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von Meck, die ihm seit 1877 als verständnisvolle, seine Musik bewundernde Freun din zur Seite stand und ihn durch finanzielle Unterstützung für lange Zeit von materiellen Sorgen unabhängig machte. Durch den hochinteressanten Briefwechsel zwischen dem Komponisten und Frau von Meck, die sich übrigens bekanntlich persönlich niemals gesehen haben (was Anlaß zu zahlreichen romanhaften Deu tungen dieses ungewöhnlichen Freundschaftsverhältnisses gegeben hat), erhalten wir gerade im Falle der 4. Sinfonie wesentliche Aufschlüsse über Haltung und Anliegen des Werkes. Obwohl Tschaikowski anderen (so auch seinem Schüler Sergej Tanejew) gegenüber leugnete, daß die neue Sinfonie programmatisch zu deuten sei, berichtete er doch Frau von Meck in einem ausführlichen Brief von einem eigentlich nur für sie bestimmten Programm der einzelnen Sä^e: »Unsere Sinfonie hat ein Programm, das heißt, es besteht hier die Möglichkeit, in Worten darzulegen, was sie auszudrücken sucht.« Der sehr umfangreiche erste Sa§ beginnt mit einer Einleitung, die nach Tschai kowski »den Keim der ganzen Sinfonie, ohne Zweifel die Kernidee« enthält; der rhythmisch prägnante Triolengedanke des Anfangs symbolisiert das »unerbittliche Fatum, jene Schicksalsgewalt, die unser Streben nach Glück hindert, die eifer süchtig darüber wacht, daß Glück und Friede nicht vollkommen und ungetrübt’ seien«. Neben diesem Grundthema bestimmen zwei weitere Themen, eine schwe bend-elegische, sehnsüchtige Walzermelodie, das eigentliche Hauptthema, und ein lieblicher, von der Klarinette vorgetragener Seitengedanke den an großen drama tischen Steigerungen, Kämpfen und Auseinanderse^ungen ungemein reichen Satj, der in unerbittlicher Härte endet. Liedhaft-schlicht ist das folgende lyrische Andantino mit seinem ausdrucksvollen volksliedartigen Hauptthema. »Das ist jenes melancholische Gefühl, das sich des Abends einstellt, wenn man allein dasitjt, von der Arbeit ermüdet. Ein ganzer Schwarm von Erinnerungen taucht auf. Das Leben hat einen erschöpft. Wie schön ist es, auszuruhen und zurückzublicken. Vieles kommt einem ins Gedächtnis zurück. Es gab freudige Augenblicke, in denen das junge Blut überschäumte und das Leben einen befriedigte. Es gab auch schwere Augenblicke, unerse^liche Verluste. All das liegt schon irgendwo in der Feme. Traurig und doch süß ist es, in die Vergangenheit hinabzutauchen . . .« »Der dritte Satj« drückt keine bestimmten Empfindungen aus. Es sind allerlei Bilder, die einem durch den Sinn schweben, wenn man ein Gläschen Wein ge trunken hat und leicht berauscht ist. Es ist einem weder heiter noch traurig ums Herz. Man denkt an nichts, gibt die Vorstellungskraft frei. Da taucht plötjlich das vergessene Bild betrunkener Bäuerlein und ein Gassenhauer auf . . . dann zieht irgendwo in der Ferne Militär vorüber. Es sind abgerissene Bildfetjen, wie sie uns beim Einschlafen durch den Sinn huschen« (Tschaikowski). Dieser Scherzo- Sa^ besticht vor allem durch seine wirkungsvolle, aparte Instrumentierung. Während im ersten Teil, Pizzicato ostinato, nur Streicher eingesetjt werden, kommen im zweiten Teil ausschließlich Holzbläser, im dritten Teil nur Blechbläser zur Anwen dung, und »am Schluß plaudern alle drei Gruppen nacheinaneer in kurzen Phrasen«. Variationen über das russische Volkslied «Auf dem Feld die Birke stand« enthält das stürmisch einseljende Finale. Die Düsternis des ersten Satjes wird hier schließlich in ein festlich glänzendes Dur umgewandelt, obwohl auch das Schick salsmotiv der Einleitung wieder aufklingt. Lassen wir noch einmal die Deutung des Komponisten sprechen: »Wenn du in dir selbst keine Gründe zur Freude fin dest, dann schau auf die anderen Menschen. Geh unter das Volks, sieh, wie es sich zu vergnügen versteht, wie es sich schrankenlos den Gefühlen der Freude hin gibt . . . Ein Volksfest findet statt. Doch kaum hast du dich selbst vergessen in der Betrachtung fremder Freuden, als das Fatum, das unentrinnbare Schicksal, aufs neue erscheint. Aber die anderen kümmern sich nicht um dich. O, wie fröhlich sie sind! Wie sind sie glücklich, weil alle ihre Gefühle unbefangen und einfach sind! Und du willst immer noch behaupten, daß alles in der Welt düster und traurig ist? Es gibt doch noch so viele einfache und schlichte Freude, und — du kannst leben!« Urte Härtwig 111/9/92 II G 59-39-64 Hänsal Klotzsche