsten bis zu den höchsten Tönen der Violine übereinanderge türmten Septimensprünge des Solo-Instruments umreißen zugleich die dem Stück gegebenen Möglichkeiten und Begrenzungen. Handelt es sich um das Hauptthema? Vielleicht. Aber was bedeuten schon die ehrwürdigen Ordnungsbe griffe der musikalischen Formenlehre. Das Konzert will kein tönendes Spiegelbild musik wissenschaftlicher Beschwörungsformeln sein, sondern allein Musik. Und zwar Musik für je den, der ohne Vorurteile und Vorbehalte auf geschlossen zuhören will und der es liebt, ÜfAi Musik nachzudenken. WF Mir scheint dieses Auslösen von Nachdenklich keit und damit von Selbstbesinnung und Selbst erkenntnis — weit entfernt von hintergrundloser Schönklingerei und brutaler musikalischer Schocktheatralik — eine der wesentlichsten Auf gaben der neuen Musik unserer Zeit zu sein. Denn Musik vermag wie keine andere Kunst in die Tiefen der Psyche vorzudringen. Hier kann sie von einer Deutlichkeit und Genauig keit sein, wie sie kein Werk der Literatur zu vermitteln vermag. Ein Violinkonzert zu schreiben, bedeutet wohl aber auch, sich zur Virtuosität, zum Spieleri schen, ja zur Freude am reinen Spiel zu be kennen. Dem Hörer bleibt es Vorbehalten, diese Musik anzunehmen, sie zu akzeptieren, sich in ihr möglicherweise zu begegnen, oder sie zurück zuweisen und abzulehnen. Maßstab sollte da bei weder das musikalisch Modische noch das Bequeme sein. Gut ist es jedoch, wenn wäh rend des Konzerts durch die künstlerische Lei stung der Interpreten jene Begegnung zwi schen Hörer und Komponist erreicht wird, die zum Verstehen des unausgesprochenen An^^ gens, der Ehrlichkeit des Mühens und der richtigkeit der Botschaft führt.“ Dmitri S c h o s t a k o w i t s c h s Sinfo nie Nr. 6 h-Moll o p . 54, ein nur drei- sätziges Werk, 1939 vollendet und in Lenin grad mit der dortigen Philharmonie unter Jew geni Mrawinski uraufgeführt, ist eine Art Fort setzung der 5. Sinfonie des Komponisten. Der erste Satz (Largo) entwickelt Gedanken, die dem trauervollen Largo der „Fünften“ ver wandt sind, wenn sie jetzt auch anders ausge drückt werden. Der Satz ist monothematisch (nur mit einem Thema) angelegt und besteht aus einer Folge von Variationen. In sich ver sunkene, schwermütige Nachdenklichkeit findet intensivsten Ausdruck. Im Gegensatz zum Lar go der 5. Sinfonie herrschen in diesem Largo- monolog größere Ruhe und Besonnenheit. Durchströmte die 5. Sinfonie ein noch leben diges, eben erst durchlittenes Gefühl, so äu ßert sich hier die objektive Aussage des über wundenen. Schostakowitsch entwickelt weite sinfonische Bewegung in einem einzigen melo dischen Atem. Er folgt darin dem von ihm so hochverehrten Johann Sebastian Bach, wobei sich natürlich seine musikalische Gestaltungs weise auf ganz anderer Ebene bewegt. Beson ders im Mittelteil treten deklamatorisch-rezita- •che Züge hervor. Das Largo verklingt in ischer Schicksalsergebenheit (Erinnerung an überstandene Leiden). Im Kontrast zu diesem grüblerischen, lyrisch philosophischen Largo versetzen uns die bei den folgenden Sätze in die Welt lichter Da seinsfreude. Der zweite Satz (Allegro), über aus reich an Ideen, Klangfarben und Rhyth ¬ men, ist ein zauberhaftes Scherzo, eines der besten von Schostakowitsch. Das erste Thema schwebt sanft wie ein Lüftchen in den zierlichen Rhythmen eines schnellen Menuetts oder Wal zers vorüber. Im zweiten Thema, zurückhalten der in der Bewegung, kommt der Walzer- oder eigentlich Ländlercharakter noch deutlicher zur Geltung. Das dritte Thema, breit und schwung voll, erklingt im Zwiegespräch der Celli und Kontrabässe mit den Violinen. Bemerkenswert für das ganze Stück ist die Leichtigkeit der po lyphonen Handschrift. Für das glanzvolle, funkelnd instrumentierte Finale (Presto) hat Schostakowitsch eine schlichte, melodienreiche Sprache gefunden. Das Hauptthema erinnert in seinem rhythmi schen Charakter an einen Galopp. Heiter und anmutig ist das zweite Thema. Der Mittelteil des Finalsatzes beginnt mit einer schweren, stampfenden Bewegung der Bässe. Vor diesem Hintergrund hebt sich eine Episode unge hemmter Fröhlichkeit ab. Mit einem stürmi schen Lauf endet dieser lebensfrohe, humor volle Satz.