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864 zu erledigen, wodurch nach der.Aufhebung dieser Localabgaben daß daraus entstehende Deficit gedeckt werden solle? Der Konsequenz we gen müßte der Staatsschatz, wenn er auf Hrn. D'Jsraeli's Antrag ein ginge, die städtischen so gut wie die ländlichen Abgaben auf sich neh men, also die Hälfte von 14 Mill. Diese ließe sich nicht anders decken als durch eine erhöhte Einkommensteuer, und in Folge davon würden nach dem jetzt angenommenen Verhältnisse 3'/« Mill, auf die Pächter fallen, die sich gerade Hrn. D'Jsraeli zum besondern Schutz auserlesen. Sein Hauptgrund gegen eine durchgreifende Uebernahme der Localab- gaben von Seiten des Staats sei die Gefährlichkeit einer solchen Maß regel, indem dadurch die Staatslasten vermehrt und die Stabilität der Institutionen Englands durch ein Lossagcn von dem heilsamen Prin cipe der Selbstregierung erschüttert werde. Die Rede des Schatzkanz lers hatte über 2 Stunden gedauert, und die weitere Verhandlung wurde daher, nachdem noch Hr. Christopher und der Earl of March einige Worte zu Gunsten, und Oberst Thompson gegen den Antrag D'Jsraeli's gesprochen, auf heute ausgesetzt. — Aus Irland bringt jede Post neue Nachrichten von Versamm lungen gegen die von Lord I. Russell beantragte Zuschußarmen steuer von 2^ Proc. Der bemerkenswerthestc Zug bei diesen Ver sammlungen, denen meistens vornehme Grundbesitzer präsidiren, ist, daß die ärgsten Tories, wie z. B- der Earl of Roden, jetzt am eifrigsten die von ihnen oft als revolutionair verschriene Agitation und Wider stand gegen die Einsammlung der Steuer empfehlen. Niederlande. Der Staatscourant erklärt den von der Oberpostamls-Zeitung gemeldeten Ankauf von Privatschiffen für Rechnung Oesterreichs (Nr. 69) für eben so ungcgründet als die früher von der Oberpostamts- Zeitung mitgetheilte, von dem Staatscourant widerlegte Nachricht, als hätte die niederländische Regierung Oesterreich einen Theil ihrer Flotte zur Verfügung gestellt. Dänemark. Aus Kopenhagen vom 14. März wird der Börsen-Halle ge schrieben: Der Ausbruch der Feindseligkeiten am 27. März ist gewiß, sobald deutsche Truppen in die Herzogthümer wieder einrücken. Cs herrscht hier ein lebendiges militairisches Treiben, alle disponiblen Dampfschiffe sind in Bewegung, und große Energie wird entwickelt, um Ende des Monats kampfgcrüstet dazustchen. Die Garde hat eben falls Befehl, zum Anfang nächster Woche marschfertig zu sein, dem nach ist anzunehmen, daß der König persönlich ins Feld geht. Eß heißt, General Fabvier werde, ohne einen bestimmten Posten zu be kleiden, den König begleiten. — Flyvepostcn bezweifelt die Nachricht, daß Bunsen die Friedcnsunterhandlungen für den cingetrctencn Fall Ler Kündigung des Waffenstillstandes abgebrochen habe. „Jedoch,' fährt er fort, sollte es wirklich der Fall gewesen sein und Lord Pal merston selbst die Verlängerung des Waffenstillstandes ernstlich gefe dert haben, so würde es doch im höchsten Grade unchrenvoll sein, wenn man sich durch leere Worte ins Bockshorn jagen ließe. Wir wissen schon aus Erfahrung, daß wir von England, so lange Lord Palmerston Minister des Auswärtigen, nicht die geringste Hülfe zu er warten haben, aber etwas Feindseliges gegen Dänemark zu beginnen, dazu wird der edle Lord, auf den Grund einer Weigerung unsererseits, sich nimmer erdreisten. Sollten inzwischen die Fricdensunterhandlun- gcn wirklich abgebrochen sein, so wäre jetzt die beste Gelegenheit, die englische Vermittelung durchaus zu verwerfen, als für Dänemark nach- thrilig und unvereinbar mit der Garantie, wodurch cs ihm den unqe- kränkten und ewigen Besitz Schleswigs zugesichcrt hat. Es scheint uns hohe Zeit, daß man kräftig gegen die diplomatischen Ränke und Kniffe austrete, womit man so lange schon versucht hat uns unser gutes Recht wegzuescamotircn, und jetzt, da dieses endlich strahlend ins Licht getreten ist, sucht man mit Drohungen zu erlangen, was man auf krummem Wege nicht erreichen kynntc. Türkei. Konstantinopel, 28. Febr. Der Divan hält fortwährend häufige Sitzungen. Wie man versichert, hat die Pforte dem russischen Cabinet den Entwurf einer Verfassung für die Moldau und Wa lachei vorgclegt, mit zwei Kammern, einem auf 7 Jahre zu wählen den Präsidenten, Wählbarkeit jedes Bürgers zum Präsidenten rc. Ob Rußland seine Zustimmung geben wird, ist natürlich sehr die Frage. Die Pforte setzt ihre Rüstungen indessen beständig fort. 40 Kriegsschiffe sollen jetzt vollkommen ausgerüstet im Hafen liegen. (A. Z.) Die Minoritätserachten zu dem Ricsscrschcn Bericht über den Welcker'schcn Antrag (Nr. 77) lauten: I. Minoritätßerachten. Die Nationalvexsammlung wolle über den Welcker'schcn Antrag zur Tagesordnung übergehen. Schüler aus Jena. Schreiner. Wigard. Römer. II. Eventueller Antrag. Diejenigen Theile der Reichsverfassung, bei welchen eine zweite Lesung noch nicht stattgefundcn hat, werden in der Weise bei der zweiten Lesung zur Annahme oder Verwerfung gestellt, daß jede Discufsion über den Inhalt der einzelnen Paragraphen ausgeschlossen ist, dagegen über jeden Paragraphen und die hierzu gestellten Minoritäts erachten und sonstigen Verbesserungsanträge die besondere Abstimmung er folgt. Wigard. Ahrens. Schüler aus Jena. Römer. Schreiner. lli. Minoritätserachten. Die Unterzeichneten, in Erwägung, daß die deutsche Verfassung auf die Integrität des deutschen Reichs ge gründet werden müsse, welche auch in dem deutschen Bunde gewahrt wurde, daß keinem Bundeslande das Recht zur Ausscheidung eingeräumt werden könne, beantragen den §. 1 so zu fassen: „Daß deutsche Reich besteht auß dem Gebiete des bisherigen deutschen Bundes. Die Festsetzung der Ver hältnisse des HerzogthumS Schleswig bleibt Vorbehalten." Ahrens. Wi gard. Schüler auß Jena. Schreiner. IV. MinoritätSerachten. Die Unterzeichneten beantragen, daß die in dem Vorschläge, das Wahlgesetz in die Gesammtabstimmung über die Verfassung aufzunehmen, enthaltene Ausnahme hinsichtlich des öffentli chen Stimmabgebens bei den Wahlen nicht angenommen werde. Ahrens. Wigard (eventuell). Schreiner. Mittermaier. V. Eventueller MinoritätSerachten. Für den Fall, daß die Mehrheit der Nationalversammlung nach dem Welcker'schcn Anträge be schließt, die deutsche Kaiserkrone dem König von Preußen erblich anzutra gen, möge diesem Anerbieten die Bedingung hinzugefügt werden: „daß dle einzeln«» Provinzen deß preußischen StaatS sich zu eben so vielen be sondern, zum deutschen Reiche gehörigen Staaten constituiren. Schüler aus Jena. Wigard. Ahrens. Römer (namentlich im Hinblick auf das Misverhältniß der Stimmen der fabriktreibenden Staaten im Staaten hause). Gülich. Schreiner. VI. Eventueller Antrag. Es möge bei dem Vorschlag wegen Abänderung der Stimmcnzahl im Staatenhausc der vom Abg. Zell und Genossen, in den MinoritätSerachten zur Vorlage für die zweite Lesung der deutschen Reichsverfassung gestellte Antrag, zu §. 95 ausgenommen werden. Wigard. Schüler aus Zena. Ahrens. Römer. Schreiner. VIl. Sondergutachten. Die deutsche verfassunggebende National versammlung beschließt: 1) Angesichts der wiederholten öffentlichen Nach richten von fremder Einsprache gegen die von der deutschen Nation zu be schließende Verfassung, gegen solche Eingriffe Auswärtiger in daS heiligste Urrecht freier Völker ihre Entrüstung gegen jeden Deutschen aber, sei er Fürst oder Bürger, welcher landcSvcrräthcrisch solche Eingriffe Hervorrufen möchte, den tiefsten Abscheu und zugleich die feste Erwartung auszusprc- chen, daß die deutsche Nation wie Ein Mann ihre Ehre vcrtheidigen und deren Verletzung zurückwcisen werde. 2) In Betracht, daß die von dem österreichischen Ministerium octroyirtc Verfassung für die Gcsammtmonarchie Oesterreichs nicht nur eine Verläugnung der dem ganzen deutschen Volke durch die Nationalversammlung gewährleisteten Grundrechte, sondern auch eine landcSverrätherische LvSreißung der deutsch-österreichischen Lande vom deutschen Reiche in sich schließt, diese Verfassung insoweit für null und nichtig zu erklären, als ihre Bestimmungen auf die deutsch-österreichischen Lande sich beziehen. 3) In Betracht, daß der an Robert Blum verübte Mord und die hierdurch an den Tag gelegte Verhöhnung des Reichsgc- sctzcS vom 30. Sept. 1848, betreffend das Verfahren im Falle gerichtlicher Anklagen gegen Mitglieder der verfassunggebenden Ncichsvcrsammlung, bis heute durch die Bestrafung der Schuldigen nicht nur nicht gesühnt worden ist, sondern seitdem die, allen Deutschen durch daS RcichSgcsctz vom 27. Dec. 1848 verbürgten Grundrechte in den deutsch.österreichischen Landen auf die schnödeste Weise fort und fort verletzt werden, dem Rcichsministc- rium aufzugeben, unverwcilt auf die Bestrafung der Urheber und Theilha- ber sowol an dem Morde Robert Blum's als an den übrigen seither an deutschen Reichßbürgcrn in Deutsch-Ocstexrcich verübten Mordthaten und Freveln zu bestehen. 4) Dem NcichSministcrium aufzugcbcn, diejenige Trup penstärke an der österreichischen Grenze sofort aufzustellcn, welche erfoderlich ist, die Rechte des deutschen Reichs aufdie deutsch-österreichischen Lande mit Nach druck zu wahren und das loyale deutsch-Lsterrcichssche Volk, welches sich den Beschlüssen der deutschen Nationalversammlung als dem rechtmäßigen Aus druck des GesammtwillcnS der deutschen Nation anschließc'n will, in seinem Widerstreben gegen den jetzt in Oesterreich herrschenden MilitairdespotismuS zu unterstützen. 5) Dem Neichßministerium Vollmacht und Auftrag zu cr- thcilen, die Beschlüsse unter 2 und 3 mit bewaffneter Hand zur Geltung zu bringen, falls daS österreichische Ministerium nicht unverzüglich diesen Beschlüssen nachkommt. 6) Einen Aufruf sowol an die Bewohner der deutsch-österreichischen Lande wie an das gesummte Volk mit der Auffode- rung zü einer allgemeinen Volksbewaffnung zu erlassen, um, wenn cS die Gefahr des Vaterlandes erheischt, auf den Aufruf der Nationalversammlung sich wie Ein Mann zu erheben und im Anschlusse an das deutsche Reichs- Heer die inncrn und die äußern Feinde der Freiheit, Einheit und Unab hängigkeit der deutschen Nation zu besiegen. 7) Dem Reichsministc- rium aufzugcbcn, über die Ausführung und den Erfolg vorstehender Be schlüsse Bericht an die Nationalversammlung einen Lag über den andern zu erstatten. > 8) Endlich aber in Betracht, daß die Nationalversammlung sich wird ohnedies angelegen sein lassen, das VcrfassungSwcrk in möglichster Beschleunigung zu Ende zu führen, so weit dieses ohne Beeinträchtigung einer gründlichen Bcrathung thunlich ist, und daß die Annahme einer Ver fassung über Bausch und Bogen nicht nur der Würde der Nationalver sammlung widerspricht, sondern auch diese von der Mehrheit dcS Ausschus ses vorgeschlagene Annahme über Bausch und Bogen um so bedenklicher ist, als der Ausschuß die wesentlichsten Veränderungen in vielen von der Nationalversammlung bei erster Lesung gefaßten Beschlüssen vorgcnommen und neue Anträge ausgenommen hat, und zwar in dem einen wie andern Falle meistens nur mit einer oder einigen Stimmen Mehrheit bei einer An wesenheit von durchschnittlich nur 16, 18 bis 20, höchst selten 24 Auß- schußmitglicdern, sodaß also bei der Annahme der Verfassung über Bausch und Bogen die Stimme nur eines oder einiger weniger Ausschußmitglieder in den wichtigsten Bestimmungen der Verfassung allein maßgebend sein würde, über den Antrag des Abg. Welcker unter 2—8 zur Tagesordnung übcrzugehcn. Fr. Wigard. Schüler aus Jena. Verantwortliche Rrdaction: Or At. Kktftr. Druck und Verlag von A. V. Broikha«» in Eieipztx.