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Rabenauer Anzeiger : 19.12.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-190812198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19081219
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19081219
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-12
- Tag 1908-12-19
-
Monat
1908-12
-
Jahr
1908
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' Professor Dr. Israel hat am Dienstag seine Behandlung übernommen. k Englische Zeitungen mache<auch "diesem Ber liner Besuch zum Ausgang von Angriffen auf Deutschland, als ob wir politische Pläne mit Castro hätten. Das ist^natürlich Unsinn. Ein Blatt versteigt, sich sogar^zu der geistreichen Be hauptung, der Präsident habe besondere Sym pathien für Deutschland, weil dies ebenso ver einsamt sei, wie er. Dir venezolani'che Regierung hat gegen die Aufbringung ihres Küstenwachtschiffes „Alix' durch das holländische Kriegsschiff „Gclberland" Protest erhoben. Es fehlt nicht an deut chen Industriellen und Unternehmern, die mit dem Präsidenten Castro während seines gegenwärtigen Aufenthaltes in Berlin Geschäftsverbindurigen anknüpfen möch ten. Das „Berl. Tagebl." bemerkt dazu: „So lange jeder einzelne Staat ans sich selbst ange wiesen ist, wenn er mit exotischen Staaten, wie Venezuela, abrechnen will, wird auch das Völker recht nur auf dem Papier stehen. Das sollten sich alle merken, die mit solchen Staaten und ihren Vertretern Geschäfte machen wollen. Herr Castro will einen Monat in Berlin bleiben und dürfte die Gelegenheit benutzen, um neue Be ziehungen anzuknüpsen. Warum sollte die deutsche Industrie eine derartige Chance von der Hand wei en? Nur muß sie sich darüber klar sein, daß sie immer auf eigene Gefahr handelt. Wer nach Venezuela geht, der muß wissen, daß er ein höheres Risiko als bei anderen Geschäften zu tragen HM, und er muß danach disponieren. Die italienische Regierung erhielt vom Präsi denten Castro die Nachricht, daß er nach Abschluß seines Berliner Aufenthaltes nach Italien kommen und wahrscheinlich längere Teil an der Riviera verweilen werde. Im Luge des Todes für das Zabr loos finden wir eine ganze Zahl von allgemein bekannten Personen. Wir erinnern an die folgenden Personen: König Karl l. von Por tugal und sein ältester Sohn, Kronprinz Louis Philipp, die am 1. Februar in Lissa bon auf offener Straße erschossen wurden, Herzog Ernst von Sachsen-Altenburg, die Gemahlin des Prinz-Regenten von Braun schweig, Herzogin Elise von Mecklenburg, den Kaiser von China und seine Tante, die Re gentin, und der sehr lebelustige Großfürst Alexis von Rußland, der russische Marine gelder zum Kaufe von Diamanten für seine Geliebte verwendete; der frühere Feldprobst der preußischen Armee Dr. Richter; General von Pestel, der 1870 bei Saarbrücken das erste Gefecht mit den Franzosen hatte, Gene ral Buller, der wenig glückliche erste eng lische Oberbefehlshaber im Burenkriege, der deutsche Generaloberst LoL in Bonn, General von Hülsen-Häseler, Chef des kaiserlichen Mi- litär-Kabinets, der plötzlich in Donaueschingen am Herzschläge starb; der bekannte alldeutsche Führer, und Parlamentarier Professor Hass ein Leipzig der präsidierende Bürgermeister Dr. Mönckeberg in Hamburg, der englische Mi nister-Präsident Campbell-Bannermann, Ober bürgermeister Dr- Fröndelin in Leipzig, der frühere Präsident der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika Cleveland, der bekannte freisinnige Reichstags-Abgeordnete Dr. Alexan der Meyer, der langjährige Chef des kaiser lichen Ztvil-Kabtnets Dr. von Lucanus, Dr. Althoff, die einflußreichste Persönlichkeit im preußischen Kultusministerium; der weltbe kannte Chirurg Professor Dr. von Esmarch in Kiel, der berühmte Theologe Professor Dr. Plaiderer in Berlin und sein Kollege von der Philologie Professor Friedrich Paulsen; Wil helm Busch, der berühmte deutsche Humorist, der Geigen-Virtuose Professor Wilhelmy in London, Pauline Lucca in Wien, die welt bekannte Sängerin, Professor Lucher, der Berliner Opern-Kapellmeister; die Dramatiker Victorien Sardou in Paris und L'Arronge in Berlin, der Operetten-Autor Haltoy in Paris, der berühmte Geiger Pablo de Sa- rasato in Biarritz; Malwine von Arnim, Fürst Bismarcks einzige Schwester. Das sind im Verhältnis nur wenige aus der lan gen Reihe von bedeutenden Namen, die der Tod im letzten Jahre auf der Tafel des Le bens auswt'chte; aber auch sie beweisen die Wahrheit des alten Wortes: „Wider den Tod kein Kraut gewachsen ist." Aus aller Welt. I» MurrS i« Spanien stürzte ein Saal ein, in dem gerade eine Versammlung abgehal ten wurde. Viele Menschen sind tot, verwundet. Die Affäre Steinheil in Paris. Der Unter luchungsrichter hat den Sohn des Pförtners, der von Frau Steinheil des Mordes bezichtigt wurde, außer Verfolgung gesetzt und ihm das Recht gegeben, Frau Steinheil wegen Verleumdung zu belangen. Ihre Mordbeteiligung wird von allen Zeugen bestätigt, nur über den eigentlichen Mörder tappt man im Dunkel. Die Strafkammer in Frankfurt a. M. ver urteilte den Kaufmann Frickenhausen wegen Er- pressungsversuchs gegen den Oberst'eutsant Trim born, einen Bruder des bekannten ReichStagSab- geordnetes, zu einem Jahre Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust. Der Offizier erklärte, er sei nur deshalb zur Anzeige geschritten, um zu be weisen, daß er die Oeffentlichkett nicht zu scheuen habe. Verhaftung emeS Heiratsschwindlers. Am Hauplbahnhof zu Dortmund wurde ein Heirats schwindler verhaftet, der durch Vermittelung von Zeitungsannoncen Damen erster Kreise an sich zu ketten wußte, in dem er sich als hoher Staats beamter ausgab. Der Schwindler ist ein Reisen der namens Beek aus Hannover. Mehrere Da men sind durch ihn geschädigt worden. Erdbeben und Waffernot. In der Stadt Halberstadt hat sich für deren 50000 Einwohner bei der Wasserleitung plötzlich ein derartig starkes Nachlassen des Zuflusses eingestellt, daß die städt ische Badeanstalt geschlossen werden mußte. Außer dem ist der Waffsrpreis von 25 Pfennige» auf 50 Pfennigen für das Kubikmeter Wasser erhöht. Manu nimmt an, die Kalamität rühre von den letzten mitteldeutschen Erdbeben, die auch in Hal berstadt deutlich bemerkt wurden, her. Die schwarze Fahne. Der russische Anarchist Johannes Holzmann, der in Warschau eine Änarchisten-Gruppe „die schwarze Fahne" ge gründet hatte, ist mit 23 Genossen zu schweren Zwangsarbeiten verurteilt worden. Die Bande verübte für ihre Interessen Schwindeleien, Betrü gereinen und Räubereien, bis man ihrer endlich habhaft geworden ist. Der Umstand, daß in dem Berliner Vorort Nixdorf eine jugendliche Diebesbande von 27 Personen entdeckt ist, gibt Anlaß, den Verhält nissen der Schulknaben mehr Aufmerksamkeit zu zuwenden. Welches Verbrechertum aus diesen Spitzbubeu-Rekruten hervorwächst, braucht nicht erst ausgemalt zu werden. Die fröhliche, selige Zeit. In Berlin nehmen, je näher wir Weihnachten kommen, Familien- Dramen und Selbstmorde stark zu. Ein trauriges Bild. Die Leiche im Moor. Auf ein Verbrechen läßt ein Fund schließen, der im Eppendorfer Moor gemacht wurde. Es wird darüber gemeldet: Im Eppendorfer Moor wurde die Leiche einer etwa 35 Jahre alten Frau gefunden. Die völlig nackte Leiche war mit Gras überdeckt. Mehrere Anzeichen lassen darauf schließen, daß ein Lust mord vorliegt. Ja Gering an der Temse hat sich die Witwe eines Kapitäns Stuart erschossen. Die zeitweise geistesgestörte Frau hatte sich von ihrem Bruder, der ebenfalls Offizier ist, ganz genau unterrichten lassen, wie ein solcher Selbstmord';» verwirklichen sei, unter dem Vorwande, sie wolle das in einem Drama verwerten. Handel, Gewerbe und Berkehr. Was ist ein Fubrikbetrieb? Bei der Bera tung der großen Gewerbeordnungssovelle hat der Reichstag sich der Regierungsvorlage ange- schlossen, wonach Fabrikbetrieb alle diejenigen Betriebe sind, in denen in der Regel mindestens zehn Arbeiter beschädigt werden. Falls diese Er klärung, wie anzunehmen, Gesetz wird, so erge ben sich daraus weitgehende Forderungen. Nicht zuletzt auch dadurch, daß endlich eine klare Scheidung zwischen der Zugehörigkeit zur Hand werks- oder Handelskammer eintritt, die natür lich auch bei dem kleinen Befähigungsnachweis (das heißt die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen in Handwerksbetrieben) von Ein fluß ist. Papier aus Baumwollabfällt«. In Amerika ist es gelungen, ein Verfahren ausfindig zu machen, um aus bisher wertlosen Abfällen der Baumwollfabrikation Papier herzustellen. In Washington hat sich bereits eine Gesellschaft mit einem Kapital von 2 Millionen Mark gebildet, um diese neue Erfindung auszubeuten. Die Her stellungskosten von 1000 Kilo Papier würden sich auf 60 Mark belaufen, was einem bedeuten den Umschwung auf dem gesamten Gebiete der Papierfabrikation gleichkäme. Das Fabrikgebäude wird in Atlanta errichtet werden und steht unter staatlicher Kontrolle. Kölnische Zeitung und rheinisch-westfälisches Kohlen-Syndikat. Die Kölnische Zeitung kritisiert lebhaft die hohen Kohlenpreise für die Industrie, der es doch wahrlich nicht zum beste« gebe. Das Blatt behauptet, die Kohlen würden für etwa 6,60 Mark nach Nsrd-Frankreich verkauft, wäh rend die deutsche Industrie das doppelte zahlen müsse. Wen» die Konjunktur sich nicht ändere, dürfte es da doch bald heißen: Biegen oder Brechen. Dann sch äft das Geschäft ein. Prtroleumfnnde an der Grenze von Kamerun. Im englischen Gebiet, ganz nahe der Grenze von Kamerun, sind in einer Tiefe von 633 Fuß Petroleumlager von solcher Mächtigkeit erbohrt, daß dem Funde die größte Bedeutung bchu- messen ist. Auch in Kamerun ist an verschiedenen Stellen das Vorhandensein von Erdöl nachge wiesen, es wäre wohl an der Zeit, diesem Um stands jetzt höhere Bedeutung beizumessen Deut sches Petroleum können wir bei den amerikanischen Ring-Preisen garnicht genug bekommen. Die erste Fabrik für Nadium-Gewmsnsg zu errichten, hat die Stadt Kreuznach beschlossen. Das Pfund des rätselhaften Elementes Radium kostete bekanntlich zuerst 40,000 Mark. Heute ist's billiger, immerhin lohnt die Gewinnung aber noch reichlich. Die beste Fundstätte war bisher bei Joachimstal in Bö men. Vermischtes. Postkarten ohne AnknnftSstemPel. Die Post trägt ebenfalls der Mahnung zur Sparsamkeit Rechnung, denn die Postkarten sollen fortan keinen AnknnftSstemPel mehr erhalten. Die Ab stempelung beanspruchte natürlich ziemlich viel Zeit. Die L«ft-Kompag«ie. Die Nachricht von der Gründung einer deutschen Luft-Kompagnie, die mit fielen BallonS feste Reisewege durch Deutsch land, selbst bis Kopenhagen, einrichten will, wird in der Presse ebenso bedachtsam besprochen, wie die Dernburgische Mitteilung von großen Dia mantenfunden in Deutsch-Südwest-Afrika. Wir Deutschen find nun einmal vorsichtige Leute, und bei diesen Luftreifen ist doch in der Tat noch manches zu bedenken. Daß es dahin kommen wird, bezweifelt Niemand, wie groß die Aus dehnung der Luftfahrten, werden wird, läßt sich aber doch nicht leicht für weite Entfernungen übersehen. Wind und Wetter können in der un günstigen Jahreszeit besonders doch recht hem mend wirken. -- Der neue starre Ballon des Professors Schütte von der Technischen Hoch schule in Danzig wird auf einer Bootswerft in Friedrichshagen bei Berlin gebaut. Es werdet recht günstige Mitteilungen gebracht. DaS Fahr zeug wird 150 Meter lang. Wo Könige rohe«. Aus der portugiesischen Königsgruft schreibt man der Köln. Ztg. „ .. .Zum Schluß zeigt der Hüter der Könige auf zwei Sarkophage, die in der Mitte deS Ganges stehen. Darin sind die am ersten Februar dieses Jahre» ermordeten König Karl und Kronprinz Philipp gebettet. Gegen ein Trinkgeld kann man die Stufen emporsteigen, die am Kopfende der Särge in die Höhe führen. Hier liegen die beiden Leichen unter Glas, wie in einem Wachefiguren-Kabinet, .die einbalsamierten Körper selbst find der Neu- gier preisgegeben. Der König scheint zu schlafen, so gut ist die Erhaltung des Gesichts gelungen. Die Kugeln haben ihn in den Nacken getroffen, und daher ist von der Wunde nichts zu bemerke«. , Anders der Kronprinz, dessen Gesicht von Kugeln zerrissen und von Schmerz total entstellt ist. Der 'Anblick kann nur auf ganz verrohte Gemüter ohne Eindruck bleiben." Die Zeche Radbod. I« Arbeiterzeitungen werden immer von Neuem Behauptungen über die Ursachen der schweren Katastrophe in Radbod aufgestellt, namentlich, daß es in dem Schacht schon kurz vorher in Folge von Schüssen zu Bränden gekommen ist. Die Verwaltung stellt :daS in Abrede. Der „Vorwärts" erzählt auch, daß abermals 120—130 Mann von Radbod die -Kündigung erhalten haben unter deuen sich alle ibefinden, die Aussagen machten. Das wird U: Verwaltung wohl ebenfalls in Abrede stellen. — !Die 300 Toten ruhen inzwischen noch in dem , Unglücksschacht. Vorerst handelt es sich jetzt da rum, das zur Erstickung de» Brandes in die Gruben gelassene Wasser wieder herausznschaffen. Dann wird der Bergung der Leichen näher ge treten werden können. Portofreihrit für fürstliche Personen. Auch die konservative deutsche Tageszeitung regt jetzt Beseitigung des Privilegiums an. Das Blatt schreibt: Bei den Erörterungen über die Finam- , Reform wurde im Reichstage auch der Gedanke j wieder angeregt, die Portofreiheit der fürstlichen Personen wieder aufznhebcn. Eine hervorragende finanzielle Bedeutung hat die Angelegenheit - nicht. Die Portofrciheit ist geschichtlich begründet, ihre Aufhebung ohne Z fftimmung der Fürsten schlechthin unmöglich. In einem Punkt glauben ! wir allerdings den fürstlichen Personen, die in ! Betracht kommen, empfehlen zu sollen, auf die Portofreiheit zu verzichten, nämlich, wenn es sich ' um Geschäfte handelt, die von den fürstlichen § Verwaltungen betrieben werden. Das gilt bei- ! spielsweiie für die fürstlichen Gärtnereien, die den gewerblichen oft starke Konkurrenz machen. Hier sollten die fürstlichen Verwaltungen sret- willia auf die Portofreiheit verrichten. Schweizer Chanvinistc« empfehlen die Boy kottierung deutschen Mehles, weil Brod aus schweizerischen Mehl besser sei, als solches aus -deutschem Mehl. Hoffentlich lassen die Schweizer sich nicht den Kopf umdrehen. Änwitte über das Benehmen Maries mit erneuter Stärke. Am meisten erbitterte sie, daß er, der Andere, Zeuge der schroff ablehnenden Haltung des Mädchens dem Marquis gegenüber gewesen war — — und sie zweifelte jetzt auch nicht mehr — daß dem „Anderen" das Herz des so einsam erwachsenen Mädchens angehörte. Ein unsagbarer Haß gegen Rudolf ver schlang jetzt alles, was sich an Muttergefühlen in ihr ihm gegenüber hätte regen können. Das Kind ihres Herzens war der junge Franzose — der „Andere" nur lebender Zeuge einer Periode ihres Lebens, an die sie nur mit Schaudern dachte. Und dieser, ihr schöner, stolzer Liebling sollte von einer blonden hölzernen Deutschen verschmäht werden? Welche Demütigung. Sie ließ sich aukleidcn und schickte daun zu Marie. Biarie von Manrod war auf solche Bot schaft vorbereitet. Daß es nach dem gestrigen Vorfall, in Verbindnng mit den Andeutungen, die ihr früher über ihr zukünftiges Verhältnis zu Alfous gemacht wordeu waren, zu einer Auseinander setzung kommen werde, hatte sie vorausgeseheu. Obgleich sie wußte, wie schwach ihr Vater dieser Frau gegenüber war, wollte sie sich doch seines Beistandes versichern und ließ ihm sagen, daß sie zur Mutter beschicken sei und erwarte, ihn dort zu sehen. Sie fürchtete bas Zusammentreffen und die Aussprache mit ihrer Stiefmutter uicht, die Widerstandskraft des zarten Mädchens wurde verstärkt, ja unüberwindlich gemacht durch die Erinnerung an den Mann, dessen Bild so tief in ihrem Herzen wohnte. Sie liebte Rudolf von Falkeuhain mit der tiefen Innigkeit einer ersten, reinen Liebe und hatte das beseligende Gefühl, daß sein Herz ihr gehöre. Ohne diese Liebe würde sie wahrscheilich die komödiantenhafte Dreistigkeit ihres soge nannten Bruders weit leichter genommen haben, so aber deuchte sie seine sinnliche Zärt lichkeit Entweihung des Ideals, das sie im Herzen trug, und rief diesen Widerwillen hervor. Mit ruhiger Entschlosseuheit begab sie sich zu ihrer Stiefmutter. Wider Erwarten empfing diese sie sehr freundlich. „Ich begreife Dich gar nicht, mein Kind, daß Tu Deinem Bruder gegenüber eine solche peinliche Szene spielen konntest." „Liebe Mama, Tu vergißt, daß Alfons nur deni Rameu nach mein Bruder ist und seine Zärtlichkeit und seine Worte waren durch aus uicht mehr brüderlich." „Kannst Tu Dich denn verwundern, Kind, wenn ein feuriger Südländer, dessen Herz von Jugend auf für Dich schlägt " „Für mich?" „Ja, für Dich, mein Kind. Es scheint mir, daß nach dem, was gestern zwischen Euch vorgegangen, und geheim wird der ganze Vor gang ja nicht bleiben, wenn er uicht bereits überall bekannt ist, nur so rasch als.möglich Eure Verlobung der Welt mitgeteilt werden muß." Das war ein scharfes Vorgehen und überraschte selbst Herrn von Manrod, der sich mit der Tochter zusammen eiugesunden hatte, und der die Energie seiner Gatlin kannte. „Tas ist die einzige würdige und ganz natürliche Lösung. Oder solltest Du anders über einen, durch die Anwesenheit eines Fremden peinlich gewordenen Vorgang denken?" Ihre dunklen Augen blitzten ihren Gatten an. „Hm, hm, Liebste. Tu hast eine etwas eigenartige Auffassung des uicht gauz ent schuldbaren Benehmens des Marquis." Marie war bleich geworden, aber es war nicht die Furcht, die das Blut aus den Wangen trieb, es war nur die Folge der starken Erregung. Mit leicht bebender Stimme sagte sie: „Um weitere Erörterungen über das, durch nichts zu entschuldigende Benehmen Deines Sohnes und besonders der Folgerungen, die Du daraus ziehst, Mama, zwecklos zu machen, erkläre ich hiermit auf das bestimmteste, daß Alfons nie mein Gatte wird." „O, hat die Mut," dachte Maurod. Seine Frau wandte die zornig funkelnden Augen auf die anscheinend ruhige Marie. „Du wirst dem Befehl Deines Vaters gehorchen und Dich, was auf alle Fälle und besonders jetzt das Beste für Dich ist, mit Alfons verloben." „Ah, hm meine Liebste o ich sagte Tir schon o nein, be fehlen kann ich das Marie nicht wenn sie " „In diesem Augenblicke, wo es gilt, Deine väterliche Autorität zum Heile Deines Kindes geltend zu machen, versagt Dir das väterliche Pflichtgefühl — - verhöhnst Du mich im Angesicht dieses ungehorsamen Kindes. O, daS hätte ich nie von Tir erwartet.,, „Liebe Hortense, Tu mußt mich uicht mißverstehen." „Ja, ich verstehe Dich ganz gut — was bin ick diesem Fräulein gegenüber." „O — —, o — Hortense." „Lieber Papa, Mama beliebt zu über treiben. — Ich wünsche Alfons de Fleury alles Gute, — aber seine Gattin werde ich nie." „So darf man also annehmcn, daß das Fräulein sich bereits durch einen Anderen das Köpfchen berücken ließ." Eine feine Röte stieg in Maries Gesicht auf und mit leiser, aber fester Stimme sagte sie: „Berücken, Mama, lasse ich mich nicht, wenn ich aber jemals meine Neigung einem Manne schenken sollte, so darfst Du sicher sein, daß er dieser auch würdig ist." Hoch horchte der Präsident auf. Frau von Manrod erschrak. Von dem unnatürlichen Haß auf den, der ihrem Alfons in den Weg trat, hatte sie sich Hinreißen lassen. Sie fühlte, daß dieser Widerstand zunächst nicht zu brechen sein würde, und besaß Kraft genug, ihren wildauflodernden Zorn zu bändigen. „Die treue Fürsorge Deiner Mutter wirst Tu noch erkenne». Du bist ein Kind. Ich hatte nur Dein Wohl im Auge. Geh jetzt, Du hast mir sehr weh getan." „Liebste Hortense — " „Bitte, nichts mehr, ich wünsche nichts mehr zu hören." Sie sah mit tieser Erregung den Sturm auf das juugc Mädchen, von dem sie sich so viel versprochen, mit aller Ruhe abgeschlagen. Tas Mädchen war doch stärker, als sie geglaubt hatte. Aber sie gab noch nicht alle Hoffnung auf. Ihren Gatten jetzt zu bereden, wo er den Mut gesunden, sich gegen sie aufzulehuen, kielt sie nicht für richtig, sie mußte die gelegene Stnude abwärtcn. Welche Mächte lehnten sich gegen sie ans?! „Ich muß allein sein, — das hat mich doch sehr angegriffen." „Komm, Biarie, wir wollen Mama uicht lauger aufregeu." Er war uicht weniger froh wie sie, den Rückzug auttcten zu können. „Erhole Dich, Teuerste." Sie winkte schwach mit der Hand, und der Präsident und sein Kind entfernten sich.
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