Volltext Seite (XML)
Extrablatt zur Deutsche« Allgemeinen Zeitung. Leipzig, 28. April, Abends 6 Uhr. U)ien, 24. April. Veber die Begebenheiten bei der Armee in Ungarn ist heute folgendes 35. Bulletin erschienen: Nach der rück gängigen Bewegung, welche die österreichische Armee in den ersten Ta gen dieses Monats gegen Pcsth gemacht, um dort eine concentrirtere Stellung zum Schutze der beiden Städte zu nehmen, hatte der Feind beinahe täglich Angriffsversuche auf dieselben unternommen, die zwar keine Resultate, ihm aber doch den Beweis lieferten, daß unsere Haupt stärke um Pesth und Ofen versammelt sei. Er griff bald darauf Wai- tzen, wo zwei Brigaden unter General Götz standen, an, wobei die ser den Heldentod fand, drängte dieselben Donau aufwärts überLclet, Kemend hinauf und ging, als er uns bei Pesth hinlänglich beschäftigt glaubte, mit zwei starken Colonncn, die eine am linken Granufer, die andere über Jpoly -Sagh direkt nach Leva vor. Hier waren am 18. April etwa 30,000 M. seiner besten Truppen zusammengezogcn, mit denen er bei Kalna, Bars und St.-Benedek in drei Kolonnen die Gran passirte. Der F.-M.-L. v. Wohlgemuth, Kommandant von fünf Brigaden, etwa 15,000 M., die aus Mähren und Oesterreich als Reserve hinter der Gran ausgestellt waren, von dieser Bewegung in Kenntniß gesetzt, marschirte den 18. auf den 19. April von Kemend ab, um zwischen Malas und Bese dem Feinde entgegen zu rücken. Dieser war indessen mit seiner ganzen Macht, der unserigen um das Doppelte überlegen, zwischen Vercbcly und Nagy-Sarlo in Schlacht ordnung ausgestellt. Ein Angriff der Brigade Fürst JablonovSky auf Nagy-Sarlo gelang zwar vollkommen, eine Kolonne war bereits bis an den Ort gekommen, als sie dadurch, daß derselbe in Brand ge- rieth, das Einrücken aufgcben mußte. Der Feind benutzte diesen Um stand, unsern rechten Flügel zwischen der Gran und Nagy-Sarlo zu umgehen, während er von Vercbcly herab das nämliche Manocuvrc gegen unsern linken Flügel versuchte. Das hartnäckigste Gefecht hatte bereits vom frühen Morgen bis Nachmittag gedauert; F.-M.-L. v. Wohlgemuth hatte mit seiner bewährten Besonnenheit seine sehr er müdeten Truppen von einer Aufstellung in die andere fechtend zurück- gcführt; der Fcind dagegen seine Umgehung selbst bis gegen Neutra ausgedehnt. Es war schon früher dem F.-M.-L. Wohlgemuth der Befehl ge geben worden, seinen Rückzug in einem ungünstigen Falle hinter die Neutra und selbst bis hinter die Waag fortzusetzcn, um das Waagthal sowol als Presburg zu decken, und hinter der Wactg die Verbindung durch die Insel Schütt mit dem Belagerungscorpö von Komorn hcr- zustellen, wo mittlerweile die Beschießung auf das lebhafteste fortge setzt wurde. Der commandircndc Gcncral-Feldzeugmeistcr, Baron Melden, wel cher am 17. April in Gran eingetroffcn war, überzeugt, daß die Haupt stärke des Feindes die Umgehung durch das Gebirge zum Entsätze von Komorn konnte gemacht haben, beauftragte sogleich den Banus, mit seiner gesammtcn Macht aus Pesth hervorzubrechen und den Feind an- zugrcifen, jedoch selbst Vortheile nicht zu rasch zu verfolgen. Der Banus rückte am 19. April nach allen Seiten vor, aber der Feind wich so schnell zurück, daß er nicht einmal durch unsere Kanonenkugeln erreicht werden konnte. Den 20. April rückte eine andere feindliche Kolonne, die bisher bei Paszto an dem Jpolyfluß en Reserve standen, mit dem feindlichen linken Flügel auf dem rechten Granufer gegen Kemend und Gran her ab, und griff die dort aufgestellte Reserve, die Division Csorich, so gleich an, die sich, da an diesem Tage F.-M.-L. v. Wohlgemuth bereits Neuhäusel passirt, fechtend gegen Gran zurückzog, die dortige Schiffbrücke abbrach, um diesen Punkt auf das kräftigste ^u verthcidi- gen. Den 20: April traf der commapdirende General in Ofen ein. Bei dieser Gestaltung der militairischcn Lage schien dem comman- direnden General die fernere Haltung von Pesth und Ofen mit gro ßem Nachtheil für die weitern militairischcn Operationen verbunden, zu ¬ mal da die Donau von Komorn bis Waitzcn vom Feinde genom men war, und keine der beiden Städte einen brauchbaren Pivot für die Operationen bildet. Der Feldzeugmcister hat sich daher ange schickt, die Truppen in einer gesicherten Stellung zu concentriren, und ist der Ueberzeugung, daß er durch die ihm zur Verfügung gestell ten, im Zuzuge begriffenen Verstärkungen baldigst in die Lage ge setzt sein werde, mit Erfolg die Offensive von neuem zu ergreifen. Nachrichten vom 21. April aus Pesth melden, daß der Feind an diesem Tage bci Czinkota einen Angriff unternahm, und von unsern gegen ihn rückenden Truppen nach einem wenig hartnäckigen Gefechte überall zurückgcdrängt worden ist. Nach soeben eingelangten Nachrichten des Feldzeugmcisters Gra fen Nugent aus Scmlin vom 17. April gestaltet sich der Zustand der Dinge an der untern Donau immer günstiger, der Czaikistcnbezirk ist vom Feinde wieder gereinigt, die Stellung um Pctcrwardcin ist durch die unter der energischen Leitung des Obersten Mamula zweckmäßig angebrachten Verschanzungen sehr verstärkt worden und durch die von allen Seiten heranrückcnden Truppcnvcrmehrungcn wird das daselbst sich bildende Corps bald in der günstigen Lage sein, wieder die Offen sive zu ergreifen und gegen Szegcdin vorzurückcn. Wien, den 24. April 1849. Der landescommandirendc General und Gouverneur-Stellver treter Frhr. v. Böhm, Feldmarschallieutcnant. — Der Wanderer vom 24. April schreibt aus Wien: Wie wir soeben vernehmen, soll die Communication der Residenz mit der magya rischen Hauptstadt momentan unterbrochen und die Belagerung der Festung Komorn aufgehoben sein. Die Insurgenten haben eine an sehnliche Verstärkung und Lebensmittel in die Festung gebracht. Bei Neuhäusel soll ein bedeutendes Treffen stattgefunden haben. — Ein Reisender, der am 23. April in Wien angekommen, bringt die Nachricht, daß Karlowitz am 16. April von den Magyaren bom- bardirt, in Flammen stehe. Von dem Ausgange der Affaire ist noch nichts bekannt. — Ein Kurier soll die Nachricht gebracht ha ben, daß Görgey aus seiner Position, durch welche es ihm bereits ge lungen war, sich mit Komorn in Verbindung zu schen, wieder ver drängt worden sei. (Ll.) Pesth, 21. April. Ich schreibe Ihnen inmitten einer großen Agi tation. Seit zwei Stunden ist unter unsern Truppen eine große Be wegung. Die Wachtposten werden abgelöst, Kanonen und Infanterie marschircn über die Brücke. Die Offiziere, die Privatwohnungen bezogen hatten, ziehen gleichfalls aus; wenn das so sortgeht, so ist bis Abend kein österreichischer Militair in Pcsth. Was soll das bedeuten? So fragt sich Jeder. Die Offiziere find einsylbig und antworten kurz: es sei Befehl dazu da, Pesth für den Augenblick zu räumen. Daß hierbei irgend ein stra tegischer Plan vorliegcn muß, ist außer Zweifel, denn Pcsth ist von dm Magyaren weder angegriffen noch bedroht. Was aber wird unser Loos, wenn die kaiserl. Besatzung uns wirklich verläßt, was wird namentlich das Looö Jener sein, die sich während dieser Zeit der österreichischen Sache an hänglich gezeigt haben? Daß Koffuth die offene Hauptstadt nicht lange unbesetzt lassen wird, ist leicht vorauszusehcn; wie aber wird dann von Ofen aus gegen Pesth vorgegangen werden? Daß auch Ofen geräumt wird, wie unsere Altmagyaren behaupten, ist gewiß nicht anzunehmen. Allerdings ist Ofen kein Komorn, allerdings könnte unsere Schwester stadt einem Belagerungscorps nicht lange Widerstand leisten. Aber 8 Tage kann Ofen mit voller Kraft jedem Feinde widerstehen, und nichts berechtigt uns zu der Annahme, daß unsere Armee diese kostbare Position ohne Schwertstreich opfern werde. Man hat heute Morgen behauptet, F.-Z.-M. Weiden sei hier gewesen; ich glaube aber mit gutem Recht behaupten zu dürfen, daß er das Lager bei Gran nicht verlassen hat. (O.-D. P.) * Dresden, 26. April. Das Gerücht, als habe das Ministe rium seine Entlassung bereits eikgereicht, bestätigt sich nicht. Verantwortliche Redaktion: vr. Ss, Kaiser. — Druck und Verlag von F. 4t. Brockhaus in Leipzig,