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^Aus Thüringen, 17. Jan. Um das den deutschen Fürsten durch Napoleon gemachte, für die Freiheit der Völker so zweideutige Geschenk der Souverainetä t zu retten, haben bekanntlich die thüringi schen Fürsten eine Vereinbarung zu erstreben gesucht, die leider an der Zähigkeit gescheitert ist, mit der man die Sonderinteressen festhält. So sehen denn die Thüringer abermals ihre Hoffnungen auf Vereinigung zu einem größern politischen Ganzen vereitelt, in welchem sie Verein fachung der Justiz und der Verwaltung, dem zufolge Verminderung der Steuern, ferner Schutz gegen Anarchie zu finden glaubten. Der alte Jam- mel der Zersplitterung soll noch länger dauern, um endlich die Vernichtung jeder Souverainetät und die von vielen Thüringern ersehnte Mediatisi- rung herbeizuführcn, was wol erfolgen könnte, wenn in den Haupt sachen keine Vereinbarung zu Stande kommt. Die thüringische Be völkerung wird aber nicht die Souverainetät ihrer Fürsten, sondern die Souverainetät mancher geheimen Räthe vernichten und einen Zustand her- bcizuführen suchen, in dem die Fürsten mit dem Volk eine bessere Zeit anbahnen. Hätten die thüringischen Fürsten unter sich eine Verein barung getroffen, mit Zuziehung gesinnungstüchtigcr Männer aus dem Volke, so würde das Ergebniß sicherlich ein günstigeres sein, als das die Ministerconferenzen in Gotha zu Tage gefördert haben. Sraunschweig, 17. Jan. Dem braunschweigischen Bevollmäch tigten in Frankfurt, Legationsrath Liebe, wurde gestern die Instruction zugesendet: Im Namen des Herzogs von Braunschweig der Reichs- gcwalt zu erklären, daß derselbe mit Einsetzung eines einzigen und erblichen Oberhaupts für den deutschen Bundesstaat einverstanden und der Meinung sei, daß diese Würde am entsprechendsten auf die Krone von Preußen übertragen werde. (D. Nz.) Schwerin, 14. Jan. Die Kammer der Abgeordneten ist am Schluffe ihrer gestrigen Sitzung in den ersten Conflict mit der Krone gerathen, insofern die letztere durch die Commissare vertreten wird. Aus Veranlassung des Umstandes, daß der Commissar Kippe erklärt hatte, das publicirte Gesetz wegen Aufhebung der körperlichen Züchtigung habe aus Veranlassung der Grundrechte einen etwas ver änderten Eingang gefunden (Nr. 19), hatte der Abg. Pohle den dring lichen Antrag gestellt, „die Abgeordnetenkammer wolle die HH. Com missare veranlassen, dahin zu wirken, daß Gesetzentwürfe, welche aus der Abgeordnetenkammer hervorgehcn, nur in der Form publicirt wer den, wie solche berathen ist, wenn die Abgeordnetenkammer nicht eine solche Veränderung genehmigt." Bei Darlegung der Gründe, welche die Regierung zu der oben bezeichneten Abänderung veranlaßt habe (damit nämlich nicht der Glaube erweckt werden möge, daß die Grund rechte von dem Beschlusse der Abgeordnetenkammer abhängig seien und erst durch die Sanktion der hiesigen Gesetzgebung in Kraft treten soll ten), hatte der Commissar Kippe sich der folgenden Worte bedient: „Daß man so ängstlich ist und glaubt, die Kammer müsse so ziemlich auf ihrem Rechte bestehen, glaube ich, ist nicht recht." Diese Äeuße- rung wurde vom Abg. Petermann so aufgefaßt, als habe der Com missar erklärt, daß die Kammer im formellen Rechte sei; das formelle Recht sei das der Kammer. Nachdem Commissar Kippe, der übrigens von der Tribune aus gesprochen hatte, zur factischen Berichtigung be merkt hatte, die Worte, wie der Abg. Petermann sie gesprochen, seien nicht von ihm gesagt worden, erklärte der Commissar Stever unter fortwähren der Unruhe der Versammlung: ich rcservire ausdrücklich alle Rechte der Krone der Kammer und dem Lande gegenüber," welchem der Commissar Buchka hinzufügte: Ich rcservire ebenfalls alle Rechte Sr. königl. Hoh. des Großhcrzogsvon Mecklenburg-Strelitz." Die Worte Commissar Stever's, vom Abg. Pohle misverstanden, veranlaßten denselben nunmehr zu der Be merkung, daß er dem landesherrlichen Commissar wohl zugestehe, Rechte der Krone zu reservircn, nicht aber Rechte der Krone und des Landes, was bis jetzt noch nicht die bestehende Zweithcilung sei. Jetzt nahm Commissar Buchka abermals das Recht in Anspruch, im Namen des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz Reservationen auszusprcchen, und nachdem Commissar Stever die Aeußerung des Abg. Pohle berich tigt hatte, sprach Abg. Cordua unter größter Aufregung und Geläch ter die inhaltschweren Worte: „Ich protestire im Namen des Volks, der Volkswille ist das höchste Gesetz." Abg. Pohle, durch Commissar Stever gezwungen, seine Aeußerung zurückzunehmcn, und nachträglich vom Abg. Meyer-Malchow wegen widersprechender Behauptungen gemeistert, verzichtete auf das Schlußwort, worauf auf Abg. Pcter- mann's Antrag auf namentliche Abstimmung der Pohle'schc Antrag mit 61 gegen 13 Stimmen (6 hatten sich der Abstimmung enthalten) angenommen wurde. Die Kammer hat also hierdurch mit entschiedener Majorität erlärt, daß eine Abänderung der von ihr bcrathenen Gesetz entwürfe nur mit ihrer Genehmigung geschehen solle; die Folgezeit muß nun lehren, ob die Krone unsere Abgeordnetenkammer schon jetzt als eine gesetzgebende oder nur als eine die Verfassung berathendc an erkennen wird, und ihre Rechte lediglich auf das suspensive Veto be schränken will. Jedenfalls wird der heutige Beschluß auf die Er klärung über den Beschluß wegen Aufhebung der ständischen Versüs sung nicht ohne Einfluß bleiben, da nach Aufhebung der bisherigen Stände die sKammer der Abgeordneten in die Rechte derselben treten und formell als gesetzgebender Körper anerkannt sein würde. (H. C.) Wiesbaden, 16. Jan. Nachdem in der heutigen Sitzung der Dep utirtcn kammer der Antrag des Abg. Naht, den Paragraph des alten Pcnsionsgesetzeß, „wonach jeder Staatsdiener zu allen Zeiten pensionirt werden könne," zu beseitigen (Nr. 18), durch den Abg. Jung schon mit Hinweisung auf den §. 4-1 der deutschen Grundrechte einer erweiterten Ausführung empfohlen worden war, wurde der Antrag des Abg. Wimpf, den Antrag vom Abg. Naht noch einmal in den Aus schuß zurückzuweiscn, wie auch der Vermittclüngsantrag des Präsiden ten Wirth, ihn in einer Abcndsitzung zu erledigen, angenommen. Nach der Berichterstattung des Abg. Müller II. über die Trennung der Ver waltung und der Justiz wurde der erste Paragraph des Regierungs entwurfs angenommen: „Die Rechtspflege und zwar die Civiljustiz, einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit und die Strafjustiz, ein schließlich der correctionellen und polizeilichen Strafgerichtsbarkeit, wird für die Zukunft auch in der untern Instanz von der Verwaltung im engern Sinne vollständig getrennt. (F.J.) Hamburg, 17. Jan. Lübeck und Bremen in Gemeinschaft mit Hamburg wollen sich wegen der vom Reichskriegsministerium al len deutschen Staaten aufcrlcgten Vermehrung des Contingents bis zu 2 Proc. der Bevölkerung hier berathen. (Diese Conferenzen be ginnen heute.) Wir glauben, daß diese Vermehrung den Hansestädten eine schwer zu ertragende Last ausbürden würde; doch wird sich keine der drei Städte dieser Verpflichtung entziehen wollen und können. Jn- deß gibt cs unseres Erachtens ein Mittel, die mit jener Vermehrung des Contingents verbundenen Jnconvenienzen und' Kosten zu erleich tern, und dies besteht in nichts Anderm, als daß die Behörden der drei Städte das Reichskriegsministerium veranlassen, cs ihnen einzu räumen, daß sie statt der gefederten Verdoppelung des Contingents zum deutschen Landheere eine entsprechende Anzahl Matrosen und Ma rinesoldaten zur Bemannung der in der Bildung begriffenen deutschen Flotte stellen. Auch den übrigen norddeutschen Küstcnstaaten könnte dieselbe Vergünstigung zu Theil oder wenigstens die Wahl gelassen werden, ein zweites Procent zum Landheere, oder eins zur Flotte zu stellen. Damit wäre der Flotte eine tüchtige, seekundige, abgehärtete Mannschaft, wie sic nur Norddeutschland liefern kann, gesichert; jeden falls aber würde der Matricularbeitrag zur deutschen Flotte in Geld den drei Hansestädten erlassen, und dieses Geld zur Ausrüstung des zu stellenden zweiten Proccnts der Bevölkerung zum Kriegsdienste ver wendet werden können. Dieses Auskunftsmittcl ist aber zugleich der Gerechtigkeit gemäß: denn sollten etwa die Hansestädte, nachdem sie 2 Proc. zum Landheere gestellt, noch Mannschaft für die Flotte liefern? ' (B.-H.) — In Hamburg macht ein eigentümlicher Fall viel Aufsehen. Der am 13. Jan. verstorbene Director des Stadtthcaters, Jean Bap tista Baison, sollte am 17. Jan. feierlich beerdigt werden. Zur gro ßen Ucberraschung des Publicums wurde aber am Abend vorher die Leiche von der israelitischen Gemeinde reclamirt, indem es sich durch Docmnente ergeben, daß der Verstorbene jüdischer Confession ist. Seine nächsten Freunde haben nichts von dessen jüdischer Abstammung gewußt, er war nicht zum Christenthum übergetreten, und doch wurde er von Stadt und Land für einen Protestanten gehalten. (D. Rcf.) * Altona, 18. Jan. Die neuesten dänischen Zeitungen veröffent lichen einige Aktenstücke in Bezug auf die Ausführung des Malmöer Waffenstillstandes, die doch wenigstens einiges Licht auf die Ver handlungen werfen, welche von der Reichsgcwalt mit der dänischen Regierung gepflogen wurden, um die Inseln Alfcn und Arröe unter die Verwaltung der gemeinsamen Regierung zu bekommen. Daß die Dänen nicht darauf eingehen, ist bekannt. Hoffentlich wird die deutsche Politik jetzt etwas kräftiger auftrcten, als es bisher geschehen ist und als die Gerüchte über die Basis des Friedens erwarten lassen, eine Basis, wie keine gefunden werden konnte, welche in den Herzogthümern unbelieb ter wäre. Kommt der Friede so zu Stande, so können wir uns auf böse innere Kämpfe gefaßt machen. — Das Kieler Corrcspondenzblatt vom 15. Jan. bringt folgende Adresse an den Reichsminister des Auswärtigen, welche in der am 13. Jan. stattgehabten Zusammenkunft an Kiel von nahe an -16 Mit gliedern der Landesversammlung (Nr. 18) angenommen worden ist und aus allen Theilen der Herzogthümer mit zahlreichen Unterschriften nach Frankfurt abgehen soll: Hohes Neichsministerium! Die öffentlichen Blät ter bringen über die vorgcschlagene Grundlage der bevorstehenden Friedcns- unterhandlungen zwischen Deutschland und Dänemark neuerdings Nachrich ten, denen eine gewisse Glaubwürdigkeit bcigemcssen werden darf. Es han delt sich darum, das Herzogthum Schleswig von Holstein zu trennen und als einen selbständigen Staat zwischen Deutschland und Dänemark hinzu stellen. Ueberzeugt, wie wir sind, daß es der Ecntralgewalt Deutsch lands nicht gleichgültig ist, zu wissen, in welcher Weise ein deutscher Stamm seine Geschicke geregelt zu sehen wünscht oder nicht wünscht, erlauben wir unterzeichneten Einwohner Schleswig-Holsteins cs uns, dem Reichsmini sterium über jene angebliche Grundlage der Friedcnsunterhandlungen un-