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nert, daß ja der Präsiden» von heute der Gefangene von gestern sei. Wenn Hr. RaSpatl beweisen zu können glaube, daß der Direktor etn Henker, und kein Beamter sei, müsse man ihn hören. Die einfache Ta gesordnung wird, wie schon mitgetheilt, mit 428 gegen 218 Stimmen angenommen. 8 Paris, 20. Mai. Wenn trotz deS entschieden unrepublikanischen Geistes deS französischen Volks die Republik in Frankreich sich befesti gen sollte, so trägt sicherlich die gegenwärtige Haltung der monarchi schen Parteien die meiste Schuld daran. Die Monarchie hat noch zahlreiche Freunde in Frankreich: aber diese große Partei liebt die Mon archie nur, weil diese, indem sie die Rechte jedes Einzelnen und jeder Staatsgewalt auf daS bestimmteste formnlirt, und diese durch Vertrag entstandenen Rechte auf das gewissenhafteste achtet, der beste Schutz gegen Willkür von oben und unten, die beste Garantie für Ordnung und Freiheit zu werden versprach. Leider gehört im Jahre 1851 auch in Frankreich der Gedanke an eine durch Gesetze beschränkte Monarchie unter die Träume einer vergangenen, durch seichten Liberalismus ver flachten Zeit. Die alten Koryphäen der konstitutionellen Monarchie, die ehemals auf England als ein Muster blickten, suchen jetzt ihr Ideal in dem von Assagalen und priesterlichen Zauberkünsten geschützten Throne eines Negerfürsten, und haben die entnervende Lektüre MonteSquieu'S mit der kräftigem Kost, die HobbeS und Filmer bieten, vertauscht. Fürst Metternich wagte noch, der römischen Curie wegen ihrer schlechten Ver waltung eine derbe Lection zu lesen, und er würde wahrscheinlich dem Könige von Neapel, als er zum fünften oder sechsten male eine beschwo rene Verfassung nmstieß, und um die Liebe seiner Unterthanen sich mit einem Bombardement bewarb, nicht vollen Beifall geschenkt haben. Ein Guizot, ein Mole, ein ThierS, einst die Minister eines Landes, daS sich den Hort der Freiheit zu nennen liebte, sind nicht so schwachmüthkg wie Fürst Metternich. Sie verehren in dem VerfaffnngSbruche deS neapoli tanischen Fürsten die kühne Gewandtheit, die kein Abkommen zwischen den Interessen der Krone und den Interessen deS Volks anerkennt, und die aufopfernde Hingebung, die lieber das eigene Gewissen verletzt, als Gesetze duldet, die daö verblendete Volk nur erfunden hat, um der un ermüdlichen Fürsorge deS Königs für seine Unterthanen Schranken zu setzen. Die unumschränkte Herrschaft des Papstes, die Wiederherstel lung des ganzen veralteten Systems, wie eS unter Gregor XVI. bestand, ist ihnen nahezu etwas Vollkommenes. Der Zustand der Lombardei, wo 80,000 Bayonnete versuchen, die Italiener in den Städten zum Rauchen zu zwingen, während auf dem platten Lande zahlreiche Räuberbanden umherstreifen, erregt bei ihnen die lebhafteste Befrie digung; von ganz Italien ist ihnen nur Piemont ein Dorn im Auge^ weil eS ein konstitutioneller Staat ist, in dem der Priester und derMi- litatr nicht über dem Gesetze steht. Die Monarchie, die sie jetzt ver- theidigen, und die sie in Frankrrich einführen möchten, ist nichts als der ungeschminkte Despotismus durch Hülfe der Armee und der Kirche, der systematische Widerstand gegen jede vom Volke verlangte Reforin, denn Reform erscheint ihnen nicht als das Vorbeugungsmittel der Revolution, sondern als die Einleitung zu derselben; der organistrte Krieg, der im Genüsse der Herrschaft befindlichen Classen gegen das Volk, daö nach Theilnahme an der Herrschaft verlangt. Zum Glück haben diese extra vaganten Ansprüche in Frankreich wenig Aussicht auf Erfolg. Die Wortführer der Partei sind einige abgenutzte parlamentarische Größen, welche die konstitutionelle Sünde in ihrer Jugend jetzt durch reuige Hin gebung für den Absolutismus abbüßen möchten; ihr Anhang ist fast allein auf die klerikale Partei beschränkt; auf das Heer, das in andern Ländern in erster Reihe für derartige Ansichten einstehen würde, ist in Frankreich nicht zu rechnen. DaS Schlimmste ist, daß diese Partei der systematischen Fraktion der socialistischen Partei, die es mit ihr an Fa natismus und Ertravaganz vollkommen aufuchmen kann, neue Verstär kung zuführt. Diese möchten, während die neuen Monarchisten sich in einem Kriegszustände befinden, in welchem die ober» und herrschenden Classen die Masse deS Volks gewaltsam niederhalten müssen, ihrerseits die biSjetzt herrschenden Classen durch die Masse des Volks unterjochen, und zu diesem Zwecke die ganze Gesellschaft umgestalten. Da diese Um wälzung aber nur durch eine gewaltsame Umgestaltung der Verhältnisse deS Eigenthums, des Capitalö, des Credits und der Arbeit zu bewerk stelligen wäre, so sieht sich die große Mittelpartei, die auS der Masse der Besitzenden besteht, zwischen feindliche Parteien gestellt, mit denen sie sich unter keiner Bedingung aussöhnen kann. Ursprünglich monar chisch, sieht sie sich'von ihren ehemaligen Führern an den Absolutismus oder an die Anarchie verrathen, und mnß auf eigene Hand versuchen, eine Republik der Ordnung zu constituiren, da die Monarchie von ihren eifrigsten Fürsprechern mit der Freiheit für unvereinbar erklärt wird. Großbritannien. London, 20. Mai. Die Times hat ein so dickes Fell, daß ihre zahllosen Gegner gewohnt sind, sie mit Keulen und Harpunen zu kitzeln, ohne daß der Zeitungsleviathan davon mehr Notiz nähme als der Hippopotamuö im Zoologischen Garten von einem Mückenstich. So sagt Daily News, zur Antwort auf den gestrigen Hymnus der Times auf die Restauration des Deutschen Bundestags: „Daß es ein lebendes Wesen gibt, welches die Vermessenheit hat, in England vor seinem Publicum Dank abzustatten für die Restauration eines solchen Zustandes, ist ein so wunderbares Pro bestück von der Unverschämtheit eines englischen Journalisten und von auiroS zählt -kl« Masse von. Beschwerden und das Gtfkhl der Gtfan- geneä' «rletzenden Brutalitäten auf, in welche er nicht näher eingehen will. Er behauptet, daß der Gefängnißdireetör sich nicht im geringsten mn die Vorschriften kümmere, sondern an deren Stelle seine eigene Will kür setze, und so, daS historische Wort parodirend, von sich sage: DaS Gesängniß bin ich! Der Redner flicht in seine Bemerkungen Stellen auS einer 1836 erschienenen Schrift Lion Faucher'ö über die MiSbräuche in den pariser Gefängnissen etn. Zu der eigentlichen Hauptsache gelan gend, sucht er zuerst den Begriff eine- Aufruhrs im Gefängnisse festzu stellen und erinnert, wie daS Gesetz vorschreibt, daß vor allem die Ge fangenenkost genügend und gesund sein müsse. Diese erste Vorschrift wurde auf Belle-JSle wiederholt miSachtet und die Vorstellungen der Gefangenen dagegen nennt man Revolte. Der Redner verliest ei» Schrei ben mehrer Gefangenen von Belle-JSle, die sich beklagen, daß sie seit 62 Tagen in den unterirdischen Kerkern schmachten und Qualen über Qualen erleiden müssen. 40 Tage ließ man sie auf einem schlammi gen Boden mit 2 Cubikmeter Luft per Kopf. Von den Gewölben träu felte eisig-kalteö Wasser herunter. Von da brachte man sie zu je 19 Mann in Kerker von 8 Fuß Länge und 5'/, Fuß Breite und nur ein einziges mal erschien der Inspektor, der sie aber mit ihren Klagen an den Direktor deö Gefängnisses verwies, den sie nie zu Gesicht bekom men. Der Direktor Valet hat also die Befugnisse der Gefängnißordnung schreiend verletzt. Wie Minister Leon Faucher 1836 sagte, „die admi nistrative Tortur hat die legale ersetzt". Die Kranken können nur auf Ermächtigung des Arztes nach dem Spitale gebracht werden, aber un ter zehn malen weist der Director neun mal daS ärztliche Zeugniß zu rück. Die von der provisorischen Regierung abgeschaffre Todesstrafe ist also im Verwaltungswege wiederhergestellt. Ohne Zweifel wird der Minister deS Innern diese Thatsachen leugnen, weil er seine Erkundi gungen eben bei den angcschuldigten Beamten einzieht. Der Redner appellirt an die Menschlichkeit der Versammlung und beantragt, sie solle eine Commission ans drei Mitgliedern der Majorität nach Belle-JSle absenden, die die Gefangenen zu befragen und der Versammlung Bericht zu erstatten hätte. Man wird dann sehen, ob eS nicht durch ein Proto koll deS Friedensgerichts bestätigt ist, daß der Gefängnißdirertor zu sei nem Nutzen de» Gefangenen Wein in falschen Maßen verkauft habe. Wie immer ihr Bericht auöfallen möge, sie werden doch nicht.wenig stens Partei und Richter in Einer Person sein. Die Ursachen endlich, welche die neuesten Gewaltmaßregeln hervorriefen, sind noch geringfü giger. Einige Gefangene rerlamirten gegen die Maßregel, ihnen einen kleinen Tisch auS ihrem Gefängnisse wegzunehmen. Man schleppte sie in die unterirdischen Kerker. Einer von ihnen, Commiffaire, der sich weigerte, wurde an den Füßen hingeschleift, sodaß sein Kopf auf den steinernen Stufen hinschlug. Hr. Leon Faucher bekennt auf die persönlichen Anspielungen deS Redners hin, daß er sich sein ganzes Leben mit der Gefängnißreform beschäftigt habe, daß er als Minister daS vom Schriftsteller begonnene Werk fortsetze. Er habe immer an die doppelte Pflicht der Regierung geglaubt, gegen die Gefangenen, sie menschlich zu behandeln, gegen die Gesellschaft, sie nicht materiell den Soldaten und vielen Arbeitern gleich zu stellen. Allerdings sind die Gefängnisse nicht, wie sie sein sollten, ihre Verbesserung hängt nur von Bewilligung der dazu nöthigen Cre-. dite durch die Versammlung ab. Er kennt die Thatsachen aus dem Berichte deS Direktors, für den die Regierung durch seine Anstellung garantirt, der stets unter der Controls deö betreffenden Präfecten steht. Das Mittagessen bestand am fraglichen Tage auS sehr gutem gedämpf tem Fleisch mit Carotte». Die Gefangenen wiesen es zurück, weil man eö ihnen schon ein mal in derselben Woche gebracht hatte. Sie warfen die Teller zur Erde und stimmten die Carmagnole an. Abends wei gerten sie sich, in ihre Zellen zurückzukehren. Darauf wurden Einige in die unterirdischen Kerker geführt. Man überhäufte die Gendarmen mit Schimpfworten und Drohungen. Die nicht störrigen Gefangenen gestehe» zu, daß die Kost gut sei. Die Verwaltung hat staunenswerthe Geduld bewiesen. D«S Zusammensein der politischen Gefangenen taugt nicht, da sie sich dann die Köpfe noch mehr erhitzen. Der Minister be absichtigt daher, zur Abkühlung der Heißblütigsten ein Zellengefängniß bauen zu lassen, da man bei dessen Mangel gezwungen sei, die Gefan genen in die unterirdischen Kerker zu werfen. Hr. RaSpail jun. bemerkt zur Moralität des Directors, daß schon damals, als derselbe daS Centralgefängniß zu Vannes dirigirte, der Arzt desselben ihn beim Präfecten deS Departements Morbihan we gen seiner Grausamkeit gegen di.e Gefangenen verklagt habe. Der Prä sident verbietet dem Redner solche Bemerkungen, da die Tribune kein Platz sür Verleumdungen sei. Hr. RaSpail entgegnet, eS gehöre der Charakter deS Angeklagten ganz besonders zur Sache. Der Präsident bemerkt, da der Minister nur auf die Interpellation EöquIroS' vorbe reitet gewesen, könne er Abschweifungen nicht dulden. Hr. RaSpail will fortsprechen, wird aber durch den Lärm rechts gezwungen, die Tribune zu verlassen. Hr. Cremieur bemerkt, daß der Director allerdings schon von zwei Gefängnissen, deren Director er war, abgesetzt worden, wie Hr. RaS pail behauptet, wegen Grausamkeit gegen die Gefangenen. Da der Minister sich auf den Bericht dieses ManneS berufe, so müsse man wis sen, wer er sei. Namentlich jetzt komme viel auf die Person an, wo der Satz gelte: Hoäw midi vrss tiiü. (Lärm rechts.) Der Redner erin-