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Rabenauer Anzeiger : 24.12.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-190812242
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19081224
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19081224
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-12
- Tag 1908-12-24
-
Monat
1908-12
-
Jahr
1908
- Titel
- Rabenauer Anzeiger : 24.12.1908
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a bet den andere« ersichtlich war, daß es sich "ei den Bewerbern um etwas anderes handele als um ei« Kopfmodell. Dieser eine Bewerber nannte sich Jose Ferenczy, Professor in Pasing. ES dauerte noch längere Zeit, ehe sich Lilly Schum entschloß, zu antworten. Auch dann zog es sich noch längere Zeit hin, bis sie als Modell verwendet wurde. ES kam von Wiesbaden ein Brief, dem 20 Mark beilazen und in dem Fe- rency schrieb, sie passe ihm, müsse sich aber noch gedulden, sie solle sich nicht mit anderen Künst ler« einlassen. Im Herbst, nachdem Lilly Schum 16 Jahre geworden, kam eine neue Einladung von Ferency. Er teilte ihr mit, daß er ein Geisbakostüm angeschafft habe und sie in diesem photographieren müsse. Der erste Besuch war an ständig. Bei dem zweiten Besuch kam eS schon zu einem Angriff auf ihre weibliche Ehre. Der Staatsanwalt erörterte dann weiter all die Ar guments, die für eine Identität des Professors Büttner und des Ferenczy sprächen, und gab eine genaue Darlegung der Dinge, die sich bei der Verführung der My Schum abspielten. Der Staatsanwalt plädierte auf Schuldig. Hierauf ergriff der Verteidiger Justizrat Bernstein das Wort. Aus aller Welt. Da« Erdbeben, welches kürzlich nach 6 Uhr morgen» in Leipzig beobachtet worden ist, wurde auch an vielen Orten des westlichen Sachsens und Thüringens verspürt. Als Richtung wird teils Südost-Nordwest, teils Südnord angegeben. Meldungen über Beben liegen ferner vor aus Altenburg, Meerane, Naumburg, Zeitz, Zwickau und Borna bei Leipzig. Eine folgenschwere Explosion. „Menschen leben in Gefahr!" Dieser Ruf alarmierte die Feuerwehr nach dem Buchhändlerhof, Mauer straße 80 und Wilhelmstraße 46 und 47, wo sich in dem Durchgang die Berliner Elektrizitäts werke befinden. Dort war in de« großen Kelle reien, der Großbuchbinderei von Lüderitz und Bauer durch die Explosion von künstlichem Ter pentin, daS ebenso explosibel nnd feuergefährlich wie Benzin ist, ein Brand entstanden. Vier Per sonen wurden schwer verletzt und befanden sich zum Teil bei Ankunft der Feuerwehr in den brennenden Kellereien, die sich unter dem ganzen Gebäude hinziehen und mit Papier und Buch- bindcrvorräten angefüllt find. Die Feuerwehr unter Leitung des Branddirektors Reichel war schnell mit neun Löschzügen zur Stelle und ging sofort an die Bergung der verunglückten Per sonen. Dabei mußte zur Vermeidung weiterer Explosionen mit der größten Vorsicht verfahren werden. Mit elektrischen Lampe» wurden alle Rä«me durchsucht und gleichzeitig krä'ttg Wasser gegeben. Die Entstehung des Brandes konnte noch nicht festgestellt werden. Das Feuer war um 1 Uhr gelöscht. Ani Lebe« uud Tob kämpfte ein junges Braut paar mit den Flmen des Wansees. Der in der Nürnbcrgcrstratze wohnhafte 27jährige Kaufmann Steinicke hatte mit seiner Verlobten auf dem Wansce eine Bootfahrt unternommen. Mitten auf der See brachte der Bräutigam durch un vorsichtige Bewegung das Boot zum Kenntern, und das Brautpaar stürzte in die Fluten. Auf ihre Hilferufe eilte ein Motorboot an die Unfall stelle, dessen Mannschaft es gelang, das vor Kälte fast erstarrte Brautpaar aus dem Wasser zu ziehen. Der vierbeinige Detektiv. Von einem Hünd chen wurde ein Gelegenheitsöicb in der Auguste Viktoriastraße zu Wilmersdorf entlarvt. Einige Arbeiter hatten dort aus einem Berliner Geschäfte Waren abzuliefcrn, und unterdessen hatte die Frau' des Hauses, ohne es zu wissen, auf kur e Zeit, ihr Portemonnaie ans dem Tische liegen lassen. Bei ihrer Rückkehr „stellte" ihr Hündchen einen der Arbeiter und ließ ihn nicht mehr los. In der Frau stieg ein Verdacht auf, und bald entdeckte fie, daß aus ihrem Portemonnaie ein Zehnmark stück fehlte. Da der Mann bestritt es genommen zu haben, wurde die Polizei geholt. Eine Leibes visitation blieb erfolglos, ebenso eine Durch- suchung des Raumes. Als aber endlich auf Ge- heis der Polizei der verdächtige Mann seinen Mund öffnen mußte, da der kleine Detektiv nicht locker ließ, kam das Zehnmarkstück zum Vorschein. Der Dieb hatte cs mit zwei Zehupfennigstücken unter der Zunge verborgen. Der Entlarvte, ein Arbeiter Karl Schön, wurde darauf der Krimi nalpolizei und dem Untersuchungsrichter vor geführt. Attentatsversuch gegen König Manuel? Die „Central News" wissen aus Lissabon mitzuteilen, daß jüngst bei der Rückkehr des jungen Königs von Oporto nach der Hauptstadt ein Attentat auf ihn geplant worden sei. Man wunderte sich damals, daß die königliche Equipage in rasender Eile vom Bainhofe «ach dem Schlosse fuhr und von einer starken Kavallerieabteilung begleitet wurde. Jetzt soll ein ehemaliger Polizeibeamter nach einem vergebliche« Selbstmordversuch be kannt haben, daß er an jenem Tage dem König mit einer Bombe aufge'auert habe und nur durch das rasende Tempo der königlichen Equipage an dem Attentate verhindert worden sei. Tausend Tischlergesellt« find in Bremen wegen Lohndiffcrenzen auSgesperrt worden. I, der Angelegenheit der umfangreichen Unterschleife und Diebstähle bet der Kaiserlichen Werft in Kiel teilte der Untersuchungsrichter laut Berliner Morgenpost mit, daß die angeschuldigtcn Kaufleute die kaiserliche Werft im Laufe der letzten zehn Jahre um über eine Million betrogen hätten. I« einem vahnhofshotel i« München hat sich ein Lehrer erschossen. Er gab als Grund des Selbstmordes in einem Briefe an, eine falsche Denunziation wegen Sittlichkeits-Vergehen habe ihn zur Tat veranlaßt. Nach dem „schleichenden Fuchs" die „schwarze Haud". In Berlin wurde kürzlich eine jugend liche Diebesbande der „schleichende Fuchs" über mittelt. Dazu kommt jetzt in Dortmund ei«e ähnliche Sippschaft „die schwarze Hand". In ihrem Burporließ", einem Kanalschacht, fand man Messer, Revolver, gestohlene Sachen und Schund literatur. Die jungen Burschen stammen alle aus anständigen und guten Familien. Ja Gibbon in Nelnaska plünderten Räuber, die im Frack und Zylinder per Automobil vor gefahren kamen, zwei Banken aus, erwischten zum Glück aber nur 24000 Dollars. Ein Regen von Revg'verkugeln folgte den Banditen, die aber glücklich daoonkamen. Beim Neubau des Elberfelder Genesungs heims stürzte ein Gerüst ein. Ein Arbeiter ist tot, mehrere sind verletzt. Vermischtes. Prinz Joachim von Preußen, der jüngste Sohn des KaiserpaareS, hat kurz vor seiner Abreise von Plön nach Potsdam mit seinen sechs Mitschülern die Fähnrtchsprüfung bestanden. Der junge Ksiserlohn wird nach den bisherigen Dis positionen noch bis zum Herbst 1910 die Prt«zen- schule in Plön besuchen. Der deutsche Kronprinz bat drei Bergleute von der Grude Radbod etngeladeu, «ach Berlin zu kommen, um bie 300000 Mark, welche die von ihm und seiner Gemahlin veranstaltete Samm lung ergeben hat, für die Hinterbliebene« der verunglückten Bergleute in Empiang zu nehme«. Die Zechenverwaltung bat bereits drei Mitglieder des Arbeiter Ausschusses vorgeschlagen. — Weiter erklärt die Verwaltung nochmals, außer einem geringfügigen Brande am 29 Oktober hätten niemals Grubenbrände staitgefunden, ebensowenig sei ei« Bergman« Wege« seiner Aussage« in dieser Sache entlasse« worden. Die Sparsamkeit. In verschiede«!« Reichs- ämtern ist angeordnet, nur noch Stahlfeder« zu verwenden, die nicht mehr als 1,20 Mark sür'S Groß kosten. Dazu schreiben die L. N. N. „das Prinzip ist sehr zu loben." Nur muß man sich davor hüte«, im Gegenteil z«m allzuflotte« Gcld- ausgeben jetzt i« das Prinzip der Vfennigfuch- serei zu verfallen. Es ist ja ganz chö«, wenn ma« an de« Stahlfedern spart; nur darf ma« damit nicht aufhören, sondern muß auch größere Objekte heranzichen, an denen ma« seinen Spar eifer zu betätige« vermag. Sonst hat das ganze Sparen wenig Sinn. Auch Muster-Zigaretten müssen der Bandc- rolenstcuer unterworfen werden. In der amt lichen Ankündigung heißt es: „Ob der Em pfänger der Mustersendungen die Zigarretten tat sächlich zu dem auf den Packungen angegebenen oder zu einem niedrigeren Preise verkauft, »der ob er sie vevchenkt oder selbst raucht, ob er fie gratis bekommt oder bezahlt, ist ohne Einfluß auf die Steuerpflicht." Also versteuert muß sein! Ei» unnützer Sport. Verschiedene Passagier- dawpfcr, die an einem Tage New-Jork verlassen hatten, versuchten zum Schluß der Reite eine Wettfahrt, wer von ihnen am frühesten in Eng land ankomme. Solche „Rennen", die nur die Sicherheit gefährde« können, find mindestens un nötig. Keine Ermäßigung der oberschlefischeu Kohlrupreise. Die oberschlefische Kohlen Konven tion hat in ihrer soeben in Berlin abgehalte«en Haupt-Versammlung beschlossen, in Anbetracht der anhaltend guten Nachfrage nach oberschlefi- schen Kohlen und mit Rücksicht auf die sehr stark gestiegenen Selbstkosten zur Zeit von Aen- derungen ihrer Preise abzugehen. Man hatte eine Preisermäßigung nach dem Vorgänge des rhei nisch-westfälischen KohIen-SyndikatS erwartet. Zum Berkans rheinischer König-schlösser heißt es jetzt, daß es in der Absicht der Stadt Düsseldorf liegt, dar Schloß Jägerhof zu er werben. Auch machen sich Bestrebungen geltend, das Schloß Benrath durch den Landkreis Düssel dorf anzukaufen. Das erst jüngst renovierte Schloß Brühl soll hingegen später einem Kaiser sohne als Wohnsitz dienen. Mit 1700 Wage«, darunter viele Möbel wagen, Kremser usw. erledigt die ReichSpost in Berlin jetzt den Weihnachts-Paket-Verkehr. Aller dings entspricht das WeihnachtS-Gelchäft in der Reichshauptstadt nicht dickem postalische« Auf schwünge. Am goldene« Sonntag war es im Innern Berlins auf den Straße« nicht zum Durchkommen, aber in den Läden, von einzeln bekannten Warenhäusern abgesehen, war noch oft Platz. Schlechte Zeiten auch bei der Eisrubahn. Die Einnahmen der preußischen Staatsbahnen find, wie die Voss. Zig mitteilt, im letzten No vember so schlecht gewesen, wie fast »och nie. Denn sie weisen im Verhältnis zum Vorjahr in diesem einzigen Monat eine« Rückgang um fast 7einbalb Millionen auf. Die Einnahmen des Saufenden Jahres werden überhaupt bedeutend hinter dem Voranschläge zurückbleiben. Die Ur sache des Rückganges liegt i» dem beträchtlich verminderte« Güterverkehr, der seit dem ersten April Minder-Einnahmen in Höhe von 34 Milli onen aufweist. Das sind in der Tat schlechte Zeiten- Präfident Castro i« Berlin. Wie die Voss. Ztg. erfährt, wird in der Umgebung des Präsi denten nach wie vor versichert, daß die aus Ve nezuela empfangenen Depeschen nichts von einer Revolution gegen Castro melden. Im Gegenteil soll Alles sehr günstig stehen. Da wird man nun freilich wohl auch nicht jedes Wort unterschreiben können. Castro ist mit seiner Frau und Schwester sowie einem Arzt uud einem Teil der Diener-^ schäft vom Esplanade-Hotel nach der Klinik beS Professors Israel übergcstedelt, um sich dort einer einwöchentliche« Beobachtung zu unterziehen. Der Präsident wird übribrigenS «och immer massen haft mit Bittgesuche« überschwemmt; vier Papier- körbe hat man an einem Tage damit gefüllt. Nebe« den zahlreichen Unterstützuugsgesuchen laufen auch viele Angebote von Sekretäre«, Kam- merjnngfern, Diener» usw., ja sogar vo« frühere« Offizieren ein, die den Präsidenten nach Ve nezuela begleite« wolle«, um sich dort eine neue Existenz zu gründen. I« einigen Briefen wurde Castro ersucht, Pate zustchen, in anderen preisen Fabrikanten alkoholfreier Getränke ihre Erzeug nisse an. Der Mehrzahl der Angebote geht es wie den berühmten FrühlingSgedichten und ähn lichen Redaktionsschreiben, fie werden in den Pa pierkörben versteckt. — Eine Beilegung des Kon flikts mit Frankreich soll nahe bevorstehen, auch mit Holland soll Castro Verhandlungen auf nehmen wollen. Eine bode«lose Unverschämtheit ist der Re klamestreich des „Direktors" Peter Gantner in München gewesen, der in den größeren deutschen Städten insgesamt etwa eine halbe Million Briefe versandte, iu denen di« Adressaten auf den Ro man „Doppelte Moral" mit den Bemerken auf merksam gemacht wurden, daß fie selbst und Be kannte von ihnen darin kompromittiert seien. Der Kerl hat seine Briefe sogar an hochstehende Per sonen geschickt, wie z. B. an den früheren preu ßischen HandelSmiuister vo« Möller. In diesem Falle war daS stets handschristlich ausgefertigte Schreiben mit einem Wappen geschmückt. In an deren Zuschrifte« fanden sich freiherrliche und gräfliche Kronen auf de« Briefen. Die Kosten dieser Schwindel-Reklame waren sehr hoch, man kann fie auf 60 000 Mark schätzen, da alle Briefe mit 10-Pfcnnig-Markeu beklebt waren, aber sie hätte« sich herausschlagen lasse», wenn — die Empfänger der Zuschriften nicht so schnell die Polizei benachrichtigt und nicht auch die Zei tungen sofort Lärm geschlagen hätten. Nun ist's aus, Gantner ist in München verhaftet, und der deutsche Buchhandelverkauf das jammervolle Mach werk, daS keine 75 Pfennige, viel weniger den Preis von 7einehalbe Mark wert ist, nicht. Der Staatsanwalt wird wegen Betruges und grobe» Unfugs vorgehen. Die mehrfach verfügte Be schlagnahme des Buches wird sich aber kaum auf recht erhalten lassen, da der Inhalt in der Tat harmlos ist. Mehrfach, so in München, ist übri gens eine ganze Portion abgesetzt, der Band ist sogar mit zehn Mark bezahlt. Vielfach sind die Brief-Empfänger in Aufregung verletzt. Nur da, wo die Post, wie in Berlin, Stempelmaschinen verwendet, die den bekannten über das ganze Kuvert fortgehendrn Fahnenstempel zeigen, konnte man hieraus sofort erkennen, das es sich um eine Massen-Auflieferung, also um keine persönliche Zu schrift handelte. Hoffentlich wird eine exempla rische Strafe andere Sensations-Liebhaber abhalien, in Zukunft mit einem ähnlichen Trick für irgend en fragwürdiges Unternehmen Reklame mmachen. Friede auf Erde«. M And wieder in der Monde ewgem Lauf, W W Und wieder kam die heilge Nacht Heroust Da glänzt eS durch das Himmels- dunkel mild, Nnd alle» sichtbar schwebt ein holdes Bild: Ein Kindlein zart, mit Augen groß und klar — Ein Strahlenglanz umfließt es wunderbar. Wie's um sich blickt! Wie eS das Händchen hält! Als wolt eS Segen spenden aller Welt. Und Kinderköpiche« drängen sich heran, Und Eng'ein drüber schau'« und beten an. Süß durch die Lüfte tönt es wie Schalmei'«: Ja, Friede, Freude soll auf Erde« sein! „;zcy >ve>p es, Mama." Wenn er auch nicht daran dachte, sich dem Zusammentreffen mit Falkenhain zu ent ziehen, dies auch gar nicht konnte, ohne sich für immer in der Gesellschaft und der Armee unmöglich zu machen, wollte er doch seine so tief erregte Mutter, von deren Exaltation er Schlimmes befürchten durfte, wenn er aus seinem Willen ihr gegenüber beharrte, be ruhigen und sagte: „So gern ich auch diesem Herrn, der es wagt, sei"" Augen zu Marie zu erheben, eine wohlg z^ne Kugel zuscude, so will ich doch Deinetwegen alles auf freundlichem uud ganz kavaliermäßigem Wege ordnen." „Sicher, Alfons, sicher?" „Verlaß Dich darauf." Sie atmete aus. „Doch, teuerste Mama ich brauche Geld „Nimm nimm alles, was ich habe." Sie ging an einen Sekretär und holte wertvolle Schmucksachen hervor, Diamanten, Perlen „die nimm, mache sie zu Geld." Fleury raffte sie ein und sagte: „Du sollst sie wieder haben — — und nun bcrnhige Dich," er küßte sie, „ich will jetzt zunächst meine Spielschulden bezahlen und daun die Schritte tun. Adieu, teuerste Mama." Die von der Aufregung, ihrer Augst, ihrer Leidenschaft gänzlich erschöpfte Frau sank fast ohnmächtig iu einen Lehnstuhl. Fleury aber, ' der wie gesagt körperlichen Mut besaß, begab sich zunächst zu einem Landsmann, dessen Bekanntschaft er hier gemacht hatte und bat diesen, sein Zeuge zu seiu und das Notwendigste Mit Herrn von Belzig zu ordnen. Daun ging er, die Schmucksachen zu ver werten. In der Wohnung Webers herrschte trotz versachlicht, die Frau Steinmüller mitgebracht,. große Erregung. Daß das Duell rückgängig gemacht werde, daran zweifelten sie nicht, aber mit dem so nahe drohenden tragischen Vorgang war in den beiden Leuten alle; in vollster Stärke erwacht, was sie einst unglücklich gemacht hatte. Am Abend erwartete mau Rudolf, aber er kam nicht. Dies beunruhigte Weber, und er ging nach Rudolfs Wohnung, nm ihn zn sprechen, erfuhr aber von dessen Wirtin, daß der Herr Assessor einen Ausflug auf das Land gemacht hatte, von dem er erst morgeil wiederkehrte. Rudolf, dem cs sehr schwer aukam, sich mit einem Manne zn schießen, der dem Mädchen, das seine Seele liebte, nahe stand, hatte der Wirtin den Auftrag gegeben, dies zu sagen, wenn man nach ihm fragen sollte. Daß ihn sein Vater anssuchen würde, setzte er nicht voraus, so wenig wie daß dieser Kenntnis von dem Duell haben könnte. Weber ging beruhigt nach Hause, brachte aber doch eine unruhige Nacht zu. Noch unruhiger war der Schlaf Frau von Manrods, die von gräßlichen Traum gesichtern geängstigt wurde. Wiederholt stand sie ans und ging ans und ab, mochte aber doch ihre Kammerzofe nicht wecken. Zwischen fünf und sechs Uhr, kaum zeigte sich das erste Morgengrauen, bemerkte sie einen geschlossenen Wagen, der unweit ihrer Villa hielt. Ein Herr stand neben dem Schlage und schien zu warten. Zu ihrem Entsetzen erkannte sie plötzlich Alfons, fast nur au Gang lind Haltung, der in Begleitung Schneiders, der ein Kästchen trug, aus den Wagen zugiug, iu diesem mit dem Fremden Platz nahm nnd davouluhr, wäh rend der Kammerdiener langsam zum Hause zurückkehrte. Jetzt löste sich die schreckeusvolle Erstarrung der Frau, sie stieß einen Schrei aus und stürzte, wie sie war, im Nachtgcwaude hinaus und rief über die Treppenwange nach Schneider, der gleich darauf vor ihr staub. „Nm Gottes Willen, Schneider, wohin fährt der Marquis?" „Wenn ich recht verstanden, nach den schwarzen Tannen." Mit einer verzweiflungsvollcn Energie befahl sie: „Lassen Sie sofort anspanneu, die Traber, den Jagdwagen, rasch, rasch, ein Menschenleben hängt davon ab. Zehn Napo leons, Schneider, wenn ich zur rechte» Zeit komme." Mit beflügelter Eile entfernte sich der Kammerdiener nach dem Stall, wo schon Leben herrschte. Zehn Minuten später fnhr Frau von Manrod, ihre alte Dienerin neben sich, nach den schwarzen Tannen. Noch ein anderes Wesen verlebte zu gleicher Zeit Stunden tiefer Herzensangst im Manrodschen Hauss. Marie von Manrod war durch das Ge räusch im Hofe geweckt worden nnd hatte ihre Mutter fortfahreu seheu im frühen Tagesschein. Was bedeutete das? Sie ließ Schneider rufen und fragte ihn nach dem, was vorging. Der Kammerdiener verehrte die junge Dame sehr. Der Mann wußte natürlich alles, denn selbstverständlich hatte er auch gehorcht, als der Kartellträgcr Falkenhains da war. „Ich vermute, die Frau Baronin ist davongesahrcn, um dcu Herrn Marquis an einem blutigen Abenteuer zu verhindern." „Wie? Scy. ,gt sich Alfons? Mit wem denn?" „Herr von Falkenhain, den er sehr beleidi t haben muß, hat ihn fordern lassen." Sie wurde totenbleich. „llnd Mama?" „Wird wohl, von mürterlichcr Besorgnis getrieben, nach, den schwarzen Tannen seiu." Fast betäubt von der Schreckensnachricht, daß der Geliebte sich im Zweikampfe mit Fleury dcni Tode aussetze, wankte sie zurück iu ihr Schlafzimmer. „Heute scheint hier eine Revolution zu herrschen," dachte der Kammerdiener, „was ist denn daran gelegen, wenn zwei Verrückte sich die Knochen entzweischicßen." * * Rudolf von Falkenhain war mit Referen dar Belzig und einem Arzte bei den schwarzen Tannen eingctroffen, einem abgelegenen Ort, wo gemeinhin die Ehrenhändel ausgcsochten wurden. Die vereinbarten Bedingungen waren nicht sehr schwer. Fünfzehn Schritte Distanz, glatte Pistolen, zweimaliger Kngelwcchsel, Feuer gleichzeitig auf Kommando. DemZungen, Mann war nicht leicht ums Herz. Nicht, daß er die Kugel des Gegners gefürchtet hätte, aber er bezahlte das Duell mit dem Bruder Mariens vielleicht teuerer. Er hätte nach der Schwere der Beleidigung auf härtere Bediuguugen bestanden, aber die Besorgnis, seine stillen, fast traumhaften Hoff nungen ans immer zn gefährden, hatte ihn davon zurückgehalten. Tie Herren waren genötigt, einige Minuten zu wartest. Dann hörte man einen Wagen anrolleu und Fleury erschien mit seinem Sekundanten, einem französischen Fechtmeister nud ehemaligen Offizier, der sich in der Provinzialhauplstadt niedergelassen hatte. Ter Unparteiische, ein Offizier der Gar nison, fehlte noch.
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