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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Sonnabend, den 24. Oktober 1964, 19.30 Uhr 1. Abend im Anrecht C für Betriebe Dirigent: Manuel Duchesne Cuzän, Cuba Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 . . , Ouvertüre zur Oper „Die Hochzeit des Figaro Ludwig van Beethoven 1770-1827 _ Sinfonie Nr. 8 F-Dur op. 93 Allegro vivace e con brio Allegretto scherzando Tempo di Menuetto Allegro vivace — Pause — 4. Sinfonie f-Moll op. 36 Feter Tschaikowski 1840-1893 Andante sostenuto — Moderato con anima Andantino in modo di canzona Scherzo (Allegro) Finale (Allegro con fuoco) Der cubanische Gastdirigent des heutigen Abends, Manuel Duchesne Cuzän, wurde 1932 in Habana geboren. Er studierte zunächst am Städtischen Konservatorium seiner Heimatstadt; Studien im Dirigieren betrieb er bei Enrique Gonzälez Mäntici und später bei dem berühm ten Dirigenten Igor Markevitch. Bereits 1954 begann für Duchesne Cuzän eine erfolgreiche Dirigenten tätigkeit auf ausgedehnten Gastspielreisen durch Südamerika mit dem Ballett von Alicia Alonso. 1957 gastierte er in der UdSSR, 1959 folgte eine zweite Südamerika-Tournee mit dem Cubanischen Ballett, das er auch wieder im folgenden Jahre bei seiner großen Tournee durch Europa und Asien begleitete (u. a. Gastspiele in der SU, der DDR, der VR Polen, China, Korea, der CSSR, Rumänien, Ungarn und Bulgarien). In seiner Heimat ist Duchesne Cuzän, der zu den namhaftesten Künstlern seines Landes gehört, als einer der beiden Chefdirigenten des Staat lichen Sinfonieorchesters tätig; außerdem hat er einen Lehrstuhl für Orchesterleitung am Konservatorium „A. G. Caturla“ in Marianao inne. Er war Leiter der Abteilung Kunst der revolutionären Streit kräfte und wirkt heute (neben zahlreichen weiteren Funktionen) als Leiter der Abteilung Musik der „ICAIC“ (= Institut für kinemato- graphische Kunst und Industrie Cubas). ZUR EINFÜHRUNG Die Ouvertüre zuWolfgangAmadeusMozartsim Jahre 1786 ur aufgeführter Oper „Die Hochzeit des Figaro“ nach der berühmten revolu tionären Komödie „Der tolle Tag“ von Beaumarchais stellt die einzige Ouvertüre zu einer der reifen Meisteropern des Komponisten dar, die keinerlei thematisches Material aus dem Opernwerk selbst verarbeitet und in der das spätere Handlungsgeschehen klanglich in keiner Weise vorweg genommen wird. In dieser in verkürzter Sonatensatzform (ohne Durchfüh rung, aber mit einer großen Coda) angelegten Komposition, die sich durch ihre formale Geschlossenheit, durch die Selbständigkeit der Gedanken be sonders gut auch für eine Darbietung im Konzertsaal eignet, kann man wohl am ehesten eine Widerspiegelung des Gesamteindrucks von Mozarts Oper erblicken; indessen ist sie häufig auch als eine allgemeine, einführende Schilderung in das Milieu der Oper beziehungsweise sogar als eine Zeich nung des Charakters des Titelhelden gedeutet worden. Die von erregender, federnder Leichtigkeit und Schwerelosigkeit erfüllte, ganz auf Bewegung gestellte und in wirbelndem Prestissimo-Tempo dahinjagende Ouvertüre setzt ganz leise im Unisono ein. Sie wird von zwei meisterhaft verarbeite ten Hauptthemen getragen: einem aus verschiedenen, gegensätzlichen moti vischen Bestandteilen bestehenden ersten Thema und einem gesanglichen, liebenswürdig-weichen Thema in A-Dur. Ludwig van Beethovens 8. Sinfonie F-Dur op. 93 folgte unmit telbar auf die 7. Sinfonie. Das Werk entstand während eines Kuraufent haltes in den böhmischen Bädern im Sommer 1812 und wurde nach einer handschriftlichen Bemerkung des Meisters auf der Partitur („Sinfonia Lintz im Monath October 1812“) in Linz, wo er nach der Kur für einige Wochen seinen Bruder Johann besuchte, vollendet. Die erste Aufführung fand in einem eigenen Konzert Beethovens am 27. Februar 1814 in Wien statt, zu sammen mit der Siebenten und der Programmsinfonie „Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria“. Bei den Zeitgenossen fand die „Achte“ zu nächst wenig Anklang. „Das Werk machte keine Furore“, hieß es in einer kritischen Stimme nach der Uraufführung. Beethoven zeigte sich darüber recht verärgert, er meinte, seine „Kleine Sinfonie“ (so nannte er sie im Vergleich mit der „Großen“ A-Dur-Sinfonie) habe den Hörern wohl des halb nicht gefallen, „eben weil sie viel besser ist“. Der Grund für diesen Mangel an Verständnis (genaugenommen steht ja die achte, ebenso wie die vierte Sinfonie, auch heute noch ein wenig im Schatten ihrer berühmten Geschwisterwerke) lag nicht etwa in der besonderen Schwierigkeit des Werkes. Im Gegenteil, man hatte wohl nach den vorangegangenen Schöp fungen neue Steigerungen erwartet und war nun enttäuscht durch eine scheinbare Zurückwendung auf Vergangenes (Anklänge an frühere Werke, Anwendungen von sinfonischen Prinzipien Haydns), die aber hier durchaus keinen Rückschritt, sondern eher einen Rückblick von einer höheren Stufe aus darstellte. Heitere Scherzhaftigkeit, beschauliche Behaglichkeit, lau niger Humor, kraftvolle Lebensbejahung und ausgelassene Freude charak terisieren das formal bemerkenswert geschlossene Werk, in dem, wie auch schon in der 7. Sinfonie, wieder dem rhythmischen Element eine große Bedeutung zukommt. Der ohne Einleitung sogleich mit dem frischen, klar gegliederten Haupt thema beginnende 1. Satz (Allegro vivace e con brio) ist voller schalkhafter Einfälle und kontrapunktischer Neckereien. Er steigert sich nach fröhlich- tumultuarischen Kämpfen bis zum gewaltigen Freudenausbruch der Coda, endet dann aber sehr graziös mit dem noch einmal leise aufklingenden Kopfmotiv des fröhlichen, tänzerischen Anfangsthemas. — Auf einen lang samen Satz verzichtend, schrieb Beethoven als 2. Satz ein bezaubernd anmutiges, leicht dahintändelndes Allegretto scherzando. Als Thema liegt diesem Satz ein Kanon zugrunde, den der Meister in heiterer Laune dem Erfinder des Metronoms, Johann Nepomuk Mälzel, gewidmet hatte; die Sechzehntelakkorde der Bläser zu Beginn, die gleichsam das Ticken des mechanischen Zeitmessers nachahmen, bestimmen die Bewegung des rei zenden, scherzhaften Satzes. — Der 3. Satz (Tempo di Menuetto) erinnert an einen derb-kräftigen Volkstanz, im Trio erklingt über Stakkato-Triolen der Violoncelli in Hörnern und Klarinetten eine einschmeichelnde, ländlerartige Melodie. — Das Finale, der weitaus umfangreichste Satz, in freier Rondo form gehalten, stellt den eigentlichen Höhepunkt des Werkes dar. Über mütige Laune, „grimmiger“ Humor äußern sich hier in mancherlei drasti schen Einfällen — so gleich zu Anfang in dem (auch später wiederkehren den) überraschenden, dynamisch stark betonten tonartfremden Cis, nach dem zuerst im Pianissimo in schnellstem Zeitmaß vorüberhuschenden F-Dur-Rondothema, das dann im Fortissimo-Tutti gebracht wird. Das kon trastierende zweite Thema erklingt als lyrische Kantilene der Violinen. Mit größter kontrapunktischer Meisterschaft und bewundernswerter Erfin dungsgabe, immer neuen geistvollen Wendungen und Kombinationen bei der Wiederholung der Themen ist dieser Satz, der trotz des dominierenden Humors auch ernstere Gegenströmungen, schroffe Einwürfe aufweist, ge staltet. Durch einen jubelnden, wirbelnden Freudentanz wird das Finale abgeschlossen.