Rabenauer Anzeiger : 19.12.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-190812198
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- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19081219
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- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19081219
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-12
- Tag 1908-12-19
-
Monat
1908-12
-
Jahr
1908
- Titel
- Rabenauer Anzeiger : 19.12.1908
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Politische Rundschau. Deutschland. Ministerreisen in das rheinische Industrie- gebiet. An den Konferenzen über die Lage der Eisenindustrie, zu denen der preußische Handelsminister^ und seine Kommissare^sich in das s rheinische Industriegebiet begeben, nimmt auch der Staatssekretär des Reichs amts des Innern von Bethmann-Hollweg mit mehreren Räten teil. Abgesehen s von den bevorstehenden Produktionserhebungen, werden die Beratungen der Lage der Walz werke gelten, die unter der gegenwärtigen ungünstigen Konjunktur erheblich leiden sollen. Ob und inwieweit eine Erleichterung ihrer Lage dnrch ein Entgegenkommen von seiten der Roheisenprodnktion möglich ist, wird sich im Lause der Beratungen ergeben. Von einer längeren amtlichen Studien reise nach England ist der Vortragende Rat im Neichskolonialamt, Wirklicher Geheimer Legationsrat Gerstmeyer, aus London zu rückgekehrt. Zweck der Reise war, das eng lische Justiz- und Polizeiwesen, sowie das englische Kolonialrecht zu studieren, um Ma terial für die vom Reichstag gewünschten Reformen auf dem Gebiete der kolonialen Rechtsfragen einschließlich der Eingeborenen- rechtssragen zu erhalten. Neichs-Schatzsckretär Dr. Sydow will sich von den vom Reichstage verlangten fünf hundert Millionen neuen Steuern jährlich nichts abhandeln lassen, weil sonst die alte Mi ere gleich wieder da sein werde. Wolle der Reichstag aber durchaus nicht so viel bewilligen, so müßte die zur Aushebung vor geschlagene Fahrkartensteuer, das höhere Orts porto und die höhere Zuckersteuer bestehen bleiben. Das macht zusammen etwa fünszi Millionen aus. Keine Hofkaramilla gegen den Reichs kanzler. Die Frage, ob eine Hofkamarilla gegenwärtig znm Sturze des Reichskanzlers tätig sei, verneint auch die „Franks. Ztg.", die in einer der letzten Reichstagssitzungen als Organ des Reichskanzlers bezeichnet wurde. In einem Berliner Telegramm des genannten Blattes heißt Js darüber u. a.: So wenig zur Zeit von einer am Werke befindlichen Kamarilla zu erkennen ist, so wenig ist davon zu erkennen, daß die Ver stimmung und Gegnerschaft,^ die hier und da gegen den Reichskanzler durch den 17. No vember entstanden sein mag, sich zu irgend einer Organisation oder Aktionsfähigkeit im Sinne einer Reaktion gegen den 17. Novem ber herausgebildet habe. Der daraus mehr fach gezogene Schluß, daß der Kaster gegen den Kanzler verstimmt sei, ist falsch. Ter Kanzler genießt nach w^e vor das Vertrauen des Kaisers. — Auf dem Gebiete, das sich um das sogen, persönliche Regiment dreht, ist die Stellung des Reichskanzlers überdies recht stark Er hat nicht nur den Bundes - rat und das preußische Staatsministerium hinter sich, sondern er hat auch das Ver trauen und die Unterstützung einsichtiger Personen aus der Umgebung des Kaisers gefunden. Da auch die Parteien des Reichs tags mit den Erfolgen des Misten Bülow in der Frage des persönlichen Regiments einverstanden sind, so sind etwaige Versuche, die Stellung des Kanzlers zu erschüttern, bis Belgier». Die Heeresreform. Infolge der Ver- Orieot. Die Umwälzung auf dem Balkan. Das bezahlt. Das Verwögen des Präsidenten, das er in guten Papieren bei europäischen Banken an gelegt hat, «oll 50 Millionen betragen. Er tritt auch danach auf. Die Berliner fanden stn nicht kcauk aussehend, freilich macht er mehr den äußeren Eindruck eines orientalischen Händlers, wie der deS Oberhauptes eines Staates, der nochmal so nicht und die Oesterrcicher am Ende auch nicht. Sehr bedauerlich ist, daß der Boykott gegen die österreichischen Waren von den Türken fort gesetzt wird und von Serbien ausgenommen worden ist. Die einflußreichen Jungtürken be stehen darauf, da? erst nach Erledigung der An nexion Bosnien? die Boykott-Angelegenheit geregelt werden solle. Die türkische Regie rung ist in dem vorliegenden Falle tatsächlich ziemlich machtlos. Sie würde dem Streit gern die Spitze abbrechen, wenn nur die türkische Bevölkerung den Regierungswünschen entgegenkäme. viel Terrain hat wie Deutschland. Ziemlich putzig ist es bei seiner Ankunft zu- präsictent Law- in keNln Die Ankuntt des Präsidenten von Venezuela in Berlin hat dem Publikum mal wieder An laß zu einem kleinen Jux gegeben. Man rief auf der Straße Hurra und Hoch, und Herr Castro lüftete gravitätisch seinen großen Hut. Er hat, dumm ist es also wirklich nicht, von unterwegs her ein Ergebenheits-Te'.egramm an den Kaiser ge richtet, auch sonst sich sehr sympathisch für Deutsch land und die deutschen Kaufleute in Venezuela ausgesprochen. Von Politik will er nichts wissen, lediglich seine Gesundheit wiederherstellen. Daß 1902 deutsche Kriegsschiffe sehr energisch gegen ihn einschreiten mußten, hat er total vergessen, die damals ausgemachte Entschädigung ist ja auch geschätzt. Und das wird erklärlich, wenn man weiß, daß rr nicht blos an allen Monopolen der , Republik Venezuela, sondern auch an allen Ver- gegangen, die im Berl. Tagbl. wie folgt ge- kehr?-Unternehmungen dort als Hauptaktionär schildert wird: „Die Tür des Salonwagens wird beteiligt ist. auf weiteres aussichtslos. — Die „Magdeb-j tionale Konfereuz zum Studium der Rechts- Ztg." sagt: Die Furcht vor den höfischen Verhältnisse der Lustschiffahrt nach Paris Intrigen beweist, daß die Majorität des einzuladen. Reichstags nicht nur pflichtvergessen, sondern ein müßiges Spie', den Gerüchten von einer Reaktion in der Umgebung des Kaisers einen Nährboden zu geben, auf dem sie in der Oeffentlichkeit emporwuchernd erst eine Macht gewinnen, die ihnen an sich vertagt bleibt- Die „Voss. Ztg" hält dagegen das Gerede über Quertreibereien nicht für grundlos, hält es aber für ansgeschlossen, daß diese gegenwärtig Erfolg haben werden. Die Landwirtschaft soll in dem neuen Etat Preußens nicht so bedacht sein, wie sie es erwartete. Die ^„Deutsche Tagesztg." be dauert, daß Mittel für weitere Versuche zur Seßhaftmachung von Landarbeitern auf Do mänen nicht zur Verfügung gestellt werden können, und daß es nicht möglich war, die Dispositionsfonds zur Förderung der Landwirtschaft erheblich und allgemein zu erhöhen. Die Finanzlage, so fährt das Or gan des Bundes der Landwirte fort, ist zwar nicht günstig, aber doch nicht derart, daß wirklich berechtigte Forderungen unbe rücksichtigt bleiben müßten- Was für die Landwirtschaft ausgegeben wird, ist gewisser maßen die Ausstattung eines Reservefonds, der über die schlimmsten Finanznöte schließ lich h'Nweghilft. Frankreich. Die regierungsfeindlichen Nationalisten versuchten den vom Ministerpräsidenten Cle menceau gemaßregelten Admiral Germinet für sich zu gewinnen und boten ihm einen Sitz in der Kammer an. Germinet war in dessen taktvoll genug, die Anerbietungen mit der Erklärung abzulehnen, er wolle keine Politik treiben, hoffe vielmehr, seinem Vater lande weiter als Seemann dienen zu können. Der Ministerrat beschloß, eine interna- aufgerissen und temperamentvolle Männer springen vom Trittbrett. Und dann erscheint Castro, mit gelblich zerknitterter Haut, grauem Spitzbart. Er ist so klein, daß er einen Augenblick hinter den anderen ganz verschwindet. Fünf Leute schreien: Roa el presiäente!" Endlich geben die Neugierigen und Begeisterten Raum und dem kleinen Mann wird der zum Empfang erschienene venezolanische Konsul Nachod vorgestellt. Der Prä sident küßt ihn, und dann hebt der Konsul fol gende Ansprache an: „loäo llsriioo . . ." — Der Präsident zieht den Hut ab. — „loäo kerlmo — ssllläo — saluäi — salaäo . . Der Konsul be ginnt an zu konjugieren. Dann fängt er wieder von vorne an. „Todo Berst no saluda il gran . . . !l grande Prestdente de la Republica . . Schließlich schiebt der Konsul seine als Ehren- jungfräulein mitgebrachte Tochter in die erste Reihe, die mit einem Knix Rosen überreicht. Castro ist gerührt, dann bietet er aber seiner Frau den Arm und die beiden schreiten präsident- ltch wie möglich den Bahnsteig entlang. Am Fuße der Treppe stehen einige Dutzend Berliner mit entblößtem Haupt. Dann geht es zum Auto mobil, und nun schreit die Menge und macht W'tze ... Im letzten Wagen wird die schwarze John der Präsidentin verstaut. Sie trägt ein blaues Kleid mit Hellem Strohhut. Natürlich erreichte nun der Jubel der Berliner seinen Höhepunkt." Castro muß jedenfalls auf seine Landsleute einer großen Einfluß ausüben, denn er hat es doch vom Rtsderhändler (andere sage« Rinder dieb) bis zum ersten Manne in Venezuela ge bracht. Die Hauptarbeit war seitdem für ihn viel zu „sparen" und sich gut zu amüsieren. Allerdings hat er seine Anhänger daran stets teil- nehmen lassen, während seine Gegner bluten, mußten Alle venezolanischen Zeitungen find in seinen Händen. Sein Hauptgeguer Matos soll ein tüchtiger Mann sein, hat aber kein Glück. Die Wohnung des Präsidenten im neuen Berliner Luxus Hotel Esplanade besteht aus 35 Zimmern im ersten Stock. Zur Reffe nach Berlin wurde dem Präsiden ten in Köln ein deutscher Salonwagen zur Un terstützung gestellt. Die Fahrt durch das rheinisch- westfälische Industriegebiet mit seinen vielen Werken interessierte ihn sehr. Staatssekretär von Schön aus dem Auswärtigen Amt sandte den LegationSrat Götsch, der 1903 in Venezuela war und von damals Castro bekannt ist, zu dem Präsidenten, um ihn zu begrüßen und sich nach keinem Befinden zu erkundigen. Da zwischen Deutschland und Castro keine Differenzen mehr obwalten, konnte dieser offizielle Schritt geschehen; in Frankreich hat bekanntlich wegen der herr schenden Streitigkeiten kein amtlicher Verkehr stattgefunden. Inzwischen haben niederländische Kriegsschiffe an der Küste von Venezuela außer der „Alix" ein zweites Staats-Fahrzeug „der 23. Mai" aufgebracht. In Caracas, der Hauptstadt von Venezuela, ist die Stimmung der Menge durch diese Vorgänge sehr erregt; cs fanden Demon strationen für und wider die Regierung statt. Der stellvertretende Präsident Georg forderte das Volk auf, zu ihm Vertrauen zu haben und pro testierte von Neuem energisch gegen das hollän dische Vorgehen. Präsident Castros Appetit hat sich trotz "einer Krankheit auch in Berlin bewährt Er ließ eine Mahlzeit von fünfzehn Gängen auffahren, an derem Schluß 18 leere Flaschen Wein a 50 Mk, auf dem Tisch standen. Sein in europäischen ^Banken angelegtes Vermögen wird übrigens nicht blos aus 50, sondern auf 200—280 Millionen auch leichtsinnig und unklug gehandelt hat, Die Heeresreform. Infolge der Ver- als sie die Verfassungs- und Geschäfts- schleppung, welche die Klerikalen in der ordnungsanträge auf die lange Bank schob. > Frage der Einführung der persönlichen Oder gibt es etwas Beschämenderes, als j Dienstpflicht eingeleitet haben, ist eine starke daß da Geschicke des deutschen Volkes da-j Propagandabewegung für die Heeresreform von abhängen sollen, ob Fürst Bülow oder sim Gange. Die Vereinigung sämtlicher Ge- ein höfischer Intrigant einander überlisten sellschaften ehemaliger Soldaten plant eine und die Gunst Kaiser Wilhelms U. für sich'große Demonstration, die in kurzem statt- gewinnen? Was hat denn alles Reden, was, finden soll. Auch hat sich eine Liga gebil- haben selbst die großen Skandale genutzt, det, deren Ziel es ist, dem Lande die ge- wenn wir auch heute genau dort stehen, wo' fährliche Lage vor Augen zu führen, in der wir in den Tagen Eulenburgs standen, als ich Belgien hinsichtlich seiner Verteidigung die politischen Entscheidungen in Liebenberg befindet. sielend Die „Müuch. N. N." fassen ihres Meinung folgendermaßen zusammen. So! cinha'tig und stark der Protest im Volke sein neue türkische Parlament ist am Donnerstag wird, die Wendung gegen das persönliche feierlich eröffnet worden. Zur Verlesung Regiment durch fa sche Deutungen Po itischer der Thronrede hatte sich der Sultan aus Intriganten aus der We t zu schaffen, so' Sicherheitsgründen zu Schiff nach Stambul ist es andererseits unangemessen, dem Kaiser begeben. Die Jungtürken wünschten, daß er aus seiner löblichen Zurückya'tung durchs hoch zu Roß durch die Stadt zum Paria- Vermutungen und vage Gerüchte wieder vor, mentsgebäude reitet. Das Parlament zählt die Oeffentlichkeit zu zerren und gerade da-, 204 Muhamedaner, 40 Christen, 6 Juden, durch aufs neue in seiner Person die einzige Dit stärkste Fraktion bilden die 100Jungtürken, und alleinige Entscheidung zu statuieren. Nation,! Ueber den Verlauf und die Grund'agen Reichstag, Bundesrat müssen zusammen einen s der direkten türkisch-österreichischen Verhand- sesten Wall zur Wahrung der Verfassungs-Zungen wegen der Annexion Bosniens wollen mäßigen Verantwortlichkeiten bilden, für die besonders feinhörige Berichterstatter bereits im Innern wie nach Außen der Reichskanz-' dies oder jenes mitteilen können. Ihre An ler sichtbar einzutreten hat. Desha b ist es gaben laufen jedoch ganz offenbar den Tat sachen voraus. So schnell reiten die Türken Rom'an^von Franz Treller. " " Nachdruck verboten." Kurze Zeit darauf schlüpfte Heder in den Akteuraum, der seinem Freunde Weber zum Aufenthalte diente. Weber war, wie seit einiger Zeit schon, sehr schlechter Laune. Daß der kleine Kanzlist etwas auf dem Herzeu hatte, das gern herunter wollte, sah ihm Weber sofort an. „Nun, was gibt's, alte Plappermühle?" „Sei nicht immer so rücksichtslos, Weber, gegen mich." „Na na, alte Seele, Tu weißt ja, ich meine es nicht so aber, daß Tu ge laden bist, erkenne ich also schieß los." „Es ist eine ganz merkwürdige Geschichte — „Deine Geschichten sind alle merkwürdig." „Es geht etwas Furchtbares bei uns vor. Uebrigens habe ich jetzt den neuen Regierungs- assessor zum ersten Male in der Nähe ge sehen er hat eine merkwürdige Aehnlichkeit 'mit Dir." „Muß also ein schöner Mann sein," sagte Weber gut gelaunt. „Ist er'auch, warst Du ja auch —" „Nun ja, mir recht also lasse einmal das Furchtbare Horen." Ganz leise sagte Heder: „Ein Duell." Weber zuckte doch zusammen, denn sein erster Gedanke war dabei an Rudolf, den Heder eben erwähnt hatte. „Zwischen wem denn?" „Ich habe es ganz wider meinen Willen erfahren und weiß nicht, ob ich nicht ver pflichtet. bin, Anzeige davon zu machen." „Werde ich denn nun erfahren, wer sich schlägt, oder weißt Du das nicht." „O, ja. Tu weißt doch, daß unser Prä sident einen französischen Stiefsohn hat?" „Meinetwegen. Will der sich schlagen?" „Ja das heißt, er soll gefordert werden." „Von wem denn?" „Von dem neuen Assessor, Falkenhain heißt er, glaub' ich." Heder erschrak vor dem furchtbare» Ge sichtsausdruck Webers. „Mensch, bist Tu wahnsinnig? Bist Du verrückt?" Er faßte den kleinen Mann bei den Schultern. „Laß mich doch los, Heinrich, Du tust mir weh." Weber ließ ihn los, schlug mit der FauL auf den Tisch, daß es dröhnte. „Das auch noch? Das auch noch? Sind denn alle Teufel losgelassen? Bringt dieses Höllenweib Unheil, wohin es kommt? Herr Gott! Herr Gott!" Erstaunt lauschte Heder den wilden Ge fühlsausrufungen, erstaunt und von deren Leidenschaftlichkeit erschreckt. Bleich, vor innerer Erregung, wandte sich Weber nach ihm um. „Erzähle genau. Mann hast Du's gehört?" „Vor einer halben Stunde." „Weswegen findet die Forderung statt?" „Der Franzose hat den Assessor schwer beleidigt." „Es muß doch eine Veranlassung sein?" „Die wurde dabei nicht erwähnt, aber ich glaube, das Prästdeutcutöchterchen ist dabei im Spiele." Weber lachte laut auf. „Das auch noch? Prächtig, prächtig!" Dem kleinen Kanzlisten wurde bei dem Benehmen Webers ganz unheimlich zu Mute. Was sollte denn das bedeuten? Schüchtern fragte er nun: „Was meinst Du Heinrich, müßte man das nicht anzeigen oder wenigstens dem Präsidenten einen Wink geben?" „Stecke Deine Nase nicht in Dinge, die Dich nichts angehen, guter Jost " „Aberes kanndoch ein Menschenleben kosten." „Ja, das kann's kosten." Weber lachte wieder in so seltsamer Weise auf. „Du scheinst die Sache sehr leicht zu nehmen." „Ungeheuer leicht. Du aber halte gefälligst den Mund über eine Sache, die Du auf nicht ganz unbedenkliche Weise erfahren hast. Das ist mein Rat." „Ja, wenn Dn meinst, will ich schweigen. Ich habe einen Abscheu vor den Duellen. Na, ich habe meinem Herzen Lust gemacht. Adieu, Heinrich." „Adieu, alte Seele." Heder ging. „So, also das auch noch? O, zum Gräß lichsten wollen wir es doch nicht kommen lassen. Jetzt mag's biegen oder brechen." Er nahm rasch Urlaub von seinem Vor gesetzten, warf sich in eine Droschke und fuhr eilig nach Hause. * * Seine Schwester erschrak, als sie ihn er blickte, sie erkannte alsbald, daß er leiden schaftlich erregt war. „So, jetzt haben wir die Bescherung, die beiden Brüder, die Kinder dieses Weibes, werden sich totschießen und wie aus dein Theater — — um die Schwester." Es lag ein wilder, hohuvoller Grimm in den Worten und in dem Tone, in dem sie hervorgestoßen wurden. Der entsetzten Frau teilte er jetzt niit, was er von Heder wußte. Tann saßen die beiden tief erregten Leute stumm da und starrten vor sich hin. Endlich sagte sie: „Das darf nicht geschehen, Heinrich." „Natürlich nicht. Aber was beginnen? Ich sah's kommen, als ich erfuhr, daß dieses Weib meinen Lcbenskreis von neuem berührte — — sah Uuheil kommen aber der Junge, der Junge Gott erbarme sich des Jungen, daß er aus dieser Tragödie glück lich herauskommt und nicht ein Schatten auf sein ganzes zukünftiges Leben fällt." Er ging auf und ab, Frau Steinmüller saß still da mit gefalteten Händen und weinte. „Rudolf ist beleidigt und muß fordern, selbstverständlich der Franzose muß ihm glänzende Abbitte leisten oder einem Rcnkontre aus dem Wege gehen." „Und wer will ihn dazu zwiugeu?" „Ich. Es ist graueuhast, noch' einmal vor diese Person hintrcten zu müssen, aber es ist das einzige Mittel, ich muß dieses Opfer briugen." „Du hast Recht, sie muß hier eingreifen. Aber Du darfst nicht gehen, Heinrich, Dich würde der Grimm zu schlimmen Dingen ver leiten, nein, laß mich gehen, ich will schon reden." Nach einer Weile sagte Weber: „Ja, es ist besser. Du gehst, in mir schlummert eine Welt voll Zorn. Sag ihr nur, daß ein Wort von mir das gauze Kartenhaus ihres Glücks über den Haufen werfen könnte und daß ich nur unter der Bedingung schweige, daß die Sache ehrenvoll für Rudolf geordnet wird, ohne daß er je erfährt, welche Einwirkungen hier stattgefunden haben. „Sei sicher, Heinrich, daß ich deutlich mit ihr reden werde, in mir wacht von Zeit zu Zeit das Blut derer von Falkenhain auf." „Geh Du bist meine Schwester." * * * Als Fran von Manrod sich am anderen Tage vo>c ihrem Lager erhob, erwachte ihr
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