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Schlußsatzes (Allegro), der etwas von der Atmosphäre tschechischer Folk lore besitzt. Eine kontrastierende Episode wird weitgehend vom Klavier getragen. Schwungvoll klingt das Concertino aus. „Wallensteins Lager“ gehört neben „Richard ITI.“ und „Hakon Jarl“ zu den ersten Leistungen B e d r i c h Smetanas auf dem Gebiet der sinfoni schen Dichtung, das für den großen tschechischen Meister neben der Oper eines der wichtigsten Schaffensgebiete werden sollte. Ursprünglich sehr von den Tondichtungen Franz Liszts angeregt und beeinflußt, dem der Komponist viel zu verdanken hatte, fand Smetana schließlich zu einem ganz eigengeprägten Typ dieses Genres, dessen Vollendung er mit seinem berühmten Zyklus „Mein Vaterland“ erreichte. Die sinfonische Dichtung „Wallensteins Lager“ entstand 1858 während Smetanas mehrjährigem Auf enthalt in Göteborg (Schweden). Der Komponist, der ursprünglich von der Leitung des tschechischen Theaters in Prag beauftragt worden war, eine Musik zu Schillers: „Wallenstein“-Trilogie zu komponieren, begeisterte sich sehr für dieses Thema. Er hatte zuerst sogar die Absicht, außer „Wallen steins Lager“ noch eine zweite sinfonische Dichtung „Wallensteins Tod“ zu schreiben, doch kam es nicht zur Verwirklichung dieses Planes. „Nebst einigen Klaviersachen arbeite ich gegenwärtig an der Musik zu Schillers .Wallensteins Lager*, dem später ,Wallensteins Tod* nachfolgen soll“, schrieb Smetana 1858. „Das bunte Treiben eines Lagers, wie Schiller es schildert, ist wohl eine sehr dankbare Aufgabe zur musikalischen Bearbei tung.“ Besonders fesselte ihn an diesem Stoff auch, daß die Handlung auf dem Boden seiner tschechischen Heimat spielt (Wallensteins Heer über winterte auf seinem Feldzug in der Gegend von Pilsen), wodurch ihm gleich zeitig die Möglichkeit gegeben war, die geliebte Landschaft seines Landes in die musikalische Schilderung einzubeziehen. In einem Brief Smetanas aus späterer Zeit (1877) heißt es dazu: „Ich mache darauf aufmerksam, daß ich mich schon bei der Komposition der sinfonischen Dichtung ,Wallen steins Lager* bemüht habe — und zwar mit einigem Erfolg — dem Werk ein nationales Gepräge zu geben.“ Die Komposition, 1 in vier Teilen Aus schnitte aus dem Leben des Lagers zeichnend, zeigt im Gegensatz zu den beiden obengenannten, zeitlich benachbarten sinfonischen Dichtungen in ihrer musikalischen Sprache und ihrem formalen Aufbau tatsächlich be reits beträchtliche Unterschiede gegenüber dem Liszt’schen Vorbild. Bereits das Motiv des lebhaften Anfangsteils, in dem das geschäftige, fröh liche Treiben des Lagers gestaltet wird, ist eine echt Smetanasche Melodie. Mitten in die sorglose, ja ausgelassene Stimmung der Soldaten hinein jedoch klingt ein Posaunenthema, die Stimme des Kapuzinermönches dar stellend, der mit seiner Predigt die Soldaten ermahnen will, von ihrem tollen Übermut abzulassen. Aber vergeblich, er wird bald durch Gelächter und Hohn unterbrochen (wobei der Kontrast zwischen der Kapuzinerpre digt und dem Spottgelächter des Lagers vom. Komponisten sehr scharf her ausgearbeitet wurde). In eine kecke Tanzweise von nationaler Färbung im Polkarhythmus mündet das immer ausgelassener und wilder werdende, wirbelnde Treiben, bis endlich nächtliche Stille über das Lager herein bricht. Die Schilderung der Nachtstimmung (mit Steicherpizzicato, das die Schritte der Wache andeutet) ist von besonderer Eindringlichkeit. Trompe tensignale, zum Weitermarsch aufrufend, zeigen schließlich die Morgen dämmerung an. In kraftvollem, energischen Charakter endet das Werk. Urte Härtwig / Dr. Dieter Härtwig III 9 14 EMZ 964 1 It-G 009/58/64