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Dienstag. Erste Ausgabe. Vormittags U Uhr. 4. März 1881. Di« Lriling «r .schetx» tagüch j»rt mal Md - »k» tn «eitzzt, , Mormlttog« 11 Uhr, SbMs '« U-r j in vrr«d»» Mmb« " » Uhr, Vormittag« 8 «hx. »»e« für »1 Biert.ljadr > ß Lhlr.; jek« «injelae Siam- M«r 1 Mgr —d Nr. 116. -— DtllWt Mgmtiilt Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» -« h«jtrh« darch »U« vost ittat«»«« Zn-»»d Au»««»«», somie durch dl« Erdcdittonen tu »«ipztg tv«rflr»ß« Str. ») und »r»«d«a sb«i il. Hickner, Neustadt, >» der Brücke, Sir. ». Aaserttonlgebühr für t«n Naum einer Zeile 1 Ngr. Die Dresdener Conferenzen. Der dresdener Corrrspondent der Allgemeinen Zeitung, der sich schon neulich in einem bitter» Artikel über die Kleinstaaten erging, -ie „Eristenzlosen", wie er sie nannte, welche das neue Deutschland nicht zustandekommen lasten, berichtet in einem neuen Artikel über die Plenarversammlung der Ministerconferenz vom 23. Febr., bestäti gend, was wir schon mittheilten: ihre völlige Erfolglosigkeit. Er schreibt: Alle Hoffnungen, die sich etwa noch an Dresden knüpfen könnten, sind vorläufig durch die letzte Abstimmung zerstört. Diese Abstimmung sollte sich über die Berichte der ersten und zweiten Commission verbreiten, d. h. die wichtigsten Arbeiten, die hier beendet waren, wurden vorgelegt. So wenig man früher unterrichtet war, jetzt erfährt man, worin diese be- sianden. Die Eintheilung der zwei Bundesorgane für die Executive von 1t Stimmen und vaS Plenum der Gesetzgebung brauche ich nicht mehr zu erwähnen, dagegen waren die andern Arbeiten intensiv wichtiger; ich will nur erwähnen die Anträge, welche dahin gingen!, daö bisherige li berum veto deS (polnischen Reichstags) Bundestags aufzuheben und die gemeinnützigen Anordnungen sowie die wichtigsten Fragen der Ge setzgebung unter die Beschlüsse der Majorität zu stellen. Ferner war eine sehr gut begründete Arbeit über die Nothwendigkeit der Volksvertretung am Bundestage, Versammlung der ständischen Ausschüsse aus ganz Deutsch land, zur Vorlage fertig. Die Mittelstaaten, an der Spitze Hannover and Baiern, hatten eS durch ihre Bevollmächtigten dahin gebracht, daß Ihrem entschiedenen, energischen Auftreten gegenüber kein „Staat mehr, selbst nicht Oesterreich und Preußen, die Nothwendigkeit einer Volksver tretung am Bunde geradezu bestritten; Preußen war nicht dagegen, und Oesterreich besann sich oder schien zuzustimmen. Kurz man hegte hier die Hoffnung, daß auch in dieser Frage etwas Gedeihliches erreicht wer den könne. Ich habe mich tn dieser Beziehung speciell erkundigt, und habe gefunden, daß die Befürchtungen nicht so begründet waren, als man auS den Zeitungsnachrichten entnehmen mußte. Man hätte sich wahr scheinlich zu einer Versammlung ständischer Ausschüsse nach erfolgter Re vision der deutschen Verfassungen verstanden. Hiermit im engsten Zusam menhang standen dann die Arbeiten der zweiten Commission, welche darauf hinausliefen, eine oberste Competanz der Gesetzgebung der Gesammtheit jm Centrum für ganz Deutschland neben einer kräftigen Erecutive nach außen und innen durchzusetzen. Auch in diesem Punkte war die grasse Reaction geschlagen; man hatte zwar die Unthunlichkeit einer allgemeinen Steuerverweigerung als Ptincip für die Einzelverfassungen aufgestellt, aber jede wettere Beschränkung der Steuerverweigerung, jede Aufnahme von speciell reactionairen Wünschen abgelehnt; kurz, man war zu einer Be gründung des konstitutionell-monarchischen VerfassungSrechtS gekommen, ohne die Grundsätze deS ConstitutionaliSmus anzutasten. Sogar von positi ven deutschen Grundrechten war in den letzten Tagen die Rede, ja, eine eigene Commission für Entwerfung derselben soll ernannt sein, wo Baiern, Sachsen und Württemberg die Abfassung des Entwurfs übernahmen; ferner war man in den Principien deutscher Handelseinigung bis zu der Aufstellung eines allgemeinen Vertrags, ja bis zu einem Rechtstitel vor geschritten, der in der neuen BundeSacte einen Anhaltspunkt sür die de- sinitive Einigung hätte gewähren können; und nun — alles Dies ver hindern die Pygmäen von Deutschland und vernichten auf Einen Schlag die Hoffnungen deS deutschen Vaterlandes! Nachdem diese Taschenstaa ten zwei Jahre lang Revolution gespielt und durch ihre demokratischen Putsche das Vaterland in Verwirrung gesetzt, Deutschlands Ehre her- «ntergebracht, der unsinnigen Reaction der KreuzzeitungSpartei in allen Ländern den Weg gebahnt, kommen diese Liliputaner und haben die Stirn, sich auf das Legitimitätöprincip zu stützen, fodern die Mecklen- iburge, fodern Baden, Gotha und Meiningen, Sondershausen und Bern- Lurg, kurz diese Wespennester unserer Misere, die Gleichstellung mit Oesterreich, Preußen, Baiern, Sachsen, Württemberg und Hannover. Es Ist diese Sache eine solche, die eines eigenen Merkmals in der deutschen Geschichte bedarf. Ich denke, wir hängen das Bild dieser Lilipute so hoch auf, daß eö Jeder sehen kann. Ich gebe den Bericht, wie ich ihn von mehren Ohrenzeugen vernahm. Nachdem in der denkwürdigen Plenarversammlung vom 23. Febr. Oesterreich auf die Wichtigkeit deS raschen VorwärtögehenS zur Consti- tuirung Deutschlands aufmerksamgemacht chatte, antwortete Preußen ans jene doppeldeutige Weise, welche für Alle, die nicht Wolle aus dem Haupte tragen, höchst verständlich ist. ES konnte natürlich seinem eige nen, gemeinsam mit Oesterreich gemachten Vorschläge nicht direct ab lehnend antworten — da wäre das Spiel mit den Dresdener Confe- renzen denn doch etwas zu offen dagelegen — nein, eS verlangte nur weitere Erwägung und Berücksichtigung aller Stimmen, auch der klein sten Staaten, ehe zur wirklichen Einsetzung der neuen Organe ge schritten würde. WaS -half es nun, daß sich Baiern an der Spitze, dann Sachsen, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Nassau, kurz die Repräsentanten deS beiweitem größten Theils von Deutschland für die Vorlagen der Commissionen aussprachen? Baden fühlte sich äußerst ver letzt, daß es nicht mit den Königreichen auf Eine Linie gestellt werden sollte, und führte deshalb den Reihen der Opposition an. Sie wissen doch, was DaS heißen will, dieses konservative und kräftige Baden, dieser Grenzposten Deutschlands, der stets überwacht werden muß, da mit er nicht zum Feinde übergeht; ein Land, das seine eigene Reichö- festung nicht besetzen kann; das sich gegen Freunde und Feinde soeben noch immer schwankend, immer zweideutig gezeigt hat; dessen Thei- lung man in öffentlichen Blättern angerathen, damit Deutschland von diesem revolutionairen Herde befreit werde. Dieses Baden war nicht damit zufrieden, daß es die Curatstimme, die mit ihm die beiden Hes sen bilden, anführen sollte; es wollte mit den Mittelstaaten gleichgestellt sein; es wollte seine eigene Stimme — auch wenn es die Stimme der Revolution würde — gesichert haben. Daß nun die Mecklenburgs als Schleppträger Preußens folgten und allerlei Gründe für die vollkommen genügende Gestalt und Wirkung deö alten Bundes, ja für den Dua lismus anzngeben wußten, konnte nicht Wunder nehmen. Jetzt schwoll den Kleinen und Kleinsten der Kamm gewaltig, und je kleiner der Staat, desto länger und dicker wurden die Gründe der Gleichstellung; Meinin gen sprach seine Meinungen maßgeblich auS, daß eS höchstens Oester reich und Preußen, niemals aber so kleinen Staaten wie Baiern und Sachsen nachstehen könne, und eS folgten dann mit geringer Ausnahme die übrigen Eristenzlosen. Es waren stets dieselben Gründe der Frösche Deutschlands, guamvis sint sub uqus, sub aqua mslsäivors tentsnt. Auch daö wenige Wahre, was die Hansestädte für ihre eigenthümliche Stellung, Verfassung und Interessen, die deshalb wol eigens vertreten werden könnten, aussprachen, ging in diesem Wogenschwall der Pyg mäen unter. Die Aufzählung ihrer Namen möge genügen, um Dieje nigen zu bezeichnen, welche den Rastatter Kongreß, und waS darauf gefolgt, vergessen haben. Eö stimmten für die Nichtigkeit aller Ver suche zur neuen Constituirung Deutschlands, für die Wiederherstellung deö segensreichen alten Bundestags: Baden, die beiden Mecklenburgs Weimar, Oldenburg, Anhalt-Köthen, Dessau und Bernburg, Meinin gen und Koburg, Altenburg, Lippe, Sondershausen, Waldeck, Lübeck, Frankfurt, Bremen und Hamburg. Eine ehrenwerthe Ausnahme der Selbsterkenntniß machten Braunschweig, Nassau, Rudolstadt, Bückeburg und die beiden Reuße. Die übrigen kleinen Staaten sprachen sich noch nicht entschieden aus; Holstein-Lauenburg und Limburg-Luremburg lauern noch, auf den Zerfall Deutschlands. Kommt hier wirklich nichts zustande, nichts sür die Begründung eines konservativen ConstitutionaliSmus, „so möge das deutsche Volk wisse», wer es verschuldet! Deutschland. *Von der Oder, 1. März. Nichts ist wol weniger gegründet als die Beweise, womit man den Plan stützen will, die deutsche Kriegs flotte, diese noch allein übrig gebliebene so nützliche Schöpfung der frankfurter Nationalversammlung, fallen zu lassen. Man meint, eö ge höre eine zu lange Zeit dazu, ehe Deutschland zu einer namhaften Kriegs marine gelangen würde. So dachte Napoleon nicht, als nach der Schlacht bei Trafalgar Frankreichs Flotte vernichtet war und die französische Flagge sich auf dem Meere nicht mehr blicken lassen durfte. Kurzsichtige und kleinmüthige Seelen in Frankreich meinten damals auch, die Regierung solle sich von Seerüstungen ganz fernhalten, England die Herrschaft der Meere unbestritten überlassen und sich mit der Suprematie über den Continent begnügen, umsomehr, als die Unterhaltung der Landmacht schon die Kräfte Frankreichs so sehr in Anspruch nähme. Napoleon war anderer Meinung. Er machte den Plan, von 1806 ab jährlich 15—20 Linienschiffe vom Stapel laufen zu lassen, aber nicht eher in der See zu erscheinen, als bis er deren 120 besäße. England mochte anfänglich diesen Plan für ebenso chimärisch halten, als gegenwärtig unsere kurzsichtigen Politiker den von der deutschen Flotte. Allein es er schrak vor einer drohenden Zukunft, als Frankreich mit dem Bau neuer Linienschiffe in Amsterdam, Rotterdam, Cherbourg rc. bis Venedig kon sequent fortfuhr. Denn was war der Erfolg dieses eben nicht großen Anfanges? Jm Jahre 18l4, als die Bourbonen Frankreich wieder über-