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8. ZYKLUS-KONZERT FRANZ LISZT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonntag, den 6. April 1986, 20.00 Uhr Montag, den 7. April 1986, 20.00 Uhr dresdner philhiQmnoni^ Marian Lap'&ansl<9» CSSR Dirigent: Siegfried Kurz, Dresden/Berlin Solistin: Ingrid Haebler, öotorroich', Klavier Chöre: Frauenchor des Philharmonischen Chores Dresden Einstudierung: Matthias Geissler Philharmonischer Kinderchor Dresden Einstudierung: Wolfgang Berger Joseph Haydn 1732-1809 Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 Sinfonie Nr. 88 G-Dur Adagio — Allegro Largo Menuett Finale. Allegro con spirito Konzert für Klavier und Orchester G-Dur KV 453- Es-DUP KV 449 Allegro VlVaCG Andant«i ITO Allearetto Prests- Allegro ma non troppo PAUSE Franz Liszt 1811-1886 Eine Sinfonie zu Dantes „Divina Commedia" für großes Orchester und Frauenchor I. Inferno II. Purgatorio - Magnificat Die Wiener Pianistin INGRID HAEBLER studierte in Salzburg, Wien und Genf. Mit elf Jahren gab sie be reits ihr erstes Orchesterkonzert. 1. Preise erhielt sie beim ARD-Wettbewerb in München und beim Schubert- Wettbewerb in Genf; 1957 wurde ihr die Beethoven- Medaille der Harriet-Cohen-Stiftung von London und 1958 der Grand Prix du Disque für ihre Schallplatten aufnahme der Mozartschen Klavierkonzerte verliehen, wie sie überhaupt als Interpretin der Werke der Wiener Klassiker besonders hervortritt. So ehrte man die Künst lerin in Salzburg mit dem Puthon-Preis und in ihrer Heimatstadt mit der Mozart-Medaille. Neben ihren zahlreichen Konzertverpflichtungen in Europa, den USA und in Japan hat Ingrid Haebler seit 1969 eine Profes sur am Mozarteum in Salzburg inne. ZUR EINFÜHRUNG Die Sinfonie Nr. 88 G-Dur von J o - seph Haydn entstand 1787 oder 1783. Unter den sinfonischen Werken Haydns, die zwischen den im Auftrag einer Pariser Konzert gesellschaft komponierten sogenannten Pariser Sinfonien (Nr. 82—87) und den 12 Londoner Sinfonien (Nr. 93—104) stehen, gilt die Sin fonie Nr. 88, eventuell ebenfalls noch für Paris geschrieben, als die bedeutendste. In ihr zeigt sich bereits unverkennbar der Spätstil des Meisters, der dann in den Londoner Sinfo nien, der Krönung von Haydns sinfonischem Schaffen, seine Vollendung fand. Duich ein kurzes, feierliches Adagio wird der erste Satz des Werkes eingeleitet. Das fol gende Allegro zeigt schon in seinem volkslied haft-frischen ersten Thema eine gewisse Ver wandtschaft mit dem Hauptthema des Finales von Beethovens achter Sinfonie; auch im ge samten, stürmisch-unaufhaltsamen Charakter beider Sätze lassen sich verwandte Züge fin den. Während das zartere zweite Thema in diesem Satz kaum eine Rolle spielt, wird das thematische Material der meisterhaften Durch führung des Allegro, die sich zu einem glanz vollen Fortissimo steigert, fast gänzlich aus dem ersten Thema gewonnen. Der zweite Satz, ein Largo, ist ein Musterbei spiel der Variierungskunst Haydns und zudem einer der schönsten langsamen Sätze des Mei sters überhaupt. Das bezaubernde, innige achttaktige Thema, das übrigens auf Beetho ven einen solchen Eindruck machte, daß er es selbst wiederholt verwendete, kehrt siebenmal, von kleinen Zwischensätzen unterbochen, fast wortgetreu wieder. Variiert wird dagegen die Begleitung, die sich in immer neuen figurati ven Ausschmückungen ergeht. Der Satz, der in seiner klanglichen Vollkommenheit als Kern stück des Werkes zu betrachten ist, zeichnet sich durch einen unübertefflich edlen, gesät tigten Wohllaut, eine wunderbare, ruhevolle Schönheit aus. Das Menuett, fröhlich und festlich, zeigt eine tiefere Auslegung des motivischen Gehaltes, als sie im allgemeinen in Haydns Menuett sätzen anzutreffen ist. Besonders originell ist der Einfall, an den leisen Schlüssen die Pauke wie von fern aufklingen zu lassen. Im Trio er tönt in Geigen, Flöten und Oboen eine gemüt ¬ volle ländliche Tanzmelodie über den Baß quinten der Bratschen und Fagotte. Ein von guter Laune und übermütigem Witz erfüllter, sprühender Rondosatz bildet den Ab schluß der Sinfonie. Dieser Finalsatz, der eine beispielhafte thematische Geschlossenheit aufweist, bringt eine Fülle von Überraschun gen und geistvoll-drolligen Wendungen; er wähnt sei nur der 20 Takte lange lustige Ka non nach dem dritten Themeneinsatz, in dem sich Bässe und Violinen um das Thema strei ten. Wolfgang Amadeus Mozarts Konzert für Klavier und Orche ster G-Dur KV 453 gehört zu einer Reihe von zwölf großen Klavierkonzerten, die der Komponist als Höhepunkt seines Schaf fens auf diesem Gebiete in den Jahren 1784 bis 1786 schuf und selbst in eigenen Konzer ten, sogenannten „Akademien", zur Auffüh rung brachte. Wie das kurz zuvor entstandene Klavierkonzert Es-Dur KV 449 ist auch das G- Dur-Konzert Mozarts begabter Schülerin Bar bara (Babette) Ployer gewidmet, der Tochter eines in Wien lebenden Landsmannes. Außer diesen beiden Konzerten schrieb der Kompo nist im ersten Halbjahr 1784 übrigens neben anderen Werken noch zwei weitere Klavier konzerte (in B- und D-Dur) — ein „Wunder an Produktionskraft" (A. Einstein), über die erste Aufführung des im April 1784 komponierten G-Dur-Konzertes berichtete Mozart dem Vater in einem Brief vom 9. Juni des Jahres: „Mor gen wird bey Hm. Agenten Ployer zu Döbling auf dem Lande Academie seyn, wo die Fräu lein Babette ihr neues Conzert ex G ... und wir beyde dann die große Sonate auf zwey Claviere spielen werden." Weniger virtuos^ Brillanz oder effektvolle Dramatik als vielmehr ein großer Reichtum an reizvollen klanglichen Schattierungen, Intimität, Zartheit und Schlichtheit kennzeichnen das von gelöster, teilweise leicht überschatteter Heiterkeit er füllte G-Dur-Konzert, in dem namentlich den Bläsern bedeutungsvolle Aufgaben übertra gen wurden. Soloinstrument und Orchester sind hier aufs engste miteinander verknüpft. Den Eindruck eines mühelosen, anmutsvollen Dahinströmens vermittelt uns der erste Satz, ein Allegro, das sich im fein abgestuften Wech sel der Farben und Stimmungen entfaltet. Häufige Modulationen in z. T. weit entfernte