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Akademie der Künste und des Zentralvorstandes des Verbandes deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler. 1950, 1952 und 1963 erhielt er den Nationalpreis unserer Republik, anläßlich seines 50. Geburtstages den Vaterländischen Verdienstorden. Das künstlerische und wissenschaftliche Wirken verschmilzt bei E. H. Meyer zur Einheit; er genießt Achtung und Verehrung als bedeutender Komponist und Gelehrter. Neben grund legenden Beiträgen zur marxistischen Musikwissenschaft hat er eine Fülle vielfältiger und kontrastreicher Kompositionen vorgclegt, darunter Standardwerke der sozialistischen Vokal- sinfonik, Oratorien, Kantaten, Massen- und Sololieder, Chöre, Filmmusiken, aber auch bedeutende Kammermusiken (u. a. drei Streichquartette, zwei Trios, Klavierwerke, Suite für zwei Trompeten, zwei Klaviere und Schlagzeug, Klarinettcnquintett) und Werke für Orchester (Streichersinfonie, Sinfonischer Prolog, Konzertante Sinfonie für Klavier und Orchester, Poem für Viola und Orchester, Violinkonzert, Serenata pensierosa, Concerto grosso). In E. H. Meyers Stil sind die verschiedensten Nuancen von zarter Lyrik bis zur grellen Dissonanz und Härte dramatischer Höhepunkte vereinigt. Über die im Auftrag der Dresdner Philharmonie geschriebene und dem Orchester zu geeignete Sinfonietta für großes Orchester, sein bisher jüngstes Werk, schrieb der Komponist: „Die Sinfonietta entstand im März 1967. Der Name .Sinfonietta“ - kleine Sinfonie - schien angebracht, nicht nur wegen der relativ kurzen Dauer des Gesamtwerkes, sondern auch weil in ihm trotz mancher hintergründigen Gedanklichkeit und auch dramatischen Akzente keine allzu umfassende Problematik vorgelegt wird. Die Sinfonietta hat fünf Sätze, die im Charakter miteinander kontrastieren: elegische Momente mit rebellisch kämpferischen, lyrisch-besinnliche mit leidenschaftlichen. Alle fünf Sätze sind gleichwohl durch Verwandtschaften in Gesamtidec, Behandlung und thematischem Material mitein ander verbunden. Der erste Satz (Adagio) steht in langsamem Tempo; einem Duett von Klarinette und Pauken folgt eine konduktartige, gemessene Episode, die gelegentlich von aufbrausenden Streicherpartien unterbrochen wird. Ihr unterliegt ein rhythmisches Ostinato, von tiefen Bässen dargestellt. Eine zweite Episode bringt ausdrucksvolle Holzbläser-Soli, doch erklingt zwischendurch der drohende Konduktrhythmus immer wieder. Diesen aufnehmend baut sich der zweite Satz (Allegro) auf einer permanenten Schlagzeug- und Paukenfigur auf, bis zum Schluß grimmig durchgehalten; grelle Rufe der Blechblasinstrumente erschallen vor einem dissonanten Streicherhintergrund. Der dritte Satz (Larghetto) ist ein breit-ausladendes, expressives Larghetto für Streicher im 3 /4-Taktmaß - gegen Ende bringt eine Solo-Flöte die intensive Melodik der Violinen, Bratschen und Celli zum Ausklang. Vierter Satz (Allegretto tranquillo): ein ganz kurzes Stück; wie zögernd vorgetragen, dessen Mittelteil balkanische Rhythmen und Harmonien aufzunehmen scheint. Der fünfte Satz (Moderato comodo), Finale, beginnt gemächlich und zart, steigert sich jedoch gegen Schluß zu vollem Orchesterklang, in dem wie im zweiten Satz Fanfaren der Blechblasinstrumente die Haupt rolle spielen.“ Siegfried Kurz, 1930 in Dresden geboren, wurde in seiner Heimatstadt künstlerisch aus gebildet. Seit 1945 studierte er an der damaligen Staatlichen Akademie für Musik und Theater in Dresden zunächst Trompete, gleichzeitig in der Kapellmeisterklasse Ernst Hintzes sowie Komposition bei Fidelio F. Finke. 1949 wurde er als Leiter und Komponist der Schauspielmusik an das Staatstheater Dresden verpflichtet. Seit 1960 wirkt er als angesehener Kapellmeister an der Dresdner Staatsoper. In den letzten Jahren mehrfach mit außergewöhnlichem Erfolg an die Öffentlichkeit getreten, gehört Siegfried Kurz fraglos zu den profiliertesten jüngeren Komponistenpersönlichkeiten unserer Republik. Seine Hand schrift, die sich mehr und mehr von Vorbildern löste, zu eigener Note fand, ist gekenn zeichnet durch ein urmusikantisches Temperament, Einfallsreichtum, rhythmisch-harmonische Aggressivität und einen ausgeprägten Sinn für witzig-konzertante Pointen, die oft Bläsern anvertraut werden. Besonderen Erfolg hatte sein Trompetenkonzert, in dem das Solo instrument mit brillanten und wirkungsvollen Aufgaben bedacht ist. Bevorzugte er in seinen früheren Werken gedrängte, geistreiche musikalische Aussagen von aphoristischer Kürze, so stieß er in den letzten Jahren auch zu weit ausgesponnenen sinfonischen Entwicklungen vor. Im 1. Streichquartett wie in seinen beiden Sinfonien wurde die musikantische Haltung mit einer weitgespannten Zielsetzung und einer konzentrierten thematisch-motivischen Auseinandersetzung verbunden. Gleichzeitig wurde eine unorthodoxe Einbeziehung dodekaphonischer Mittel von dem Kompo nisten erprobt, der 1961 den Martin- Andersen-Nexö-Kunstpreis der Stadt Dres den und 1965 den Kunstpreis der DDR erhielt. Aus seiner Werkliste seien hier noch - neben verschiedenen Kammermusik schöpfungen - die Konzertante Musik für Orchester, die Tänzerische Suite, das Diver timento für Streicher und Klavier, die Orchestermusik 1960, das Kammerkonzert für Bläserquintett und Streicher sowie das Klavierkonzert genannt. Die 1959 vollendete und am 16. September 1960 von der Dresdner Staatskapelle unter Otmar Suitner uraufgeführte Sinfo nie Nr. 2 op. 29 ist ein typisches Zeugnis jener angedeuteten Entwicklung des Kom ponisten - ein Werk, in dem unge brochene Musizierfreudigkeit (nach Jürgen Beythien) „durch ein stärkeres geistiges Element gebändigt erscheint, das sich nicht nur auf eine übrigens völlig undog matische, persönliche Auswerfung von Mög lichkeiten der Zwölftonmusik beschränkt. Die musikalischen Triebkräfte sind vielschichtig gelagert: Lyrisches und Dramatisches, Verhaltenes und Leidenschaftliches, dynamische Spannung und statische Ausgewogenheit verschränken sich innig ineinander. Im Prinzip stützt sich die Musik auf die überlieferten Gcstaltungsweisen der Klassik: Sonatenhaupt satzform, Rondo- und Liedform sind die äußeren Kennzeichen . . . Die thematischen Grund ¬ gestalten sind Zwölftonreihen, die jedoch wie klassische Themen behandelt werden und klassische Formen bilden helfen . . . Die freizügige Behandlung der Rcihentechnik behält die neu gewonnene Ordnung des motivischen Materials, des logisch durchdachten musi kalischen Gedankens bei, sie schafft jene spröde Herbigkeit der Tonsprache, die mit ihren aggressiven Spannungen ein Klangbild entstehen läßt, das der Härte der Auseinander setzungen unserer Gegenwart durchaus entspricht. Zugleich wird dem Hörenden ein emotionelles Erfassen der Aussage einer solchen Musik ermöglicht... In aller strengen Ordnung lebt eine lebendige Kraft, die die Musik lebensfähig macht. Und gerade im Durchbruch urmusikantischer Elemente erbringt diese Sinfonie den Beweis, daß eine solche .relative“ Zwölftonmusik durchaus nicht nur dem Ausdruck des Tragischen, des Leides, des Schmerzes und der Verzweiflung gerecht zu werden vermag, sondern die sinnvollen Grundlagen unseres Lebens erkennen helfen kann.“ Im kontrapunktisch bestimmten ersten Satz (Lebhaft) entfaltet sich über dem Orgelpunkt der Bässe und Pauken die Grundreihe in dreistimmiger Imitation. Als erste Variante dieser Reihe erklingt in der Flöte das tänzerische eigentliche erste Thema, das in einen zweiten Gedanken mündet, der eine akkordische Variante der Grundreihe darstcllt und gefühls- hafteren Charakter aufweist. Eine dritte Variante schließlich entfesselt rhythmische Kräfte. Neue motivische Gestalten entstehen im Verlauf der Durchführung. Nach hymnischer Steigerung läßt sich zum Schluß nochmals das Flötenthema vernehmen. - Lyrisch, gcsangvoll ist der ruhige zweite Satz angelegt. Über flimmerndem Streichergrund steigt die Reihe der Oboe mit ihren hörbaren Dreiklangsbindungen auf, um sogleich