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274 nigung! Unpraktischer hätte sich die Rcichsvcrsammlung nicht beneh men können. Gebe Gott, daß die deutschen Regierungen, denen jo das Werk der Einigung überlassen ist, in größerer Eintracht handel» als sich unter den Vertretern des deutschen Volkes zeigte! Welchem Theile der Nationalversammlung fällt es aber vorzüglich zur Last, da die ganze Vertretung Deutschlands jetzt vor den Augen aller Wel rath^ und thatlos dastcht? War cs etwa die viel verschriene Linke die wieder einmal ein Manocuvrc versuchte, um die Ncichsversammlung in den Augen des Volkes hcrabzusetzen, wie es ihr so oft vorgewor fen wurde? Waren cs die als Vcrtheidiger des Particularismus, als Sonderbündler gescholtenen Oesterrcichcr und Baiern? Niemand von allen diesen, nur die exclusiv preußische Partei in der Nationalver sammlung war es. Sie hatte es voraus verabredet, daß sie, falls die Erblichkeit gegen ihr Erwarten abgclchnt würde, gegen alle andern An träge stimmen und gar keinen Beschluß zu Stande kommen lassen werde. Die Entscheidung gegen die Erblichkeit, welche eine so bedeu tende Mehrheit für sich gewann, wie sie selbst die Gegner der Erblich keit kaum gehofft hatten, erregte den Groll jener Partei um so mehr, als sich aus dem ganzen Verlauf der Debatte hinlänglich gezeigt hatte, daß die Abstimmung nicht sowol gegen das Princip der Erblichkeit als gegen das preußische Erbkaiserthum gerichtet war. Die Clubs Cafe Milani, Casino, Landsberg und Augsburger Hof, welche ihre wochcn- langcn Anstrengungen vereitelt sahen, wollten nun ihr Müthchcn küh len; sie stimmten einhellig gegen alle andern Vorschläge, sie allein tragen die Schuld, daß die ganze Nationalversammlung der Lösung ihrer Aufgabe nicht gewachsen erscheint. Die Geschichte wird über dieses Verhalten einer exclusiven und wahrhaft sondcrbündlerischcn Partei ein strenges Urthcil fällen. * Frankfurt a. M., 24. Jan. Das N e i ch s m i n i st e r i u m G a g e r n hat durch die Verwerfung des Projects einer erblichen Kaiscrwürde eine arge Schlappe erlitten. Es beruht auf diesem Projekte die ganze in nere und auswärtige Politik dieses Cabinets, welche sich im Wesent lichen um die Erhebung des Hauses Hohcnzollcrn auf einen deutschen Erbkaiserthron und um die Ausschließung Oesterreichs aus dem deut schen Bundesstaate dreht. Mit dem Falle der Grundlage stürzt das ganze künstliche Gebäude zusammen, welches mit dem Aufgebot aller Mittel persönlicher Autoritäten und einer zwar feinen, aber dennoch nicht sehr geschickten diplomatischen Kunst aufgcführt worden war. Das Ministerium denkt indessen, wie man vernimmt, deshalb nicht an den Rückzug. Es mag sich vielleicht mit der Hoffnung schmeicheln, bei der zweiten Lesung des Entwurfs „Vom Neichsoberhaupte" glücklicher zu sein. Ein bescheidener Zweifel an einem spätcrn Gelingen mag jedoch wol noch gestattet sein. Die österreichischen, bairischen, sächsischen, württcmbergischcn, hannoverschen Abgeordneten, bis auf einige wenige Ausnahmen, bildeten im Vereine mit den entschieden freisinnig deutschen Vertretern der übrigen Cinzclstaatcn die bedeutende Majorität, welche den erblichen Kaiserthron bei Seite schob, den das Rcichsministcrium Gagern für das nothwendige und lebendige Symbol der deutschen Ein heit ausgibt. Diese Majorität wird aber sicher eher wachsen als ab- nchmcn; die Unterhandlungen mit Oesterreich werden, wenn man ihnen nicht förmlichen Zwang anthut, nicht zum Austritt Oesterreichs füh ren, und gar mancher unter jenen Abgeordneten der kleinern Staaten, welche sich der preußisch-kaiserlichen Partei «»geschlossen haben, dürfte bis zur zweiten Lesung des Entwurfs durch Erklärungen seiner Wäh ler andern Sinnes werden. Als in der gestrigen Sitzung der Natio nalversammlung die Verwerfung des Grundsatzes der Erblichkeit der Oberhauptswürde verkündet wurde, beobachtete die Majorität, welche so glänzend gesiegt, eine feierliche Stille; die zahlreichen Zuhörer aber, die von nah und fern hcrbcigckommen waren, brachen in rauschenden Beifall aus; es muß zwar die Zurechtweisung gebilligt werden, welche der Präsident Simson gegen eine solche laute Kundgebung der Tribu nen aussprach; immerhin aber lag in jenem Ausbruche des öffent lichen Gefühls eine unzweideutige Einsprache gegen die Behauptung, mit welcher während der Debatte die erbkaiserliche Partei so verschwenderisch gewesen war, daß in allen Schichten des Volks der Erbkaiserthron als die Verkörperung der deutschen Einheitsidee gewünscht und verehrt werde. — Der Präsident das Neichsministcriums hat an den Bevollmächtig ten für Braunschweig, vr. Liebe, nachstehendes Schreiben gerichtet: AuS Ihrer sehr geschätzten Mitthcilung vom 19. d. M. (Nr. 22) hat der Ncichs- verwescr Kcnntniß davon genommen, daß Se. Hoh. der Herzog von Braun schweig schon seit dem Beginn der Verhandlungen über die Umgestaltung des deutschen Bundes fortwährend der Ansicht gewesen, daß zur würdevol len Vertretung Deutschlands nach außen wie zur Herstellung einer kräfti gen inner» Einheit ein erbliches Oberhaupt an die Spitze der Reichsregie rung treten müsse. In diesem Ausspruche erkennt der Reichsverweser einen neuen Beweis hochherziger Bereitwilligkeit deutscher Fürsten, zu dem Ge lingen des seiner Obhut «»vertrauten großen EinigungßwcrkS beizutragen. In den Dank, welchen der Unterzeichnete Sr. Hoheit dafür darzubringen beauftragt ist, wird das ganze deutsche Volk cinstimmen. Denn mit jeder neuen Kundgebung echt fürstlicher Gesinnung schwindet der quälende Zwei fel, als könnten die Leiden und Anstrengungen der Nation abermals ver ¬ geblich gewesen sein, und eröffnet sich eine nahe Zukunft, welche Fürsten wie Völker sicherlich bald die Zeit der Schwäche und Zersplitterung wird vergessen lassen. Der Unterzeichnete bittet den Hrn. Bevollmächtigten für Braunschweig, diese Erwiderung zur Kcnntniß des Herzogs zu bringen. Frankfurt, den 20. Jan. 1849. (Gcz.) Gagern. Auf die in Betreff der Oberhauptsfrage von dem großh erzogt, hessischen Bevollmächtigten überreichte Erklärung vom II. Jan. (Nr. 15) hat der Präsident des Reichsministeriums unterm 20. Jan. ebenfalls eine der voranstehcnden ähnliche Antwort ertheilt. Frankfurt a. M., 24. Jan. Das Gerücht von der österrei chischen Nundnote erhält sich fortwährend; nur finden in Betreff des Inhalts die wesentlichsten Variationen statt. Preußen wollen wis sen, Oesterreich spreche darin von Auflösung des Parlaments, Wieder herstellung des Bundes u., Oesterreicher wissen gerade vom Gegentheil zu erzählen; nach ihnen ist die Rundnote ein Protest gegen Oberhoheit und Ausschließung, und sie weisen mit Recht auf den Olmützer Korrespondenten, auf das Regierungsblatt hin, das die säumigen österreichischen Abge ordneten auffodert, zur Wahrung der Rechte Oesterreichs nach Frank furt zu gehen.—Niemand ist über die Einführung der Grundrechte in Frankfurt erfreuter als die Juden. Es wimmelt bei ihnen von Fest essen und Bällen. Die Gäste dabei geben die Abgeordneten und Of fiziere ab. — Von den wiener Flüchtlingen find einige hier an gekommen. Gritzncr sun., der an: schwersten gravirt sein soll, hat in Folge confidentieller Mittheilungen vorgezogen, gleich ein sicheres Asyl in Frankreich zu suchen. (Lith. Nachr.) — Nach der Deutschen Zeitung besagt die gestern nach demsel ben Blatte mitgethcilte preußische Erklärung Folgendes: 1) Durch Rundschreiben sämmtlichc deutsche Regierungen zu einer Er klärung aufzufodern, in welcher Weise sic den Bcrathungen der ver fassunggebenden Nationalversammlung über das Vcrfassungswerk gc- olgt, und ob sie geneigt wären, sich collectiv darüber zu äußern oder einzeln ihre Stimmen darüber abzugeben. 2) Der Centralgewalt zu erklären, daß Preußen auf jeden Fall, ob Oesterreich cintrete oder nicht, an der Form des Bundesstaats für Deutschland festhalten werde. — Die Reichstags-Zeitung vom 21. Jan. bringt folgende Erklä rung: Das Frankfurter Journal hat aus stuttgartcr Blättern die Nach richt gegeben, daß in einem mir gehörigen Gebäude ein Jesuitencollegium errichtet worden sei und von mir unterstützt werde. (Nr. 24.) Vom Grund- 'atze der vollkommensten Freiheit ausgehend, würde ich dies zu thun auch ür mich in Anspruch nehmen, wenn ich dazu den Willen irgendwie hätte, und mich im geringsten nicht beirren lassen, cs öffentlich zu erklären. Aber ch habe dazu weder den Willen noch die Mittel. Die Thatsache ist cin- äch diese: Meine Söhne und die Söhne einiger Freunde von mir, zu de nen noch mehre Bürgerssöhne der zunächst gelegenen Stadt Jßny kommen, werden in dem Schlößchen Ncutrauchburg von ihren beiden Hofmeistern, katholischen württcmbergischcn Weltgcistlichen, und vier weltlichen Lehrern erzogen und wissenschaftlich gebildet, und diese ganze Erziehungsanstalt hat mit den Jesuiten nicht nur gar nichts zu schaffen, sondern beruht vielmehr auf zwar katholischen, aber antijesuitischen Erziehungs- und BildungSprin- cipien. Dies die Thatsache. Waldburg-Zeil. ** Dresden, 25. Jan. Nach dem Vortrage der Registrande in der I. Kammer ergreift Staatsministcr v. d. Pfordten das Wort, um auf die in der Sitzung am 23. Jan. an das Staatsministerium gerichtete Interpellation des Abg. Gautsch betreffs der Aufhebung der Stifter und Klöster zu antworten. Was zunächst, sagte der Mi nister, die verabschiedete Ständckummer anlangc, so sei von dieser kein Antrag auf Aufhebung der Stifter und Klöster an die Regierung ge kommen, weil zwischen beiden Kammern eine Einigung nicht hätte er- olgcn wollen. Die Negierung sei jedoch der Ansicht gewesen, daß auf eine Aufhebung der Stifter zu Meißen und Wurzen hinzuwirkcn sei, und sie habe demgemäß diese auf dem Wege der Verhandlung ange lahnt. Die Regierung hoffe, daß die Aufhebung der genannten Stif ter in allerkürzester Zeit auf eine Alle befriedigende Weise erfolgen werde. Was die Klöster anlange, so sei auf ihre Aufhebung ebenfalls nicht angetragen worden, zumal derselben gewichtige Rechtsgründe, einestheils gewisse Verpflichtungen gegen die Provinzialstände der Lau- itz, andcrntheils Bestimmungen der Verfassungsurkunde entgegenstän den. Nach den Beschlüssen des letzten Landtags, das Vermögen der Klöster unter die Oberaufsicht der Negierung zu stellen und der Aus dehnung der Exemtion von der landesherrlichen Jurisdiction Einhalt, zu thun, seien bereits die Vermögensübersichten der Klöster der Re gierung vorgelcgt worden, und in Betreff des andern Punktes sei be reits an das Domcapitcl zu Bautzen eine desfallsige Anfrage ergangen, zu deren Beantwortung aber behufs der crfoderlichen Rücksprache dem Obern des Domcapitcls eine längere Frist bewilligt worden. Der In terpellant findet sich dadurch nur thcilweise befriedigt und stellt deshalb den bestimmten Antrag, die Kammer wolle die Staatsregierung dringend ersuchen, die eingelciteten Verhandlungen betreffs der Aufhebung der Stif ter dergestalt zu beschleunigen, damit noch im Laufe dieses Landtags die bezügliche Gesetzvorlage gemacht werden könne. In Betreff der Auf hebung der Klöster behält sich derselbe vor, bei der Revision der Ver-