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3. PHILHARMONISCHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Donnerstag, den 21. November 1985, 20.00 Uhr Freitag, den 22. November 1985, 20.00 Uhr obiilbiornooniio» Dirigent: Kurt Rapf, Österreich Solist: Erkki Rautio, Finnland, Violoncello Franz Schmidt 1874-1939 Sinfonie Nr. 4 C-Dur Allegro molto moderato - Adagio - Molto vivace — Tempo I un poco sostenuto PAUSE Samuel Barber 1910-1981 Konzert für Violoncello und Orchester op. 22 Allegro moderato Andante sostenuto Molto allegro ed appassionato Zum 75. Geburtstag des Komponisten am 9. März 1985 Erstaufführung Richard Strauss 1864-1949 Suite aus „Der Rosenkavalier" Erstaufführung KURT RAPF entstammt einer Wiener Musikerfamilie und erhielt auch seine musikalische Ausbildung an der Wiener Musikakademie, wo er seine Studien in den Fä chern Dirigieren, Orgel, Cembalo, Klavier und Kom position abschloß. Kurz nach dem Ende des zweiten Weltkrieges gründete er das „Collegium Musicum Wien", das er bis 1956 leitete und mit dem er in Europa wie in Übersee erfolgreich tätig war. Am Züricher Opernhaus wirkte er eine Zeitlang als Assistent von Hans Knappertsbusch. Die Wiener Akademie für Musik und darstellende Kunst berief ihn zum Lehrer, promi nente Sänger und Instrumentalisten verlangten ihn als Begleiter. 1953 bis 1960 war er Musikdirektor der Stadt Innsbruck, danach widmete er sich als Dirigent, Orga ¬ nist und Cembalist verstärkt der Rundfunk-, Fernseh- und Schallplattentätigkeit. Gastspiele führten ihn in zahlreiche Länder. Auch als Komponist von Orchester- und Kammermusikwerken sowie Liedern konnte der Künstler im In- und Ausland beachtliche Erfolge erzie len. 1970 wurde er zum Musikreferenten der Stadt Wien sowie zum Professor ernannt, außerdem zum Präsiden ten des österreichischen Komponistenbundes gewählt. 1981 erhielt er in Tokio für die Komposition und Inter pretation seines Orchesterwerkes „Poeme symphonique" den „Outstanding Composition Award", 1982 wurde er mit dem „Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse" ausgezeichnet. Bei der Dresdner Philharmonie war er bereits 1975 zu Gast. ZUR EINFÜHRUNG Der österreichische Komponist Franz Schmidt, am Wiener Konservatorium von Robert Fuchs (in der Komposition) und von Ferdinand Hellmesberger (als Cellist) ausge bildet, wirkte 1896—1914 als Violoncellist im Wiener Hofopernorchester (zugleich bis 1911 als Mitglied der Wiener Philharmoniker). 1901 bis 1914 unterrichtete er außerdem am Konser vatorium Violoncellospiel, 1914—1922 an der Wiener Akademie für Musik und darstellende Kunst Klavier und leitete seitdem hier bis 1937 eine Ausbildungsklasse für Kontrapunkt und Komposition. Als Komponist von Instrumentalwerken (die Orgel war sein Lieblingsinstrument), des Ora toriums „Das Buch mit sieben Siegeln" (1937), das als Kernstück seines Schaffens gilt und darüber hinaus einen originellen Beitrag zur Gattungsgeschichte im 20. Jh. darstellt, sowie der Opern „Notre Dame" (1914) und „Fredi- gundis" (1922), die sich freilich aufgrund text licher Schwächen nicht durchsetzten, entwickel te Franz Schmidt einen persönlichen Stil im Spannungsfeld klassisch-romantischer Tradition und expressionistischem Zeitgeist, ohne die Schwelle zur Atonalität zu überschreiten. Sein von deutschen, slawischen und ungarischen Quellen geprägtes Musikantentum entfaltete sich vorwiegend innerhalb überlieferter Form traditionen. Das Zwischenspiel aus „Notre Dame" erlangte als selbständiges Orchester stück mit seinem vollen, von Zigeunerweisen durchsetzten Klang Weltruhm. Den krönenden Höhepunkt und zugleich Ab schluß seines sinfonischen Schaffens erreichte Schmidt, nicht zu Unrecht als „Hüter des Er bes von Brahms und Bruckner" apostrophiert, mit der Sinfonie Nr. 4 C-Dur, die er 1932 33 als ein „Requiem für seine Tochter" komponierte. „Schönheit und Totenklage sind in ihr vereint, Persönliches ist in echt klassi scher Weise ins Allgemein-Menschliche gewen det. Mit ihrer inneren Bedeutsamkeit verbindet sich eine äußere Eigenart: es ist eine Sinfonie, in der die viersätzige Form in einen einzigen großen Satz zusammengefaßt erscheint, Schmidt also eine neue Konsequenz aus sei nen bisherigen Formtendenzen zog. Die Ex position nimmt die Stelle des ersten Satzes ein, während die variierte Reprise das Finale darstellt und dazwischen die Durchführung die Gestalt von Adagio und Scherzo annimmt. Das Hauptthema der Sinfonie ist eine zu Be ginn (Allegro molto moderato) ganz leise und solo erklingende chromatische .Trompeten schalmei', eine richtige .lyrische Weise', die die Tonart nicht gleich erkennen läßt. In der Coda, die der Komponist als Sterben in Schönheit deutete, klingt das Werk wieder mit diesem Thema melancholisch aus. Der formvollendete Bogen, die Geschlossenheit der Entwicklung, die reiche Harmonik und deren meisterliche Modulationen, der klangvolle, durchsichtige, stellenweise fast sparsame Satz zeugen von einer musikalischen Reife höchster Größen ordnung. Die ergreifende Melodik des dreiteiligen Ada gios wird vom Solocello intoniert. Aus ihren Intervallspannungen mag man eine Verwalk Schaftsbeziehung zum Hauptthema heraul^F sen. Der Mittelteil dieses Adagios ist ein Trau ermarsch, eine bekenntnishafte Totenklage, das eigentliche .Requiem' für seine Tochter, voll Intensität und gesteigert zu einem erschüt ternden Kulminationspunkt, danach wieder ab klingend. Die Thematik des Scherzoteils (Mol to vivace) erscheint substantiell dem Adagio thema verpflichtet. Im Verlauf des rondoförmi gen Scherzos tauchen auch das Haupt- und Seitenthema des Allegroteiles wieder auf, wo durch der Durchführungscharakter unterstrichen wird. Das Finale (Tempo I un poco sostenuto) bringt nochmals Steigerung und den bereits erwähnten verklärten Ausklang" (zitiert nach Norbert Tschulik: F. Schmidt, Wien 1972). Die Uraufführung des bedeutenden Werkes, das zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist, fand 1934 unter der Leitung Oswald Kabastas in einem von der Gesellschaft der Musikfreun de und Radio Wien veranstalteten Konzert statt. 1935 musizierte es der Komponist mit den Wiener Philharmonikern und 1937 mit der Staatskapelle Dresden. Samuel Barber, einer der erfolgreich sten und am meisten gespielten amerikani schen Komponisten, wurde 1910 im West Che ster (Pennsylvania) geboren, besuchte vom 14. bis 21. Lebensjahr das Curtis Institute of Music in Philadelphia, wo er u. a. Kompositionsschü ler von Rosario Scalero war. Noch während seiner Ausbildung bzw. kurz danach erhielt er mehrere bedeutende amerikanische Kunst preise. Hervorragende Interpreten, darunter Toscanini, Molinari, B. Walter, Kussewitzky, Or- mandy, Mitropoulos und viele andere, setzten sich für seine Werke ein.