Volltext Seite (XML)
vier und Orchester konzertieren im dramati schen, spannungsgeladenen Mit- und Gegen einander in absoluter Gleichberechtigung. Das plastisch-einprägsame, männliche Haupt thema des ersten Satzes (Allegro con brio) setzt sich aus einem aufsteigenden c-Moll- Dreiklang, einem abwärts zum Grundton fal lenden Schreitmotiv und einem ausgesprochen rhythmischen Quartenmotiv zusammen, das be sonders in der Coda (hier von den Pauken ge spielt) wichtig für die thematische Entwicklung wird. Einen Gegensatz dazu bringt ein schwär merisches, gesangvolles zweites Thema in der Paralleltonart Es-Dur. Nachdem das Hauptthe ma die orchestrale Exposition energisch been gt hat, beginnt in der an Auseinandersetzun- “n und Spannungen reichen, die Themen mei sterhaft verarbeitenden großen Durchführung das intensive Wechselspiel der beiden Partner, das schließlich noch nach der Kadenz des Soli sten in der Coda eine letzte Steigerung erfährt. Schon rein durch seine Tonart E-Dur hebt sich das folgende, innig-schöne Largo merklich von den Ecksätzen ab. Der dreiteilig angelegte Satz, von dem eine gelöste, feierlich-ruhevolle Stimmung ausgeht, setzt solistisch ein; das zu erst vom Klavier vorgetragene Thema ist von klassischer Größe und Erhabenheit. Im Zwie gespräch mit dem Orchester wird es dann durch das Soloinstrument mit feinem, filigranhaftem Figurenwerk umspielt. Harfenähnliche Arpeg- gien des Klaviers umranken im Mittelteil des Largos den Gesang der Flöten und Fagotte, bis in der Reprise wieder die Ornamentik des begleitenden Soloinstrumentes, jetzt noch rei cher angewendet, kennzeichnend wird. Der lebhafte, humorvoll-energische Finalsatz, ein Rondo, führt in die Haupttonart c-Moll zurück. Wiederum beginnt der Solist mit dem Hauptthema, das zupackend-trotzige Züge trägt und im Verlauf des Satzes im geist- k’len Dialog zwischen Orchester und Klavier 1t Varianten immer wieder auftaucht, wobei interessante harmonische Rückungen, eigenwil lige Modulationen charakteristisch sind. Nach einer zweiten kurzen Kadenz des Klaviers fin det ein Wechsel von Takt, Tempo und Tonart statt. Die stürmische Coda (6/8-Takt, Presto) schließt in strahlendem C-Dur schwungvoll und glänzend das Konzert ab. Carl Nielsen galt zu seiner Zeit in den skandinavischen Ländern als Dä nemarks „größter Sohn auf dem Gebiet der Künste nach Hans Christian Andersen". Aber dieser Ruhm überschritt zu Nielsens Lebzeiten die Grenzen Skandinaviens nicht, und seine Leistungen wurden vom Ausland nur wenig beachtet. 1922 dirigierte er zweimal in Berlin eigene Werke, und auch Fritz Busch und Wil helm Furtwängler setzten sich für ihn ein. Furt wängler dirigierte Nielsens 5. Sinfonie 1927 mit großem Erfolg während eines internationalen Musikfestivals. Erst nach dem Tode des Kom ponisten, insbesondere nach dem zweiten Welt krieg, gelangte Nielsens Schaffen mehr und mehr zu internationalem Ansehen. Der Kom ponist gilt heute als eine bemerkenswerte Per sönlichkeit der Musikgeschichte des 20. Jahr hunderts, die mit eigenwilligen Neuerungen der Musikentwicklung vorausgegriffen und zur Erweiterung der melodisch-harmonischen Aus drucksmittel beigetragen hat. Charakteristisch ist seine rhythmisch kraftvoll-akzentuierte, po lyphon-lineare und polytonale Schreibweise. Anregungen für sein Schaffen fand Nielsen bei Mozart und Brahms, aber auch bei Bach und Händel. Ferner verarbeitete er Einflüsse des dänischen Volksliedes sowie solche aus Werken von Gade, J. Svendsen und J. P. E. Hartmann. Seine Hinwendung zu Kontrapunkt und Linea rität wirkte anregend auf Komponisten der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nielsens Schaf fen umfaßt nahezu alle musikalischen Genres. Er schrieb u. a. Lieder, vier Streichquartette, drei Instrumentalkonzerte, sechs Sinfonien, zwei Opern. Es gelang ihm auf allen Gebieten, Werke von hoher künstlerischer Qualität zu schaffen. Erste musikalische Anleitungen erhielt Nielsen von seinem Vater, der von Beruf An streicher war und sich als Dorfmusikant Geld hinzuverdiente. Als 17jähriger begann Nielsen, von Niels W. Gade gefördert, am Konservato rium in Kopenhagen Violine und Komposition zu studieren. Noch während des Studiums er lebte er die erste öffentliche Aufführung einer seiner Kompositionen. 1890/91 führte ihn eine Studienreise nach Deutschland, Österreich und Frankreich, und er traf sich u. a. auch mit Brahms. 1894 wurde Nielsens 1. Sinfonie durch das Kopenhagener Hoforchester mit großem Erfolg uraufgeführt. Mit den Aufführungen sei ner beiden Opern, „Saul und David" (1902) und „Maskerade" (1906), die begeisterte Auf nahme fanden, hatte er sich Kopenhagen er obert. 1908 bis 1914 war Nielsen Hofkapell meister in Kopenhagen. Während dieser Zeit entstanden seine 3. und 4. Sinfonie. Sie mach ten Nielsen in ganz Skandinavien berühmt. 1915 bis 1927 leitete Nielsen den Kopenhage ner Musikverein. Später wurde er auch Direk tor des Konservatoriums der Stadt und über nahm außerdem ab 1918 die Leitung der Gö teborger Konzerte. Als Dirigent eigener Werke besuchte er verschiedene europäische Musik zentren. Die 5. Sinfonie op. 50 entstand in den Jahren 1920 bis 1922 und wurde 1922 in Ko penhagen unter Leitung des Komponisten ur aufgeführt. In dieser Sinfonie brach Nielsen am konsequentesten mit den klassischen Form prinzipien, auch mit der klassischen Viersätzig- keit. Das Werk besteht aus zwei großen, in sich abgeschlossenen Satzblöcken, die jeweils aus mehreren kontrastierenden Teilen zusam mengesetzt sind. Der erste Satz ist zweiteilig: Tempo giusto — Adagio non troppo. Er wird eröffnet von einem lang anhaltenden Brat schentremolo, das sich später melismatisch er weitert und ein zentrales Motiv des ersten Tei les ist. Es entwickeln sich einzelne motivische Gestalten und Melodiebögen. Einen großen Kontrast dazu bildet das rhythmisch stark ak zentuierte Spiel der kleinen Trommel. Völlig andersartig — ausdrucksmäßig wie strukturell — ist der zweite Satzteil, ein polyphones Ada gio, eingeleitet durch ein melodiöses, diato- VORANKÜNDIGUNGEN: Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dipl.-Phil. Sabine Grosse nisches Thema. Es herscht zunächst ’ Klarheit; harmonische Ordnung - plötzlich aber taucht das Melisma des ersten Teiles wieder auf und wenig später auch noch der Trommelrhythmus. Diese beiden Grundelemente des ersten Teils laufen jetzt konsequent parallel zur im Adagio angestimmten Intonation und beeinflussen den Verlauf des zweiten Teiles erheblich. Es wird ein Kampf zwischen zwei völlig verschiedenen Kräften ausgetragen. Im zweiten Satz der Sinfonie, der aus vier Tei len besteht, wird dieser Kampf auf anderer Ebene fortgesetzt. Nach einem vitalen Allegro- Teil entwickelt sich zwischen Holzbläsern und Streichern eine stürmische, scherzoartige Presto- fuge. Es folgt eine sehr eindringliche Anda-^^ Fuge, die auf das rhythmisch umgeformte eW Allegro-Thema aufbaut. Den Abschluß bildet eine stark verkürzte Reprise des Allegros. In der Coda erscheint nochmals das Melisma des ersten Satzes, das sich hier aber dem Rhyth mus des abschließenden Allegro-Themas an paßt. Mit einem strahlenden Es-Dur-Akkord schließt das „gewaltige Lebenslied", wie Erich Brüll die Sinfonie bezeichnet hat. Prof. Dr. Dieter Härtwig Sonnabend, den 30. November 198 -, 20.00 Uhr (Anrecht B) Sonntag, den 1. Dezember 198“, 20.00 Uhr (Anrecht C2) Festsaal des Kulturpalastes Dresden Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr Prof. Dr. habil. Dieter Härtwig 4. ZYKLUS-KONZERT Dirigent: Jörg-Peter Weigle, Leipzig Solistin: Dorothea Fleischmannovä, CSSR, Orgel Chor: Prager Männerchor, CSSR Einstudierung: Miroslav Kosler Werke von Liszt und Cherubini Sonnabend, den 7. Dezember 1985, 20.00 Uhr (Freiverkauf) Sonntag, den 8. Dezember 1985, 20.00 Uhr (AK/J) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 4. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Miltiades Caridis, Österreich Werke von Mozart und Orff Spielzeit 1985/86 Druck: GGV, BT Heidenau 111-25-16 2,85 JtG 009-65-85 EVP -,25 M 3. ZYKLUS-KONZERT 1 985/86