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3. ZYKLUS-KONZERT FRANZ LISZT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Freitag, den 25. Oktober 1985, 20.00 Uhr Sonnabend, den 26. Oktober 1985, 20.00 Uhr oresonep ohillnarnnoniie* Dirigent: Cristian Mandeal, SR Rumänien Solist: Jorge Luis Prats, Kuba, Klavier Franz Liszt 1811-1886 Hamlet - Sinfonische Dichtung Ludwig van Beethoven 1770-1827 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll op. 37 Allegro con brio Largo Rondo (Allegro) PAUSE Carl Nielsen 1865-1931 Sinfonie Nr. 5 op. 50 Tempo giusto — Adagio non troppo Allegro — Presto — Andante un poco tranquillo — Allegro Das Gastspiel der Mecklenburgischen Staats kapelle Schwerin wird in die kommende Kon zertsaison verlegt. Der kubanische Pianist JORGE LUIS PRATS wurde 1956 in Camagusy geboren. Vom sechsten Lebensjahr an i Klavierspiel ausgebildet, legte er nach dem Studiu an der Nationalschule der Künste in Havanna bei Mar got Rojas und Frank Fernandez 1976 das Examen ab. Er war außerdem Schüler der Meisterklasse von Prof. Maglia Tagliaferro. Jorge Luis Prats ging aus nationa len Wettbewerben mehrfach als Sieger hervor. Eine Goldmedaille erhielt er im Katja-Popowa-Wettbewerb in Plewen/Bulgarien, und die Teilnahme am schwieri gen Marguerite-Long-Jacques-Thibaud-Wettbewerb 1977 brachte ihm den 1. Preis und den Sonderpreis für be sondere interpretatorische Aufgaben. Neben Konzer ten, Rundfunk- und Fernsehaufnahmen im eigenen Land trat er im Ausland u. a. bisher in Jamaika, Spanien, Frankreich, der Sowjetunion und in Bulgarien in Er scheinung. 3 3 CRISTIAN MANDEAL, Jahrgang 1946, wurde in Rupea, in der Nähe von Brasov, geboren. Er absolvierte die Musikhochschule in Brasov 1965 als Pianist und setzte danach seine Ausbildung am Ciprian-Porumbescu-Kon- servatorium in Bukarest fort. Er widmete sich hier ins besondere der Komposition. Anschließend vertiefte er seine Studien in Meisterkursen am Konservatorium in Bukarest. Während seiner Ausbildung leitete er das Or chester des Konservatoriums. Jetzt ist der Künstler Di rigent der Philharmonie von Cluj-Napoca. Mehrmals nahm er an Meisterkursen des Internationalen Festivals der Musikalischen Jugend in Bayreuth teil. Zwischen 1979 und 1983 wurde er mit verschiedenen Preisen und Auszeichnungen seines Landes bedacht. Cristian Mandeals Dirigententätigkeit schließt neben erfolgreichen Gastspielen bisher in der DDR, UdSSR, VR Polen, CSSR, VR Bulgarien, in Griechenland, Ita lien, Spanien, der Türkei, in den USA und in Berlin (West) die enge Zusammenarbeit mit dem rumänischen Rundfunk und der rumänischen Schallplattenfirma „Elektrecord" ein, die ihn für zahlreiche Aufnahmen klassischer und zeitgenössischer Musik verpflichteten. ZUR EINFÜHRUNG Franz Liszts Sinfonische Dich tung „Hamlet", die 1858 in Weimar komponiert wurde, ist heute fast vergessen; doch verdient sie dieses Schicksal nicht. Ur sprünglich war das Werk gedacht als Ouver türe zu Shakespeares „Hamlet". Liszt fügte später noch eine lyrische Partie ein, die Ophe lia schildern soll, und veröffentlichte das Ganze als sinfonische Dichtung. Die Uraufführung er folgte am 2. Juli 1876 in Sondershausen unter Max Erdmannsdörfer. Nur den tragischen Grundgedanken des Shakespearschen Trauer spieles kleidete Liszt in Töne, nicht Einzelheiten des Dramas selbst. Vortragsbezeichnungen in der Partitur wie „sehr langsam und düster" oder „sehr leidenschaftlich" oder „verzweifelt sind die einzigen äußeren Hinweise auf inhalt liche Vorgänge, die in diesem Stück — abwei chend von der Praxis der „Programmusik" - nicht mehr oder weniger plastisch und festum rissen nachgezeichnet werden, sondern in die eher eine „musikalische Einfühlung" erfolgt. Wir erleben somit in Liszts Komposition eher den „Stimmungshintergrund" des Hamlet-Dra mas, die Schwermut und das große tragische Geheimnis der Hamlet-Seele als bestimmte dramatische Aktionen der Shakespearschen Tragödie. Der Tondichter teilt uns gewisser maßen seine persönliche Auffassung von der Gestalt des Dänenprinzen mit. Liszts „Hamlet" beginnt „sehr langsam und düster" mit dem lang gehaltenen Ton eines gestopften Hornes. Holzbläser führen das un endlich melancholische Hamlet-Thema ein, das in ungewissen „schwankenden" Tonschatten der leisen Bässe und Pauken hinschwindet. Es wiederholt sich quälerisch, peinigend. Die Mu sik steigert sich zur Klage. Die Entwicklung verläuft in kurzen Episoden, sprunghaft förm lich. Plötzlich wechselt die quälende Grund stimmung in den Ausdruck ungestümer, ja he roischer Tatkraft. „Sein oder Nichtsein" — klingt diese Frage nicht aus dem rhythmischen Zitat des Beethovenschen Schicksalsmotives aus der 5. Sinfonie? Zweimal erscheint sodann das liebliche Bild Ophelias (zu den Klarinetten und Flöten gesellt sich nur noch eine Solovio line). Doch Spott und Ironie verscheuchen es. Dem Zusammenbruch des Helden folgt ein kurzer Epilog (Moderato — funebre), Ausdruck des Schmerzes und der Trauer um den „edlen Geist, der hier zerstört" wurde. Ludwig van Beethoven hat mit seinen fünf Klavierkonzerten, die er zunächst für sein eigenes öffentliches Wirken als Pianist schrieb, Gipfelwerke der virtuosen Konzertliteratur ge schaffen. Bereits vor den ersten beiden Klavier konzerten op. 15 und op. 19 hatte er sich mit der Komposition von Klavierwerken beschäftigt (Trios op. 1, zahlreiche Sonaten) und auf die sem Schaffensgebiet weit eher musikalisches Neuland, neue Klangbezirke erschlossen als in der Sinfonik. Die Klavierkonzerte entstanden etwa parallel zu den ersten sechs Sinfonien. Als sein Gehörleiden den Meister zwang, seine von den Zeitgenossen hochgeschätzte pianisti- sche Tätigkeit aufzugeben, hatte er sein be deutendstes Klavierkonzert, das fünfte in Ef Dur, bereits geschaffen und die mit dem drir ten Konzert einsetzende Entwicklung seines konzertanten Schaffens von aristokratisch-ge sellschaftlicher Unterhaltungskunst zum ideell schöpferischen Bekenntnis auf den Höhepunkt geführt. Das 3. Klavierkonzert in c-Moll o p . 37 stammt in seiner endgültigen Gestal tung aus dem Jahre 1802 (Skizzen dazu ent standen allerdings bereits in früheren Jahren) und wurde mit dem Komponisten als Solisten zusammen mit der 2. Sinfonie und dem Ora torium „Christus am Ölberg" am 5. April 1803 in Wien uraufgeführt. Es ist sicher vor allem von der Zeit der Entstehung dieses Werkes her zu begreifen, wenn Beethoven hier im Ver gleich zu den beiden vorhergehenden Klavier konzerten ganz neue Töne anschlägt, diese Gattung unter ganz neue Gesetze stellt: war doch das Entstehungsjahr 1802, das Jahr des erschütternden „Heiligenstädter Testaments", für ihn durch die menschliche Tragik seiner be ginnenden Ertaubung auch in persönlicher Be ziehung äußerst krisenreich und bedeutungs voll. Aus dem c-Moll-Konzert (schon die Wahl dieser Tonart ist charakteristisch) spricht bJ reits der gereifte Meister zu uns, der sich ™ großen, leidenschaftlichen Auseinandersetzun gen durch die ihn bewegenden Probleme hin durchkämpft und sie endlich überwindet. In formaler Hinsicht wird dabei in diesem Werk zum erstenmal in der Geschichte des Instru mentalkonzerts das Konzert der Sinfonie ange glichen und auch in der Verarbeitung des the matischen Materials dem sinfonischen Prinzip unterworfen. So wie beim Soloinstrument das Virtuose jetzt vollkommen in den Dienst der inhaltlichen Aussage gestellt wird, wird nun auch das Orchester aus seiner bisher größten teils nur begleitenden Funktion gelöst - Kia-