Volltext Seite (XML)
Tür im äußersten Osten wie hinsichtlich deri schuldig gemacht zu haben. Der Beamte übersandte das Protokoll dem Auswärtigen Amte zu Berlin. Politische Rundschau. Deutschland. Der am Mittwoch im Reichstage statt findenden Beratung über Ministerverantwort lichkeit und Verfassungsänderung werden laut „Köln. Ztg." wahrscheinlich auch Vertreter des Bundesrats beiwohnen, eine Ant wort vom Bundesratstische ist dagegen nicht zu erwarten. — Wir zweifeln nicht, so heißt es in dem Artikel des genannten Blattes, daß die Mitglieder des Bundesrats, besonders nach allem, was vorgegangen, lebhaftes In teresse daran haben, die Ansicht des Reichs tags kennen zu lernen, und daß sie deshalb den Beratungen sehr aufmerksam folgen wer den. Aber dieses Interesse wird vor allem auf das Ergebnis der Beratung, also darauf gerichtet zu sein, ob ein Mehrheitsbeschluß zustande kommt und wie er ausfällt. Ob die Vertreter der verbündeten Regierungen das Bedürfnis haben, auf diesen Beschluß durch Eingreifen in die Debatte einzuwirken, ist sehr zweifelhaft. Von liberalem Standpunkte aus erscheint das auch nicht einmal wünschens wert, wie Dinge liegen, nur abträglich sein könnte. — Auf die innerpolitische Lage kann auch der württembergische Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker in seiner Eröffnungsrede Lei der Einweihung der Bahnlinie Schorn dorf-Rudersberg zu sprechen. Der Minister ging von der erzielten Güterwagengemein schaft aus. Bei den Verhandlungen darüber habe man auf allen Seiten nicht die trennen den Momente, sondern das nationale Be dürfnis in den Vordergrund gerückt. Die Hauptsache sei, was der einzelne selber leiste, die persönliche Kraft und Tüchtigkeit. Aehnlich sei es auch im Reiche und mit unserer Stellung in der Welt. Wenn auch da und dort am Horizont Gewölk sich zeige, brauchen wir uns darüber nicht zu beunruhigen; denn die Sicherheit einer Nation beruht auf der Kraft und Tüchtigkeit ihrer Bürger. Wenn in letzter Zeit eine gewisse Sorge und Bewe gung der Gemüter sich zeigte, so wird das Endergebnis sein, daß sich das deutsche Volk erst recht zusammenschließt ohne alle Sonder richtung. Das wird man auch im Auslande fühlen, daß das Deutschland von heute, wenn es gelte, ebenso einzig und kräftig dasteht, wie in dem heroischen Zeitalter der Gründung des Reiches. — Wird der Reichstagsblock zersplittern? Diese Frage erörtern die Letpz. N-N. sehr ausführlich. Das Ergebnis der Untersuchung geht dahin, daß es mit der jungen Blockliebe vorbei ist, und daß mit der Wahrscheinlichkeit gerechnet werden muß, daß die Zentrumsabgeordneten ihre Besuche in den Ministerien nach zweijähriger Unter brechung wieder aufnehmen werden. Auch die Kreuz-Ztg. behandelt diese Frage. Nun, wir wollen abwarten l Zur Verfasiungsfrage in Mecklenburg hat sich der Großherzog beim Empfange der Ausschußmitglieder des Liberalen Wahlver eins ausgesprochen und besonders hervorge hoben, daß er trotz des geleisteten Wider standes das Reformwerk durchzusetzen ent schlossen sei. Das japanisch-amerikanische Abkommen wird von der Köln. Ztg. in einem aus amt licher Quelle geflossenen Artikel begrüßt. So wohl hinsichtlich des Grundsatzes der offenen Integrität Chinas decken sich die Bestimmun gen des Uebereinkommens durchaus m't den Wünschen und Zielen der deutschen Politik. Mit der Furcht Englands vor einer deutschen Invasion beschäftigt sich die Nordd. Allg. Ztg. in ihrer jüngsten Wochenschau. Das amtliche Organ enthält sich jeden Ur teils darüber, in welchem Umfange und in welcher Weise England seinen militärischen Bedürfnissen genügen will. Es weist dagegen die Londoner Behauptung zurück, daß der deutsche Flottenbau den englischen zu über flügeln suche, und bemerkt dann, besondere Ueberraschung habe in Deutschland die Be hauptung des hervorragenden englischen Heerführers Lord Roberts hervorgerufen, es könnte aus Deutschand ein Landungskorps von 200 000 Mann nach England gebracht werden. Die Ausführung eines solchen Abenteuers hält in ganz Deutschland keine für militärische Dinge kompetente Persönlich keit für möglich. Zur Abwehr einer deutschen Invasion braucht England daher kein so großes Heer wie Lord Roberts es für erfor derlich hält. Dar Gespenst eines derartigen Einbruchs geht seit Jahren jenseits des Aermelmeeres um und hat nicht wenig dazu betgetragen, in England politisch unerfreuliche Stimmungen zu wecken. Aus diesem Grunde ist es zu bedauern, daß ein Mann von der Bedeutung des Lord Roberts zur Unter stützung seiner Forderung Eventualitäten her angezogen hat, die politisch wie militärisch- technisch ausgeschlossen sind. Oesterreich-Ungar«. Die tschechischen Ausschreitungen gegen Deutsche in Böhmen, die systematisch fortge setzt werden, haben jetzt das Auswärtige Amt in Berlin veranlaßt, von seinem Generalkon sul einen ausführlichen Bericht über die Ex zesse vom Sonnabend voriger Woche einzu fordern. Die Stellung des Statthalters von Böhmen, Grafen Coudenhouve, dessen Ver halten gegen die Tschechen mehr als nach sichtig war, soll erschüttert sein. Die Ausschreitungen am Sonnabend vo riger Woche wie die am vergangenen Sonn tag erfolgten ohne jede Provokation der Deutschen. Die deutschen Studenten wurden angegriffen, als sie sich zur Feier des lechszig- jährigen Stiftungsfestes der deutschen Rede- und Lesehalle in einer Auffahrt begaben. Die Tschechen hatten Steine, Eier, Kartoffeln und sonstige Wurfgeschosse mitgebracht und bom bardierten damit die Deutschen. Verschiedenen deutschen Studenten wurde ins Gesicht ge spuckt, andere erhielten von rückwärts wuch tige Stockhiebe, einer erhielt eine klaffende Wunde am Kinn. Aehnlich en Pöbeleien wa ren die deutschen Studenten aus Wien aus gesetzt. — Das Verhalten der Prager Polizei wird durch die Tatsache illustriert, daß von ihr ein deutscher Student, der von einer tschechischen Ueberzahl überfallen und miß handelt worden war, verhaftet wurde, als Tschechen ihn beschuldigten, einen Revolver bei sich zu tragen. Den Serben, Engländeru und anderen ausländischen Gästen Prags bringen die Tschechen große Ovationen dar. — Der deutsche Generalkonsul stellte proto kollarisch fest, daß deutsche Studenten be spuckt und Mich angegriffen wurden, ohne sich auch nur der geringsten Protektion Die Umwälzung auf dem Balkan. Der gesamte Komplex der schwebenden Orientangelegenheiten, so schreibt die„Nordd. Allg. Ztg.- befindet sich gegenwärtig im Zu stande völliger Ungeklärtheit. In solcher Zeit pflegen sich beunruhigende Nachrichten ein zustellen. Es ist auch nicht zu bestreiten, daß sich neuerdings Schwierigkeiten eingestellt haben, die den Fortgang der Unterhandlun gen, von deren Ergebnis die Einberufung einer Konferenz der Mächte abhängt, ernst lich hemmen. Dies gilt in gleicher Weise von den Verhandlungen der Türkei mit Bulga rien, Oesterreichs-Ungarns mit der Türkei und Rußlands mit Oesterreich-Ungarn. Das Gerücht der entstandenen Schwierigkeiten ist im Hinblick auf die beteiligten Faktoren ge wiß nicht zu unterschätzen. Gleichwohl darf man die Hoffnung hegen, daß es gelingen wird, ihrer trotz der entgegenwtrkenden Kräfte Herr zu werden. In einigen Tagen wird ein diplomatischer Schritt Italiens zur Förderung und Be schleunigung des Zustandekommens der Kon- serenz erfolgen. Der Großwestr gab dem österreichischen Botschafter Pallevicint die Versicherung, daß der Boykott gegen österreichische Waren bald aufhören werde. In Sofia besteht eine totale, in Konstan tinopel eine partizipielle Ministerkrisis. kxrellenr ZvSowr Fehler. Der Letter unserer Reichsfinanzen hat bet der Ausarbeitung seiner Steuervorlagen den selben Fehler gemacht, wie der Reichstag bei der Festsetzung der Fahrkartensteuer. Zur letzteren Steuer kam noch die Tarifreform, und da ward vielen Leuten das „vornehme" Reiten zu teuer, die Einnahmen sanken. Heute verlangt Herr Sydow vom Reiche 500 Mill., während zur selben Zeit in den einzelnen Bundesstaaten die Finanzminister ebenfalls betonen: Wir kommen nicht mehr aus I Nun sträubt sich jede Partei im Reichstage gegen eine oder mehrere der vorgeschlagenen neuen Steuern, aus der rechten Tasche dem Reiche, aus der linken den Bundesstaaten bezahlen, daß wird eben zu viel. Muß es sein, und nötig ist es ja, daß das Reich neue Geld quellen erhält, dann muß das Vielerlei ver mieden werden. Hier ein Mehr und da ein Mehr, das macht die Geister Wirbeln und vertreibt die Stetigkeit. Wenn, um nur eins zu sagen, die Biersteuer so hoch wird, daß die Restaurateure usw. erklären, ein bisheriges Fünfzehnpfennigglas nur für 20 Pfg. ver kaufen zu können, wozu dann noch Trinkgeld kommt, dann ist es eben ausgeschlossen, daß dir Btersteuer ergibt, was sie bringen soll. Es kommt eben noch zu viel anderes hinzu. Es sind beachtenswerte Vorschläge auf getaucht, dem Reiche wie den Einzelstaaten zu helfen. Daß mit Sparsamkeit sehr viel erreicht werden kann, beweisen die großen Abstriche Seim Reichsetat. Es wird noch mehr gespart werden können, wenn die häu figen und weiten Versetzungen tunlichst ein geschränkt, wenn die einzelnen Verwaltungen zeitgemäß reformiert, kaufmännischer zuge schnitten werden. Es wird dann — kleinere Steuerquellen bleiben ja immer noch frei — ei e große Finanzsteuer in Anregung gebracht; ob wir sie nun Quittungssteuer, Kapitalsan lage- oder Schuldensteuer nennen wollen, kann ja später ausgemacht werden. Demge genüber sollte in den Einzelstaaten für jeder mann eine Selbsteinschätzung unter weiterer Verbilligung der Steuersätze platzgreifen. Wer nur geringes Einkommen hat, braucht sie nicht zu fürchten, wer mehr besitzt, als be kannt war, der kann getrost leisten. Dann ist jedem Teil seine Last und sein Recht gegeben, zumal schon in einer ganzen Zahl von deut schen Bundesstaaten die Selbsteinschätzuug bei einem Einkommen von 1500 Mk. bereits heute gesetzlich beginnt. Der Wirrwarr über die Nützlichkeit und Schädlichkeit der einzelnen Steuervorlagen ist heute groß, das Gericht war zu reichlich Die Erkenntnis, daß die tätige Arbeit nicht noch mehr uuter scharfem Steuerdruck genom men werden kann, ist allgemein: auch der Reichskanzler versteht die Stimmung in der Bevölkerung nicht so ganz, die sich in den Worten ausdrückt: „Schon wieder teurer!" Wenn diese neuen Retchsgesetze erst den An fang von höheren Ausgaben brächten — i, niemand würde sich groß aufregen, aber eS ist ja schon lange mehr geworden, nicht durch die Schuld des Reiches, sondern durch die gesamten Zeitverhältnisse. Jedenfalls ist's so, und damit rechnet's Volk! Wer heute von einer Stadt Deutschlands in eine andere kommt, überall hört er von der Freude über die Aufbesserung der Be- amten-Besoldungen reden und die Steuerge setze kritisieren. Beides ist begreiflich. Es ist anerkannt, daß die Beamten nicht mehrauS- kommen können, es bedarf aber auch keiner weiteren Ausführung, daß die Lasten des Nährstandes an Steuern, sozial-politischen Unkosten, Verteuerung der Löhne und Roh produkte eine Höhe erreicht haben, die, bei diesen schlechten Zeiten wenigstens, nicht mehr überboten werden sollte. Das klingende Geld kann bluten, aber alles, was das Leben ge bieterisch erheischt, sollte man schonen. Und dann, Fürst Bülow sprach so gewichtige Worte gegen zu großen Luxus. Kann der nichts leisten! Das wird immer wieder gefragt. Aus aller Welt. Die Entlarvung des Brillantenschwindlers „v. Pollack", der kürzlich mehrere Berliner Ge- chäste geschädigt hat, ist jetzt gelungen. Auf das Ausschreiben des Berliner polizeilichen Erkennungs dienstes fand die Parker Kriminalpolizei eine Photographie des Schwindlers, die im Jahre 1897 in Paris ausgenommen worden ist, und erkannte in Herrn v. Pollack, der auch in der Seinestadt Hochstapeleien begangen hat, einen im Jahre 1872 zu Warschau geborenen „Publizisten" und Impresario Moritz Georg Gutmann. Er ist auch an dem im Februar d. I. in Mailand verübten großen Hoteldiebstahl beteiligt, bei dem ein Juwelenhändler für 330,000 Lire Brillanten einbüßte. Gutmann nannte sich in Mailand Jo sef Paix. Als Impresario ist er iu mehreren Städten unter den Namen Barrison, Schumann und Bormke aufgetreten. Iu die Niederungen deS Berliner Leben» führt ein Fall, der sich im Norden Berlins zuge- tragenZhat. Von einem Geisteskranken wurde in Roman von Franz Treller. Nachdruck verboten. Auf ihre besorgte Frage antwortete sie nur: „Ich weiß nicht, es kam so " und dann küßte sie ihre Erzieherin und lächelte glücklich durch Tränen hindurch. „Ich bin doch recht kindisch." In dem Häuschen, das Weber vor de« Stadt bewohnte, herrschte seit jener so ver hängnisvollen Entdeckung nicht mehr die sonst so behagliche und zufriedene Stimmung. Ein trüber Ernst beschattete die beiden alten Leute, die es bewohnten. Finster und wortkarg ging Weber umher, und nur mit einer gewissen Scheu betrat er die Straßen der Stadt und das Regierungs gebäude, immer fürchtend, die möge ihm vor Augen kommen, die ihm einst so nahe ge standen hatte und jetzt von neuem sein ein faches Leben mit Unheil bedrohte. Rudolf war die seelische Verstimmung der beiden Menschen, die er mit so zärtlicher Liebe umfing, nicht verborgen geblieben, aber ver gebens hatte er versucht, die Ursache zu er gründen und schließlich angenommen, sie auf dienstliche Unannehmlichkeiten zurückführen zu müssen. Heute saß Weber bei seiner Schwester stumm und finster wie die Tage vorher. Sie nähte und richtete von Zeit zu Zeil einen Blick von der Arbeit auf sein männ liches und jetzt so gramvolles Gesicht. Er steckte sich die Pfeife an — — aber sie ging bald wieder aus. „Der Satan fahre darein, ich halte dieses Leben nicht länger aus", und hastig ging er auf und ab. Besorgt sah seine Schwester zu ihm hin. Ein rascher, elastischer Schritt draußen, beide horchten auf, und als es klopfte, sagte Frau Steinmüller: „Es ist Rudolf, nimm Dich zusammen, Heinrich, und mach ein freundliches Gesicht, laß den Jungen nichts merken." „Ja, spiele Komödie, ich kann's nicht." „Ich hoffe, ich treffe Euch in besserer Stimmung als jüngst," sagte der Eiutrctende. „Ja, Junge," brummte Weber, der sich merklich Mühe gab, einen gutlaunigen Aus druck zu erkünsteln, „die Stimmung — — wenn der Rheumatismus nicht wäre und mir Frau Steinmüller den Kops nicht warm machte." „Ist der häusliche Friede gestört? Soll ich vermitteln?" „Nicht doch, Rudolf, wir sind ganz ein trächtig, nur daß er von Zeit zu Zeit brummen muß. Setz' Dich Kind, was gibt es Neues in Deiner Welt? Hat sich Dein Bekanntenkreis ausgedehnt?" „Nein, denn ich vermeide es, ihn zu ver mehren. Die Frau Oberpräsident hat mich nebenher als Arrangeur eines großen Wohl tätigkeitsbasars angestellt, und unserer Frau Präsidentin habe ich einen Besuch gemacht." Weber beschäftigte sich, das Haupt beugend, mit seiner Pfeife, Frau Steinmüller ließ ein leises Ah! vernehmen doch der junge Mann merkte weder das Eine noch das An dere und fuhr unbeirrt fort: „Und bin selbst verständlich eingeladen worden, ihn zu wieder holen. Seltsame Frau, die Präsidentin!" Auch jetzt merkte der Redner nicht, mit welcher Spannung und innerer Erregung die beiden Leute aufhorchten, und wenn er es bemerkt hätte, würde er dies nur verzeihlicher Neugier zugeschrieben haben, „sie hat.eine beängstigende Art, die Physiognomie der Leute zu studieren. Mir war das neu. Sonst aber war die Dame, die, nebenher bemerkt, eine schöne Frau ist, sehr liebenswürdig. Nun, man muß die Leute nehmen, wie sie sind. Auch der Präsident er schien und begrüßte mich." Er erzählte dann, was ihm dieser von der Bekanntschaft und Waffenbrüderschaft seines Großvaters mit dem Urgroßvater, dem Oberst von Falkenhain, mitgeteilt hatte. Dies gewährte Weber und Frau Stein müller Muße, ihrer Aufregung Herr zu werden. „Was für ein Mann ist denn der Präsi dent?" fragte Frau Steinmüller, deren Stimme doch etwas bebte. „Ein ungemein liebenswürdiger Vorgesetzter und jedenfalls ein Mann von seinen Formen. Herr von Manrod macht den angenehmsten Eindruck." „So daß Du also gesellschaftlichen Verkehr da haben mußt?" Rudolf sah mit einem leuchtenden Blicke vor sich hin und sagte dann: „Ich hoffe, ja." Weber stieß einen Husarenfluch aus. „Was hast Du?" „O, nichts, das verwünschte Reißen. Nichts, bekümmert Euch nicht darum." Er hatte sich abgewendet, so daß Rudolf sein finsteres Gesicht nicht sehen konnte. Frau Steinmüller erschrak, als ihr Bruder fluchte, denn er tat es im ganzen nur selten, sie fürchtete einen Ausbruch seines Grimmes und sagte besorgt: „Leg Dich ein wenig hin, Hein rich, so wirst Du Ruhe finden." „Nein, es ist schon vorbei ein alter Krippenbeißer wird man es ist vorüber. Kleine Nacherinnerung von 70. Macht nichts." Er hatte die Kraft gefunden, sich zu be. herrschen. „Laß Dichs nicht genieren, Junge, ist wieder alles in Ordnung." Und aufstehend, zündete er sich seine Pfeife an, um dann wieder Platz zu nehmen und sein Gesicht so gut als möglich in den Schatten der Lampe zu bringen. Fran Steinmüller, die rasch von dem so gefährlichen Thema ablenken wollte, wurde jäh von ihrem Bruder mit der an Rudolf gerich teten Frage unterbrochen: „Hat sie Kinder?" „Wer?" fragte Rudolf, dessen Gedanken bei jener Lichterscheinung weilten, die seinen Lebenspfad berührt hatte, überrascht durch den Ton, in dem die Frage gestellt wurde. „Sie." « „Die Präsidentin? Sie hat einen Sohn erster Ehe —" , „Was?" — schrie Weber förmlich auf. j „Ja", sagte ganz erstaunt über diesen, Ausruf Rudolf, während sein Vater erschreckt,! daß er sich so hatte Hinreißen lassen, sein Bein rieb. „Entschuldige," brummte er, — „es Aß —" „Sie war, ehe sie Frau von Manrodl wurde, wie mir ein Kollege erzählte, an einen' französischen Offizier verheiratet, und von diesem ist ein Sohn, ein Marquis de Fleury, vor handen, der augenblicklich hier zu Besuch weilt,' gesehen habe ich den jungen Mann noch nicht." „Ah", stöhnte Weber und beugte den Kopf tiefer, „halte mir's zu gut! Weiter, Rudolf — es ist schlimm, geht aber schon vorüber." „Und dann — dann hat sie eine Tochter —- > doch die kennst Du ja." „Ich kenne sie?" fuhr er auf. „Ach so",- er versuchte sich das Aeußere des jungen Mäd chens, das bei ihm Hilfe heischend eingetretcu war, zurückznrusen, denn die daraistfolgende Erregung hatte ihr Bild verwischt. — „Dann — war — es —?"