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Rabenauer Anzeiger : 31.12.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-12-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-190812319
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19081231
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19081231
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-12
- Tag 1908-12-31
-
Monat
1908-12
-
Jahr
1908
- Titel
- Rabenauer Anzeiger : 31.12.1908
- Autor
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Hasses. Dann aber eilt sie in ihr Zimmerchen, das neben dem Empfangszimmer liegt, aber durch keine Tür mit diesem verbunden ist. Es ist ein kleines, einfach möbliertes und gegen den Luxus der andern Zimmer sehr ab stechendes Gemach. Gewöhnlich wird es von den Zofen der Logiergäste bewohnt. Schnell streift Gabriele ihr schlichtes Hauskleidchcn von blauer Leinewand ab und schlüpft in ein weißes Gewand, dessen Stoff auch nur von geringem Wert ist, aber i« schönen, weichen Falten die graziöse, gerten schlanke Gestalt des jungen Mädchens umhüllt. Ein blaßblaucs Seidcnband umschlingt die fein« Taille, ein gleiches den kleinen weißen Matrosen hut, den Gabriele soeben aus das üppige, wellige Haar setzt, dessen rötlichbrauner Pronee- glanz an die Farbe der jungen Kastanien erinnert. Ein Paar lange, weiße Handschuhe werden noch hastig aus dem Kasten gerissen, dann huscht sie wie ein leichtfüßiges Neh aus dem Zimmer, den Korridor entlang, die Hintere Freitreppe hinab und durch den Garten bis an die Hecke, die die Grenze zwischen dem Kurgartcn bildet. Dort ist schon seit einiger Zeit ein junger Mann auf und nieder gegangen und hat un geduldig nach denn Hanse gespäht. Jetzt sieht er die weiße Gestalt die Allee entlang geeilt kommen und mit einem unterdrückten Frenden- laut schließt er sie gleich darauf stürmisch in die Arme. „Delta, mein Lieb! Wie lange liefest Tu mich harren!" sagt er zärtlich und kn . blaffe Gesicht immer und immer wieder. . Asse Du zitterst und wie sehr Dein Herz »euM Du mußt nicht so rasch lausen, mein Liebnug!" Aus aller Welt. Sm Student el« Mörder seine- ButerS und dreier Schwester«. Einer furchtbaren Blut tat find in Mainz in der Nacht zum zweiten Feiertag der 62jährige frühere Reichstags- und Landtagsabgeordnete Nicola Racke, päpstlicher Kämmerer und Weingroßhändler, und dessen drei Töchter, die 27-, 20- und 15jährigen Schwestern Anna, Stephanie nnd Elisabeth, zum Opfer ge falle«. Der Tiller ist der Sohn des Ermordeten, der 21jährige Student Jo'eph Racke, der die Bluttaten in einem Wahnfinnsanfall verübt zu haben scheint. — Die weitere polizeiliche Unter suchung der entsetzlichen Bluttat «, die der Stu dent Joief Racke in der Nacht zum zweiten Weih nachtsfeiertage im Hause seine- VaterS in der Bauerstraße 17 verübte, läßt mit Bestimmtheit erkennen, daß es sich um die Tat eines Geistes kranken handelt Josef Racke befindet sich in Ein zelhaft und wird streng bewacht; er dürfte, so bald die erste Untersuchung abgeschlossen ist, zur Beobacht«« sein'S Geisteszustandes in eine Irren anstalt gebracht werde«. Bis jetzt bat der Mör der seines Vaters und seiner drei Schwestern in den Verhöre», denen er unterworfen wurde, nur widersprechende Angaben gemacht. Er erklärte wiederholt, daß er nur dem Priester gegenüber etwas aussagen würde. Ein Ove-azt des Main zer städtischen Krankenhauses, der Josef Racke zu Gesicht bekam, berichtete, daß der V-rhaflete den typischen Eindruck eines religiös Wahnsinnigen mache. Trotzdem oder vielleicht gera"c, weil er wahnsinnig war, hat der 21-jährige Studeut die schaurigen Bluttaten mit einer kaltblütigen Ueber- legenheit ausgeführt und sie bis in alle Einzel heiten vorbereitet. Das geht mit erschreckender Deutlichkeit aus ds« weiteren Einzelheiten hervor, die jetzt über den vierfachen Mord bekannt wer den. Nachdem sich die Familie Racke um 12 U-.r nachts zur Ruhe begeben hatte, stand Josef Racke, der in einem besonderen Z mmer schlief, auf, nahm aus einem Schrank ein alnS Gewehr, holte aus der Küche das Messer der Brotschneide maschine und steckte einen geladenen Revolver zu sich. Mit diesen Waffen begab er sich i« die Badestube und traf dort in aller Ruhe seine Vor bereitungen. Er schraubte vom Gewehr seines VaterS den Flintenlauf ab und befestigte daS Brotschneidemesser mit Draht an den Gewehr kolben. Mit diesen Waffen mordete er dann im Dunkel der Nacht. Nachdem er den Vater durch einen furchtbaren Schlag mit dem Brotschneide- Messer getötet, begab er sich in das Nebenzimmer, in dem seine älteste Schwester Anna schlief, die sich am Weihnachtsheiligabend mit einem Ber liner Arzt verlobt harte. Auch diese erschlug er mit dem seit amen Beil und öffnete ihr dann mit demselben Instrument die Pulsader« der linke» Hand, um ihres Todes ganz sicher «u sein In einem dritte« Schla zimmer schliefen die beiden andere« Schwestern, die 21 Jahre alte Stefanie und die 15 Jahre alte E t aberh. Beide wurden infolge der Vorgänge, die sich im Zimmer ab spielten, wach. Als ihr Bruder in ihr Zimmer trat, laß Stefanie aufrecht im Bett, Elisabeth war aufgesprungen. Ehe sie noch wußten, was vor sich ging, feuerte Joie' Racke auf Stefanie Schüsse ab; der erste trat das Mädchen oberhalb des Herzens und zwar sofort tötlich, der zweite ver letzte sie am rechten Oderarm. Elisabeth wollte entfliehen; ihr wahnsinniger Bruder schlug sie aber mit dem Beil nieder; der Schlag spaltete das Gesicht des Mädchens. Josef Racke hat die Absicht gehabt, auch seine anderen Geschwister zu töten, ui» sie, wie er bei dem Verhör sagte, „vo« den Sorgen zu befreien, die das Leben und er ihnen bereite". Als er aber seinen Vater und drei seiner Schwestern ermordet hatte, brach er zusammen Er sei von der schweren Arbeit müde gewesen und habe sich wieder ruhig schlafen ge legt. Erst am andern Morgen wurden die Blut taten entdeckt »nd Jose- Racke in seinem Zimmer verhaftet. Die Obduktion der Leichen wurde fortgesetzt; sie ergab die Tatsache, daß die vier Opfer der irrsinnigen Studenten sofort an den entsetzlichen Verstümmelungen und Wunden, die fie erlitten, gestorben sind. Mit 95 Jahr«« Selbstmord verübt. Am Rande des Grabes hat der Altsitzer Joh. Sch. aus Kalkberge-Rüdersdorf seinem Leben ein Ende bereitet. Sch., der bereits im 95. Lebensjahre stand, war seit nahezu vier Jahren infolge fort währender Krankheit ans Bett gefesselt. Jetzt fand man ihn «rdängt auf. Tragische- Ende einer Familie. Wie dem „Mannh Generalanzeiger" au- Ludwigshafen gemeldet wird, haben sich dort in der Nacht zum 24. er. die Eheleute Lorenz Bernhardt mit ihren beide« Kinder« im Alter von drei und sechs Jahren durch Einatmen von Leuchtgas vergiftet. Alle vier find tot. Die Beweggründe zu der Tat nicht bekannt. I« München spielte ein Kind mit Streich hölzer« am Bett der gelähmte» Mutter. Das Bettzeug fing Feuer, die Fra« erlag den Brand wunden. Eine FamilientragSbie spielte sich am zweiten Feiertage in später Nachtstunde im Hause El sässerstraße 14 a in Berlin ab. Der dort im Par- terre^choß des Seitenflügels wohnende 49 Jahre alter Briefträger Wilhelm Kretschmann gab in einem Anfall von Geistesstörung auf seine Frau vier und auf sich selbst zwei Revolverschüsse ab. Die Schwerverletzte« wurden nach der Charttee verbracht. Bo« einem Hochbah»z«ge getötet wurde am zweiten Feiertag nachmittag in Berlin auf der Strecke zwischen Leipziger Platz und dem Gleis dreieck der 48jährige Blockwärter Seidel. Seidel wurde von einem Hochbahnznge dermaßen an gefahren, daß der Tod sofort eintrat. Von Wölfe« ««gefalle» und zum Teil auf gefressen wurde bei Gravina am Aetna der 7- jährige Sohn des Bauers Marone. Ei« Eise«bah«räaber ist bei Apolda verhaf- tell Er versuchte eine« mißlungenen Raubanfall auf einen Artillerie-Einjährigen, sprang dann in voller F chrt aus dem Zuge, wurde aber festge- uommen. Ei« Eisenbahuwaggo« Weihnachts-Pakete ist in Delmenhorst bei Bremen verbrannt. In einer Sendung sind augenscheinlich leicht entzündbare Sachen enthalten gewesen. In Cuxhaven stürzte ein Rekrut beim Exer zieren in sein aus der Scheide fallendes Seiten gewehr. Die Spitze der Waffe drang in sein Herz, er war sofort tot. Lerichtsdatte. Bor der königliche« Strafkammer i« Görlitz standen der 60-jährtge Kaufmann Paul Schultze aus Lauban und dessen beide früheren Lehrlinge, der 18-jährige jetzige Handlungsgehilfe Heinrich Grabs und der 16-jährige Handlungslehrltvg Felix Marczak. Es handelt sich bei den Ange klagten, bisher unbestratten Leuten, um Fälschung einer überaus großen Zahl vo« Wechseln Schultze, der aus der UnterfuchunaShaft erschien, hatte, um sich aus Geldverlegenhetten zu helfen, Jabre hindurch seine beiden Lehrlinge veranlaßt, eine große Zahl Akzepte mit Namen auswärtiger Kunden zu fälschen. Schultze hatte 1893 ei« Taschentuch-Fabrikationsgeschäft gegründet, an geblich mit einem Kapital von 93 000 Mark. ES handelt sich für die Anklage um etwa hun dert gefälschte Wechsel, die über Einzelsummen von 94 bis 400 Mark lauten. Besonderer Scha den ist den vielen auswärtigen Kunden de- An geklagten Schultz- mit deren Namen die Wechsel gefälscht waren, nicht erwachsen; Schultze hatte ein Loch, das er aufgemacht, mit dem Gelds einer anderen Wcch elfättchung zugestopft. Da durch, daß er die gefälschte« Papiere sämtlich in Lauvan dsmiztltene, gingen die Fälschungen un ¬ entdeckt mehrere Jahre. Grabs hat daS'Geschäft, aufAas; Geheiß seine- Prinzipals die Name« nach »echten Unterschriften auf die Papiere z« schreiben, 8 Jahre hindurch getrieben und wie er selbst angibt, wohl 75 Wechsel gefälscht Er habe sich allerdings anfänglich dagegen gesträubt, aber sein Herr habe ihm die Bedenken genommen, sagt Grabs. Er habe gemeint, daß er das, was ihm der Herr heiße, tun könne. Lehrling Marczak hat geständigermaßen 17 Wechsel auf Veranlassung seines Herr» gefälscht; dessen Tä tigkeit erstreck: sich auf ein Jahr. Schultze selbst will etwa 6 Wechsel gefälscht haben. Er ist neben der Wechselfälschung, begangen in Verbin dung mit Betrug, auch des KonkurSvergehens an geklagt ; er hatte seit dem Jahre 1905 keine Bi- 'a«z mehr gezogen «nd seine Handei-bücher so unordentlich geführt, daß fie eine Vermögens- Übersicht nicht gewährten. Das Gericht verurteilte Schultze wegen fortgesetzter Wechselfälschung in Verbindung mit Betrug und wegen Konkursver gehens zu 2 Jahre« 6 Monaten Gefängnis, bei Anrechnung von 3 Monaten Untersuchungshaft. Der SmatSanwalt hatte nur 18 Monate Ge> fingnis beantragt. Die beide« Mitangeklagten wurden wegen Beihilfe zur Urkundenfälschung zu je 2 Wochen Gefängnis verurteilt, aber bedingter Strafaussetzung empfohlen. DaS Gericht nahm bei Schultze als sehr erschwerend an, daß er seine eigenen Lehrlinge zur Urkundenfälschung verleitet habe, wenn auch der durch die Fälschun gen angerichtete Schade» nur etwa 1000 Mark betragen habe, da die meiste« Wechsel wieder einge'öst worden seien. Wegen fahrlässiger Tötung eine- Schul kunde« auf einer ^Automobilfahrt wurde ein Kölner Fabrikbesitzer zu einem Monat Geiängnis verurteilt; die gleiche Strafe bekam ein reicher Berliner Hausbesitzer, der in Restaurants Pale- totdiebstähle unternahm. Seine Ausrede, er leide an Kleptomanie fruchtete nicht. Vermischtes. Biele Thüringer Porzellanfabrike« entlasse», wie aus Sonneberg gemeldet wird, infolge der der Prager Vorgänge ihre tschechischen Arbeiter. Die älteste« Lokomotive« Deutschlands dürften jene sein, die zwischen Mannheim und Heidelberg noch jetzt dem Personenverkehr dienen. Sie tragen die Jahreszahl 1848, sind also seit 62 Jahren im Dienst. Betrachtet man bewegen die Dienstfähigkeit und das Dienstalter unserer moderner Lokomotiven, so müssen wir zugesteheu, daß diese Doyens sicherlich aus sehr gutem Ma terial gefertigt sein müssen. Im großen und gan zen haben sie noch die ursprüngliche Form und Bauart, sogar der Anstrich ist noch der gleiche, wie er früher im Gebrauch war. Zwar sehen diese Veteranen des Eisenbahnwesens nach mo dernen Begriffen etwas vorfintflutlich aus, aber dennoch verkehren sie mit einer Geschwindigkeit von 22 Kilometern in der Stunde. Au? Spaniens Hochebene« herrscht furchtbare Katte. In Avila fielen riesige Schneemassen. ES tauchte dort aus Sierra de Gredos eine Schar Wölfe auf, welche die ganze Gegend unsicher machten. Wölfe drangen am heiligen Abend in eine Hütte, während daS junge Elternpaar der Christmesse beiwohnte und zerrissen einen Säug ling. Viele Jäger sind ausgeruckt, um auf die Raubtiere Jagd zu machen. Auch in den Pyre näentälern find fast alle Verbindungen durch Schnee unterbrochen. Mehrere Ortschaften sind durch meterhohe Schneemassen geradetu blockiert. Ferner wird aus Bilbao gemeldet, daß in der Weihnachts-Nacht eine Fischerbark mit 8 Personen nach ihrem HctmatSort zurückkehren wollte, aber seitdem spurlos verschwunden ist. Wahrscheinlich ist die Bark während eines Schneesturmes unter- gegangen. Verwirrung in der Affäre Steivhcil. Die Angelegenheit der Frau Steixheil bringt stat^ der erwünschte« Klarheit immer neue 8erwirru«g, Scho» vor einigen Tage« hatte sich herauSgestellt- daß der erste Polizist, der am Tatort i« dem Jmpasse Renssi» erschienen war, der Schutzmann Ghiani, gar nicht vernommen wurde; und doch hatte er eine wichtige Bekundung zu machen: als er ins Hau» drang, lag der tote Maler Steioheil nicht mit dem ganzen Körper a«f de« Fußboden, sonder« befand sich in k«te«der Stel lung. Erst allmählich ist er nach hinten gesunken. DaS kann als Beweis gelten, daß die Tat nicht in der Nacht, sondern erst in den Morgenstunde« verübt wurde. Nun wurde auch ein weiteres De tail bekannt, das die Angelegenheit noch myste riöser erscheinen läßt. Wie Ghiani und einige andere Polizisten auSsagen, war schon vor ihnen ein Mann zur Stelle, der gleichfalls Polizein«i- form trug, der mit Ghiani zusammen alle Räume durchschritt und plötzlich um dreiviertel siede«, kurz vor Ankunft des Kommissars verschwände« war. Niemand kannte diesen Polizisten; alle Ver suche, ih» aufzufinden, waren bisher vergeblich. Schon wird kombiniert, dieser Polizist sei gar kein Polizist, sonder« der Mörder oder sei« Ge- dilfe gewesen, der i» einer küh« gewählten Ver kleidung seine Tat begangen und da«» in Sicher heit daS HanS »erlasse« habe. Ei» seltener Fall von Mißgeburt wurde im Aerztlichen Verein zu Wologda demonstriert. ES wurde dort ein Kind mit zwei Köpfen, vier Händen und drei Füßen gezeigt. Wie dem B. T. hier»« ans Anfrage vom Anatomisch-Biologische« Institut mitgeteilt wird, find derartige Mißgebur ten ziemlich häufig. Trotzdem bleibt der Wolog daer Fall merkwürdig, weil die Mißgeburt ««- verletzt geboren werde« konnte. Gewöhnlich pflegt nämlich eine Mißgeburt ei« GcburtshinderniS darzustellen, so daß unter Assistenz eines Arzte» nur die einzelnen Teile zur Welt gebracht werden können. WaS nun die Lebensfähigkeit der Miß geburten anbelangt, so richtet sich diese nach dem Grade der Mißbildung. Die Wissenschaft steht aut dem Standpunkte, daß man derartige Miß geburten als zwei Menschen a«sehe« muß, die sich aus einem Keim entwickelt haben. Die Lebc«s- fähigkett kan« daher, wenn der Grad der Ver wachsung der beiden Einzelkörpcr nur ei« gerin ger ist, wie bei den siamesisches Zwillingen, sehr stark sein. Eine fette Pleite meldete die Newtzvrker Bankftrma H. W. Poor an. Die Passiva be tragen 5 Millionen Doll-, also 20 Mill. Mk. Im finuische« Meerbusen wütet seit drei Tagen ein heftiger Sturm, der das Auslaufe« der Damp'er verhindert. Für Geist und Gemüt Sehnsucht. eit, weit am Himmel hinten Verglüht das Abendgo d; Im Glas die Hyazinthen, Sie duften stark und hold . . . Nun halt' ich Feierstunde, Ruh von dem Tage aus: Die Sehnsucht macht die Runde Und kommt auch mir ins Haus. Sie tritt ins stille Zimmer Mit ihrem leichten Schritt Und bringt im Zwielichffchimmer Ein heimlich Weinen mit. Beugt wie zum Kusse ni der Ihr holdes Leidgestcht, Und geht dann langsam Wied r Ins graue Dämmerlicht. Aus tiefen Schatten hinten Grüßt sie noch einmalMr . . . O Lieb — die Hyazinthen, Sie duften süß und schwer. Letztere ist die Pflegetochter der alten Dame, eine entfernte Verwandte, die früh verwaist, in ihrem Hause Aufnahme gefunden. An dem halbgeöffneten Fenster lehnend, lauscht das junge Geschöpf den Klängen der Kurmusik, die mit der laue» Abendiuft ins Zimmer strömen. Sehnsüchtigen Blickes starrt sie auf die dunklen Laubuiassen des Kurparkes, der an den Garten ihres Logierhauses grenzt. Ab und zu flammt ein Heller Lichtschein auf und bas Knattern von Feuerwcrkskörpern ist vernehmbar. Tort drüben ist heute ein großes Gartenfest und die elegante Welt lustwandelt unter den Bäumen des Parkes. Welcher Glanz, welcher Reichtum wird da entfaltet. „O, wer dabei fein dürfte!" seufzte heimlich das junge Mädchen. „Schließe das Fenster, Gabriele! Tie Abendiuft ist feucht und könnte mir schaden!" tönt da die Stimme der alten Dame in ihre Sehnsuchtsgedanken. „Ach wie schade, sie spielen grade den Brautchor aus Lohengrin," erwidert bedauernd das Mädchen, folgt aber gehorsam dem Be fehl und schließt das Fenster. Nachdem Ga briele die rotscidenen Vorhänge zugezogen, tritt sie zu der Kranken und bittet mit schmeicheln der Stimme: „Tantchen, bestes, einzigstes! Darf ich nicht noch auf einen Husch hinüber? Vom Pavillon aus kann ich den Kurgartcn über sehen. Ach bitte, erlaube es doch!" „Ob Du nicht immer nur au Dein Ver gnügen denkst!" grollt die Kranke und stößt unsanft die liebkosende Hand zurück, die über die ihrige streicht. „Tante, sei nicht ungerecht," erwidert Gabriele mit zuckenden Lippen. „Ten ganzen Tag habe ich bei Dir gesessen, Dir vorgelesen Und " „Deine Pflicht und Schuldigkeit getan, nichts weiter!" unterbricht Frau Kayser sie mit harter Stimme. „Glaubst Du, daß ich Dich aus dem Elend gerissen, Dich an Tochter stelle angenommen habe, damit Du Deinem Vergnügen nachlanfend, ein sorgloses, fröhliches Leben führen sollst? Nein, Du weißt es recht gut, zu Ivas ich Dich bestimmt habe. Mich zu pflegen, und meine trostlose Einsamkeit zu ver schönern und wenn Du diese Pflicht nicht er- süllen willst, so sage es ungeniert. Hundert junge Mädchen finde ich, die sie willig auf sich nehmen, wenn, sie als Lohn dereinst meine Erbin sein dürfen. Also überlege es Dir, denn meine Geduld mit Teiuem oberflächliche», lieb losen Charakter ist bald zu Ende." Gabriele sinkt weinend vor der harten Frau tu die Kniee. „Taute, sei nicht böse!" flehte sie. „Ich will ja alles tun, was Du verlangst, aber hin und wieder ein Stündchen Freiheit könntest Du mir doch gönnen. Ich bin doch noch so jung und " „Schweige!" stößt die Kranke heiser aus und richtet sich zornig auf. Doch da mahnt ein stechender Schmerz au die Unbeweglichkeit ihrer kranken Füße und stöhnend sinkt sie zurück. „Fort, hinaus! Hermine soll kommen und bei mir bleiben!" Einen Moment noch zögert Gabriele und sieht bittend zu der Taute hinab, als diese aber mit den Händen nach ihr stößt, geht sic ge senkten Hauptes hinaus. Im Vorzimmer sitzt die alte Dicneriu mit ihrem Strickstrumpf am Fenster. Auch sie lauscht den süßen Klängen der Musik und fährt zusammen, als das junge Mädchen so plötzlich vor ihr steht. „Jesussi Kindchen, hast Du mich erschreckt! ^a aber, was ist Dir denn, weshalb weinst „Hermine, es ist kaum noch zum aushalteu mit der Taute. Ich bat, ein wenig in den Garten gehen zu dürfen und da warf sie mir gleich wieder meine Vergnügungssucht vor und drohte mich fortzujagen. Und ich gehe auch noch, Du wirst es erleben! Ich ertrage es nicht dieses Leben! Soll ich meine Jugend hinopfern und mir dennoch immer das L nadcn- brot vorwerfen lassen?" „Pst, Kindchen, nicht so laut!" mahnt die Alte. „Nur Geduld, es kanu ja nicht ewig mehr dauern uno dann — was brauchst Du ihr denn immer alles auf die Nase zu biuden, was Tu geru möchtest. Sei doch ein wenig Man. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß! das ist ein altes, wahres Sprichwort. Laus' doch hinüber und sich' und hör' Dich satt, wenn sie zu Bett ist. Ich will schon dafür sorgen, daß sie nichts davon merkt." „Du Gute, wenn Du nicht wärst!" ruft gerührt das weinende Mädchen und schlingt die Arme um die alte Frau. Da ertönt ein schrilles Klingelzeichen und erschreckt fahren beide auseinander. „Himmel! ich sollte Dich ja zu ihr schicken!" ruft Gabriele ängstlich. „Wie wird sie wieder schellen!" „Aengstige Dich ja nicht um mich, ich habe ein dickes Fell und schüttle mir die Schelte ab, wie ein Pudel das Wasser. Amüsier' Dich gut, ich lasse Dich dann leise herein." Mit diesen im Flüsterton gesprochenen Worten verschwindet die gutmütige Alte im Nebenzimmer, aus dem 'eich darauf die schrille Stimme der Kranken c .bellt, die ihren Zorn nun au der Dienerin a isläßt. Gabriele lauscht noch einige Augenblicke mit ingrimmig geballten Händen und aus ihre» Äugen bricht ein Strahl unauslöschlichen
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