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Robert Schumanns aus der Düsseldor fer Zeit stammendes, im Oktober 1850 vollen detes Violoncellokonzert a-Moll o p. 129 gehört neben Dvoraks Konzert für das gleiche Instrument zu den schönsten des 19. Jahrhunderts. Der Form nach ist es ein zu ¬ sammenhängendes Konzertwerk, dessen drei Sätze unmittelbar ineinander übergehen. Das virtuose Element, obschon vorhanden, tritt völ lig hinter dem eigentlichen musikalischen Aus druck zurück. Das schwärmerische, auf einen elegisch-kantablen, echt romantischen Ton ge stimmte Konzert setzt das Soloinstrument in seinen besten Klangregionen ein - neue Hoff ¬ gen, Beglückung über wiedergewonnene Lffenskraft sprechen aus dieser Partitur umanns. Nach kurzer viertaktiger Orchester einleitung stellt das Violoncello, begleitet von Achtelfiguren des Streichquartetts, das schwär merische Hauptthema des ersten Satzes (Nicht zu schnell) vor. Das Orchester bringt sodann einen kraftvolleren, vorwärtsdrängenden Ge danken ins Spiel, und das Seitenthema er zeugt eine heitere, beschwingte Atmosphäre. In der Durchführung herrscht das Hauptthema vor, das auch den strahlenden Satzschluß be stimmt. — Eine ausdrucksvolle Romanzenmelo die trägt das Soloinstrument zu Beginn des kurzen langsamen zweiten Satzes vor. In einem kontrastierenden lebhaften Abschnitt stimmen die Bläser wie aus der Ferne die vier ersten Takte vom Hauptthema des ersten Satzes an. — Ein Rezitativ des Solisten leitet in den rhyth misch bewegten, schwungvollen dritten Satz (Sehr lebhaft) über. Während das frische und spritzige Hauptthema vom Orchester einge führt wird, erklingt das gesangvollere zweite Thema im Wechselspiel von Soloinstrument und Holzbläsern. Die Durchführung arbeitet vor allem mit dem Hauptthema. Horn und Kla rinette bringen eine Reminiszenz an das ptthema des ersten Satzes. Eine Kadenz Solisten führt zur Reprise und zum brilan- ten, wirkungsvollen Ausklang des Stückes. Peter Tschaikowskis Sinfonie Nr. 6 h-Moll op. 74 entstand 1893, im letzten Lebensjahr des Komponisten, und wurde kurze Zeit vor dem Tode des großen russischen Meisters in Petersburg uraufgeführt. Tschaikowski, der das Werk selbst dirigierte, trat damit zum letzen Male in der Öffentlich keit auf. Die „Sechste", das letzte große Werk des Komponisten, stellt schlechthin einen Gip felpunkt in seinem gesamten Schaffen dar. Sie wurde tatsächlich sein „bestes Werk“, wie Tschaikowski mehrfach während der Arbeit an der Sinfonie geäußert hatte. Sie wurde zu gleich sein Requiem. „Du weißt, daß ich im Herbst eine zum größ ten Teil schon fertig komponierte und instru mentierte Symphonie vernichtete, und das war gut, denn sie enthielt wenig Wertvolles und war nur ein leeres Tongeklingel ohne wirkli che Inspiration. Während der Reise kam mir der Gedanke an eine neue Symphonie, dies mal eine Programmsymphonie, deren Pro gramm aber für alle ein Rätsel bleiben soll. . . . Dieses Programm ist durch und durch subjektiv . . . Der Form nach wird diese Symphonie viel Neues enthalten, unter ande rem wird das Finale kein lärmendes Allegro, sondern im Gegenteil ein sehr langgedehntes Adagio sein." Diese Briefstellen des dreiund fünfzigjährigen Tschaikowski an seinen Neffen Wladimir Dawidow zeigen, aus welcher Situa tion heraus die „Sechste" entstanden ist. Die äußeren Lebensumstände des Meisters waren mit zunehmendem Alter durch sich steigernde Ruhelosigkeit, innere Gegensätzlichkeit und Zerrissenheit gekennzeichnet. Nur die Flucht in rastloses Schaffen verhalf ihm zu relativem Gleichgewicht. Leidenschaftlichster, unmittel barer Ausdruck der ihn bewegenden, ja fast zerreißenden Gegensätze wurde seine sechste Sinfonie. „In diese Sinfonie", schrieb Tschai kowski, „legte ich ohne Übertreibung meine ganze Seele; ... ich liebe sie, wie ich nie zuvor eine meiner Schöpfungen geliebt habe." Wie viele seiner letzten Werke ist auch die „Sechste" von leidvollen Stimmungen durch zogen, aber nie im Sinne pessimistischer Hoff nungslosigkeit, Todessehnsucht oder willenlo ser Passivität. Auch im Ausdruck des Tragi schen, der Klage, schwingt bei Tschaikowski seine leidenschaftliche Liebe zum Leben mit, seine Überzeugung von den erstaunlichen Kräf ten der menschlichen Seele, seine Verehrung für alles Schöne und Gute im Leben des Men schen und in der Natur. Unter den nachgelas senen Papieren des Komponisten fand sich ein Programmentwurf für die „Sechste", nach dem die eigentliche Idee des Werkes mit dem Wort „Leben" charakterisiert wird. Diese Idee, die ganz allgemein das Auf und Ab der dar gestellten Stimmungen deutlich macht, aber durchaus in einem innigen Zusammenhang mit dem Leben des Komponisten steht, hilft dem Hörer beim Verständnis des Werkes, wenn es sich auch ganz und gar nicht um ein „Pro gramm" im Sinne der illustrativen Program matik Berlioz', Liszts oder Richard Strauss’ handelt. Tschaikowskis Bruder Modest erzählt uns in seiner Biographie, wie die sechste Sinfonie ih ren Beinamen „Pathetique" erhielt. Am Tage nach der Uraufführung grübelte der Kompo nist über einen treffenden Titel für sein neue stes Werk, dessen ursprünglicher Name „Pro grammsinfonie" ihm plötzlich nicht mehr ge fiel. Modest schlug ihm „Tragische Sinfonie" vor, aber auch das mißfiel ihm. „Ich verließ bald darauf das Zimmer, bevor Peter lljitsch noch zu einem Entschluß gekommen war. Da fiel mir plötzlich die Bezeichnung .Pathetique' ein. Sogleich kehrte ich wieder ins Zimmer zu rück — ich erinnere mich noch so deutlich dar an, als ob es gestern gewesen wäre! — und schlug sie Peter lljitsch vor, der begeistert aus rief: .Ausgezeichnet, Modi, bravo! Pathetique' — und dann setzte er in meiner Gegenwart den Titel ein, durch den die Sinfonie überall bekannt geworden ist." Wenn Tschaikowski in formaler Hinsicht von „viel Neuem" in seiner „Sechsten" spricht, so gilt das für die enorme Gegensätzlichkeit der Themen und der daraus resultierenden Verar beitung sowie für die Umstellung der Sätze gegenüber der traditionellen Norm. Diese Sät ze wiederum sind im einzelnen durch eine gro ße Strenge, Klarheit, und Konsequenz des Auf baus gekennzeichnet. Sie bedingen sich ge genseitig im Sinne aussagemäßiger Kontraste, sind aber auch durch gemeinsame Elemente miteinander verbunden (Tonfortschreitungen; spezifisch nationaler Charakter). Der inhaltliche Schwerpunkt der Sinfonie ist wohl der erste Satz, ein komplizierter Sona tenhauptsatz. Bereits in der melancholischen Adagio-Einleitung spricht sich das Kernmotiv des nachfolgenden Allegro-Satzes aus, dort allerdings ins Erregte gesteigert. Lichter, freud voller ist das kontrastierende zweite Thema in den sordinierten Violinen angelegt. Aus dem Kampf dieser konträren Stimmungen entwik- kelt sich eine teils leidenschaftlich-dramatische, teils lyrisch-innige Musik, auf die sich die Be zeichnung „Pathetique" bezieht. Der zweite Satz (Allegro con grazia) hat elegant-tänze rischen, ja walzerartigen Charakter. Der unge wöhnliche 5 / 4 -Rhythmus verweist auf die rus sische Volksmusik. Heitere, anmutige Stimmun gen herrschen vor, lediglich im Mittelteil (con dolcessa e flebile) klingen die Nachtseiten des vorangegangenen Satzes als monqftt* Melancholie herein. Der dritte Satz (Alre^^ molto vivace), teils wispernd, teils schwungvoll mitreißend, ist ein mächtiger Bau, der Scherzo und Marsch innig verknüpft. Abweichend von der Tradition des sinfonischen Zyklus, hat Tschaikowski als Finale einen langsamen Satz geschrieben, ein Adagio lamentoso, das in seiner tragischen Haltung an den ersten Satz anschließt, in seiner Schilderung des Leides in denkbar großem Gegensatz zu den beiden le bensbejahenden Mittelsätzen steht. Zwei The men stehen miteinander in einem gespann ten Verhältnis. Die Coda ist inhaltlich der Ein leitung der Sinfonie verwandt. Ein Bogen wird geschlagen, ein Kreis geschlossen. Anfangs und Schlußklang entsprechen sich fast völlig: tiefe Streicher und Fagott in tiefster Lage in Molldreiklängen. Prof. Dr. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNG: Sonntag, den 18. Mai 1986, 20.00 Uhr (Freiverkau’ Montag, den 19. Mai 1986, 20.00 Uhr (AK J) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 8. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Volker Rohde, Dresden Solistin: Etsuko Terada, Japan, Klavier Werke von Weber, Chopin und Brahms Programmblätter der Dresdner Philharmonie Spielzeit 1985 86 Redaktion: Dipl.-Phil. Sabine Grosse Druck: GGV, BT Heidenau 111-25-16 2,85 JtG 009-18-86 EVP: 0,25 M 7. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1985/86