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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES H Y GI E N E - M U S E U M Freitag, 2. November 1962, 19.30 Uhr Sonnabend, 3. November 1962, 19.30 Uhr Sonntag, 4. November 1962, 19.30 Uhr 3. Philharmonisches Konzert Im Rahmen der sozialistischen Musiktasc der Stadt Dresden Ö Gastdirigent: Ladislav Slovak, Bratislava Ludwig van Beethoven (1770-1827) Eugen Suchon geb. 1908 Ouvertüre zu „Egmont“ Sinfonietta rustica Moderato e sostenuto Adagio Allegro assai PAU s !•: Dmitri Schostakowitsch geb. 1906 12. Sinfonie op. 112 „Das Jahr 1917“ Revolutionäres Petrograd (Moderato - Allegro) Rasliw (Allegro) Aurora (Allegro) Morgenröte der Menschheit (Allegro - Allegretto) Ladislav Slovak. ist in Bratislava geboren. Er studierte in seiner Heimatstadt. Orgel und Diri gieren waren seine Hauptfächer. Bei Vaclav Talich und Eugen Mravinski (Leningrad) setzte er sein Dirigentenstudium fort. Uni das Musikleben der Stadt Bratislava bat er sich nach dem Kriege große Verdienste erworben und ist seit langem als Chefdirigent und Chormeister am slo wakischen Rundfunk in Bratislava tätig. ZUR EINFÜHRUNG Wie auch in anderen musikalischen Gattungen und Formen, stößt Ludwig van Beethoven auch in seinen Ouvertüren inhaltlich wie formal in neue musikalische Bereiche vor. War die Opern ouvertüre noch bis zu Händel ein vom musikalischen Inhalt des nachfolgenden Werkes losgelöster Teil, der als italienische bzw. französische Ouvertüre nach ganz bestimmten Schemen gebaut war, gingen Gluck und später Mozart durch die Ouvertüre stimmungsmäßig auf den Inhalt der betreffenden Oper ein, so erhält sie bei Beethoven einen ganz deutlich programmatischen Cha rakter. Zu seiner einzigen Oper „Fidelio“ schrieb Beethoven allein vier Ouvertüren - die Fidelio-Ouvertüre und die drei Leonoren-Ouvcrtüren -, die deutlich das Ringen des Kompo nisten um eine immer sich steigernde inhaltliche und formale Präzisierung seines Programms widerspiegeln. Dabei verwendet er in ihnen auch thematische Anklänge, wenn nicht ganze The men aus der Oper selber. Deutlicher aber fast noch in der Absicht mußten seine Ouvertüren zu Dramen des Sprechthcaters sein. Hat die zu dem Stück „Coriolan“ - einer Bearbeitung des Shakespeareschen Dramas - das Schauspiel selbst überdauert, so hat sich die heute erklingende Ouvertüre zu Goethes Trauerspiel „Egmont“ sowohl im Theater wie im Konzertsaal durch gesetzt. Entstanden in der Epoche des wachsenden Widerstandes Europas gegen die Unter drückung durch Napoleon, in der patriotischen Periode auch des Komponisten, in der geistigen Nähe des „Fidelio“, der 5. und der 7. Sinfonie, wurde die Schauspiclmusik zu Goethes „Egmont“, aus der Ouvertüre und neun weiteren Teilen bestehend, am 15. Juni 1810 das erste Mal gespielt. Beethoven erweitert diese, wie seine anderen Ouvertüren zu sinfonischen Dichtungen, die die wesentlichen Konflikte des Dramas musikalisch schildern. Das Werk beginnt mit schweren, dumpfen Akkorden im Sarabandenrhythmus, die die Last des spanischen Unterdrückers, die dumpfe Figur Albas charakterisieren (die Sarabande war ein spanischer Tanz!). Klagende Seufzer der Holzbläser erheben sich aus dieser lastenden Stimmung. Sie werden dringender, treten auch in den Streichern auf, doch dann wechselt die Farbe: Aus Klage wird Anklage, aus Unterdrückung wird Kampf gegen die Unterdrückung. Ein Allegro schwillt an, ein stolzes Thema erklingt in den Celli, die Motive werden kürzer, härter, dann vereint sich das ganze Orchester im Kampf. In der Verkürzung, rhythmisch aber genau erkennbar, erscheint das Sara bandenmotiv aus der Einleitung - der Gegner ist noch da. Doch setzt sich die kämpferische Stimmung wieder durch, der Allegroteil wiederholt sich, wieder ertönt das gegnerische Sara bandenmotiv, diesmal schon fast triumphierend. Im Pianissimo der Holzbläser scheint der Frei heitswille zu ersterben, doch da bricht der Triumph des wahren Sieges hervor, leise zuerst, dann immer mehr sich steigernd, immer stärker werdend erheben sich die stolzen Siegesfanfaren dieses Schlußteils, die nicht nur in dieser Ouvertüre, sondern gleichlautend in der Siegessinfonie am Schluß des gesamten Dramas verkünden: Wenn auch der Freiheitshcld Egmont fallen mußte, siegt die Freiheit des Volkes dennoch. Eugen Suchon gehört zu den profiliertesten Komponisten des zeitgenössischen tschechoslowaki schen Musiklebens. Mit seiner Oper „Krütnava“ (auch „Katrena“ in Deutschland betitelt) ist er auch bei uns bekannt geworden. Dieses Werk ist als eines der wichtigsten der slowakischen Musikkultur anzusehen, und es war die erste slowakische Oper,, die im Prager Nationaltheater erklang. Der 1908 geborene Komponist hatte bereits in seinem Elternhaus enge Berührungen mit der Musik, die dann später in einer geregelten Ausbildung im Klavierspiel und in der Komposition an der Musikakademie zu Bratislava und am Prager Konservatorium unter ande rem als Schüler von Noväk ihre Fortsetzung fanden. Etwa seit 1930 entstanden regelmäßig in fortschreitender Schwierigkeit und Meisterschaft Kompositionen verschiedener musikalischer Gat tungen, Lieder, Kammermusikwerke, Orchesterkompositionen und als bedeutendstes Werk der ..Psalm der podkarpatischen Erde“. Nicht nur in dieser schon thematisch national bestimmten Komposition bedient sich Suchon typisch slowakischer Intonationen. Gerade die Komponisten der Slowakei, wie auch die Mährens - Janäcck - pflegten deutlich eine von der jeweiligen nationalen Volksmusik stark beeinflußte musikalische Sprache. Das prägnanteste Beispiel dafür in Suchons Schaffen mag wohl seine Oper „Krütnava“ sein, die ein Welterfolg wurde, gerade weil sic in Inhalt und Gestaltung, in Stoffwahl wie in der musikalischen Verarbeitung so ganz und gar national war. Von diesen nationalen Intonationen ausgehend, schreibt Suchon eine moderne Sprache, deren Formung er in den Dienst des Inhaltes stellt. Für seine vielfältigen