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Rabenauer Anzeiger : 22.12.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-190812226
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19081222
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19081222
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-12
- Tag 1908-12-22
-
Monat
1908-12
-
Jahr
1908
- Titel
- Rabenauer Anzeiger : 22.12.1908
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Politische Rundschau. Deutschland. Das württembergische Abgeordnetenhaus sprach seine Erwartung aus, daß das neue Landes-Volksschulgesstz eine Steigerung des Einflusses der ^Orden und Kongregationen nicht im Gefolge haben werde. Die An nahme erfolgte mit 47 gegen 36 Stimmen. Der Großherzog von Hessen hat die Session des Landtages mit einer Thron rede eröffnet. Auch dort steht es, wie über all: Finanzklagen! Eine Erhöhung der di rekten Steuern wird auch hier für wahr scheinlich erachtet, und die Erfüllung der Wünsche der Beamtenschaft auf Gehalts-Er höhung kann erst dann erfolgen, wenn die Reichs-Finanz-Reform in befriedigender Weise geregelt worden ist. Die nötigen Ausgaben im allgemeinen Landes-Interesse sollen aber nach wie vor stattfinden. Die Reform des auswärtigen Amtes ist bekanntlich in Angriff genommen und wird von dem Staatssekretär von Schön, wie dteler selber im Reichstage erklärte, mit Eifer gefördert. Da wird vielleicht auch das als ein Uebelstand empfundene Verhältnis, daß unsere Botschaften und Gesandtschaften aus schließlich mit aderigen und nur zu 4 Pro zent mit bürgerlichen Diplomaten besetzt sind, normaler gestaltet werden. So lange auch der Nnne bei der Berufung unserer aus wärtigen Vertreter mit in die Wagschals fällt, befinden wir uns nicht auf dem richti gen Wege. Allerdings läßt sich hier von heute auf morgen nicht Wandel schaffen, da die für die Gesandten- nnd Botschafterposten naturgemäß in erster Linie in Betracht kom menden Räte eben auch fast ausschließlich dem Adel angehören. Für den Zutritt zur di plomatischen Laufbahn müssen weitherzigere Bedingungen geschaffen werden. Nur so kann unserer auswärtigen Vertretung das frische Blut zugeführt werden, das ihr so bringend not tut. Das Weihnachtsgeschenk für die Volks schullehrer in Preußen ist zwar nicht über trieben reich, aber doch ganz annehmbar. Ge genwärtig beträgt das Mindest,ehalt für alleinstehende und für erste Lehrer an klei neren Schulen 1100 Mark Grundgehalt und 120 Mark DienstalterSzulage. Klassenlehrer erhalten an Grundgehalt nur 1000 Mark. Für alle diese Lehrer bedeuten die Kom missionsbeschlüsse eine Erhöhung des Grund gehalts um 3—400 Mark und eine Erhö hung der Alterszulagen von 1080 auf 1900 Mark DaS Gespenst der deutschen Invasion läßt den edlen Briten bei Tag und Nacht keine Ruhe mehr. Neuerdings erschien es einem Lord Wemyso, dem ein General von nicht weniger als 20 Plänen für eine In vasion in England erzählt hatte. England steh; dieser entsetzlichen Gefahr nackt und un bewaffnet gegenüber und müßte seine Land armee gewaltig vergrößern. — Im Zusam menhänge mit diesen Fieberphantasien wird dann behauptet, Deutschland habe alle Maß nahmen getroffen, um im Falle eines Kon flikts mit England Kopenhagen und alle übrigen Seebcfesttgungen Dänemarks zu nehmen. Deutsche Kriegsschiffe machten sich in den dänischen Gewässern mehr denn je bemerkbar. Ist es gleich Wahnsinn, hat es, doch Methode. In Dänemark haben diese' lächerliche Ausstreuungen ihre Wirkung bereits' getan, und daß auch Frankreich und Ruß land dem Unsinn Glauben schenken werden, ist jedenfalls wahrscheinlich. Die Umwälzung auf dem Balkan. Die Eröffnung der türkischen Parlaments i ging mit großer Feierlichkeit und, was wahr j ist, ohne Zwischenfall vonstatten. DaS Par-' lamentsgebäude, wenn man dar an dem' großen Platze, vor der Hagia-Sophia-Mo-1 schee gelegene Haus mit diesem Namen be-' neunen kann, war mit acht türkischen Non-! chalance in allerletzter Stunde soweit herge-, richtet worden, daß es notdürftig zum Em-^ pfange des Sultans und seiner Gäste sowie der 216 Abgeordneten geeignet war. Der türkische Geschmack liebt grelle Farbeneffekte, und was da an Malerei und sonstiger Aus schmückung im Parlamentsgebäude geleistet worden ist, beleidigt das Auge jedes nor-' malen Mitteleuropäers. Der Sitzungssaal ist jämmerlich eng und niedrig. Gelb polierte Bänke dienen den Abgeordneten als Sitz plätze, an der Decke ziehen sich Ofenrohre entlang. Einzig schön ist dagegen die Aus-, sicht auf das Marmarameer und die klein- asiatische Küste. — Nachdem sich die Abge-f ordneten, die Mitglieder des diplomatischem Korps, d'e Minister und Würdenträger im Parlamentsgebäude versammelt hatten, kün-' digten laute Hochrufe das Nahen des Sul tans. Unter einer glänzenden Eskorte war der Sultan zu Wagen zum Parlament ge kommen und hatte nicht die ihm ans Sicher heitsgründen geratene Fahrt zu Schiff zu- rückgeiegt. Bei seinem Eintritt in den Sitzungssaal erhoben sich alle Anwesenden und verneigten sich tief. Nachdem der erste Sekretär des Sultans die Thronrede verlesen hatte, erneuerte der Sultan den Schwur auf die Verfassung und verließ darauf unter dem gleichen Zeremoniell, uuter dem er gekom men, den Saal. Darauf vereidigte der Großwestr die Abgeordneten nach der Reihe. Jeder einzelne leistete folgenden Eid: „Ich schwöre bei Gott, daß ich dem Sultan, so lange er die Verfassung aufrecht erhält, treu bleiben, und daß ich die Verfassung und das mir anvertraute Amt fürs Vaterland achten und treu bleiben werde." Dieser Eid ist eine gewisse Garantie für den Bestand der Verfassung. Die Lage auf dem Balkan ist, wie auch der österreichische Ministerpräsident betonte, unverändert. Kriegsgefahr besteht nicht, da gegen hat der türkische Boykott österreichischer Erzeugnisse noch immer keine Abschwächung erfahren. Oesterreich-Ungar«. Der Belagerungszustand über Prag ist zu früh aufgehoben worden, denn die Tsche chen denken garnicht daran, in Zukunft Ruhe zu halten und die Deutschen unbehelligt zu lassen. Der bekannte tsch.-chische Abgeordnete und Hetzer Klosac ließ durch ein ihm nahe stehendes Organ öffentlich erklären, die tsche chischen Demonstrationen würden mit aller Kca^t aufs neue loSbrechen, wenn die deut schen Studenten ihren Couleur-Bummel auf dem Graben wieder aufnehmen. Herr Klo- fac, der übrigens den s'awischen Brüdern in Petersburg und Moskau einen Weihnachts ¬ besuch abstattet, entblödete sich auch nicht zu erklären, daß die Prager Demonstrationen einen antidynastischen Charakter getragen hätten. Der österreichische Justtzminister erließ ein Verbot gegen die rafionast Boykottbewegung jn Böhmen nnd Mähren. Fraukreich. Von den desertierten 50 Fremdenlegi- onären wurde jitzt auch der letzte, der An führer und angebliche Leutnant de Pal er griffen. Die Leute werden, obwohl ihre Handlungsweise nur einen Verzweiflungsakt darstcllt, hart genug bestraft werden. Es sind Deutsche, und sie stehen uns als solche nahe. Wir vergessen darüber aber doch nicht, daß es Schiffbrüchige oder sonstwie auf die schiefe Ebene geratene Personen sind, die ihre Zuflucht schließlich zur Fremdenlegion nah men, deren Auflösung je schneller, je besser, zu erfolgen hat. Ein kolossaler Prahlhans und Renommist war augenscheinlich der Monsieur de Pal. Er tat sich groß mit sei nen Freunden in Deutschland und nannte unter diesen außer anderen hochgestellten Persönlichkeiten auch den Prinzen Eitel Frie drich. Daraus schlagen die Pariser Blätter natürlich sofort Kapital. Einige versteigen sich sogar zu der Behauptung, der Prinz habe den Fluchtversuch der 50 deutschen Le gionäre durch Gewährung von Geldmitteln an de Pal unterstützt. Dabei geht aus den französischen Berichten, auf die wir zunächst noch angewiesen sind, hervor, daß der Herr de Pal, der sich auch die Namen von drei deutschen Grafen bei'egte, eine nicht ernst zu nehmende Person ist. Die Abgabe eines endgültigen Urteils bedarf noch genauerer Berichte. Rußland. In der Reichsduma gab es gelegentlich der Debatte über einen die revolutionären Umtriebe verurteilenden Antrag so stürmische Szenen, es kam sogar zu einer regelrechten Prügelet zwischen den verschiedenen Parteien, daß der Präsident Chomjakow sein Amt niederlegte. Ans Zureden der Oktobristen und anderer maßvoller Parteien zog er später seine Demission jedoch wieder zurück. KeNchirbsNe Der PcksrS-Pcozrß, in dem der Münchener sozialistische Redakteur Guber zu 200 Mk. wegen des Ausdrucks „Hängepeter" verurteilt wurde, kam infolge Revision zur erneuten Verhandlung. Eia Prozeß gegen 10000 Fraire». In Bilbao verhandelt das Gericht gegenwärtig gegen 10000 weibliche Angeklagte, die sich auf die An schuldigung der Verherrlichung eines Verbrechens zu verantworten haben. Der Massenprozeß hat folgende Vorgeschichte: Vor etwa Jahresfrist wurde eine junge Modistin namens Pajana zu acht Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie ihren auf der Untreue ertappten Bräutigam getötet hatte. Die Verhandlung, die den Charakter der Angeklagten im hellsten Lichte zeigte, erwarb der Rächerin ihrer Ehre die Sympathie der Oeffent- lichkeit in solchem Maße, daß dis Frauen Bil baos der Pajana eine ihrs Tat rechtfertigende Huldigungsadresse überreichten, die im Handum drehen von 10000 Unterschriften bedeckt war. Sie wurde der Verurteilten von sechs der schön sten Mävchen überbracht und ge'angte außerdem in einem liberalen Blatt BilbaoS zur Veröffent lichung. Auf Grund dieser Veröffentlichung, die ein strafbares Verbrechen darstellt, leitete der Staatsanwalt die Untersuchung gegen die 10 000 Unterzeichnerinnen der Adresse ei«. Bei der Masse der Vorladungen dauerte es nahezu ein Jahr, bis die Bestellung an alle Angeschnldigten er folgt und der Termin der Verhandlung festge setzt werden konnte. In dieser beantragte der Staatsanwalt gegen die Verfasserin der Adresse vier Monate und gegen jede der Unterzeichne rinnen einen Tag Gefängnis. Die Verteidigung sämtlicher 10 000 Angeklagten liegt in der Hand eines Anwalts. Nnr einen Schreck wollte in Königsberg ein Kellner Siedeburg seiner Braut mit einem Re volver einjagen, weil sie von ihm seiner Trunk sucht wegen nichts mehr wissen wollte. Das Schwurgericht aber nahm Mordversuch an und erkannte auf drei Jahre Zuchthaus. Ei« Sensatio«s- «nd Zeit Prozeß allerersten Ranges wird derjenige werden, der die soeben verhafteten beiden Berliner Spekulanten, die Brüder Adolf und Fritz Eberbach, vor die Schranken des Gerichts führen wird. Der Letztere ist nur ein Werkzeug seines Bruders gewesen, hat sich aber auch dermaßen vom Spekulanten umfesie'n lassen, daß er schwere Verantwortung trägt Adolf Eberbach ist geradezu das Muster eines solchen „Geschäftsmannes", der vor keinem „Millionen"-Risiko zurückbebt, weil er nicht mit seinem eigenen Gelbe, sondern kluger Weise mit dem anderer Leute operiert. Die Akt-onäre des bekannten Berliner Hotels „Der Kaiserhof", des früher durchaus soliden „AdmiralsgartenbadeS" haben durch diesen gewissenlosen Güdmaun einen Schaden über acht Millionen erlitten. Diese Ge schichten haben aber die beiden Brüder nicht im Geringsten gehindert, einen überaus luxuriösen Lebenswandel zu führen. Das Geld, welches an dere Leute verlieren, tut solchen Schwindlern, die eigentlich viel schärfer bestraft werden müßten, ja nicht weh. Aus aller Welt. Nicht genug, d«ß jeder Tag neue Einbrüche in Berlin bringt, es finden auch alle Augen blicke richtige Einbrecher-Jagden statt. In drei Tagen ging es zweimal die Straße entlang, bis die Kerle gefaßt waren. Blutiges Drama auf einem französische» Bauernhöfe. In Nancy wurde der 22jahrize Husar LouiS Faucault verhaftet. Seine Festnahme steht mit einer Mordaffäre in Zusammenhang, die demnächst die Geschworenen des Departements Sarthe beschäftigen wird. Faucaults jüngerer Bruder Joseph war Liebhaber der Frau JolaiS, der Gattin des reichsten Bauern von Voise. LouiS, welcher vor seiner Einstellung in das Heer er klärter Günstling der Bäuerin gewesen war, wußte um den von der Frau Jolais auSgehecklen Plan, ihren alten Gatten erschießen zu lassen. Er sollte die Witwe heiraten, und sein Bruder Joseph als Großknecht im Huuse bleiben. Dieser ist nun nicht nur geständig, den alten Jolais auf Veranlassung seiner Gebieterin erschossen zu haben, er gibt auch zu, daß es ihm gelang, durch Fälschung eines Briefes den ersten Verdacht der Behördr auf einen Bauern namens Charlot zu lenken, dessen Tochter auf dem Jolaischen Hose beschäftigt ge wesen war. Frau Jolais hatte jenen Burschen nämlich aufgefordett, die Fälschung so auszuführen, daß Charlat unter dem Vorwande, seine Tochter sei von Jolais entehrt worden, von diesem Geld zu erpressen schien. Die Menge konnte nur mit Mühe abgehalten werden, Frau Jolais zu lynchen. Die Fahrpost Echternach—Bitdurg wurde im Rhein'ande von zwei Strolchen augefallen, die die Postwertsachen verlangten. Nach einem miß lichen Kampfe entkam der „Schwager" glücklich mit seinem Wagen. Große Feuersbrunst in Böhmen. Wie der „Vogtl. Anz." aus GcaSlitz (vöhmen) meldet, ist dort die große Weberei der Firma Kiawatsch Roman von Franz Treller. Nachdruck verboten. Draußen, als sie allein waren, fragte er mit ernster Miene: „Ist das wahr, Kind, hast Du das Bild eines Mannes im Herzen?" „Papa, wie sott ich Dir gestehen, was ich mir selbst kaum einzngestehen wage?" „Hat es Jemand gewagt, Dir von Liebe zu reden?" fragte er ernst. „Nein, Papa!" und sie schlug die ehrlichen Augen zu ihm auf. „Glaube mir nur, lieber Papa, auf deu Mau», dem ich meine Hand reichen sollte, wirst Tu ebenso stolz sein als ich. Monsieur Alfons ist weder Deiner, noch meiner würdig." Er küßte sie, denn er war ganz ihrer Meinung. Daun aber seufzte er, denn als drohender Schrecken stieg seine Frau Gemahlin vor ihm auf. „Gott füge alles zum Besten!" Damit trennten sie sich. H * Hortensia Pacck war die Tochter des Freiherrn von Pacek, dem Abkömmling eines alten Tschechengeschlechtcs, der wie viele seiner Familie in der kaiserlichen Armee gedient hatte. Der Freiherr war ein Mann von hoher Ehren haftigkeit der Gesinnung und ungemessenem Stolz auf seiue Abknuft, die er bis zu Przmieslaw, dem sagcuhafleu Köuig, znrück- sührte. Begütert war der Freiherr nicht, er mußte sich sogar eiuschräukeu, um mit seiner Pension als Major die beiden Töchter, die ihn, seine früh verstorbene Gemahlin hinter lassen hatte, standesgemäß erziehen zu lassen. Was diese Töchter ängstig, so konnte es wohl kaum zwei verschiedenartigere Wesen geben, als Luise uud Hortensia von Pacek. Während Lnise, die ältere, ein ernstes sinniges Kind, das still durch das Leben ging und dem alternden Vater die Sorge für das Hans zu erleichtern suchte, pulsierte iu Hortensia das leidenschaftliche Slaveublut mit all feinen Vorzügen uud Fehlern. Luise ertrug die ost genug peinliche Lage der mittellosen Familie mit Würde, nicht so die begabte, auffallend hübsche und hochmütige Schwester. Hortensia litt schwer unter den Entbehrungen, die ihr die beschränkten Ver hältnisse anferlegten. Ihr leidenschaftliches Natnrcll, ihre durch übel gewählte Lektüre überhitzte Phantasie triebeu sie mit Macht aus der engen Sphäre der bescheidenen Häuslichkeit des alteu Majors hinaus in die Welt, in der sie alles fand oder zu finden glaubte, was sie zu Hause entbehren mußte. Das Unglück wollte, daß sie sich, kaum achtzehn Jahre alt, in einen hübschen Tenoristen des Theaters verliebte nnd da sie musikalisch war, auch über eine gnle Stimme verfügte und sich nach Dilettanlenart für eine gott begnadete Künstlerin hielt, lief sie mit dem gewissenlosen Burschen davon, nm in der Welt des Scheines Ersatz für die glänzende Welt der Paläste zu suchen, nach der sie sich sehnte, ohne sie erreichen zu können, eine Welt, die sie nur aus Ler Ferne sah und die sie sich viel schöner ausmalte, als sie in Wirklichkeit war. Und dann, heiraleten nicht oft genug anmutige Bühnenkünstlerinnen in die vornehmsten Kreise hinein? Als mehr, denn eine vorübergehende Episode, betrachtete sie ihr Verhältnis zu dem ebenso leichtfertigen Sänger nicht. Toch bald zeigte es sich, daß der Künstler ihrer früher überdrüssig wurde, als sie seiner, um so mehr, als die wenigen Schmucksachen, die sie von Hause mitgebracht hatte, rasch ver braucht waren. Er verließ sie, uud Hortense von Pacek, die übrigens beim Theater einen anderen Namen führte, blieb im bittersten Elend zurück. Ihre Stimme war klein und ungeschult, und nnr eine Anstellung an einer unterge ordneten Bühne im Norden Deutschlands schützte sie vor Verzweiflung und tiefem Sinken. Ihrem Vater ha<te ihr Davonlaufen den Todes streich gegeben, er erlag gleich darauf einem Schlagflnß. Hierauf zog sich auch ihre Schwester von ihr zurück. In dieser Lage lernte sie den stattlichen Wachtmeister kennen, der ihr sein ehrliches Herz zu eigen gab und die kleine anmutige Choristin heiratete. Sie ließ sich ihm unter dem Namen, den sie beim Theater führte, als Fränkin von Steinbach, antrancn. Diesen Namen, zugleich mit dem Passe, hatte ihr eiue gefällige Kollegin in Oesterreich abgegeben. Sehr bald suhlte sie sich iu der eugen Häuslichkeit uud dem Umgaug, den er ihr ge währen konnte, sehr unglücklich und sie wäre wieder in das bunte Btthnenlebcn znrückgekehrt, wenn sie nicht Mutterfreuden zu erwarten gehabt hätte. Besonders unsympathisch war ihr noch die Frau Schrcinermcister Steinmüller, der übrigens die Schwägerin nicht weniger mißfiel. Tann wurde dem Wachtmeister ein Sohn geboren, der nach dem Großvater den Namen Rndolf ermclt. Drei Monate darauf verschwand sie, ver ließ heimlich Gatten und Kind und kehrte zurück zur Bichue, ihrer einzigen Zuflucht. Nur fort, fort aus dem bescheidenen ehren haften Kreise, in den sie ihr Schicksal ge trieben batte. Gleich darauf lernte sie einen eleganten Franzosen kennen, einen Abenteurer, trotz sciues vornehmen Namens und seiner feinen Manieren, der sein Levett am Spieltische stiftete, Marquis de Fteury. Er fand Gefallen an der hübschen ge schmeidigen Slavin, die nicht nur die Manieren der guten Gesellschaft hatte, sondern auch trefflich Französisch sprach, und nahm sie mit nach Frankreich, wohin sie ihm willig folgte. Sehr bald erkannte er, welch eine treff liche verständnisvolle Gefährtin er an ihr hatte, und heiratete sie. Diese Ehe schloß sie unter ihrem wahren Namen, dem einer Edlen von Pacek. Als Marquise de Fleury suchte sie wieder mit ihrer Familie in Verbindung zu kommen, doch war dies nicht leicht. Erst als Marquis de Fleury sie als anmutige Witwe mit einem kleinen Knaben zurückgelassen hatte, sie in Trouville die Be kanntschaft Herrn von Manrods machte, und dieser Mann, angesehen und reich, durch eiue leideuschaftliche Liebe zu der schönen Frau ver führt, sie zu seiner Gattin machte und ihr damit eine unantastbare Stellung zu teil wurde, entschlösse» sich ihre Verwandten, den Verkehr nnt ihr wieder anszunehmen, und breiteten einen Schleier über ihre früheste Ver gangenheit. Aus der Ehe mit Fleury war Alfons entsprungen, nnd was Hortense an Liebe besaß, gehörte diesem Kinde. An ihren ersten Gatten und ihr erstes Kind dachte sie schon lange nicht mehr und selbstverständlich hatte sie auch ihren Ver wandten diese Eheschließung nnd ihre Folgen verschwiegen. Daß diese für sie »och Nachwirkungen haben könnte, war ihr nie in den Sinn ge- kommcn, es war ein Abenteuer, uichts mehr. Erst als Frau von Manrod sah sie sich an der Seite desreichen freigebigen und einfluß reichen Gatten, der sie anbetete, am Ziele ihrer Wünsche nnd verlebte ruhige glückliche Jahre an seiner Seite. Aus der wechselvollen Ver gangenheit lebte nur Alfons für sie.
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