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3" Extrablatt zur Deutschen Allgemeinen Zeitung. Leipzig, 4. Mai, Abends li Uhr. * Dres-en-ReustaPt, 4. Mai (Vormittags halb 11 Uhr). Der König ist diesen Morgen um halb 5 Uhr mit dem Dampf schiffe stromaufwärts gefahren, man sagt, nach dem Königstein. Die Passage der Brücke war bis i«Uhr freigegeben, und ich benutzte die Zeit, um einen Weg um die innere Stadt zu ma chen. Der Brückenplatz an der katholischen Kirche gleicht ei nem Feldlager; sechs geladene Geschütze und mehre Schwadro nen decken die Brücke. Alle Eingänge zur innern Stadt sind verbarricadirt, obschon nicht alle besetzt. Auf dem Rathhause befinden sich der Stadtrath und die Stadtverordneten noch in Permanenz. Von dem Balcon des Rathhauses weht noch die schwarz-roth-goldene Fahne. Man sieht Piken- und Sensenmänner nach den Barricaden ziehen. An den Stra ßenecken klebt ein langer Streifen Papier mit der Aufschrift: „Seid Zhr mit uns gegen fremde Truppen?" Diese sind noch nicht eingerückt. Man erzählt sich hier, in Görlitz, Berlin und Breslau seien Unruhen ausgebrochen. Auch die Schüßen aus Leipzig sind nicht, wie man erwartete, diesen Morgm eingetroffen. Ich war in der Klinik, wo 14 Todte liegen. Es sind, bis auf zwei, junge ziemlich anständig gekleidete Leute. Außer dem liegen 16 Verwundete in den Sälen der Charite. Mehre Todte und Verwundete sind in Privathäusern untergebracht. Die Eingänge zu dem Zeughause sind durch die Soldaten ver barricadirt. An der Klinik und an dem Hebammeninstitute sind weiße Fahnen ausgesteckt. Eben als ich die Schloßgaffe hinuntergehe, kommt ein Offizier mit einem Trompeter. Es scheint ein Parlementair zu sein. Nach einigen Hin- und Her reden wird er auf das Rathhaus geleitet