Volltext Seite (XML)
1. PHILHARMONISCHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 7. September 1985 Sonntag, den 8. September 1985 philhsrnnonii^ Dirigent: Siegfried Kurz, Dresden/Berlin Solist: Alexej Koschwanetz, Sowjetunion, Violine Ernst Hermann Meyer geb. 1905 W. A. Mozart -Sergej Prokofjew 1891-1953 Peter Tschaikowski 1840-1893 Divertimento concertante für Orchester (1973) Allegro — Andante tranquillo — Tempo I Allegro con fuoco Moderato grazioso Adagio sostenuto Finale (Allegro vivace — non troppo vivace — Tempo I) Erstaufführung Zum 80. Geburtstag des Komponisten am 8. Dezember 1985 Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 D-Dur op. -W A-DUG KV 219 -Andantino Allegro aperto Schewo-(V.kvoGissiaio) q g i Q® Moderato. Rondo ( Temp o d ? PAUSE Menuetto) Sinfonie Nr. 5 e-Moll op. 64 Andante - Allegro con anima Andante cantabile con alcuna licenza Valse (Allegro moderato) Finale (Andante maestoso - Allegro vivace) Das Konzert wird von Radio DDR, Sender Dres den, aufgezeichnet und am 10. September 1985 im Rahmen des „Dresdner Abends" gesendet. 1984 gewann er im VII. Internationalen Johann-Seba- stian-Boch-Wettbewerb in Leipzig den 1. Preis im Fach Viol ine. ZUR EINFÜHRUNG Ernst Hermann Meyer wurde im Jahre 1905 in Berlin als Sohn eines Arztes und einer Malerin geboren. Seit 1919 erhielt er von Walter Hirschberg Unterricht in Musiktheorie. 1927 begann er in Berlin bei Johannes Wolf, Friedrich Blume, Arnold Schering, Erich von Hornbostel und Curt Sachs das Studium der Musikwissenschaft, das er in Heidelberg bei Heinrich Besseler mit einer Dissertation über „Die mehrstimmige Spielmusik des 17. Jahr hunderts" abschloß. Gleichzeitig vervollkomm nete er sich bei Max Butting, Paul Hindemith und namentlich bei Hanns Eisler in der Kompo sition. In den schweren Jahren der Emigration nach 1933 mußte er sich notgedrungen Brot berufen zuwenden, die mit seinem künstle rischen und wissenschaftlichen Beruf wenig oder nichts zu tun hatten. Doch die Verbindung zur Arbeiterschaft — er emigrierte nach Eng land und betätigte sich als Dirigent von Arbei terchören, für die er auch komponierte — gab ihm neue Energie, seine wissenschaftlichen und kompositorischen Ziele zu verfolgen. 1948 wurde er als Ordinarius für Musiksoziologie an die Humboldt-Universität Berlin berufen. Prof. Meyer, Ordentliches Mitglied der Akade mie der Künste der DDR, Ehrenpräsident des Verbandes der Komponisten und Musikwissen schaftler der DDR, erhielt mehrfach den Natio nalpreis unserer Republik, außerdem zahl reiche weitere hohe Auszeichnungen. 1965 wurde er zum Ehrendoktor der Martin-Luther- Universität Halle—Wittenberg ernannt. Das künstlerische und wissenschaftliche Wirken ver schmilzt bei E. H. Meyer zur Einheit; er genießt Achtung und Verehrung als bedeutender Kom ponist und Gelehrter. Neben grundlegenden Beiträgen zur marxistischen Musikwissenschaft hat er eine Fülle vielfältiger und kontrastreicher Kompositionen vorgelegt, darunter Standard werke der sozialistischen Vokalsinfonik, Orato rien, Kantaten, Massen- und Sololieder, Chöre, die Oper „Reiter der Nacht", Filmmusiken, aber auch bedeutende Kammermusiken und Werke für Orchester. In seinem Stil sind die verschiedensten Nuancen von zarter Lyrik bis zur grellen Dissonanz und Härte dramatischer Höhepunkte vereinigt. Die Dresdner Philharmoniker brachten mehrere Werke des Komponisten, die er für sie schrieb, zur Uraufführung, so die Konzertante Sinfonie für Klavier und Orchester (1962), die Sinfo- nietta, aus der die Sinfonie in B wurde (1967), die Sinfonia „Kontraste—Konflikte" (1977) und das „Lied vom großen Anderswerden" (1981). Am 8. Dezember 1985 wird Ernst Hermann Meyer seinen 80. Geburtstag begehen. Die sem Anlaß bereits gewidmet ist die heutige Dresdner Erstaufführung seines Diverti mento concertante für Orchester, über das der Komponist folgendes äußerte: „Das Divertimento entstand im Winter 1972/ 1973. Die erste Aufführung fand zur Feier des 100. Geburtstages von Max Reger im März 1973 mit dem Orchester des Meininger Theaters unter MD Wolfgang Hocke statt. Das Werk schließt in Aufbau und Charakter, wenn auch keineswegs in Stil und Sprache, an cW - klassische Divertimento an, das insbesond® in der Zeit Haydns und Mozarts gepflegt wur de und damals eine Art gehobene Unterhal tungsmusik oder Tafelmusik darstellte. Es be steht aus fünf Sätzen, die in sich zum Teil untergliedert sind. Mit ihm wollte ich ein le bensvolles Werk schreiben, in dem weniger auf Reger Bezug genommen als das Meinin ger Publikum angesprochen werden sollte. Das Werk beginnt mit einem energischen Al legro des ganzen Orchesters, das jedoch bald hinüberwechselt in ein elegisches Andante tranquillo, ausschließlich von Bläsern (Holz bläsern und Hörnern) bestritten, wobei einem Solo-Horn eine besondere Rolle zufällt. - Im zweiten Satz ist der Anfang demgegenüber den Streichern vorbehalten, denen sich bald Trompeten und Posaunen zugesellen. Dieses immer vorwärtsdrängende Stück ist ganz auf Polyphonie gestellt. - Dritter Satz: während im Eingangssatz das Horn einen besonderen Piatz einnahm, ist es in diesem Moderato grazioso die Oboe, die sich kokett nach vorne drängt. In der Mitte dieses Satzes kommt die Baß-Klarinette mit dunkelgetönten, nachdenk lichen Soli zur Geltung, doch auch die Geige Bässe, wiederum das Horn und die Flöte ta ten im Sinne des im Titel enthaltenen concel tante solistisch-konzertierend gelegentlich in den Vordergrund. Danach kehrt das Oboensolo zurück. - Der vierte Satz, Adagio sostenuto, ist ein lyrisches Klarinettensolo, vor allem von Streichern begleitet und von kurzen Einwürfen der Bläser unterbrochen. Er reckt sich zum Schluß zu greller Dramatik empor, um schließlich in tiefen Lagen der Streicher zu verhauchen. — Das Finale ist ein rasches und draufgängeri sches Allegro vivace, in dem es wiederum allerlei konzertante Partien gibt, u. a. für die Pauke, dann für Trompeten und Hörner. Das Werk schließt rasch, lustig und lautstark."