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7. PHILHARMONISCHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 23. Februar 1985, 20.00 Uhr Sonntag, den 24. Februar 1985, 20.00 Uhr ohilbiQrnoonii^ Dirigent: Horia Andreescu, SR Rumänien Solistin: Annerose Schmidt, Berlin, Klavier Sergej Rachmaninow 1873-1943 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 c-Moll op. 18 Moderato Adagio sostenuto Allegro scherzando PAUSE Anton Bruckner 1824-1896 Sinfonie Nr. 3 d-Moll Mäßig bewegt Adagio quasi Andante (Etwas bewegt) Scherzo (Ziemlich schnell) Allegro HORIA ANDREESCU, 1946 in Bra$ov geboren, ent stammt einer Musikerfamilie. Er studierte in seiner Heimatstadt und an der Musikakademie „Ciprian Po- rumbescu" in Bukarest (Dirigieren bei Constantin Bu- geanu und Komposition bei Stefan Niculescu). 1967 de bütierte er mit dem Jugendorchester von Bra$ov, dann leitete er das Kammerorchester der Bukarester Jugend. 1973/74 vertiefte er seine Ausbildung an der Bukare ster und — bei Hans Swarowsky — an der Wiener Mu ¬ sikakademie. Außerdem besuchte er Dirigentenkurse von Sergiu Celibidache. Er ist Chefdirigent der Staats philharmonie von Ploiesti, gleichzeitig ständiger Gast der führenden Orchester seines Landes. Er machte zahlreiche Aufnahmen für Funk und Fernsehen und gastierte sehr erfolgreich in vielen Ländern (u. a. 1979 in den USA, seit 1981 wiederholt in der DDR). Bei der Dresdner Philharmonie war er erstmals 1983 zu Gast. ZUR EINFÜHRUNG Sergej Rachmaninow war Schüler Silotis, Arenskis und Tanejews am Moskauer Konservatorium. Bereits seine Abschlußarbeit, die auch von Tschaikowski gelobte Oper „Ale- ko" nach Puschkin, wurde ein beachtlicher Erfolg. Danach entstanden viele gewichtige Werke, so u. a. zum Tode des von ihm hoch verehrten Tschaikowski das „Elegische Trio". Lange Jahre wirkte Rachmaninow als ange sehener Operndirigent in Moskau. Während dieser Tätigkeit schloß er Freundschaft mit dem berühmten Sänger Fjodor Schaljapin. 1901 vollendete er eines seiner berühmtesten Wer ke, das heute erklingende 2. Klavierkonzert, 1904 die Opern „Der geizige Ritter" und „Francesca da Rimini". 1917 begab sich Rach maninow ins Ausland, ohne bis zu seinem Le bensende wieder in seine Heimat zurückzu kehren. Als gefeierter, glänzend begabter Pia nist erwarb er internationalen Ruhm in den Konzertsälen Europas und Amerikas. Nach mehrjährigem Aufenthalt in Deutschland und Frankreich wanderte er nach Amerika aus. Doch immer litt er schmerzvoll unter der Tren nung von seiner Heimat. „Als ich aus Ruß land fortging", bekannte er, „verlor ich den Wunsch zu schaffen. Als ich die Heimat ver ließ, verlor ich mich selbst." Von Heimweh ver zehrt, starb Rachmaninow 1943 in Kalifornien. Stilistisch kann man bei ihm im guten Sinne von einer Liszt-Tschaikowski-Nachfolge spre chen. Dabei ist Rachmaninow — selbst im Aus land — im Charakter und Wesen seiner Musik, auch in den Spätwerken der 20er und 30er Jahre, immer Russe geblieben, ein typisch russischer Künstler, dessen Schaffen deutlich nationale Merkmale trägt. Das Klavier konzert Nr. 2 c-Moll op. 18 gehört neben dem populären Klavier-Prelude cis- Moll zu den bekanntesten Schöpfungen dieses Meisters. Es wurde in seiner glücklichsten Schaffensperiode geschrieben und weist alle Kennzeichen seines Personalstils auf: virtuose Behandlung des Soloinstrumentes, Farbigkeit, eine Vorliebe für ausdrucksvoll-pathetische Balladenstimmung, eine dunkel-schwärmeri sche Lyrik, eine Neigung zu stimmungshaft melancholischer Elegie, andererseits leiden schaftliche Ausbrüche, ohne daß die Eleganz seiner reichhaltigen Melodik durch heftige dramatische Auseinandersetzungen beein ¬ trächtigt würde. Das Verstehen des Werkes bietet keinerlei Schwierigkeiten. Lyrische Intensität besitzt das Hauptthema (in der Klarinette und den Streichern) des großflächig und kontrastreich angelegten er sten Satzes (Moderato). Der zweite Satz (Ada gio sostenuto) stellt eine typisch Rachmani- nowsche Elegie dar, die sich leidenschaftlich steigert und in Kadenzen dem Solisten Gele genheit zu virtuoser Entfaltung gibt. Das Hauptthema dieses Satzes erklingt zuerst in der Soloflöte. Während die ersten beiden Sätze des Konzertes durch eine breite Ent wicklung der Melodik gekennzeichnet sind, gewinnt das mitreißende Finale (Allegro schj zando) seine Überzeugungskraft vor all! aus seinen rhythmischen Energien. Der Kraf ström, der von dieser Musik ausgeht, ist be zwingend. Rachmaninow hat übrigens das klavieristisch ungemein dankbare Werk selbst verschiedentlich in Deutschland gespielt. „Sinfonie in d-Moll Sr. Hochwohlgeboren Herrn Richard Wagner, dem unerreichbaren, weltbe rühmten und erhabenen Meister der Dicht- und Tonkunst in tiefster Ehrfurcht gewidmet“ - schrieb Anton Bruckner 1872 über einen Entwurf zu seiner Sinfonie Nr. 3 d-Moll, deren zweite Fassung am 16. De zember 1877 unter Leitung des Komponisten in Wien uraufgeführt wurde. Publikum und Kritik reagierten jedoch negativ. Das bewog Bruckner, 1889 eine dritte Fassung zu begin nen, die 1890 veröffentlicht wurde und in un serer heutigen Aufführung erklingt. In der „Dritten" zeigt sich deutlich das ganz eigene Verhältnis Bruckners zu Wagner. Obwohl es in der Sinfonie reichlich „wagnert", kann man in gar keinem Falle von Epigonentum, Abhän gigkeit, höchstens von einer musikalischen Cv stesverwandtschaft sprechen. Immerhin ' Bruckner ja die instrumentatorischen und har monischen Errungenschaften Wagners auf die Gattung der Sinfonie übertragen. Am Beginn des ersten Satzes steht — vor dunklem Streicherhintergrund - ein sich zu kraftvoller Männlichkeit steigerndes Trompe tenthema, dem ein zweites gesanglich-idylli sches Thema folgt. Heroisch, in Oktaven, schreitet das dritte Thema einher. Daneben wird ein Zitat aus der d-Moll-Messe wichtig, das Bruckner noch einmal in seiner letzten, un vollendet gebliebenen neunten Sinfonie ein setzte, ein Umstand, der ein bezeichnendes Licht auf die innige, gefühlsmäßige Katholizi-